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Grundthema der Sturm- und Drang-Melodie aus in dem Briefe an Wieland vom 13. Nov. 74 (J. a. B. I, 194): „Für Alles in der Welt, liebster Wieland, wollte ich das innige Gefühl, von eigner Kraft zu leben, zu dauern, zu wirken, das ich in mir habe, nicht missen: es lehrt mich glauben und trauen meinem eignen Herzen, macht mich frei; und wie viel köstlicher, als die Behaglichkeiten geliehener Ruhe, Sicherheit und Heiligkeit ist nicht die Wonne dieser Freiheit."

Diese Stellen, die aus der wahrsten Ueberzeugung Jacobi's fliessen, muss man betrachten, um den Roman Allwill begreifen zu können. Dann wird man erkennen, dass Jacobi seinen Allwill ebenso innerlich erlebt hat, wie Goethe seinen Werther, dass aber trotzdem die Immoralität Allwill's ebensowenig als die krankhafte Schwäche Werther's auf Rechnung ihrer Verfasser zu setzen sind.

Die Werther - Allwill - Natur konnte ihrem Wesen nach zu beiden genannten Abwegen führen, und deshalb haben beide Schriftsteller, Goethe und Jacobi, diese Abwege so gut gekannt; dass sie selbst auf diese Abwege nicht gerathen sind, davor rettete sie ihre bessere Kraft. So sagt Sokrates, nachdem man ihn gelobt, dass er keinen Fehler habe, er habe zu allen Fehlern die Anlage mehr, als andere, halte sie aber bezwungen.

Noch an anderen Stellen lässt sich die Verwandtschaft Allwill's und Jacobi's nachweisen.

Allwill schreibt in Br. XX an Luzie (J. W. I, 184): „Es liegt mir noch klar genug im Gedächtniss, wie ich ehmals, bei jeder merkwürdigen Sinnesänderung, mich nun endlich zur wahren Weisheit bekehrt, und den einzigen Weg zur Glückseligkeit betreten zu haben glaubte; dann vor Entsetzen und Scham vergehen wollte, dass ich vor nur so wenigen Tagen oft vor nur so wenigen Stunden, noch ein so unbegreiflicher Thor hatte sein können, aber, o Tyrannei des Schicksals! bald darauf kam mein unbegreiflicher Thor wieder ganz stattlich als

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der weiseste Mann an's Licht und schämte sich seines Vorfahrs nicht weniger, als dieser vor kurzem seiner sich geschämt hätte."

Ebenso schreibt Jacobi an Wieland, 27. Okt. 72 (J. a. B I, 79):,,Es belustigt mich nicht wenig, wenn ich mich der Zeiten erinnere, wo ich bei einer jeden Sinnesänderung, die ich erfuhr, dachte, ich hätte einen grossen Schritt näher zur Weisheit gethan, und mich wunderte, wie ich wenige Tage, ja oft nur wenige Stunden vorher noch ein so grosser Thor sein konnte. Nachdem ich aber einige Male, abwechselnd, in dem, was mir Thorheit gedäucht hatte, wieder zum weisen Manne, und in dem, was mir Weisheit gedünkt hatte, wieder zum Thoren geworden war, da lernte ich die Sache besser einsehen."

Weiter schreibt Allwill an Luzie (J. W. I, 184): ,,Sie wissen, was die Ptolemäische Epicycloide für ein Ding ist (sonst kann Wallberg Sie daran erinnern): Auf-, Ab- und Durcheinander-Schwingungen ohne Ende; doch nur ein Mittelpunkt, und der Planet tritt immer wieder in die Grenze seines Zirkels zurück."

Aehnlich schreibt Jacobi nach Beurtheilung von Wieland's Agathon über sich als Kritiker und Leute seiner Art (J. a. B. I, 88): „Unser Leben gleicht einer Ptolemäischen Epicycloide; da sind Inclinationen und Declinationen ohne Ende, aber wir kommen immer wieder in die Peripherie unseres Zirkels zurück.“

Schliesslich geht aus einer Stelle des Romans selbst hervor, dass Clerdon (in dem wir später deutlich Jacobi sehen werden) eine geistige Verwandtschaft mit Allwill hat.

Nachdem Sylli in Br. XIX die Allwillsnatur nach ihren schlimmen Seiten dargestellt und sich darüber aufgehalten hat, dass Clerdon so sehr an Allwill hänge, schliesst sie (J. W. I, 181) mit den Worten: „Uebel wird es mir bekommen, wenn Du Clerdon dies zu lesen gibst. Ich ergebe mich darein; und grüsse Du ihn nur von mir recht herzlich, den Papa Allwill." So

wird scherzhaft Clerdon als der älter und Hausvater gewordene Allwill hingestellt.

Das Resultat der Untersuchung ist also, dass Goethe zwar eine Reihe von Charakterzügen für Allwill hergeben musste, Allwill aber trotzdem als der typische Charakter für die ganze Gattung der Allwille gezeichnet ist.

Jacobi giebt richtig seinen eigenen Antheil an der Allwillfigur an in seiner schon erwähnten Antwort auf den Brief von D. R. (J. W. I, 353):,,Dass ich den Charakter Allwill's so glänzend entworfen und Alles hineingelegt habe, was sich von löblichen Dingen damit reimen liess, das ist gewiss nicht zum Nachtheil der guten Sache geschehen. Um bei dieser seltsamen Gattung von Schwärmern einiges Gehör zu finden, muss man sich bezeigen als Einen aus ihrer Mitte, als Einen, der zu Allem, was sie hochschätzen, reichlich den Zeug hat, und der auch nicht zu zärtlich ist, um sogar Ottern in die Hand zu nehmen und mit eigenen Augen zu betrachten und mit eigener Seele zu schätzen in seinem eigenen Sein ein jedes Ding."

V. Allwill als ,,moralisches Genie."

In Allwill wird das Genie nicht in Bezug auf die Kunst, sondern in Bezug auf die Lebensführung und die moralische Welt dargestellt.

zu

Gervinus sagt (4. Aufl., Bd. 4, S. 518) darüber: „Er (Jacobi) zeigte das moralische Genie, das hier in das schönste Licht gerückt war, von zwei Seiten, mit jener Unparteilichkeit, der ihn seine ganze Unentschiedenheit ausserordentlich befähigte, und auf die er selbst sich grosse Stücke einbildete. Als darstellendes Werk ist Allwill durchaus unbedeutend; Jacobi hat nicht einmal Anlage, sich raisonnirend verständlich zu machen, geschweige darstellend anschaulich zu werden. Ueberall sieht man zu sehr wirkliche Verhältnisse durch, und doch herrscht Reflexion vor. Als Abbild der Geniemänner aber, als eine fortlaufende Charakteristik der Fauste jener Zeiten, die Jacobi in diesem einen Individuum zeichnen will, sind diese Briefe um so interessanter, als ihm bei dieser Gestalt vielfach Goethe gesessen hat."

Gegen dieses im Ganzen das Richtige treffende Urtheil ist zweierlei einzuwenden; einmal möchte ich die auch von Gervinus anerkannte Unparteilichkeit der Jacobi'schen Darstellung nicht auf seine ,,Unentschiedenheit" zurückführen. Jacobi war lebhaft gegen die schlimmen Seiten jener Geniemänner eingenommen; er erkannte diese Fehler ebenso scharf wie die Gegner des genialen Treibens, wie z. B. Lichtenberg; aber zugleich fühlte er sich diesen genialen Naturen, ihrem echten Kerne nach, verwandt, konnte sich ganz in sie hineinleben und daher

mit gleich treffenden Worten das Pro und Contra schreiben. Mit demselben Rechte könnte man Goethe Unentschiedenheit vorwerfen, der den Tasso und Antonio geschaffen. Zweitens ist es doch zu viel gesagt, wenn man einem Manne von Jacobi's philosophischer Bedeutung vorwirft, er habe keine Anlage, sich raisonnirend verständlich zu machen; liest man Gervinus' Darstellung von Jacobi's philosophischen Verdiensten, so gewinnt es für mich den Anschein, dass der Mangel an philosophischem Raisonnement auf der andern Seite liegt. (Vergl. z. B. Gervinus 4, 513:,,Wie er Jacobi denn weiterhin immer von

einem System seiner Philosophie sprach, der doch nie nur eine systematische Abhandlung schreiben konnte etc.“).

Die gewichtigen Stimmen, die sich im Romane gegen Allwill und dessen Moral verdammend vernehmen lassen, Sylli und Luzie, sollen am Schlusse des Abschnittes gehört werden. Zunächst suchen wir ein Bild der Allwille aus der im Roman zerstreut und in verschiedener Form gegebenen Darstellung zu gewinnen. Dabei soll auf die Verwandtschaft, die Allwill mit den Helden der Goetheischen Jugenddichtungen und mit dem jungen Goethe selbst hat, besondere Rücksicht genommen werden.

Wesen und Kern des moralischen Genies ist die Autonomie des Individuums, die Selbstherrlichkeit des Ich's, die Herrschaft des eigenen Herzens, dem man immer folgen, auf dessen Stimme man immer horchen soll.

So ruft Allwill am Ende seines Briefes an Luzie aus (J. W. I, 198): „,0, schlage Du nur immer fort, mein Herz muthig und frei; dich wird die Göttin der Liebe es werden die Huldinnen alle dich beschirmen, denn du liessest alle alle Freuden der Natur in dir lebendig werden; vertrautest unumschränkt der allgütigen Natur - schenktest ihrem zartesten Lächeln jedesmal von Neuem dich ganz strömtest hin in verdachtlosem Entzücken: lerntest, empfingest von ihr, zu geben und zu nehmen, wie sie selbst." Daselbst 189:,,Jedes Wesen

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