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und Köpfe verlangt, zweifle ich sehr." (I, 494). „Wenn der natürliche Mensch fünf Sinne hat, so ist der Christ ein Instrument von zehn Saiten, und ohne Leidenschaften einem klingenden Erz ähnlicher, als einem neuen Menschen.“ (I, 393). „Was das für eine ungezogene Moral ist, die die Leidenschaften verwerfen will! Doch diese Moral wird ebenso bewundert, wie die Politik, welche das Eigentum der Güter aufzuheben sucht, von Papageien, die ihr xacoɛ und sonst nichts dem Kaiser zu sagen wissen. Brauch deine Leidenschaften, wie du deine Gliedmaßen brauchst, und wenn dich die Natur zum longimanus oder Vielfinger gemacht, so wird sie und nicht du verlacht, und deine Spötter sind lächerlicher und mehr zu verdammen als du mit deiner längern Hand oder mit deinen sechs Fingern." (I, 515.)

Ein Gotteszorn flammt aus Hamanns ganzem Wesen, wenn er sehen muß, wie gottgegebene Lebenskräfte, noch dazu die innerlichsten, wesenhaftesten, nicht nur mit Füßen getreten oder beschnitten, sondern ganz ausgerottet werden sollen. Wird diese tolle Barbarei vollends als Blüte der Humanität, als Frucht der Menschengeschichte und Philosophie vergöttert, dann wird der Zorn zum verzehrenden Feuer, zum Feuer, an dessen Liebesglut der Menschenbrust noch lange warm und licht werden wird.

Will Hamann sein Leben mit dessen ganzem Inhalte in die Hände legen, welche es geschaffen und seine Natur bestimmt haben, weil nur sie es auch zur Vollendung bringen: so macht er sich damit wahrlich nicht zum toten, willenlosen Ball oder Ton. Wir wissen, wie verhaßt ihm schon früher Klöße und Puppen mit Menschenangesichtern waren und wie ihn nach Freiheit als der rechten Lebensluft verlangte. Nach seiner Umwandlung wurde ihm beides klar, daß der Drang nach Freiheit nur in Gott gestillt wird und

2. Nov. 1783 an Fr. H. Jacobi schreibt: „Gesez und Propheten gehen auf Leidenschaft von ganzem Herzen, von ganzer Sele, von allen Kräften auf Liebe." (Gldmstr. S. 7.) S. 258 das. nennt er Neligion, Patriotismus, Freundschaft, Selbstliebe (er meint die wahre) auch Leidenschaften.

daß Freiheit zum Wesen des Gotteslebens gehört, denn nur Gott wird rein durch sich, durch nichts außer sich bestimmt. Freiheit ist also auch ein wesentlicher Zug des abbildlichen Gotteslebens. Gott kann keine Klöße und Puppen, keine gezwungenen Sklaven, nur frei sich entscheidende Geister in seine Gemeinschaft ziehen, und wiederum kann die von Gott ausgeübte Wirkenskraft nur mit Freiheit aufgenommen und angeeignet werden. Eben darum gab sich Hamann, der Freiheit ersehnte, mit Entschiedenheit dem Gottesleben hin. *) Er schreibt an J. G. Lindner: „Ein natürlicher Hang zur Freiheit ist mir gewissermaßen mehr natürlich, als Ihnen: ich liebe also auch in dieser Absicht das Christentum als eine Lehre, die meinen Leidenschaften angemessen ist, die nicht eine Salzsäule, sondern einen neuen Menschen verlangt und verspricht. Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit. Und die Wahrheit macht uns frei. Die Gerechtigkeit in Christo ist kein Schnürleib, sondern ein Harnisch, an den sich ein Streiter, wie ein Mäcenas an seine lose Tracht gewöhnt." (I, 496.)

Tief im geheimnißvollen Schoße des Lebens fühlte Hamann tausend Triebe, Kräfte, Anlagen, welche für sich betrachtet nicht nur im Gegensah, sondern in unauflöslichem Widerspruch stehen, die aber vom Leben zusammengehalten, versöhnt werden, ja in deren harmonischer Vereinigung zu einem einheitlichen Ganzen das Leben besteht. Wo dieser Widersprüche wenige oder keine sind, da erblickt er ein leeres, armes, niedriges Leben; je voller, reicher, höher das Leben, desto mannigfaltiger und mächtiger sieht er die Widersprüche sich regen. Friede zwischen ihnen zu stiften, hält er

*) In den biblischen Betrachtungen, Kleuters Nachlaß, bemerkt H. zu 3 Mos. 19, 5: Gottes geoffenbarte Religion ist die größte Beförderin der Freiheit, das einzige Mittel, als ein freiwilliges Opfer Gott zu gefallen. Wie sollten alle freien, christlichen Staaten auf ihre Belebung und Ausbreitung bedacht sein! Denn die Sünde macht uns zu Sklaven. Wer einen Tyrannen hasset, wer die Freiheit liebt, der bekenne sich zu Gottes Fahne, um an dem herrlichen Siege Teil zu nehmen, den Gott sich über den grausamsten Wüterich und den despotischsten Usurpator vorbehalten hat." Theolog. Stud. u. Krt. 1837. 1. Heft.

für die Aufgabe des Lebens; aber nicht dadurch wird diese erfüllt, daß von zwei widersprechenden Kräften die eine unterdrückt wird, sondern daß beide zu einer höheren Einheit versöhnt werden, in welcher jede ihre Verklärung findet. Wie ein Hungriger nach Brot sucht Hamann bis ins Alter nach diesem principium coincidentiae oppositorum. Im April 1781 schreibt er an Herder: Nichts scheint leichter, als der Sprung von einem Extrem zum andern und nichts so schwer, als ihre Vereinigung zu einem Mittel. Ungeachtet aller meiner Nachfrage ist es mir nicht möglich gewesen, des Jordanus Brunus Buch de Uno aufzutreiben, worin er sein principium coincidentiae erklärt, das mir Jahre lang im Sinne liegt, ohne daß ich es weder vergessen noch verstehen kann. . . . Diese Coincidenz scheint mir der einzige zureichende Grund aller Widersprüche und der wahre Prozeß ihrer Auflösung und Schlichtung, aller Fehde der gesunden Vernunft und reinen Unvernunft ein Ende zu machen." (VI, 183.) Anderthalb Jahre später: „Jordani Bruni principium coincidentiae oppositorum ist in meinen Augen mehr wert, als alle kantische Kritik." (VI, 301.) Noch einmal kommt er im Briefe an Jakobi vom 16. Jan. 1785 darauf zurück: „Seit vielen Jahren suche ich eine Schrift des Jordanus Brunus wegen eines principii coincidentiae oppositorum, welches ich, ohne zu wissen, warum? liebe und den principiis contradictionis und rationis sufficientis immer entgegengesezt, weil ich letztere von meiner akademischen Jugend an nicht habe ausstehen können, und ohne Manichäismus allenthalben Widersprüche in den Elementen der materiellen und intellektuellen Welt gefunden habe."

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Man darf das Suchen nach dem Buch des Jordanus Brunus nicht falsch verstehen. Er hatte das Urprincip, in dem alle Widersprüche zu einer lebendigen Einheit werden, längst gefunden. Schon im Klaggedicht an ein geistreiches Frauenzimmer heißt es: „Wo findet man stärkere Antithesen, als in Zweien, die ein Fleisch find?" (B. II, 171.) Ohne Gott, Hamann hatte das schmerzlich erfahre., zerfällt alles Zusammengehörige, Mensch und Gott, Mensch und Natur, Mensch und Mensch, Geist und Materie,

Kopf und Herz, Vernunft und Glauben, Willen und Wissen u. s. w. in feindliche, unvereinbare Widersprüche. Das Leben aus Gott und in Gott vereinigt alle Widersprüche zu einem organischen Ganzen. Auch das hatte Hamann erfahren. Die Liebe brennt, die Klugheit ist kalt. Man muß ein Genie sein (vgl. S. 28), um den Krieg der Elemente in der kleinen Welt zu ihrer Erhaltung regieren zu können. Der Glaube ist aber nicht Jedermanns Ding." (B. III, 50.)

Bis zum vollen Frieden hat Hamann den Krieg der Elemente seiner reichen Natur nicht durchgekämpft; aber er hat mit Ernst und Eifer den Widersprüchen nachgespürt, um sie zu überwinden. Noch ein Jahr vor seinem Tode sagt er in seiner Sprache: „Widersprüche zu verdauen, ist noch immer eine pica*) meines alten Magens, der des Spieles nicht satt werden kann.“ (G. S. 554.)

Gehört es zum Wesen des Lebens, daß in ihm die Einheit unversöhnlich scheinender Widersprüche Wahrheit und Wirklichkeit wird, dann versteht man leicht, wie wenig ein Hamann sich imponiren läßt, wenn die Philosophie die Unmöglichkeit einer Sache dadurch für bewiesen erklärt, daß dieselbe widersprechende Momente enthält. Der Magus ist überzeugt, daß zum Urbaren einer Geschichte, zum Kernpunkt einer Lebensthatsache eine Art von Unwahrscheinlichkeit gehört, weil sie stets Widersprüche enthält. „Ein demütiger Beobachter der Natur und Gesellschaft, das ist sein Axiom — will eine Erscheinung deßhalb nicht verworfen wissen, weil sie wegen ihrer Widersprüche unglaublich erscheint; vielmehr sagt ein solcher mit tiefsinniger Bündigkeit und Unerschrockenheit: Incredibile sed verum!" (B. II, 192.) Dem philosophischen Saze: „was dem Merkmale eines Dinges widerspricht, muß nach einer Regel, die keines Beweises fähig ist, dem Dinge selbst widersprechen," segt er mit ebenso treffendem Spotte als tiefem Ernste das Wort entgegen: „Da teils Hypothesen, die auch keines Beweises, teils Erscheinungen, die keiner Unbeweglichkeit fähig sind, zu diesen Merkmalen der Dinge mit gehören, so, warnt der erfahrene Plinius

*) Das eigentümliche Gelüste der Schwangern nach einer bestimmten Speise.

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(Hist. Natur. Lib. VII, 1) noch immer umsonst: Quam multa fieri non posse, priusquam sunt facta, iudicantur!" (B. II, 427.) Unwahrscheinlichkeit ist also kein Beweis gegen die Wahrheit. Freilich Wahrscheinlichkeit sticht mehrenteils die Wahrheit aus, wenigstens durch ihr Gewand." (B. VI, 301.) Weil Hamann eine kräftige Ahnung vom Geheimnis des Lebens hatte, darum hat er sich niemals weder durch Unwahrscheinlichkeit gegen die Wahrheit, noch durch Wahrscheinlichkeit für den Schein und Trug einnehmen lassen. Was er in frischer Unmittelbarkeit bald nach seiner Umwandlung an seinen Bruder schrieb, das tönt klar und kräftig durch alle seine Gedanken und Worte: „Ist es nicht ein alter Einfall, den Du oft von mir gehört: Incredibile sed verum? Lügen und Nomane müssen wahrscheinlich sein, Hypothesen und Fabeln; aber nicht die Wahrheiten und Grundlehren unseres Glaubens. Was für ein schaler Glaube, der aus der Begreiflichkeit und Sinnlichkeit der Predigt entsteht." (B. I, 425.)

Nicht unwahrscheinlich blos, auch unscheinbar ist die Wahrheit des Lebens. Ihre Herrlichkeit ist noch verdeckt; sie lockt nicht durch ihren Glanz, erscheint vielmehr oft niedrig, verächtlich, unschön gegen die ftralenden, aber toten Gebilde unserer Phantasie oder Vernunft. Freilich einem Kenner ist ein roher Diamant schäßbarer, als ein geschliffener, böhmischer Stein." (III, 88.) Aber auch nur einem Kenner. Wer die Natur des Lebens nicht kennt, muß sich vom Schein und Schimmer menschlicher Erdichtungen hinreißen lassen. Es geht ihm wie einem Cavalier in Liefland, der seines gallonnirten Kleides wegen den Scharfrichter umarmte und Herr Bruder nannte." (B. VI, 263.) Hamann sieht, wie die Menschheit ihren erstgebornen Bruder, dessen Leben unter der Knechtsgestalt verborgen ist, mißachtet, zurückstößt, und dafür die glänzend ausstaffirten Zeitmeinungen, Räuber und Mörder des wahren Lebens, als persönliche Brüder umarmt. Durch die Kenntnis des Gotteslebens hat er von dieser allgemeinen Schmach

und

er ist stolz darauf — sich unbefleckt erhalten. Wenn er seine Zeitgenossen mehr noch vom Glanz und Flimmer als der Wahrscheinlichkeit ihrer Hypothesen und Fabeln bezaubert sieht, so ruft er

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