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das Ziel mit so viel Bequemlichkeit seßen und von andern sezen lassen, daß es eine Schande ist; es gibt hingegen welche, die weder so seig gegen sich selbst sind, noch diesen Schimpf Anderer Willkür überlassen u. s. w." In dem schon erwähnten Brief an Lindner entwirft er von sich selbst folgendes Bild: „Mein Eigensinn, in so ferne er aus meiner Gemütsart fließt, beruht auf zwei Stücken. Nichts oder Alles zu thun; das Mittelmäßige ist meine Antipathie; eher eins von den äußersten. Das andere ist dies: ich bin ent= weder zu gut oder nicht groß genug, mich in jede willkürliche Lage zu schicken." Hierzu noch eine Stelle aus der Beilage zu Dangeuils Anmerkungen: „Es ist der erste Zeitvertreib meiner Vernunft gewesen, den Thoren und Bösewichtern wie die jungen Spartaner dem Schauspiel ihrer trunkenen Skkaven zuzusehen. Spott, Verachtung und Abscheu erfüllte meine Sele bei ihrem Anblick: er gereichte mir zu einem Hilfsmittel, den Anstand der Tugend zu erkennen, und zu einem Bewegungsgrunde, ihre Seligkeit mir zuzueignen.

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Aus den bisherigen Aufzeichnungen erkennt man zugleich den männlichen Wahrheitssinn Hamanns, nicht minder seine kräftige und in gewisser Weise demütige Gradheit, die allezeit mit jenem verbunden ist. Weder sich selbst, noch seinem Vater verhehlt er, daß sein Trieb nach Selbstgestaltung in Eigensinn umschlägt und ihn darum in äußere und innere Nöten führt. Wie er den Schein an Anderen haßte, so war es ihm auch zuwider, aus rechthaberischem Dünkel die Wunden zu verbergen, die sein eigenes Wesen ihm verursacht hatte. Er verachtet die Hohlheit und prunkende Schande seiner Umgebung, aber wahrlich nicht in der Art des Pharisäers, sondern mit dem Ernst eines Mannes, der aus der Sünde des Nächsten die eigne kennen und bekämpfen lernt. Von Riga aus schreibt er an seine Eltern (23. Okt. 1755): „Mein weniges Vertrauen auf mich selbst, meine Furchtsamkeit, meine Schwierigkeit, mir und andern genug zu thun, der Eindruck, den ich von Menschen bekommen habe, die ich nicht anders als bedauern, verachten und haffen konnte daß ich selbst unter diese Menschen gehöre, daß man so oft aus Schwäche wider seinen Willen ihnen nachgeben

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muß

haben mich leutscheu, unumgänglich gemacht, demütigen und nähren wechselweise meinen Stolz und entfernen mich von der Welt, gegen andere Triebe, die mich zu ihr anziehen." Ende Februar des folgenden Jahres: „Traurige Beispiele umgeben mich, bei denen ich für mich selbst zittere. Vielleicht bist Du eben das, was Du an Andern verabscheuft, eben der Greuel vielleicht in einer andern Gestalt, oder sie haben dem Schein nach den traurigen Vorteil, ruhiger und sorgloser bei ihrer Gefahr und Schande zu sein."

Diese Selbstzeugnisse geben ein klares Bild von dem geistigfittlichen Leben des jugendlichen Hamanns. Glaube und Gottesfurcht fehlten ihm auch in dieser Zeit nicht; aber sie waren bis dahin nur überkommene, noch nicht selbst erworbene Güter und bildeten darum weder den Kern seines Wesens, noch das einigende Band seiner Kräfte, noch endlich das Ziel seiner Triebe.

Wir kennen nunmehr das Samenkorn. Was ist durch die freie Selbstentwicklung aus ihm geworden? Hamann ging, wie er sich ausdrückt, (B. I, 176) wie ein mutig Roß im Pflug, in die Arbeit und den Kampf des Lebens. Wenn er sich bald und oft wund und blutig gegen den Stachel stieß" (S. 185), so hub er das starke Haupt immer neu empor. Indeß zu einem Ziele, das ihn befriedigt hätte, konnte er nicht kommen. Alle seine Unternehmungen und Anschläge bekamen nach seinem Bekenntniße ein Loch, anstatt ein Ende zu nehmen (S. 185). Innerlich fühlte er schon die Unvermögenheit, sich selbst zu ertragen.“ (S. 177 und Brief 7). Sein guter Wiß und starker Humor sollten ihm Krücken und Pflaster zugleich sein. Aber sein satyrischer Wig war ihm doch nur eine „Läusesucht." (Br. 15). "Nichts als die Einbildung eines irrenden Ritters und die Schellen meiner Narrenkappe waren meine gute Laune und mein Heldenmut." (S. 202). Es wogte in ihm „ein Tumult von Affekten, in dem sein Gemüt, wie ein Nachen auf einer stürmischen See beständig hin- und hergeworfen wurde!“ (S. 184). Er war sich selbst kaum vier Jahre überlassen gewesen, da standen ihm selbst die Grundpfeiler des sittlichen Lebens nicht mehr fest. Mit einer offenbaren Lüge" belastete er, der seinen Stolz in die

Wahrheitsliebe gesezt hatte, das Gewissen (S. 189). Der Mann, welcher die Unreinheit gründlich zu verabscheuen wähnte, muß doch bekennen: „Meine Vernunft fand immer die Hurerei als ein sehr menschlich und vergeblich (verzeihlich) Verbrechen. Ich hatte Josefs Geschichte ohne Nußen gelesen. Ja, ich hielt selbige für ein Mittel der Tugend, um dem Unglück einer ungleichen Ehe oder dem Meineide des Ehebruchs zu entgehen. So wenig vernimmt der Mensch von dem, das des Geistes Gottes ist. Ich bin in Niga dem Ehebruche sehr nahe gewesen, ich habe Versuchungen des Fleisches und Blutes, sowol als des Wiges und Herzens gehabt, und Gott hat mich gnädig bisher selbst vor den Schlingen der Huren, ich möchte sagen durch ein Wunder, behütet.“ (S. 165).

Innerlich hatte der reiche Geist also bereits bankerott gemacht. Er bekennt in seiner ersten Schrift, Beilage zu Dangeuils Anmerkungen (1756), öffentlich und unverholen: „Das Beispiel niederträchtiger und getünchter Handlungen, mit denen ich lange umgeben gewesen bin, scheint mich jezt edler Muster entwöhnt zu haben. Ich finde mich durch ihre Ueberlegenheit übertäubt, wie eine Kugel, deren Bewegung durch den Stoß einer größern oder geschwindern vernichtet wird. Die Ehrerbietung, welche mein Herz wahren Verdiensten so gern abträgt, gibt mir jezt mehr Mißtrauen, als Mut, und eben die Begeisterung, mit der ich mich sonst denselben zu nähern suchte, scheint mich nun von ihnen zu entfernen.

Dich, glücklichen Leichtsinn,

Find ich nicht mehr und klügle mich elend.

Seht, mich hat die gütge Natur, in blühender Jugend,

Zu der Empfindung der Wollust erschaffen.

Aber nicht mehr! Ein gekünstelter Greis, der das Elend der Menschheit
Doppelt beweint und doppelt empfindet,

Schlepp ich mich menschenfeindlich dahin, von traurigen Bildern
Klug ersonnenen Jammers begleitet.“

Auch der Drang zur Selbstentfaltung, um dessen willen er sich von seinem Vater losgerissen hatte, war unter ein knechtisches

Joch gefangen. Denn von den bezaubernden Aussichten und Anschlägen seines Freundes Berens, von dessen „Begriffen von der Welt, neuen Wissenschaften, dem herrschenden Geschmack des Jahrhunderts" u. s. w. (I, 183) wurde Hamann so geblendet und geknechtet, daß er sich aus seiner eigentümlichen Sphäre in eine, seinem innersten Wesen fremde Bahn locken und zu jener Geschäftsreise nach England gebrauchen ließ, auf der seine Freiheit gänzlich verloren ging, er auch äußerlich Schiffbruch litt, und somit an das Ende seiner Selbstentwicklung gelangte. „Ich sollte, erzählt er im Lebenslauf, meine Bahn zu Ende laufen, und das Ziel sehen meiner unbedachtsamen Wünsche, meiner thörichten Neigungen, meiner ausschweifenden Einfälle.“ Und doch fiel gerade in diese Zeit ein Ereignis, das ihn hätte frei machen müssen, wenn blos irdischmenschliche Kräfte überhaupt im Stande wären, einem Menschen die Ketten zu lösen. Die fortschreitende Krankheit seiner Mutter rief ihn aus Kurland nach Hause. Er war von den Eltern fortgeeilt, um ein freier, selbständiger Mann zu werden, und mußte fühlen, daß er nicht einmal auf eine schwache, sterbende Frau den Eindruck größerer Männlichkeit machte. Ich sah meine Mutter, erzählt er; sie bestrafte mich mit den ersten Augenblicken wegen des Tones, mit dem sie mich reden hörte, der ihr verändert und nicht männlicher geworden zu sein schien." Er war noch acht Lage Zeuge ihres Leidens, und sah sie dann „den Tod eines Christen" sterben. Sein Gemüt wurde gewaltig angefaßt. "Ich wohnte, sagt er, ihrer Beerdigung mit unsäglicher Wemut und Betrübnis bei, worin mein Herz zu zerschmelzen schien." Er legte in diesen Tagen, was er fühlte, in seinem Denkmal nieder. Wie ein Sohn in einem. Leichnam, auf dem er bei einem Schiffbruch dem Tode entrann, die kalten Gebeine seines Vaters erkannte, die ihm ein zweites Leben gaben; so sollte der Tod seiner Mutter ihn zu neuem, wahrem Leben führen. Seine Empfindungen find innig, seine Gedanken richtig, seine Worte ergreifend, seine Vorsäge, die Trauer um die Lote einen Wandel nach ihrem Sinn, ein Leben in Gott sein zu lassen, ohne Zweifel aufrichtig. Und doch – „ich wurde durch die Welt und durch die Grillen meines Glückes bald wieder getröstet."

Seine Empfindungen und Gedanken waren eben nur Empfindungen und Gedanken, ein Erzeugnis des von seiner Mutter ihm anerzogenen Christentums, noch nicht Leben und wahre Erfahrung. „Die Zufriedenheit einer falschen Hoffnung“ war stärker als solche Empfindung. Er reiste nach London und fast unmittelbar nach jenen ergreifenden Eindrücken wurde er von dem Wirbel erfaßt, der ihn an das traurige Ende seiner freien Selbstentwicklung, in die Sklaverei führte. „Ich ging, bekennt er, unterdrückt und taumelnd hin und her, hatte keinen Menschen, dem ich mich ent decken, und der mir raten und helfen konnte. Ich war der Verzweiflung nahe, und suchte in lauter Zerstreuungen selbige aufzuhalten und zu unterdrücken. Was Blindheit, was Raserei, ja Frevel war, kam mir als das einzige Rettungsmittel vor.“

Die Laute, schon bei seinem ersten Scheiden aus Königsberg hatte er seinen Vater um dieses Instrument gebeten, sollte seine Trösterin und Erlöserin werden, und machte ihn, dem die väterliche Autorität eine zu drückende Sklaverei gewesen war, zum Sklaven eines Menschen, der eine Aussagbeule der Menschheit

Sie kuppelte ihn nach seinem eigenen Ausdruck wie einen Mühlensklaven an diesen Menschen, um einen gleichen Gang der Sünde und Laster mit ihm zu thun. Er hatte sein eigen Haus, unterhielt eine Hure Er bot mir alles an. So sehr mich mein Urteil, mein erstes, von ihm entfremdet hatte; so viele Bes denklichkeiten ich über seinen Charakter in meinem Sinn hegte, so wurde alles von ihm eben gemacht. Ich glaubte jezt gefunden zu haben, was ich wollte. Du kannst durch ihn bekannt werden. Du hast jest wenigstens einen Menschen, mit dem Du umgehen kannst, Du hast ein Haus, wo Du Dich zerstreuen kannst, Dich auf der Laute üben und an seine Stelle treten, Du kannst so glücklich als er werden. -" „Mein blindes Herz ließ mir gute Absichten bei meiner Vereinigung sehen, einem Menschen, der ohne Erziehung und Grundsäge war, Geschmack und die legteren einzuflößen. Ich Blinder wollte der Wegweiser eines Anderen sein, oder vielleicht ihn unterrichten, zierlich zu sündigen, Vernunft zur Bosheit zu drehen. Ich fraß umsonst, ich soff umsonst, ich

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