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Grammatik des 16.-18. Jahrhunderts ist für unsere Sprachgeschichte zu einer Vis major geworden, die heute auch die scheinbar urwüchsigen Reste mundartlichen Lebens vielfach und schwer kontrollierbar beeinflusst.

b) Das stärkste Beweismittel gegen die Uebertreibung der mechanischen Auffassung liegt aber in der Stärke des individuellen Momentes, das die Sprache in jedem einzelnen Träger entwickelt (vgl. auch oben S. 20). Diese individuelle Prägung zeigt sich immer wieder, wo nur ein kleiner Sprachkreis durch das Zusammenleben, den Beruf, den Stand gegen andere abgeschlossen wird, und ihr hauptsächliches Merkmal liegt darin, dass die bedeutendere Individualität hier die übrigen beherrscht. Der Zersplitterung, die in diesem Momente liegt, wirkt der Verkehr mit seiner Tendenz zur Gemeinsprache entgegen. Je ausgedehnter und entwickelter die Verkehrsbeziehungen, um so weiter der Kreis dieser Gemeinsprache. Solche Verkehrsgemeinschaft braucht jedoch nicht bloss auf persönlicher Berührung zu beruhen. Sie vermag auch auf einem geistigen Austausch sich aufzubauen, und unsere deutsche Gemeinsprache ist ja im Gegensatz zur französischen und englischen durch diesen Austausch in der Form der Schriftsprache entstanden; ja das mündliche Gegenstück derselben, eine gemeinsame Umgangsprache, ist erst jetzt im Entstehen.

c) Dieser geistige Austausch hatte sich in der Kunstform der Sprache angebahnt, im mündlichen Vortrag poetischer Werke, die sowohl das Unterhaltungs- als auch das Bildungsbedürfnis der Hörer zu befriedigen suchten. Allmählich gewann das letztere seine Nahrung auch auf dem Boden der Schriftform der Sprache, die die im Predigtstil und in Uebersetzungen kümmerlich entwickelte Prosa für den geistigen Verkehr weitester Kreise tauglich machte, sobald mit dem Buchdruck auch die Massenverbreitung ermöglicht wurde. In dieser Entwickelung suchte auch die Prosa allmählich den Anschluss an die Kunst

form, in der sie heutzutage sogar über die gebundene Sprache den Sieg errungen hat.

So haben wir in der Kunstform der Sprache mit Poesie. und Prosa, mit mündlicher und schriftlicher Wirkung zu rechnen, Unterschiede, die in unserer späteren Betrachtung stets voll erwogen werden sollen, ehe wir einen Beleg aus dieser Stilform für die Beweisführung verwerten.

In der Verkehrsform haben wir einerseits die Aeusserungen, die auf kleinere Sprachkreise zielen, wie die Mundart in allen ihren Abstufungen, für die mündliche Form; den Brief, den Kanzleistil, für die schriftliche Form. Dem gegenüber stehen die Umgangsprache und die Schriftsprache als Typen der Gemeinsprache.

Die mannigfachsten Formen wechseln innerhalb der Rede ab, die dem kleineren Kreise gegenüber mehr den Charakter der Verkehrsform, dem grossen Kreise und der höheren Aufgabe gegenüber mehr den der Kunstform anstrebt.

d) Unsere Darstellung hält sich im allgemeinen an die Gemeinsprache, und zwar zielt sie hier im Gegensatze zu der vom gleichen Verfasser beschriebenen Umgangsprache auf die Schriftsprache. Sie will aber da, wo in einzelnen Stilformen die Erklärung für bestimmte Fügungen zu finden ist1), auf diese eingehen, wie sie auch thunlichst das Weiterleben von solchen Wendungen, die der Schriftsprache entschwunden sind, in den Stilformen verfolgt.

1) Vor allem kommen hier die Mundarten in Betracht, die Behaghel zuerst in stärkerem Grade angezogen hat.

I. Teil.

Das Verbum.

Das Verbum ist aus dem Satze herausgewachsen, es entspringt dem Bedürfnis des Menschen, Vorgänge, die auf sein Bewusstsein einwirken, in der Bewegung zu erfassen, in der sie am Beobachter vorüberziehen. Mit dieser nächsten Funktion trat das Verbum in inneren Gegensatz gegen die übrigen Wortklassen, die sich allmählich von der Urform des Satzes ablösten, ein Gegensatz, der durch die weitere Entwickelung des Verbums vielfach wieder gemildert wurde.

Von dieser inneren Abgrenzung des Verbums gegen die anderen Wortklassen legen auch äussere Kennzeichen Zeugnis ab, die Verbalformen. Diese führen auf die Mannigfaltigkeit zurück, in der die Bewegung erfasst werden kann.

Auf die Zeitanschauung als eine Form der Erkenntnis weist unsere Benennung Zeitwort hin, näher liegen aber andere Formen, so die Beziehung auf den Willen, die das System unserer Modi hervorgebracht hat und ebenso die Beobachtung des Ausgangspunktes und des Endpunktes der Bewegung, die einerseits die Unterscheidung der Personen, andererseits die Unterscheidung der Genera (aktive, passive Flexion) zur Folge hatte.

Alle diese Verbalformen unterstehen in erster Linie der Formenlehre, die uns zwar vom historischen Standpunkt aus lehrt, sie mit einziger Ausnahme des Imperativs

Wunderlich, Der deutsche Satzbau. 2. Aufl.

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als syntaktische Verbindungen aufzufassen, die sich aber zugleich mit der Thatsache abfinden muss, dass sie für unsere Sprache vom Anfang der litterarischen Ueberlieferung an einheitliche Gebilde sind. Wenn die Syntax trotzdem an ihnen ein reiches Feld der Beobachtung gewinnt, so beruht das auf den Bedingungen, denen sie im Satzzusammenhange unterliegen und auf den Einflüssen, die sie ihrerseits ausüben.

1. Kapitel.

Das Verbum als Wortklasse.

Das Wesen des Verbums und seine Leistungsfähigkeit tritt am deutlichsten bei eingehender Vergleichung mit anderen Wortklassen hervor. Diese lässt sich zunächst auf dem Gebiete durchführen, für das die Wortklasse des Verbums entwickelt wurde. Dabei werden die Verbindungen mit anderen Wortklassen erwogen, bei denen die Frage der Selbstgenügsamkeit oder Bedürftigkeit in Betracht kommt, und endlich zeigt sich in den Uebergriffen des Verbums in die Sphäre der anderen Wortklassen, wie weit es über seine nächsten Zwecke hinauswächst.

1. Die Abgrenzung von Verbum und Nomen in der
Darstellung von Vorgängen.

a) Verschiedenheit der Auffassung im einzelnen Falle.

Ob ein Vorgang dem Einzelnen mit seiner vollen Bewegung zum Bewusstsein kommt, oder ob er mehr in der Gesamtheit seiner Ergebnisse erfasst wird, das hängt sowohl von der Beanlagung des einzelnen Individuums als von der Gelegenheit der Darstellung ab. Wo die lebendige Anschauung unmittelbar in Sprache umgesetzt wird, liegt der erste Fall näher als da, wo die Erinnerung die Quelle

der Darstellung ist. Die Individuen aber unterscheiden sich nach Stimmungen und nach der Gesamtanlage. Dem Einen wandelt sich auch die lebendigste Anschauung unmerklich zum abgezogenen Begriffe, während die Einbildungskraft des Anderen auch das verblasste Erinnerungsbild wieder in volle Bewegung setzt.

Von hier aus wendet sich die Abgrenzung des Verbums wesentlich nach der Wortklasse des Nomens zu, als dem hauptsächlichen Ausdrucksmittel für das Bleibende in den Begebenheiten. Diese Abgrenzung unterliegt andererseits nach der oben gegebenen Andeutung den Bedingungen der Stilistik, der subjektiven wie der objektiven.

Für die subjektive Stilistik kommt der Gegensatz zwischen dem nüchternen Verstandesmenschen und dem Phantasiebegabten in Betracht. Goethe hat diesen Gegensatz im Osterspaziergang seines Faust" treffend auch in der Sprache gekennzeichnet. Während dem neu erwachenden. Lebensgefühle Fausts anschauliche und bedeutungskräftige Verba entströmen, bewegt sich sein Famulus Wagner mit Vorliebe im Kreise der Nomina. Wo er ein Verbum einschiebt, dient dieses mehr zum Flickwort, das die Nomina notdürftig aneinander heftet:

Wagner: Das Fiedeln, Schreien, Kegelschieben 1)

Ist mir ein gar verhasster Klang;

Sie toben, wie vom bösen Geist getrieben
Und nennen's Freude, nennen's Gesang. 945 ff.

Faust: Sich nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluss, in Breit und Länge,

So manchen lustigen Nachen bewegt,

1) Ueber die substantivierten Infinitive und andere Verbalnomina vgl. S. 10 ff.

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