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man kann nur seine Wirkung auf unser Gemüth konstatieren, und nicht wenig mussten die griechischen Grammatiker in Verlegenheit gerathen, als sie manche frappante Schönheiten in der Bibel nach hergebrachten Kunstbegriffen definieren sollten. Longinus spricht von Erhabenheit. Neuere Ästhetiker sprechen von Naivetät. Ach! wie gesagt, hier fehlen alle Maßstäbe der Beurtheilung . . . die Bibel ist das Wort Gottes.

Nur bei einem einzigen Schriftsteller finde ich Etwas, was an jenen unmittelbaren Stil der Bibel erinnert. Das ist Shakspeare. Auch bei ihm tritt das Wort manchmal in jener schauerlichen Nacktheit hervor, die uns erschreckt und erschüttert; in den Shakspeare'schen Werken sehen wir manchmal die leibhaftige Wahrheit ohne Kunstgewand. Aber Das geschieht nur in einzelnen Momenten; der Genius der Kunst, vielleicht seine Ohnmacht fühlend, überließ hier der Natur sein Amt auf einige Augenblicke, und behauptet hernach um so eifersüchtiger seine Herrschaft in der plastischen Gestaltung und in der wißigen Verknüpfung des Dramas. Shakspeare ist zu gleicher Zeit Sude und Grieche, oder vielmehr beide Elemente, der Spiritualismus und die Kunst, haben sich in ihm versöhnungsvoll durchdrungen und zu einem höheren Ganzen entfaltet.

Ist vielleicht solche harmonische Vermischung der beiden Elemente die Aufgabe der ganzen europäischen Civilisation? Wir sind noch sehr weit ent fernt von einem solchen Resultate. Der Grieche Goethe, und mit ihm die ganze poetische Partei, hat in jüngster Zeit seine Antipathie gegen Jerusalem fast leidenschaftlich ausgesprochen. Die Gegenpartei, die keinen großen Namen an ihrer Spize hat, sondern nur einige Schreihälse, wie z. B. der Zude Pustkuchen, der Jude Wolfgang Menzel, der Jude Hengstenberg, Diese erheben ihr pharisäisches Zeter um so krächzender gegen Athen und den großen Heiden.

Mein Stubennachbar, ein Justizrath aus Königsberg, der hier badet, hält mich für einen Pietisten, da er immer, wenn er mir seinen Besuch abstattet, die Bibel in meinen Händen findet. Er möchte mich desshalb gern ein bisschen prickeln, und ein faustisch ostpreußisches Lächeln beflimmert sein mageres hagestolzes Gesicht jedesmal, wenn er über Religion mit mir sprechen kann. Wir disputierten gestern über die Dreieinigkeit. Mit dem Vater ging es noch gut; Das ist ja der Weltschöpfer, und jedes Ding muss seine Ursache haben. Es haperte schon bedeutend mit dem Glauben an den Sohn, den sich der kluge Mann gern verbitten möchte, aber jedoch am Ende mit fast ironischer Gutmüthigkeit annahm.

Jedoch die dritte Person der Dreieinigkeit, der heilige Geist, fand den unbedingtesten Widerspruch. Was der heilige Geist ist, konnte er durchaus nicht. begreifen, und plötzlich auflachend rief er: „Mit dem heiligen Geist hat es wohl am Ende dieselbe Bewandtnis, wie mit dem dritten Pferde, wenn man Extrapost reist; man muss immer dafür bezahlen und bekömmt es doch nie zu sehen, dieses dritte Pferd."

Mein Nachbar, der unter mir wohnt, ist weder Pictist noch Rationalist, sondern ein Holländer, indolent und ausgebuttert wie der Käse, womit er handelt. Nichts kann ihn in Bewegung setzen, er ist das Bild der nüchternsten Ruhe, und sogar wenn er sich mit meiner Wirthin über sein Lieblingsthema, das Einsalzen der Fische, unterhält, erhebt sich seine Stimme nicht aus der plattesten Monotonie. Leider, wegen des dünnen Bretterbodens, muss ich manchmal dergleichen Gespräche anhören, und während ich hier oben mit dem Preußen über die Dreieinigkeit sprach, erklärte unten der Holländer, wie man Kabeljau, Laberdan und Stockfisch von einander unterscheidet; es sei im Grunde Ein- und Dasselbe, und man bezeichne damit nur drei verschiedene Einsalzungsgrade.

Mein Hauswirth ist ein prächtiger Seemann, berühmt auf der ganzen Insel wegen seiner Unerschrockenheit in Sturm und Noth, dabei gutmüthig und sanft wie ein Kind. Er ist eben von einer großen Fahrt zurückgekehrt, und mit lustigem Ernste erzählte er mir von einem Phänomen, welches er gestern am 28. Juli auf der hohen See wahrnahm. Es klingt drollig. Mein Hauswirth behauptet nämlich, die ganze See roch nach frischgebackenem Kuchen, und zwar sei ihm der warme, delikate Kuchendust so verführerisch in die Nase gestiegen, dass ihm ordentlich weh ums Herz ward. Siehst du, Das ist ein Seitenstück zu dem neckenden Luftbild, das dem lechzenden Wanderer in der arabischen Sandwüste eine klare, erquickende Wasserfläche vorspiegelt. Eine gebackene Fata Morgana.

Helgoland, den 1. August.

Du hast keinen Begriff davon, wie das dolce far niente mir hier behagt. Ich habe kein einziges Buch, das sich mit den Tagesinteressen beschäftigt, hieher mitgenommen. Meine ganze Bibliothek besteht aus Paul Warnefried's Geschichte der

Longobarden, der Bibel, dem Homer und einigen Scharteken über Hexenwesen. Über Letteres möchte ich gern ein interessantes Büchlein schreiben. Zu diesem Behuse beschäftigte ich mich jüngst mit Nachforschung über die leßten Spuren des Heidenthums in der getauften modernen Zeit. Es ist höchst merkwürdig, wie lange und unter welchen Vermummungen sich die schönen Wesen der griechischen Fabelwelt in Europa erhalten haben. Und im Grunde erhielten sie sich ja bei uns bis auf heutigen Tag, bei uns, den Dichtern. Lettere haben seit dem Sieg der christlichen Kirche immer eine stille Gemeinde gebildet, wo die Freude des alten Bilderdienstes, der jauchzende Götterglaube sich fortpflanzte von Geschlecht auf Geschlecht, durch die Tradition der heiligen Gefänge . . . Aber, ach! die ecclesia pressa, die den Homeros als ihren Propheten verehrt, wird täglich mehr und mehr bedrängt, der Eifer der schwarzen Familiaren wird immer bedenklicher angefacht. Sind wir bedroht mit einer neuen Götterverfolgung?

Furcht und Hoffnung wechseln ab in meinem Geiste, und mir wird sehr ungewiss zu Muthe.

Ich habe mich mit dem Meere wieder ausgeföhnt (du weißt, wir waren en délicatesse), und wir sißen wieder des Abends beisammen und

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