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Materialismum des Schul- und Modewißes hinausläuft; sondern hier ist eigentlich die Rede von demjenigen, was nach der Analogie der ganzen Natur und ihrer Organisation zum Leben, das punctum saliens und die prima stamina des Embryons in der Sele eines Autors vorstellt." (IV, 452.) Aus dem punctum saliens entwickelt sich der ganze Mensch, aus dem Keime die ganze Pflanze, aber nicht systematisch, sondern organisch. So läßt Hamann aus der Wurzel jeder seiner Schriften diese selbst lebendig erwachsen. Er schreibt an Jacobi (G. S. 137): „Der Titel ist für mich kein Schild zum bloßen Aushängen, sondern der nucleus in nuce, das Senfforn des ganzen Gewächses. Hinc illae lacrimae, über diese Kleinigkeit erst mit mir selbst einig zu werden. Entwicklung und Ausfüllung überlasse ich den Säften des Lebens und Einflüssen der Witterung und des Himmels. Aus lecta potenter re fließt von selbst facundia und lucidus ordo. Diese meine methodum arcanam werde ich nun freilich nicht den Bürgermeistern und Philistern der allg. deutschen Bibliothek auf die Nase binden. Lassen sie sich mit ihrem Moses (Mendelssohn) die Köpfe zermalmen." Was er von der Bibel sagt, deren Sprache, wie wir sogleich sehen werden, unser Wörterbuch sein sollte, das muß nach seiner Ueberzeugung von jedem ächten, lebendigen Stil gelten. In der Bibel finden wir eben dieselbe regelmäßige Unordnung, die wir in der Natur entdecken. Alle Methoden sind als Gängelwagen der Vernunft anzusehen und als Krücken derselben. Die Einbildungskraft der Dichter hat einen Faden, der dem gemeinen Auge unsichtbar ist, und den Kennern ein Meisterstück zu sein scheint. Alle verborgene Kunst ist bei ihm Natur. Die h. Schrift ist in diesem Stücke das größte Muster und der feinste Probestein aller menschlichen Kritik." (I, 118.)

Mag das Leben oft sehr verworren, zusammenhanglos, unsystematisch erscheinen, es hat dennoch eine innere Einheit und Harmonie, die den entzückt, der sie sieht. Hamanns Sprache ahmt dem Leben nach. „Ich hoffe es noch bunter zu machen, versichert er, und dadurch eben die Einheit zu befördern, welche in der innern Dekonomie mehr als in der äußern liegen muß." (6. S. 174.)

„In meinem mimischen Stil, schreibt er an Kant, herrscht eine strengere Logik und eine geleimtere Verbindung als in den Begriffen lebhafter Köpfe. Ihre Ideen sind wie die spielenden Farben eines gewässerten Seidenzeuges, sagt Pope. Jedes Thier hat im Denken und Schreiben seinen Gang. Der eine geht in Säßen und Bögen, wie eine Heuschrecke, der andere in einer zusammenhängenden Verbindung wie eine Blindschleiche im Fahrgeleise, der Sicherheit wegen, die sein Bau nötig haben soll. Der eine gerade, der andere krumm. Nach Hogarths System ist die Schlangenlinie das Element aller malerischen Schönheiten, wie ich es aus der Vignette des Titelblatts gelesen habe.“ (Br. 49.)*)

Ebensowenig, wie durch System und Methode, soll die Sache durch den Schein der Form geschminkt oder gestügt werden. Ein schöner Stil ist ihm nur der wahre Stil, der die Sache sprechen läßt. Sogenannte Schönheit ohne wahren Inhalt war ihm ein Greuel. Schön geschrieben, sagt Jedermann, wenn man mit der Sache nicht recht einstimmen kann. Ein solches Lob ist die ärgste Beleidigung für mich.“ (G. S. 508.) „Schwung, Wig und all das Zeug sind entzückende Dinge und sehr willkommene Vorzüge, wenn wir die erste, die beste Leiche oder Schönheit zu besingen haben; wenn Wiß, Schwung und all das Zeug aber zu höheren Gegenständen gebraucht wird, und zu mehr als Theaterfabeln; so ist es eine vernünftige Raserei und eine extatische Selbstliebe ein excentrischer Stolz. Wie ich mit Wörtern spiele, so gibt es Leute, die mit Begriffen spielen.“ (Br. 45.)

*) Hier noch eine Stelle: Gehört nicht eine große Selbstverleugnung dazu, ein Stück zu liefern, das durch so seine Empfindungen, durch so flüchtige Gedanken, durch so schnelle Bewegungen der Sele, durch so unmerkliche Beziehungen verbunden ist, daß es ganz ohne Verbindung, und besonders für diejenigen ohne Verbindung zu sein scheint, die nicht dazu gemacht sind, in den nämlichen Umständen das nämliche zu empfinden? Seine Arbeit ist für 99 Leser verloren; für diesen Verlust aber wird er durch den Gewinn des hundertsten getröstet. Was für eine Blindheit gehört dazu, 99 gegen 1 aufzuopfern? (Br. 89.)

Einer Autorschaft, deren Ursprung das Leben und deren Ziel die Verbreitung des Lebens ist, steht eine Sprache zu Gebote, die sich so mannigfaltig, wie das Leben selbst gestaltet, während die Sprache der Systeme und Methoden ihrer Mutter an Einseitigkeit gleicht. „Wir können, schreibt Hamann seinem Bruder (Br. 68), das Verderben unseres Nächsten nicht sehen, ohne an unser eigenes zu denken, und diese Rücksicht beugt uns, und diese Demütigung gibt unserm Geiste Kräfte und macht uns zu Wendungen aufgelegt, die ein gerad und steifdenkender Philosoph nicht nachzumachen im Stande ist."

Wie überall, wo Leben herrscht, höhere Geseze die niederen aufheben, so hielt Hamann dafür, daß in einem lebendigen Stil die Regelrechtigkeit des Systems und der Methode vor höhern Forderungen schweigen müsse. „Aergern Sie sich nicht, rät er J. G. Lindner (Br. 86.), an meinen détours, Cäremonien, krummen Wegen, und wie Sie Alles zu nennen belieben, was ich thue. Das Decorum ist die grand master-piece to observe für Jeden. Das höchste Decorum besteht öfters in Beleidigung des subordinirten, und Convenance bricht öfters die feierlichsten Conventions." Er vergleicht dann manches Unverständliche seines Stiles mit den krummen Wegen, die Moses das Volk gehen ließ, um sie zum Ziel zu bringen, und worüber dasselbe so aufgebracht wurde, daß auch das Zeugnis der Wolken- und Feuersäule Mosis Ansehn nicht schüßte. Aber hier heißt es abermals, was machst Du aus Dir selbst? Bist Du Mose? Du bist ein eitler Delgöße, und Deine Muse eine Mohrin, eine Hottentottin. Gesellen Sie Sich nicht zu dem Haufen derer, die lästern, da sie nichts von wissen.“ Das Leben des Stiles, sagt er, hängt von der Individualität unserer Begriffe und Leidenschaften ab und von derselben geschickten Anwendung zur Erkenntnis und Offenbarung der Gegenstände durch gleichartige Mittel." (IV, 463.)

Der horazische Spruch: Scribendi recte SAPERE est et principium et fons und das bekannte Wort Buffons: Le stile c'est l'homme, beide durch seinen Geist vertieft und verklärt, find Hamanns Losung. (IV, 451 ff.)

Wer das Leben nicht faßt, an dem rauscht es scheinbar gleich, giltig, stolz vorüber; wer es aber feindlich angreift, gegen den weiß es sich zu behaupten. Es wird flreng, kräftig, niederschmetternd. So ist Hamanns Stil; stolz gegen die Gleichgiltigen, schrecklich gegen die Feinde des Lebens. Sein Wort ist seine Waffe. Es ist bald haarscharf, wie ein Schwert, bald geflügelt, spig, widerhakig, wie ein Pfeil, bald wuchtig, wie die Keule eines Herkules, bald unscheinbar, unbedeutend, aber gefährlich, treffend, wie Davids Schleuderstein. Er vergleicht seine Muse mit der Heldin, die den Feind und Tyrannen des erwählten Volkes niederstreckte. „Milch gab sic, schreibt er seinem Bruder bei Uebersendung der Erstgeburt seiner Autorschaft, Milch gab sie, da er Wasser forderte; Butter brachte sie dar in einer herrlichen Schale. Sic griff mit ihrer Hand den Nagel und mit ihrer Nechten den Schmiedehammer. Tritt, meine Scle, auf die Starken! heißt es in dem Liede Deborä." (Br. 65.) Ein andermal sagt er: Seine Feder, sein Stil sollen ihm denselben Dienst gegen die Sophisten der Zeit und die Priester im Tempel des Bon Sens und der Raison publique leisten, den Simson, der hebräische Herkules, im Streit mit den Philistern vom Eselskinnbacken und den Feuerbränden hatte, oder Moses, der Gesetzgeber mit schwerer Zunge, im Handel mit Pharao und dessen Zauberern von seinem Stabe.*) Oder er vergleicht seine kleinen. Schriften mit Pechküchlein, welche den Gößen der Zeit zum Plazen bringen sollen, wie cinst den Drachen zu Babel. (II, 8. G. S. 415.) Oder er redet,feurige Kohlen auf den Haarschädel derjenigen, welchen die Wahrheit zum Stein des Anstoßes gereicht und die sich daran ärgern, wodurch sie gewißigt und gebessert werden könnten." (II, 165.) Ein andermal brummt er wie ein farmatischer Bär und schleudert die Fliegen von seiner empfindlichen Nase, die

*) B. II, 350, Lettre néologique; IV, 151, Lettre pordue; II, 434 u. s. w. „Möcht Mendelssohn sich nur gelüsten lassen, sich an meinen pudendis mit seinem metaphysisch-ästhetischen Scheermesser zu vergreifen; ich will mich meiner Haut mit seines Landsmanns Kinnbacken schon wehren." (G. S. 25.)

ihn verfolgen. (Das.) So oft er in den Streit zieht, niemals kommt es ihm in den Sinn, mit parfümirtem Pulver und Blei zu schießen,“ (II, 178), was man ihm oft für Grobheit ausgelegt hat. Summa: „Ad oculum et unguem Wahrheiten und Lügen demonstriren, rühmt er, ist meine Sache nicht. Bei mir ist von Sturmwinden die Rede, die man sausen hört, ohne selbige anders als an den Wirkungen sehen zu können, und die in den Lüften herrschen, ohne daß man ihre Gestalt, Anfang und Ende mit den Fingern zeigen kann." (V, 270.) Aber wie Hamann den Krieg nur liebte als den Vater des göttlichen Friedens, so soll sein ge= harnischter und zweischneidiger Stil nur das wuchernde Unkraut töten, um dem Leben Raum zu verschaffen. „Ich habe mich entschlossen, schreibt er an Jacobi (G. S. 277.), den alten Sauerteig meiner alten Art und Natur völlig auszufegen . . . . Ihr „Alzuscharf schneidet nicht!" machte mir eine tiefe Wunde und drang ins lebendige Fleisch und Gefühl; aber die leidenschaftliche Heftigkeit und Bitterkeit schien mir die wahre Ursache zu sein, welche meinen Ton so verstimmt hatte. Die strenge Gerechtigkeit selbst ist nicht lieblos. Selbsterkenntnis ist und bleibt das Geheimnis ächter Autorschaft. Sie ist der tiefe Brunnen der Wahrheit, die im Herzen, im Geiste liegt, von da in die Höhe steigt, und sich wie ein dankbarer Bach durch Mund und Feder ergießt, wolthätig ohne Geräusch und Ueberschwemmung." Sind seine Schriften Essig, der Alpen aufthaut, wie Livius lehrt," die himmelhohen, für unbeweglich geltenden Bergketten des Vernunftdünkels und dessen Sagungen sprengt, so sind sie auch „Most, der Jungfrauen zeugt," (III, 137.) und Liebesdienste an den vom mörderischen Zeitgeiste Verstümmelten. „Wie meine Muse, schreibt er an Herder, eine der barmherzigen Schwestern ist, so läuft der Inhalt aller meiner Blätter auf eine barmherzige Kunstrichterin hinaus, aber ohne Ansehen der Person.“ (VII, 205.)

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Hamanns Leben war, wie wir wissen, kein isolirtes. Es stand im Zusammenhang mit allem, was Leben heißt, mit dem Leben der Natur, der Menschheit, Gottes, und zog daraus seine Nahrung, verwandelte es in sein Fleisch und Blut, in sein Leben. Ganz

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