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Ein uns Unbekannter (D. R.) schrieb an Jacobi einen längeren Brief (J. W. I, 351) über Allwill, worin er sich zwar freut, dass in Luzien's Briefe das Gegengift gegen die vorher angepriesene Herrschaft der Leidenschaften gegeben sei, aber er findet das Gift doch zu stark, zu feurig zugerichtet und fürchtet, dieses Gift möge den leichtesten Eingang in die jugendlichen Herzen, die schon so sehr danach gestimmt sind, gewinnen. „Also, ihr feurigen Köpfe oder Herzen, hütet euch doch, den verhangenen Zügel so zu empfehlen; man kommt. doch ungleich schneller vom Fleck, auch wol zum Ziele, wenn man nicht stürzt."

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Lessing hatte aufmunternde Worte der Anerkennung für Allwill. Vergl. Jacobi an Lavater, 10. Okt. 81 (J. a. B. I, 334): Hier der erste Theil meiner vermischten Schriften. In dem Gespräch habe ich ansehnliche Veränderungen gemacht. In Allwill's Papieren ausser dass ich zwei Briefe ganz ausgestrichen habe wenig, aus einer Art von Religiosität. In diesen Blättern ist Etwas, dem ich mehr als mir selbst glaube. Etwas Aehnliches fühlte Lessing dabei, und liess mich kurz vor seinem Tode, als er schon blind war, noch ermahnen, Nichts daran zu bessern." Vergl. auch Jacobi an Elise Reimarus, 15. März 81 (J. a. B. I, 317), und an Sophie la Roche, 17. Aug. 81 (Z. I, 46).

Herder dagegen übte sich mit Goethe im Schweigen. Vergl. Wieland an Jacobi, 22. Jenner 77 (Z. I, 18): Auch Herder sagt Nichts von Allwill's Papieren. Als ich ihn einst fragte, entschuldigte er sich damit, er hätte sie noch nicht gelesen.

Friedrich Leopold Stolberg fand, wie wir schon sahen, in den Romangestalten ebenfalls wirkliche Personen. Er schreibt an Jacobi, 13. April 92 (Z. I, 162–163): „Amalia ist ein Engel in weiblicher Bildung, ein so reiner und edler Engel, wie sie auch wirklich nur in weiblicher Bildung hienieden erscheinen. Clerdon ist mir so lieb, aber so lieb, dass er mir immer in Deiner Gestalt vor Augen leibt und lebt. Wie wahr schrieb

Dir aber Wieland, dass Allwill Goethe sey! Ich begreife nicht, wie Goethe Dir das verzeihen kann! Ich sehe ihn, wie Dich, im Clerdon. Der letzte Brief von Sylli an Amalia ist mir auch unaussprechlich lieb." ,,Aber die Metaphysik, in welche das böse Clärchen uns so ganz unvermerkt, mit einer Miene von stumpfnäselnder Truglosigkeit hineinverwickelte, gab uns etwas Grimm."

Auch im Schiller - Körner'schen Briefwechsel wird Allwill besprochen. Schiller an Körner, 10. Juni 92 (Br. zw. Sch. u. K., II, 316): „Man sagt mir hier viel Gutes von Allwill's Papieren, die neu herausgekommen sind. Sieh' doch nach, ob Etwas daran ist." Körner hat den Roman gelesen und giebt sein ausführliches Urtheil (Br. zw. Sch. u. K. II, 320 ff.). Er hält denselben für ein merkwürdiges Produkt eines vorzüglichen Kopfes." „Einzelne Briefe, besonders der von Luzie an Allwill, verrathen eine Meisterhand. Andere sind vernachlässigt oder überspannt. Ueberhaupt fehlt dem ganzen Werk ein gewisses Gepräge der Vollendung" ,,An Kunsttalent fehlt es ihm nicht, seine Amalia ist brav geschildert. Auch Sylli hat feine und geistvolle Züge. Mir ist sie durch ihr weinerliches Wesen ermüdend. Allwill ist oft zu sehr das gewöhnliche Ideal des Kraftgenies. Clärchen ist eine Art von Wagestück, ein Geist von männlicher Ausbildung ohne Nachtheil der Weiblichkeit. Aber Luzie hat besonders eine eigene Erhabenheit, durch Grazie möglichst gemildert". . . . .

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Jean Paul verdankte die Anregung zu seinem „Titan" dem Romane Allwill. Siehe Jean Paul an Jacobi, 3. Aug. 1802 (J. a. B. II, 314): „Die Stelle im Allwill, wo Du von poetischer Auflösung in lauter unmoralischer Atonie (Gesetzesfeindschaft) durch lauter Reflexion sprichst, gab mir die erste Idee des Titan's; du konntest nicht nur einen Roquairol dichten, sondern hast es schon gethan." (Die betreffende Stelle im Allwill ist J. W. I, 178).

Jacobi's eigene Aeusserungen über die ihm bekannten Ur

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theile gehen, abgesehen von Wiederholungen des in den Vorreden Gesagten, nach zwei Seiten:

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1. giebt er zwar zu, wirkliche Personen, z. B. seine Frau, als Modelle für die Gemälde des Romanes verwendet zu haben, protestirt aber entschieden gegen die Annahme, als habe er diese Personen portraitiren wollen. Jacobi an Sophie la Roche, 18. März 76 (J. a. B. I, 237): „Warum ich Sie bitte dass Sie ja ohne Deutung lesen mögen, denn Sie würden dabei ganz gewiss irre gehen und sich nur stören. - Zum Portraitmalen habe ich überhaupt nicht das mindeste Geschick, ich müsste denn im höchsten Grade verliebt sein, wo man alle Muskeln und Nerven der Geliebten sich dermassen anorganisirt, dass man ihre Regungen stärker als die eigenen fühlt. Aber; lieber Gott, was ist weniger Portrait, als eben diese Malerei."

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Jacobi an Wieland, 26. April 76 (J. a. B. I, 238): „Rost [Heinse] hat mir bange gemacht, es könnte hier in der Gegend etwa einen albernen Menschen geben, der, wenn er erführe, dass ich den Allwill geschrieben, auf den Gedanken geriethe, ich schilderte meine Familie; oder einen boshaften, der sich bemühte, es wahrscheinlich zu machen. Der Argwohn, dass ich Clerdon sein wollte, und mich selbst so sähe, wie jenen Amalia und die Wallberg, ist eine Sache, bei deren blosser Vorstellung mir der kalte Schweiss ausbricht."

Jacobi an Wieland, 21. Juli 76 (J. a. B. I, 244): „Freilich hat Betty zu meinem Ideal gesessen; so eigentlich gesessen, dass ich sie ein Paar Mal dazu an meinen Schreibtisch geholt. Uebrigens aber protestire ich gegen alle weitere Application, sowohl im Vergangenen, als Zukünftigen. Ein Maler kann nach seiner eigenen Gestalt einen Alexander malen, so dass ihm das Bild sehr ähnlich ist bis auf einige veränderte Züge, die gerade diejenigen sind, die das Bild zum Alexander machen; ebenso nach seiner Tochter oder Frau, von mittelmässiger Schönheit, eine Phryne oder das hässlichste Weibsbild. Ebensoviel Dichtung, und noch mehr, ist bei Schilderung der Situationen

möglich, oder schleicht sich ein, wissentlich oder unwissentlich."

2. Hebt Jacobi mit Nachdruck den Brief Luzien's gegen Allwill als seine eigene Ueberzeugung hervor. Jacobi an Georg Forster, 25. Okt. 79 (J. a. B. I, 292): „Grüssen Sie Lichtenbergen von mir und sagen Sie ihm, ob ihm ahnde, dass er mir gut sein könne. Wenn er mich etwa der Empfindelei (das Wort Empfindsamkeit mag ich nicht verhunzen helfen, mag kein Schwärmer, weder pro noch contra, weder für die Wärme noch für die Kälte, seyn) oder der Geniesucht im Verdacht haben sollte, so lesen Sie ihm nur Luziens Brief aus dem Dezember des Merkurs 76 vor."

Am Entschiedensten weisst Jacobi den ihm von D. R. gemachten Vorwurf zurück, als ob er selbst auf Seiten der Allwille stehe. (Siche Jacobi's Antwort, 23. Okt. 81 = J. W. I, 352-358-). „Mir däucht, man braucht nur den Eingang von Luzien's Brief gelesen zu haben, um sich des Beifalls, den man Allwill's Zügellosigkeit gegeben haben möchte, zu schämen. Und nach diesem Eingang, wie wird Allwill nicht verfolgt auf jedem Irrwege; wie mörderlich und siegend! Machen Sie die Probe an jungen Leuten, die nur Seele genug haben, um beide Briefe zu fassen; geben Sie ihnen das Buch in die Hand und merken Sie genau auf die Wirkung. Wenn diese nur ein Mal unter hunderten anders ist, als ich behaupte, so will ich Alles gethan haben, so will ich selbst kommen und mich als schuldig darstellen." Ueberhaupt verdient dieser ganze Brief genaue Beachtung.

Wie sich die Sachen wirklich verhalten, sollen die nächsten Abschnitte zeigen.

IV. Allwill, Goethe, Jacobi und die Briefstellen.

Allwill's Briefsammlung soll ein darstellendes Werk sein; es soll, wie auch Woldemar, der deshalb ,,eine Seltenheit aus der Naturgeschichte" 1) genannt wird, „Menschheit, wie sie ist, erklärlich oder unerklärlich, auf das gewissenhafteste vor Augen stellen" 2). Als Gegenstand der Darstellung wählt Jacobi die damals vielfach beobachtete Erscheinung eines sogenannten Genies. Und wie Andere, künstlerisch begabt, das künstlerische, z. B. dichterische Genie darstellen, so stellt Jacobi, für die Beobachtung sittlicher Erscheinungen ungemein befähigt, das moralische Genie dar. Er zeigt dasselbe nach allen Seiten, in allen möglichen Beleuchtungen: für sich selbst sprechend und sein Leben in eigenen Worten und Thaten offenbarend; im Lichte der beurtheilenden Umgebung, die theils entzückt, theils verdammend den genialen Menschen schildert. Solche Gestalten schafft man nicht aus der Luft; man muss selbst Ansätze zu solchem Wesen in sich haben, und man muss andere Menschen, congenial auffassend, zum Modell nehmen. Hier sind alle Aeusserungen treffend, die Goethe über seinen Werther in den gleichzeitigen Briefen thut. Es sind „,fremde Leidenschaften, aufgeflickt und ausgeführt"); es ist ein „unschuldiges Gemisch von Wahrheit und Lüge" 4). Den Werther

1) Woldemar, Eine Seltenheit aus der Naturgeschichte, Erster Band, 1779. 2) J. W. I, XII.

3) Goethe an Kestner, 74, in ,,Goethe und Werther", S. 206.

4) Dass., S. 223.

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