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zeichnen, ausüben. Man muss in der That mit einer starken Unempfindlichkeit gegenüber der Genusunterscheidung für ältere und jüngere Sprache rechnen.

Deutlich und nachhaltig tritt diese Unempfindlichkeit an den beiden Nominalformen des Verbums zu Tage, dem Infinitiv und dem Partizip.

3) Das Genus am Infinitiv.

Für den Infinitiv will Erdmann S. 91 die Grundbedeutung als aktive aufstellen, während Grimm S. 59 ff. für das Gotische und S. 63 ff. für das Althochdeutsche eine Reihe von passiven Verwendungen belegt, die teilweise bis in die neuere Zeit fortdauern. Das Richtige liegt in einer Annahme, die beide entgegengesetzte Auffassungen vermittelt und die bei Grimm S. 61 schon angedeutet ist mit den Worten: „In allen diesen Beispielen hat der Inf. seine vage substantivische Natur, in die auch ein passiver Sinn gelegt werden kann." Gerade die gotischen Belege im Zusammenhang mit zahlreichen Beispielen aus älteren deutschen Denkmälern zeigen, dass ein Gegensatz zwischen aktiver und passiver Aktionsart erst allmählich durch die Wandlungen des Zusammenhanges herausgearbeitet wird. Das Bedürfnis, diesen Gegensatz gelegentlich zu kennzeichnen, führt auch in den Infinitiv die Passivumschreibung ein, und ihr gegenüber erwächst dem Infinitiv an und für sich die Bedeutung eines Aktivs. Eine Reihe von Wendungen und Verbindungen des Infinitivs hält aber auch im Verlauf der späteren Entwickelung an der neutralen Aktionsart fest, und es ist erst eine an dem ausgebildeten Formensystem der klassischen Sprachen haftende Betrachtungsweise, die mit Beihilfe von gewagten Ergänzungen und Ausdeutungen auch hier ein Genus bald das des Aktivs, bald das des Passivs - hinein legt.

Ulfilas steht bekanntlich vielfach unter dem Einfluss seiner Vorlage; wenn er aber fremde Fügungen nachzubilden versucht, so stossen wir nicht leicht auf eine Gebrauchsweise, die seiner Sprache innerlich widerstrebt, vielmehr überrascht uns das Geschick, mit dem er Neigungen und Fähigkeiten der eigenen Sprache in dieser Richtung aufspürt. So ist es in der That ein Beweis für die neutrale Natur des Infinitivs, wenn Ulfilas gelegentlich in koordinierten Infinitiven nacheinander beide Aktionsarten zur Geltung kommen lässt: jah garunnun hinhmans managai hausjon, jah leikinon fram imma sauhte seinaizo, Lukas 5, 15 (Und kam viel Volcks zusamen, das sie höreten, und durch jn gesund würden von jren kranckheiten, Luther). Diese neutrale Natur des Infinitivs tritt nun bei Ulfilas in zwei Hauptformen auf, in denen sie auch später in der deutschen Sprache immer wieder durchbricht.

(1) Beim Infinitiv, der mit oder ohne Präposition die Zielrichtung für die im regierenden Satze gekennzeichnete Handlung festhält. Ulfilas geht hier besonders weit, er verbindet in loser Form mit solchem dem Substantiv nahestehenden Infinitiv Pronominalformen, die man, falls am Infinitiv das Verbum hervortreten sollte, zum Subjekt des Aktivs oder zur Präpositionalbestimmung des Passivs machen müsste, vgl. þaim atgaggandeim manageim daupjan fram sis, Lukas 3, 7 (Zu dem Volck, das hinaus gieng, das es sich von jm teuffen liesse, Luther; ähnl. 16, 22); oder Atsaihvip armaion izvara ni taujan in andvairþja manne du saihvan im, Matth. 6, 1 (Habt acht auff ewer Almosen, das jr die nicht gebt for den Leuten, das jr von jnen gesehen werdet, Luther). Doch auch diese scheinbar undeutsche und auf griechischer Vorlage beruhende Fügung (vgl. aрòs to deadivat abrois, Matth. 6, 1) kehrt gerade in der urwüchsigen deutschen Sprache wieder:

Do hiez diu küniginne ûz den venstern gån
ir hérliche meide: sin solden dá niht stán
den fremden an ze sehenne.

Nibelungen 382, 3.

Weitere Beispiele, in denen der Substantivcharakter des Infinitivs gelegentlich stärker zum Ausdruck kommt, s. bei Grimm S. 1091 Anm.

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Die meist verbreitete Fügung freilich entbehrt eines persönlichen Begleiters des Infinitivs: jas-sa sunus mans atgibada du ushramjan, Matth. 26, 2 (Und des menschen son wird uberantwortet werden, das er gecreutziget werde, Luther); Quemun þan motarjos daupjan, Lukas 3, (Es kamen auch die Zölner, das sie sich teuffen liessen, Luther; genau so Lukas 2, 5). Die althochdeutschen Uebersetzer verwenden diesen Infinitiv zur Wiedergabe des lateinischen Gerundivums; man vgl. ze kesezzene ist, constituenda est. Benediktinerregel 29.

meridie orandum est mittes tages za pitonne ist Christus deprecandus est christ za pittane ist ut jubeat nos edere daz kabeote unsih ezzan de suo sancto corpore fona sinemu wihemu lichamin. Altd. Hymnen 17, 1 f. u. a. s. Grimm s. 63; vgl. Rannow, Satzbau des ahd. Isidor § 36a, vgl. auch § 32.

Die passive Aktionsart wird scharf herausgearbeitet in solchen Wendungen, wo das Objekt des Infinitivs zum Verbum finitum in Beziehung gesetzt werden kann, wie in Christ za pittane ist oder in: Endi dhoh dhiu hwedheru in dhemu bauhnunge dhero dhrio heido gotes ni sindun zi chilaubenne, dhazs sii dhrii goda siin, non autem sicut tres personae ita et tres dii credendi sunt, Isidor 22, 5 Hench. Dagegen tritt die Aktionsart zurück in den allgemein üblichen Verbindungen des Infinitivs mit dem unpersönlich konstruierten Verbum substantivum: ist arloubit zins zi gebanne themo keisore (gezimt den zins ze geben dem kaiser, Cod. Tepl. Matth. 22, 17; Ists recht das man dem keiser

zinse gebe, Luther) Tatian 26, 1 u. a. Hier weist auch Notker, der sonst für das Passiv den umschriebenen Infinitiv mit Regelmässigkeit verwendet, einfachen Inf. auf1). Auch im freien und naturwüchsigen Stil der älteren wie der späteren Sprache treffen wir überall die gleichen Fügungen an. Schon im Heliand finden wir:

thoh wi hér te meti habdin

garu im te gebanne.

2834 Behaghel.

Für die neuere Sprache macht Grimm (S. 63) auf Wendungen aufmerksam wie: das ist nicht auszuhalten, das ist leicht zu sagen, und erinnert an die gleichen Neigungen in der franz. Sprache: cette pomme est bonne à manger.

(2) Die gleiche Unempfindlichkeit gegen die Aktionsart des Genus weist derjenige Infinitiv auf, der als Objektbestimmung ein Verbum des Hörens oder Sehens näher ausführt. Bekannt sind hier Stellen, wie aus dem Hildebrandsliede der Anfang: Ik gihôrta dhat seggen oder aus dem Nibelungenliede:

von fröuden hochgeziten, von weinen und von klagen, von küener recken striten, muget ir nu wunder hoeren sagen. 1, 4.

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môdar managun, gisáhun iro megi spildian

(sie sahen wie man ihre Kinder tödtete, im Bethlehemitischen Kindermord). Heliand 737 Behaghel.

nachher erzelten sie jhnen, wie sie einen Ritter fahen, und zwo Jungfrauwen führen gesehen hetten, Amadis 353 (1, 36) Keller. Diese Fügungen lassen sich ja aktivisch erklären, wenn man ein unbestimmtes Subjekt jeweils zum Infinitiv ergänzt, doch liegt für solche Ergänzung kein ersichtlicher Grund vor, vielmehr sehen wir hier feste Verbindungen vor

1) Vgl. meine Beiträge zur Syntax des Boethius S. 126.

uns, in deren allgemein gehaltener Bedeutung der Unterschied zwischen Aktiv und Passiv gar keine Wurzel fassen konnte. Im weiteren Verlaufe der Sprachentwickelung hat sich der Kreis dieser Fügungen immer mehr eingeschränkt. Während Ulfilas den Infinitiv noch als Objekt mit solchen Verben verbinden konnte, bei denen die Gefahr nahe lag, dass ihr Subjekt stillschweigend auch auf den Infinitiv übertragen wurde 1), ist der Kreis solcher Verba finita schon im Heliand enger gezogen. Immerhin finden wir dort neben Verbis wie hören und sehen noch Verba des Befehlens:

endi het thene godes man

libu bilôsien. Heliand 2781 Behaghel.

In der neueren Sprache macht sich dagegen entschieden ein Bestreben, die Aktionsart zur Geltung zu bringen, bemerklich; solche Infinitive, die dem Passiv zuneigen, sind nur neben solchen Verbis noch möglich, die selbst passive Aktionsart aufweisen 2), so tritt an Stelle von befehlen hier lassen ein, vgl. er liess ihn tödten ), so werden Verba wie hören und sehen bevorzugt: ich höre Trompeten blasen, man sieht Verwundete über das Schlachtfeld tragen. An der Hand der Belege, die Grimm S. 64-66 unter anderem Gesichtspunkt zusammenstellt, lässt sich beobachten, wie

Cod. Tepl.

1) Vileidu fraleitan izvis þana þiudan Judaie. Ulfilas, Mark. 15, 9 (Wellt ir, ich las euch den kunig der Juden. Wolt jr, das ich euch den König der Juden los gebe, Luther).

2) Diese Erscheinung steht in Parallele zu der eigentümlichen Konstruktion, die Grimm S. 61 für Ulfilas belegt: hvaiva mahts ist manna gabairan alþeis visands. Joh. 3, 4 (Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist. Luther); ebenso Joh. 10, 35; Mark. 14, 5.

3) Ich fasse den Infinitiv bei lassen anders auf, als dies im D. W. B. 6, 229 geschieht. Auch hier findet sich vielfach jetzt Passivumschreibung: Winckelmann... den die Muse des Alterthums und der Geschichte, die unsterbliche Clio, hat lassen geboren werden, um.. die Kunst der Alten zu erklären. Herder 1, 218.

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