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Jedes Gesez ohne alle Ausnahme, m. g. Fr., ist etwas in dem Verstande des Menschen. Entweder haben Menschen selbst es aufgestellt, wie es ihnen aus ihrer Ueberzeugung von dem, was dem Menschen Noth thut, hervorgegangen ist; dann ist es gradehin und ganz ein Werk des menschlichen Verstandes, welches die Absicht hat, alles Verderbliche als solches zu bezeichnen und das Gute vorzubilden. Ja auch wenn das Gesez noch etwas zu diesen Aussprüchen hinzufügt, um das Verderbliche zu verhindern und das Gute zu befördern: so ist es der menschliche Verstand, der dieses wählt und bestimmt. Ist aber ein Gesez dem Menschen von oben her gegeben durch göttliche Offenbarung: so kann er es dennoch, weil es durch die Rede gegeben ist, auch nur mit seinem Verstande vernehmen, und daß es auf diese Weise in seine Seele wirklich eingeht, dies ist ebenfalls das Geschäft seines Verstandes. Und dies gilt also von Allen, welchen das Gesez gegeben ist, daß sie es mit ihrem Verstande vernehmen. Die Erfüllung desselben aber, also der Gehorsam gegen das Gesez, ist eine Sache des menschlichen Willens. Und diese beiden, Verstand und Wille, das ist die allgemeine Erfahrung aller Menschen, und ich kann mich dafür getrost auf das Bewußtsein eines jeden berufen, diese beiden stimmen und gehen nicht immer zusammen; und daß sie nicht zusammengehen, das ist auf der einen Seite der eigenthümliche Vorzug des Menschen, aber auf der andern Seite ist es auch eben die Ursach, warum überall, wo das Gesez ist, auch die Sünde sich zeigt, so daß in jeder Hinsicht, in welcher die Menschen unter einem Gesez verwahrt find, sie auch unter die Sünde beschlossen sind. Der menschliche Verstand nåmlich, m. g. Fr., ist unbeschadet dessen, daß es sich in anderer Hinsicht umgekehrt verhalten mag, in dieser doch unstreitig schneller und geht weiter als der menschliche Wille. Wir sehen das Gute früher nicht nur, sondern auch in einer vollkommneren Gestalt als wir es vollbringen können, und eben in wiefern wir streben dasjenige allmålig auch mit unserm Willen zu erreichen, was unserm Verstande schon lange annehmlich geworden ist, nennen wir dasjenige, was in solcher Beziehung in unserm Verstande niedergelegt ist, ein Gesez. Ist aber nicht eben dieses Voranschreiten unseres Verstandes vor unserem Willen die Bedingung alles menschlichen Fortschreitens, ich möchte sagen in allem was zu unserm geselligen Leben und zu unserm gemeinsamen Beruf auf Erden gehört? und ist es nicht von dieser Seite angesehen unser eigenthümlicher Vorzug? Denn auch allen andern beseelten Geschöpfen

schreiben wir auf der einen Seite einen gewissen Grab von Thåtigkeit zu, ähnlich dem menschlichen Willen, auf der andern ein gewisses Vermögen, was außer ihnen ist wahrzunehmen, und was ihnen davon dienen kann in sich aufzunehmen, also einen Sinn oder vielmehr eine Mannichfaltigkeit des Sinnes, ähnlich dem menschlichen Verstande; aber beides ist in allen andern Geschöpfen nicht wie bei uns von einander getrennt, und eines gewissermaßen von dem andern gelöset und befreiet, sondern wozu sie keine be stimmte Hinneigung haben oder wogegen keine Warnung in ihnen ist, das geht auch unerkannt an ihrem Sinn vorüber. Eben deswegen aber merken wir auch an ihnen, so lange sie sich in diesem Zustande selbst überlassen find, keine Art der Fortschreitung, eine Erweiterung ihrer Bestrebungen eben so wenig als eine Vermehrung ihrer Erkenntniß, sondern sie verharren immer in der gleichen Beschränkung der einen und der andern.

Wie aber nun dieses Voreilen des menschlichen Sinnes und Verstandes, vermöge dessen wir uns das gute und trefliche, was wir in der Gegenwart noch nicht hervorzubringen vermögen, wenigstens als ein künftiges hinstellen, das zur Wirklichkeit gebracht werden soll, wie auf der einen Seite dieses den Menschen spornt und ihm ein weiteres Fortschreiten möglich macht, so daß wir uns sogar dessen rühmen können, daß das Geschlecht der Söhne in dieser und jener Hinsicht immer besser sein kann und soll, als die Våter waren: eben so gehört auch jene größere Langsamkeit des menschlichen Willens, wiewol auf den ersten Anblikk Langsamkeit nicht als etwas schönes erscheint, doch ebenfalls zu den eigenthümlichen Vorzügen des Menschen. Denn zuerst bedenkt nur wie es um uns stehen würde, wenn nicht eine solche Langsamkeit in unserm Triebe wåre und in unserer Thätigkeit, daß wir auch anhalten könnten; wenn wir nicht umkehren könnten, wo wir falsches und verkehrtes begonnen haben, sondern in unserm Innern begonnen wäre es auch gleich äußerlich fertig. O wie oft sind wir Ale noch in dem Fall, diese Langsamkeit unseres Wesens segnen zu müssen! Aber betrachtet auch die genauer, über die Ihr gewiß oft genug Klage führt. Denn eben indem wir auch nur nach und nach aus dem Schlechten das Gute und aus dem Guten das Bessere in unser eigenes Leben hineinzuführen vermögen, wie lieb uns auch übrigens eine größere Beschleunigung wåre, gewinnen wir nicht doch an Lebendigkeit der Ueberzeugung, an Unmittelbarkeit des Gefühls davon, daß was sich so langsam in uns gestaltet,

daß wir es mit dem begleitenden Gedanken, mit der zusammenfassenden Erinnerung uns genau vergegenwärtigen können, auch unser eignes Werk sei und also unser wahres Eigenthum? Wåre die Ausführung immer eben so schnell wie der Gedanke; könnte sich unsre Thatkraft eben so beflügeln, wie die innerlich belebende Kraft oft urplözlich den Gedanken schafft und in seiner Vollendung hinstellt: gewiß dann würden wir uns selbst mit dem was wir thun nicht mehr ein naturgemäßes Wesen sein, sondern ein unbegreifliches Wunder, und auch der göttlichen Gnade, welcher wir freilich alles wahrhaft Gute in uns immer zuschreiben, würden wir uns, wenn sie auf diese Art wirkte, nicht als einheimisch bei uns und in uns wohnend erfreuen können, sondern sie würde uns immer etwas fremdes und äußeres bleiben. Darum hångt alle Sicherheit des menschlichen Selbstgefühls, ja das ganze Bewußtsein unfrer Freiheit und Selbstthätigkeit eben an diesem langsamen Fortschreiten des Willens, an diesem Bewußtsein der Mühe und Anstrengung, mit der wir das eine nach dem andern vollbringen, und auf diesem Wege unser Werk fördern, unsere Kräfte erhöhen und unsern Sinn reinigen.

Wenn wir aber nun auf die Kehrseite sehen: so müssen wir freilich sagen, wo der langsame Wille dem nicht nachkommt, was der Verstand vorlångst als gut erkannt hat, da ist das Gefühl der Sünde. Beides also sehen wir ist von einander unzertrennlich; wo das Gesez ist, da ist auch die Sünde. Das Gesez ist uns überall, wo wir etwas Gutes und Schönes sehen und darnach trachten, was wir noch nicht vollbringen können; die Sünde ist uns überall wo wir fühlen, daß wir etwas wonach wir trachten noch nicht vollbringen können, weil wir erst etwas widerstrebendes zu überwinden haben; und eben so wenn das Gesez verbietet, und wir nicht unterlassen können. Das ist m. g Fr. der Widerstreit, den uns eben der Apostel, von dem die Worte unsers heutigen Tertes herrühren, in seinem Briefe an die Römer beschreibt, wo er nicht auf eine so bestimmte Weise als hier von dem Gesez seines Volkes redet, sondern, wie auch wir es so eben gethan, von dem Gesez im Allgemeinen, und dabei unterscheidet ein Gesez, welches wir haben in unserm Geiste das ist jedes voraneilende Erkennen dessen, was gut und gottgefällig ist, mag es hervorgegangen sein aus unserm eigenen Sinn, oder aus den Einrichtungen unsers ge= meinsamen Lebens, oder mag es mehr als eine alte von Gott dem menschlichen Geschlecht erwiesene Wohlthat erscheinen, jedes solches

voraneilende Erkennen des Guten und Schönen ist das Gesez in unserm Geiste aber außerdem, sagt er, finden wir ein Gesez in unsern Gliedern, das ist die Macht der Gewöhnung an das früher geübte, das aber dem neu erkannten widerstreitet. Am deutlichsten finden wir dies freilich ausgesprochen in der Gewalt der sinnlichen Lust, welche sich an die Befriedigung der Bedürfnisse des leiblichen Lebens anknüpft, und in der Stärke der leidenschaftlichen Bewegungen, welche aus der Selbstliebe hervorgehen. Aber es ist auch überall dasselbe, wo etwas unvollkommnes, das uns lieb geworden ist und leicht, einer höheren Forderung weichen soll. Das ist das Gesez in den Gliedern, welches uns hindert zu vollbringen, was das Gesez im Geiste uns vorhält und diese beiden, sagt er, sind mit einander im Streit. Ja auch wenn wir schon durch angestrengte Treue in fortschreitender Uebung bedeutend zugenommen haben, in der Kraft das auszurichten, was wir als gut und recht und schön anerkannt haben, werden wir doch dieses Streites niemals ganz erledigt. Und wenn es scheint als ob der Widerstand ganz überwunden wåre: so beginnt sogleich derselbe Zwiespalt aufs neue. Denn obschon das ewige göttliche Gesez, worauf doch alle menschliche zurükgehen, unveränderlich ist: so können wir es doch nicht auf einzelne Gebiete unseres Lebens anwenden, ohne es uns nåher zu bringen und es zu vermenschlichen. In dieser Gestalt aber ist es dann auch veränderlich, wir schauen es erst dunkler und unvollkommner, dann schärfer und heller. Hat nun das Gesez jenen Streit erregt, und die ihm zugewendete Kraft des Willens hat allmählig das Gesez in den Gliedern überwunden, so ist unterdeß das Auge des Geistes auch nicht müßig gewesen. Der Verstand am Guten hat inzwischen einen neuen Flug genommen; das durch die Uebung geschärfte Auge entdeckt nun an eben dem vorher als ein fernes Ziel aufgestellten Gesez, das aber nun nåher gerükt ist, doch wieder Fehler und Unvollkommenheiten, und sezt an die Stelle dieses Gesezes ein neues und höheres. Und wie oft sich dieses auch fortseze nicht nur in dem beschränkten Leben des einzelnen Menschen, sondern mehr noch in größerem Maaßstabe in dem gemeinsamen Leben ganzer Reihen von Geschlechtern, ja wenn wir uns in die fernsten Zeiten hinaus denken: es bleibt immer das nåmliche, und nie wird eine menschliche That so ganz dem Geseze, welches derselben zum Grunde gelegen hat, gleichen, daß Einer von uns, wenn er sich anders recht versteht, zur Zufriedenheit mit sich selbst jemals gelangen sollte, sondern wir werden immer mit dem Apostel

ausrufen müssen, wer wird mich erlösen von diesem Leibe des Todes!

So ist denn wol gewiß, daß kein Gesez erdacht werden kann, soll es anders diesen Namen verdienen, aus welchem nicht, wie auch Paulus sagt, Erkenntniß der Sünde käme für denjenigen, der unter dem Gesez steht. Das andere aber ist schon Jedem von selbst klar, daß der Mensch ohne Gesez zwar auch sehr verderbt sein kann und elend, daß ihm aber doch etwas erst Sünde werden kann, wenn ihm ein Gesez geworden ist. Was folgt aber aus beiden zusammen? Offenbar dieses, daß so lange wir unter dem Gesez stehn, wir freilich einen Sporn haben uns von der. Verderbtheit und Unvollkommenheit loszumachen, welche durch das Gesez be zeichnet wird; daß wir aber zu einer Gerechtigkeit auf diesem Wege niemals gelangen können, und also auch zu keinem Frieden. Denn wie wåre es möglich, daß ein Mensch Frieden haben könnte mit sich selbst, der sich selbst verdammen muß nach dem Gesez, welches er selbst anerkennt? Wenn sich aber irgend Gott zu dem Menschen herablåßt, wenn wir etwas als eine besondere und bleibende Veranstaltung für unser Geschlecht anzusehen berechtigt sein sollen: dürfen wir davon wol weniger erwarten als eben die Beruhigung unseres ganzen Wesens, den inneren Frieden, ohne den alles andere nur ein zweideutiges Gut ist? Was ohne diesen besessen werden kann, das haben wir alles reichlich, denn es wåre undankbar dies nicht erkennen zu wollen in der ursprünglichen Ausstattung unserer Natur. Aus dieser aber stammt auch das Gesez her; und wenn das Gesez Mosis sich von andern menschlichen Gesezgebungen unterschied, und ihm ein nåherer göttlicher Ursprung beigelegt werden konnte: so war es doch gewiß nur eine vorübergehende göttliche Veranstaltung eben deshalb, weil es nicht lebendig machen konnte, sondern auch nur Erkenntniß der Sünde hervorbringen, nicht aber die Sünde hinwegnehmen. Hången nun Sünde und Gesez so zuz sammen, daß eins nicht ohne das andere gedacht werden kann: so kann auch jenes nicht anders hinweggenommen werden, als indem dieses zugleich aufgehoben wird; und eine göttliche Veranstaltung, welche uns wirklich selig machen will, kann, da der Friede mit dem Bewußtsein der Sünde nicht bestehen kann, auch nicht wieder ein Gesez sein. Und so laßt uns denn

II. zu dem anderen Theil unserer Betrachtung übergehen, und die Behauptung des Apostels erwågen, daß eben deswegen die göttliche Verheißung nur konnte erfüllt werden durch den Glauben,

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