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wahrscheinlich. „Es möchte also freilich zum Urbaren einer Geschichte, d. h. einer, die wirklich etwas Neues enthält, eine Art von Unwahrscheinlichkeit und zur Schönheit eines Gedichtes eine ästhetische Wahrscheinlichkeit gehören," welche lettere in der adäquaten Form besteht, welche der „unwahrscheinliche" Lebensgeist sich bildet. Das leztere wird ohne Zweifel von allen Aesthetikern und Kritikern anerkannt. Man sollte aber, sagt H., über die neue Heloise weit hinaus denkend, nicht sowol mit dem Buchstaben dieses Grundsages pralen, sondern vielmehr zeigen, daß man auch den Sinn desselben und die Kraft der Anwendung besäße, oder Funken von dem, was man in allgemeinen Ausdrücken bis in den Himmel erhebt."

Eine solche, noch dazu alberne Unwahrscheinlichkeit ist für fischblutige, verständige Köpfe und Herzen ein verliebter Philosoph, bis einmal auch sie von der Lebenskraft, die man Verliebtheit nennt, ergriffen werden. Wer sagt uns beiden in diesem Fall für · unsere Philosophie gut?" Dann wird auch die Sprache eine ganz andere, eine solche, die von einem Nichtverliebten nicht begriffen wird, dem Verliebten aber der rechte Canal des Empfangens und Mitteilens ist. „Vielleicht dürfte uns unsere Philosophie keine anderen Dienste leisten, als unsere Leidenschaft in ein methodischer geschrobenes und affektirteres Spiel zu setzen. Wer sollte sich aber nicht entschließen, heftig und ausgelassen zu thun, wenn eine Gebieterin diese Sprache für herzrührend hält? Und warum sollte man sich schämen, durch Ausrufungen und Hyperbolen ein Glück zu erhalten, das sich durch Erklärungen und Schlüsse weder er= grübeln noch genießen läßt ?“

Hier muß man, um H's legtes Ziel zu verstehen, die Kraft der Anwendung besigen. Jedenfalls gilt schon von dem niedern Gebiet des Romans die Frage: Wer ist der ästhetische Moses, der Bürgern eines freien Staats schwache und dürftige Sagungen vorschreiben darf?" Der sagt: Du sollst die und die Lebenskraft, die in der Menschheit existirt, nicht anrühren, nicht kosten, nicht darstellen? Wenn man es uns eben so schwer machen will, Originale

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zu sein, als Copien (d. h. Abbilder des wirklichen, ganzen und vollen Lebens) zu werden; was hat man anders im Sinn, als uns in Maulesel" zu verwandeln?"

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Darum ist es thöricht, wenn Mendelssohn den Genser, der ein Stück Menschenleben offenbaren will, auf ein Collegium aestheticum vor dem Katheder eines deutschen Professors, der nichts von diesem Lebenstrieb ahnt, einladet, oder ihn bei einem Almanachschreiber in die Schule schickt. Die kräftigsten Irrtümer und Wahrheiten, die unsterblichsten Schönheiten und tötlichsten Fehler eines Buchs sind gleich den Elementen unsichtbar, und ich bekümmre mich um die am wenigsten, die man in Augenschein zu sehen im Stande ist.“ Natürlich, denn jene sind eines mit dem unsichtbaren Leben, aus dem das Buch geboren ist. Dieses Leben muß man kennen, wenn man das Buch verstehen will. „Alle ästhetische Thaumaturgie reicht nicht zu, ein unmittelbares Gefühl zu ersehen, und nichts als die Höllenfart der Selbsterkenntnis bahnt uns den Weg zur Vergötterung." Hier liegt der Kern der Abhandlung. Nur die Selbsterkenntnis, die mich lehrt, daß ich das Leben, nicht kenne, welches ich beurteilen will, und mich treibt, dies Leben zu suchen, führt mich auf die göttliche Höhe der rechten Erkenntnis.

Der Mensch ist einmal das lebendige Wesen, als das Gott ihn geschaffen hat. Jede Kraft in ihm muß Teil nehmen an seinem Gesammtwesen und Leben. Unsere Vernunft selbst ist Zeuge, daß unser Geist in Fleisch und Blut wohnt. „Wenn unsere Vernunft Fleisch und Blut hat, haben muß, und eine Wäscherin oder Sirene wird: wie wollen Sie es den Leidenschaften (vergl. S. 32) verbieten? Wie wollen Sie den erstgebornen Affekt der menschlichen Sele dem Joch der Beschneidung unterwerfen? Kannst Du mit ihm spielen, wie mit einem Vogel? oder ihn mit deinen Regeln binden? Sehen Sie nicht, daß Sie hierdurch alle Leuchttürme niederreißen, die Ihnen selbst und anderen zur Nichtschnur dienen müssen?"

Aber Mendelssohn wird Mendelssohn bleiben und stets mit dem Messer der Abstraktion dem Leben das Herz und die Zeugungskraft

ausschneiden und diesen Frevel gegen das Leben sich für philosophisches, ästhetisches und wissenschaftliches Verdienst anrechnen.

Die chimärischen Einfälle Hamanns sind auf dem Gebiete der ästhetischen Kritik von den bittersten Gegnern bewundert, anerkannt, und heutzutage fast Gemeingut, während Moses Mendelssohns Redeblumen wie Heu verdorrt und wie Spreu verweht sind.

Aber wer hat die Kraft der Anwendung? H. selbst. Er hatte sie schon in den früher geschriebenen hellenistischen Briefen geübt; er übte sie aufs neue und erhabenste in der Aesthetica, wozu die Einfälle nur das leichte Präludium waren.

So viel ist klar: nicht einmal ein Buch, wie Rousseaus neue Heloise, kann ein Kritiker beurteilen, welcher nur seine Meinungen zum Maßstabe nimmt und auf das ihm unbekannte Leben nicht achtet, welches in dem Buche pulsirt und sich seine Sprache schafft. Wie mag er denn die Bücher Gottes und deren Sprache beurteilen, in welchen die Ströme des ewigen Lebens wogen, die sein Auge nicht sieht, sein Durst nicht trinkt, noch mehr, die er verachtet, die er vernichten möchte!!

Wenn die Mendelssohnsche Kritik gegen einen Affekt, wie in der neuen Heloise, ohnmächtig ist, was wird sie vermögen gegen Affekte, die heiliger, höher, stärker sind? was gegen die Liebe und das Leben, welches in dem Sohne sich geoffenbart hat!!

Nichts als die Höllenfart der Selbsterkenntnis bahnt uns den Weg zur Verklärung in Gottes Bild und damit zur Erkenntnis des Lebens Gottes.

4. Kleeblatt hellenistischer Briefe.

Der Versuch Aristobuli und die chimärischen Einfälle haben uns auf die hellenistischen Briefe vorbereitet.

„Was versteht man unter Kleeblatt hellenistischer Briefe ?" fragt H. und antwortet: „Der Titel jeder Schrift ist ein Nätsel wo nicht immer ihres Inhalts, doch allemal ihres Wertes. Ohne diese Briefe gelesen zu haben, weiß man, was im Lateinischen

Trifolium bedeutet, und weil in den beiden ersten Briefen von der griechischen und im dritten von der hebräischen Sprache die Rede ist, so heißen sie alle drei hellenistisch, weil einige Gelehrte unter dieser Mundart ich weiß nicht was für einen Mischmasch der beiden Sprachen verstanden, von denen in diesem Kleeblatt nämlich die Rede ist. Jedoch wer kann immer den Geschmack einer gewissen Reihe von Lesern treffen, die bald gar zu viel, bald gar nichts verstehen will." (II., 510.)

Die Briefe sind an einen Königsberger Gelehrten, dessen Name uns unbekannt geblieben ist, wirklich geschrieben, und geben teils den Eindruck wieder, den H. bei seinem damaligen Studium des neuen und alten Testamentes und der griechischen Classiker hatte, teils zeichnen sie den umfassenden Plan und in die Tiefe dringenden Geist, der ihn bei seinen Studien leitete. Sie sind also Privatbriefe, und wenn ihr Inhalt auch von allgemeiner Bedeutung ist, macht doch ihr ursprünglicher Charakter sich geltend. H. schreibt darum an J. G. Lindner (Br. 103): „Die hellenistischen Briefe sind nichts als Füllsteine." Nichtsdestoweniger sind sie lebendige Steine, und zwar Grund- und Ecksteine im Tempel der ächten Sprachwissenschaft und zugleich ein Schlüssel zum wahren Verständnisse der heiligen, wie der klassischen Literatur.

Der erste Brief handelt von der Sprache und der Schreibart des neuen Testamentes. Er zeigt vornehmlich die organische Einheit der Sprache der neutestamentlichen Offenbarung mit dem Ursprung und Wesen derselben, und folgert aus dieser Thatsache, daß die Sprache nur der versteht, welcher den Sprecher erkannt hat, daß aber auch umgekehrt die Sprache den Sprecher bezeugt.

H. knüpft an Kypkes Observationes sacrae über das neue Testament an, die er auf dem Krankenbette gelesen hat. Solche observationes, in denen durch die aus griechischen Classikern gezogene Sprachkenntnis das neue Testament erklärt werden soll, müßte man billiger profanas oder criticas, als sacras heißen, da sie doch blos in einem Picknick aus Profanscribenten bestehen." Dadurch, daß eine solche Sprachkunst sich mit dem Heiligen befaßt, wird sie selbst noch nicht geheiligt.

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Um den Widerspruch der Meinungen über das neue Testament aufzuheben, reicht die Kenntnis der griechischen Sprache nicht aus; man muß wissen und hier erinnern wir uns an den ganzen vorigen Abschnitt, was Sprache und Schreibart überhaupt ist, *) also bis auf die Wurzel des Gewächses dringen. Wer bis in die innere Werkstätte der Lebensbildungen ahnend schaut, der hat feste Grundsäße. Wo diese fehlen, da ist Schulgezänke, auch über das neue Testament; wo sie sind, hört das Schulgezänke auf. Zunächst will H. seine Betrachtungen hierüber zar' av dowдov anstellen. Wer bedenkt, was Sprache und Schreibart ist, wird es natürlich finden, daß die Bücher des neuen Testamentes, wie die Ueberschrift am Kreuze, hebräisch, hellenisch und römisch geschrieben sind; denn daß im jüdischen Lande und Volke das Scepter der Römer und die Sprache der Hellenen herrschte, ist die Sig natur jener Zeit. Von dieser Zeit wurden die Verfasser der neutestamentlichen Bücher, die keine zunftmäßigen Literaten waren, unwillkürlich getrieben. So ist der Charakter ihrer Schreibart der authentikeste Beweis für die Urheber, den Ort, die Zeit dieser Bücher. Im widrigen Falle würde die Kritik unendlich mehr für sich haben, sich gegen die Zuverlässigkeit derselben ungläubig zu gebärden." H. hat mit diesem Gedanken das Samenkorn einer kräftigen kritischen Apologetik ausgestreut, überläßt es aber Andern, die hierher gehörigen Thatsachen im einzelnen klar

*) Vom Wesen der Sprache und Schreibart handelt H. außer in „Versuch über eine akademische Frage und in Abaelardi Virbii chimärische Einfälle," besonders in zwei Recensionen, betreffend den Ursprung der Sprache IV, 1 ff.: Des Ritters von Rosencreuz lezte Willensmeinung über den göttlichen und menschlichen Ursprung der Sprache, IV, 21 ff. und Philologische Einfälle und Zweifel IV, 37 ff. Leztere drei Aufsäge sind aus dem zweiten Zeitraum der H.schen Autorschaft. „Die Unwissenheit des Gelehrten in den Tiefen der Sprache bietet unendlichen Mißbräuchen die Hand, kommt aber vielleicht noch größeren zuvor, die dem menschlichen Geschlecht desto nachteiliger fallen würden, je weniger die Wissenschaften ihr Versprechen, den Geist zu bessern, heutiges Tags erfüllen. Dieser Vorwurf beschämt die Sprachkünstler und Philologen am stärksten, so man als die Banquiers der gelehrten Republik ansehen kann." Vermischte Anmerkungen u. s. w. II, 138.

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