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mann wahrnahm, daß Bellarmin nicht mehr weiter gehen konnte, hielt er an und nahm ihn sehr bereitwillig auf den Wagen, während sein Begleiter, der stärkere Füße hatte, vorauslief, bis er an die ersten Häuser der Stadt kam. Jener Fuhrmann war ein braver und gutkatholischer Mann, der erzählte, er habe früher täglich eine Messe gehört, jezt wolle er den Häretikern zum Troze täglich zwei hören und soviel er könne, den Priestern zu Hilfe kommen, die von jenen verfolgt würden, und er habe darum Bellarmin gerne auf den Wagen genommen, weil er von seinem Gefährten gehört habe, daß er ein Priester sei, obschon er weltliche Kleider trage.

Daß Bellarmin vor dem Kriege und dadurch zugleich vor dem Martyrium geflohen, daran weiß auch Döllinger nichts auszusehen. Er sagt (S. 81): Cavalchini, der im I. 1748 zum Relator im Seligsprechungsprozesse Bellarmins bestimmt wurde, bemerkte in seiner Relatio n. 201 ganz richtig, man könne es Bellarmin nicht zum Vorwurf machen, daß er sich dem Martyrium entzogen habe; denn Christus habe gesagt: „Wenn sie euch in einer Stadt verfolgen, fliehet in eine andere“, und viele Heilige hätten nach diesen Worten gehandelt; Bellarmin habe zudem auf Befehl des Rektors Löwen verlassen. Weniger einverstanden scheint Döllinger mit dem von Cavalchini im Anschluß an diese Mittheilung versuchten Nachweise zu sein, Bellarmin sei gleichwohl bereit gewesen, das Martyrium zu erdulden. Denn der Bemerkung Cavalchini's: „Daß er bereit war, das Martyrium zu erleiden, glaube ich leicht von einem Manne, der für die Vertheidigung des Glaubens keine Mühe und Arbeit gescheut hat", reiht er die sonderbare Phrase an, welche der Cardinal Passionei, ein Gegner der Seligsprechung Bellarmins, in seinem Votum sich erlaubt hat: „Es ist doch etwas anderes, für den Glauben das Blut, als Tinte zu vergießen, und wenn jemand mit letterer freigebig ist, so folgt daraus nicht, daß er es auch mit ersterem sein würde.“

Gegen Ende des Herbstes schlug der Herzog von Alba den Prinzen von Oranien in die Flucht und gewann die verlorenen Städte in Hennegau und Brabant wieder. Darauf kam Bellarmin nach Löwen zurück, um sein Predigt- und Lehramt wieder aufzunehmen. Wie groß die Zahl seiner Zuhörer war, kann man daraus ersehen, daß dieselben, wenn sie nach Beendigung der Predigt durch verschiedene Thüren die Kirche verließen, zwei oder drei Straßen so füllten, daß die Bürger sich wunderten, woher die vielen Menschen kämen; man sagte, es seien einige Tausende. Als Bellarmin eines Tages zu der ziemlich entfernten Kirche ging, wo die Predigt war, gesellte sich zu ihm ein gesezter Mann, der in ihm den Prediger nicht erkannte. Bellarmin war nämlich klein von Gestalt, sah jedoch auf der Kanzel größer aus, weil er auf einer Bank stand, weshalb man sich auch in der Stadt erzählte, es sei ein langgewachsener junger Mann aus Italien gekommen, um lateinische Predigten zu halten. Jener Mann also begann an Bellarmin viele Fragen zu richten, ob er den Prediger kenne, woher er sei, wo er studirt habe; zugleich lobte er ihn über Gebühr. Bellarmin antwortete so, daß er nicht verrieth, wer er sei. Endlich sagte jener: „Du gehst mir zu langsam, ich möchte, wenn du es nicht übel nimmst, schnell laufen, um noch einen Plaz zu bekommen." Bellarmin antwortete: „Thue was dir beliebt; mir kann ein

Plaz nicht fehlen."

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Ueber die Frucht der Predigten kann ich nur dieses sagen, daß durch eine am Allerseelentag gehaltene Predigt über den Tod eine große Bewegung zur Buße entstand, wie auch, daß durch eine am Sonntag der Frohnleichnamsoktav gehaltene Predigt viele im Glauben an die Wahrheit des Leibes des Herrn in der Eucharistie befestigt oder auch vom Irrthum zurückgeführt wurden, wie ich von glaubwürdigen Leuten vernommen habe.“

Was hier Bellarmin von sich selbst erzählt, gewiß ohne die Absicht sich zu rühmen, findet durch die Mittheilung des Jesuiten Thomas Sailly aus Brüssel, der 1570 als Student

Histor. polit. Blätter CVI.

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in Löwen Bellarmin predigen hörte, vollauf seine Bestätigung. Dieser erzählt, Bellarmin habe mitunter zwei Stunden gcpredigt unter großem Zulauf und mit großem Erfolg, „so eindringlich, daß er immer einige Studenten, mitunter sechs oder sieben, mitunter fünfzehn, antrich, die Welt zu verlassen, welche dann in unser Collegium kamen und, dort durch geistliche Exercitien vorbereitet, verschiedene Orden wählten“ (S. 82). Auch von Protestanten wurden Bellarmins Predigten, wie er dieses selbst andeutet, besucht. Die Predigten erschienen 1615 zu Köln im Drucke, also 40 Jahre, nachdem sie gehalten worden, wie auch der Titel besagt: „,Conciones habitae Lovanii ante annos circiter quadraginta, nunc consensu auctoris publicatae." Die Veröffentlichung besorgte Simon Ryckius aus den Minoriten - Observanten; Bellarmin selbst dachte niemals an die Herausgabe und hatte das OriginalManuscript nicht aufbewahrt. Als er hörte, Ryckius beabsichtige die Predigten nach der Nachschrift eines Zuhörers heraus zugeben, überschickte er ihm zur Vergleichung eine® Abschrift seiner Predigten, welche seinem Beichtvater Francesco Rocca gehörte. Gleichwohl fiel das Werk nicht zu seiner Befriedigung aus. In einem Briefe vom 7. März 1615 sagt er, er müsse sich dieser Ausgabe der vielen und schlimmen Druckfehler wegen schämen. Er corrigirte deshalb ein Exemplar, und nach diesem wurde die zu Cambray 1617 erschienene Ausgabe gedruckt. Im Jahre 1621 schrieb Bellarmin an einen Ordensgenossen, der ihm von einer beabsichtigten Uebersehung der Predigten geschrieben hatte: „Die Predigten sind von mir, aber nicht herausgegeben von mir; denn hätte ich sie herausgeben wollen, so wären sie viel besser erschienen. Von den Mönchen zu Löwen haben andere fromme Leute Abschriften erhalten und danach sind sie von einem sehr frommen Franziskaner in Druck gegeben worden.“ Döllinger bezeichnet diese Mittheilung als „nicht ganz der Wahrheit gemäß". Es ist uns unverständlich, warum hier Bellarmin nicht die Wahrheit gesagt haben soll. Vermuthlich hatte er

bei dieser Aeußerung die erste fehlerhafte Ausgabe im Auge, wenn aber auch die zweite von ihm verbesserte, so ist zu bemerken, daß sich die Verbesserungen sicherlich nur auf die „vielen und schlimmen“ Druckfehler bezogen. Die Herausgabe der Predigten fiel sicherlich auch nach der von Bellarmin vorgenommenen Correktur noch nicht derartig aus, wie es der Fall gewesen wäre, wenn Bellarmin selbst dieselbe in die Hand genommen oder gar von Anfang an intendirt hätte. Zudem ist nicht bekannt, welchen Gebrauch Ryckius von der ihm ertheilten Ermächtigung gemacht, fehlerhafte, unpassende oder überflüssige Stellen zu corrigiren.“

Die Patres des Löwener Collegs gaben es nicht zu, daß Bellarmin wegging, als er von dem Cardinal Borromeo, der jezt der hl. Karl heißt, dringend begehrt wurde und ihm von dem Pater General versprochen worden war, desgleichen als er von den Parisern begehrt wurde. Aber im Jahre 1576, als seine Gesundheit so geschwächt schien, daß er nach der Meinung der Aerzte nicht mehr lange zu leben hatte, schrieben sie an den Pater General, sie könnten nicht länger ohne großes Gewissensbedenken einer Luftveränderung widersprechen. Darauf ließ der General ihn sofort nach Rom kommen. Nachdem Bellarmin wieder die italienische Luft einzuathmen begonnen, empfand er eine wunderbare Veränderung in seinem Körper; die Kräfte schienen zurückzukehren und die verschiedenen Schmerzen, die die ihn quälten, ließen nach. So langte er in Rom so gekräftigt an, daß er nach ein oder zwei Monaten auf Befehl der Obern anfangen konnte, im römischen Colleg die Controversen vorzutragen. In diesem Amte blieb er elf Jahre (von Ende Cktober 1576 an); zugleich hielt er Exhorten und hörte die Brüder Beichte.

Aus den polemischen Vorlesungen, welche Bellarmin im römischen Colleg hielt, entstand sein Hauptwerk: „Disputationes de controversiis christianac fidei adversus hujus temporis haereticos," dessen zwei erste Bände 1586

bezw. 1588 im Drucke erschienen, während der dritte 1592 zur Ausgabe gelangte. Das Werk wurde zu Ingolstadt, also in Deutschland gedruckt, für das es speciell bestimmt war, gleichwie er auch die Vorlesungen hauptsächlich für die Zöglinge des deutschen und englischen Collegs hielt. Bellarmins Controversen sind „das ausführlichste Werk, welches zur Vertheidigung des katholischen Glaubens, namentlich gegen die Angriffe der Protestanten, bis auf den heutigen. Tag erschien, und haben sowohl durch die Erudition, die darin zu Tage tritt, als durch die würdige, von aller Schmähung der Gegner freie Polemik dem Verfasser unvergänglichen Ruhm gebracht.") Es ist charakteristisch, daß Döllinger für dasselbe kein Wort der Anerkennung hat. Wohl aber stellt er mit Mühe die Schwächen desselben zusammen und erzählt ausführlich, was der oben genannte Passionei auf die Bemerkung replicirt, die Werke Bellarmins, die er zur Vertheidigung des Glaubens geschrieben, seien ein Zeugniß seines heroischen Glaubens, ja noch dazu seiner seraphischen Liebe." „Ich lobe alle Werke Bellarmins sehr," schrieb Passionei, und erkenne an, daß sie für die Kirche sehr nüglich sind; aber ich behaupte, es haben viele andere Theologen über die Controversen zwischen Katholiken und Protestanten wirksamer und erfolgreicher geschrieben. Die Darlegung des katholischen Glaubens und die Geschichte der Veränderungen von Bossuet sind geeigneter, die Häretiker zu überzeugen, als die Bände Bellarmins, so werthvoll diese auch sein mögen; und Jeder wird annehmen müssen, daß Bossuet aus lauterm Eifer für die katholische Religion geschrieben hat; ist er aber darum ein Heros des Glaubens und ein Seraph der Liebe? Arnauld hat mit aller nur möglichen Kraft gegen die Moral der Calvinisten ein Buch geschrieben, welches von allen französischen Bischöfen approbirt worden ist, und er und Nicole haben zusammen gegen die

1) Hefele, Kirchenlexikon, 2. Aufl. II. Bd. S. 286.

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