ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

so ist sein Stil. Er lebt und webt in den Analogien, Bildern und Gleichnissen aus allen Gebieten des natürlichen Lebens. Wer wenig von Hamann weiß, dem ist wenigstens nicht unbekannt, daß seine Schriften mit Anspielungen auf die Geschichte aller Zeiten und mit Aussprüchen von Autoren jedes Jahrhunderts und Volkes gesättigt sind. Citat steht neben Citat; doch ist diese Zusammensegung keine mechanische Mosaikarbeit, sondern das Leben des Stils, gleichwie die Lebenserfahrungen und Anschauungen der Menschen vor ihm und um ihn nicht wie Waaren in einer Jahrmarktsbude in seinem Gedächtnisse lagen, sondern sein eigenstes Besigtum oder Mittel zur Entfaltung seines Wesens geworden waren, wie er einmal sagt: „Ueberall ist meine Weide. Mir schmeckt auch Alles." (G. S. 522.)

Wir haben Hamann selbst erzählen hören, daß er durch die Offenbarung Gottes zu dem wahren, neuen Leben geboren worden, daß diese seine Mutter auch allezeit seine vornehmste Nährerin geblieben ist. Es ist also ganz natürlich, daß auch die Sprache Hamanns aus der Bibel geboren und durch sie genährt und gereift ist. Wie die Bibel die Mutter des neuen Hamanns, so ist die Bibelsprache seine eigenste Muttersprache. Wäre sie nicht, so wäre Hamann fast stumm. Er hätte kein Mittel, sein Leben zu offenbaren. Was in ihm sich regte und bewegte, fand seinen besten Ausdruck in den Geschichten, Bildern, Gleichnissen der Bibel. „Die H. Schrift, bemerkt er zu 1 Petri 4, 11, sollte unser Wörterbuch, unsere Sprechkunst sein, worauf alle Begriffe und Reden der Christen sich gründeten, woraus sie beständen und zusammengesezt würden." Wer die Bibelsprache nicht versteht, für den muß Hamanns Stil wie eine fremde Zunge tönen.

Die beiden lezteren Punkte zusammenfassend, schreibt Hamann an J. G. Lindner (Br. 53): „Meine Briefe sind vielleicht schwer, weil ich elliptisch wie ein Grieche, und allegorisch wie ein Morgenländer schreibe. Ungelehrigkeit, die keine Anwendung von meinen Figuren machen und meinen Fleiß im analysiren auf sich deuten will, ist eben so eine schlechte Exegesis als Leichtfertigkeit, wodurch der Sinn meiner Einfälle nur noch mehr vereitelt wird! . . .

Ein Laie und Ungläubiger kann meine Schreibart nicht anders als für Unsinn crklären, weil ich mit mancherlei Zungen mich ausdrücke, und die Sprache der Sophisten, der Wortspiele, der Creter und Araber, Weißen und Mohren und Creolen rede, Kritik, Mythologic, rebus und Grundsäge turcheinander schwaße und bald κατ ̓ ἄνθρωπον Sals κατ' ἐξοχήν argumentire. Der Begriff, Scu ich von der Gabe der Sprachen hier gebe, ist vielleicht so neu als der Begriff, den Paulus vom Weissagen gibt, daß nämlich selbiges in der Parrhesie und §ovoia also zu strafen und zu richten bes stände, daß das Verborgene des Herzens offenbar würde und der Laie auf sein Angesicht fiele, Gott anbetete und bekennte, daß Gott wahrhaftig in uns sei.“

Das Leben ist Thatsache, weder Theorie, noch Problem. Nicht Beweise beweisen das Leben, sondern das Leben ist die Mutter der Beweise. Wer das Leben und seine Thatsachen nicht anerkennt, sie bezweifelt oder gar hinweg beweisen will, über den schreitet das Leben in stiller, stelzer Majestät hinweg und vorwärts. Es kann auf den klugen Thoren nur lächelnd oder spottend herabschauen, und läßt die Steine, womit es getroffen werden soll, ruhig auf des Werfers eignen Kopf fallen. Will man begrifflicher und weniger bildlich reden, so kann man auch so sagen: Die Thatfache ist dem Näsonnement stets überlegen, und diese Ueberlegenheit äußert sich als Ironie, sobald das Näsonnement sich als die überLegene Macht gerirt, und seine Demonstrationen für Fakta ausgibt. Hieraus erklärt sich die kräftige Ader der Ironie und des H. Spottes, die in Hamanns Schreibart pulsirt. „Wenn die Narren sind, schreibt er an Jacobi (G. S. 229), die in ihrem Herzen das Dasein Gottes leugnen, so kommen mir die noch unsinniger vor, die selbiges erst beweisen wollen. Wenn das Vernunft und Philosophie heißt, so ist es kaum eine Sünde, selbige zu lästern." Er führt dabei einen Neim an, der ihm von frühester Jugend an wie ein Nagel im Gedächtnisse size:

-

Wie mag der Schöpfer nicht in seiner Almacht lachen, Wenn sich das Nichts zu Was und Ihn zu Nichts will machen! Er, der die Thatsache hat und hält, von ihr lebt, muß die vers

spotten, welche sich im Schweiß ihres Angesichts oder mit grimmigen Geberden abarbeiten, den innersten Kern des Lebens als Unvernunft und Tod zu verschreien. Mit demselben Winde, womit sie das Licht des Lebens auszulöschen vermeinen, bläst er ihr glimmendes Döchtlein aus. Seine Ironie wird um so gewaltiger, je dünkelhafter der Verstand sich gegen das Leben aufbläht. Sind die Reden des aufgeblähten Verstandes noch dazu nicht einmal Original, sondern Papageienrerk, so hält Hamann den Spott für die einzige Sprache, mit der man antworten muß. „Wer wie die Kinder hinten nach denken und Andern nachplappern will, und sich doch auf das Forum der Vernunft beruft, der muß gegeckt und nicht widerlegt werden, muß mit der Schule der Rosse und Mäuler vorlieb nehmen, muß zum Narren gemacht werden und sich schämen fernen, wenn er nicht denken lernen will." (Br. 58.) Mit welcher Gewissenhaftigkeit Hamann übrigens das gefährliche Schwert des wißigen Spottes führte, mag folgende Warnung an seinen Bruder (Br. 68) zeigen: „Wenn wir nichts als ein Spiel des Wiges daraus machen, so üben wir uns in einem hämischen Wiß, der Wahrheit und Liebe der Pflichten aufopfert, um sich hinter dem Schirm kizeln zu können, gewöhnen uns an Verdrehung, DoppelFinn. Ich habe desto notwendiger gefunden, diese Erinnerung Dir zu thun, weil ich sehe, daß klügere Leute sich nicht schämen, meine Tadler und Nachfolger, beides auf eine nicht zu geschickte Art, zu sein. Es gehört also ein wachsames Auge auf sein eigenes Herz sowol als die Gegenstände, mit denen man zu thun hat, und nicht eine bloße Geschicklichkeit, andern nachzuspetten." Die Gabe des Wizes und Spettes zu gebrauchen aus Lust und Kigel, nennt er die Läusesucht des Wißes," daran er selbst vordem siech gelegen. Man sieht aus der Derbheit des Ausdrucks, wie sehr er folche Anwendung der Jronie verabscheute. Wo sie aber im Kampfe der Wahrheit gegen den Riesen der Lüge und des Scheins am Plage ist, da weiß er sie zu nügen, wie David das Schwert Goliaths. „Kein besser Schwert als Goliaths! so braucht der Christ die Ironie, um den Teufel damit zu züchtigen: diese Figur ist die erste in seiner Redekunst gewesen, und mit dieser führte Gott

die ersten Eltern zum Paradiese heraus, nicht sie, sondern ihren Verführer damit zu spotten.“ (Br. 43.)

Ich komme endlich auf die sibyllinische Dunkelheit in Hamanns Stil. Alles Leben ist geheimnisvoll. Wahrscheinlich werden alle meine Leser in ihrer Jugend schon einmal mit Lust das göthische Wort deklamirt haben:

Geheimnisvoll am lichten Tag,

Läßt sich Natur des Schleiers nicht berauben,
Und was sie Dir nicht offenbaren mag,

Das zwingst Du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben. Das gilt auch vom geistigen Leben, und zwar von jeder höheren Stufe desselben in höherem Maße. Das Leben kann nur vom gleichartigen Leben gefaßt werden; dem denkenden Kopfe, welcher von anders geartetem Herzen regiert wird, bleibt es dunkel. „Optimus maximus, schreibt Hamann an Jacobi, verlangt keine Kopfschmerzen, sondern Pulsschläge." (G. S. 197.)

So geheimnisvoll wie das Leben ist Hamanns Sprache. Wer den ganzen Hamann, das punctum saliens seines Lebens nicht versteht, der versteht auch Hamanns Sprache nicht. Die Auslegerin seiner Orakelsprüche ist die Wahlverwandtschaft mit seinem Geiste. Ein fremder Geist hört eine fremde Sprache, und die fremde ist stets auch die dunkle, verworrene und — falsch beurteilte, verworfene.

Die Aeußerungen des Lebens sind ebenso sehr Offenbarungen, wie Hüllen desselben, wie das auch Hamann in verschiedenen Wendungen ausspricht. Der Trieb des Lebens, Kunde von sich zu geben und sich zu verbergen, ist gleich stark und stets untrennbar mit einander verbunden. Wo nur immer das Leben sich äußert, zieht es sich auch wieder in das Innere zurück, damit die Aeußerung des Lebens nicht mit dem Leben selbst verwechselt werde. Der Leib des Menschen, seine Thaten, seine Leiden, seine Verirrungen, seine ganze Geschichte und Erscheinung sind eine Offenbarung des menschlichen Lebens; aber diese Offenbarung ist so rätselhaft, so geheimnisvoll, so verhüllend, daß durch sie allein das Wesen des Menschen nie verstanden werden kann. Auch diese Eigenschaft teilt der Hamannsche Stil mit dem Leben. Hamann

schreibt und spricht allerdings, um seinen Lebensinhalt zu offenbaren; aber die Sprache, die ihn offenbaren soll, verhüllt ihn wieder. Hamann ist sich dessen klar bewußt und hält diese Schreibweise für die dem Leben entsprechende. Er ist auch der Ueberzeugung, daß sie das rechte Mittel zur Erreichung seines Zieles ist. Es ist nämlich dem Menschen in seinem jeßigen Zustande des Werdens und Suchens eigen, daß das Verhüllte ihn stärker lockt und treibt, als das Enthüllte. Was plan auf der Hand liegt und vor seinem Verstande fich entdeckt hat, das fesselt ihn wenig, weil es ihm in der That auch nicht genügen kann. Er jagt dem noch Verborgenen nach. Weil Hamann nicht verständig, sondern lebendig machen, anregen, reizen, locken wollte, sucht er dieselbe Sprache zu sprechen, in welcher Gott und darum auch die Natur zu den Menschen redet, die offenbarend verhüllende, nicht die plan verständige. Er sucht, sagte ich; er konnte freilich auch nicht anders; es war bei ihm Natur, Notwendigkeit. „Mir gefällt, ist sein Bekenntnis, mehr ein sich einspinnendes, als ausspinnendes Insekt.“ (G. S. 76.) „Spinnen und ihrem Bewunderer Spinoza ist die geometrische Bauart natürlich. Können wir alle Systematiker sein? Und wo blieben die Seidenwürmer, diese Lieblinge unsers Salomo?" (III, 192.) „Meinst Du, fragt er seinen Bruder (Br. 68), daß es eine Kurzweil ist, solche Schüler vor sich zu haben, die zu schläfrig sind, geistliche Dinge zu hören, und die man ärgert, wenn man auf eine geistliche Art mit ihnen davon reden wollte, daß man sich zu irdischen Bildern herunter lassen muß, wenn sie einigen. Begriff davon haben oder einige Lust dazu bekommen sollen." An J. G. Lindner (Br. 42): „Der Philosoph, der gar zu klar von der größten Wahrheit, nämlich der Unsterblichkeit der Selen redete, brachte den Entschluß des Selbstmordes, des größten Lasters, in seinen Zuhörern zu Wege. Wenn man also nichts anders, als eine verkehrte Anwendung deutlicher Wahrheit versprechen kann, so erfordert es die Klugheit, sie lieber einzukleiden, und den Schleier der Falschheit wie Thamar auf Unkosten seiner Ehre zu brauchen, um sie mit der Zeit desto nachdrücklicher zu rächen.“ „Ich bin der Meinung, daß Gedanken durch die Deutlichkeit einen großen"

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »