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das ich asz, Luther, 1. Mos. 3, 11. Die periphrastischen Perfekta in diesem Beispiel bezeichnen andererseits die Stellen, in denen auf der Beziehung zur Gegenwart das Schwergewicht lag, und hier ist Luther nirgends den periphrastischen Bildungen ausgewichen.

Andererseits lässt sich nun bei Leibniz eine ausgesprochene Neigung für das umschriebene Perfekt beobachten: Bis dahin nun war Teutschland zwischen den Italiänern, so Kaiserlicher, und den Franzosen, als Schwedische Partei, gleichsam in der Wage gestanden. Aber nach dem Münsterschen und Pyrenäischen Frieden hat so wohl die Franz. Macht als Sprache bei uns überhand genommen. Man hat Frankreich gleichsam zum Muster aller Zärtlichkeit aufgeworfen, und unsere junge Leute, auch wohl junge Herren selbst, so ihre eigene Heimath nicht gekennet und deswegen alles bei den Franzosen bewundert, haben ihr Vaterland nicht nur bei den Fremden in Verachtung gesetzt sondern auch selbst verachten helfen, Leibniz, Teutsche Sprache 26; vgl. Wackernagel, Lesebuch 3, 1, 1003.

Bei Lessing ist hingegen mehr eine Neigung für das einfache Praeteritum hervorzuheben. Er beginnt seinen Laokoon mit den Worten: Der erste, welcher die Mahlerei und Poesie mit einander verglich, war ein Mann von feinem Gefühle (93, 3), obwohl der Relativsatz eine Thatsache der Vergangenheit enthält, die in ihren Beziehungen zur Gegenwart erfasst wird. Ebenso: Es war ein Einfall.. dessen wahrer Theil so einleuchtend ist, dass man das Unbestimmte und Falsche, welches er mit sich führet, übersehen zu müssen glaubet. Gleichwohl übersahen es die Alten nicht, s. 4 u. a. Natürlich weicht Lessing den periphrastischen Bildungen nicht gerade aus, vgl.: Aber wir Neueren haben in mehrern Stücken geglaubt, uns weit über sie weg zu setzen, wenn wir ihre kleinen Lustwege in Landstrassen verwandelten, s. 4 u. a. Es wird uns bei Lessing besonders deutlich, dass

die Grenzlinie in dessen Prosa weniger von einer stark ausgeprägten Zeitanschauung, als von einem Feingefühl für den Rhythmus gezogen wird, es ist der vollere oder der straffere Lautkörper, der im einzelnen Falle die Anwendung bestimmt, und deshalb fällt die Entscheidung häufiger zu gunsten des strafferen Aorists aus.

Anders stehen Schiller und Goethe dieser Frage gegenüber. In beiden treibt die mundartliche Gewöhnung zum umschriebenen Perfekt, während die poetische Kunstform, die ihre Sprachgebung grösstenteils beherrscht, ein Gegengewicht zu gunsten des einfachen Praeteritums bildet. Dieser letztere Einfluss erweist sich bei Goethe stärker als bei Schiller.

Bei Schiller bewahrt die zwanglose Sprache, wie sie sich z. B. in den Briefen niederschlägt, bis in die letzten Jahre das schwäbische Perfekt 1). Aber auch seine Dichtung trägt die Spuren dieser mundartlichen Gewöhnung, und zwar nicht. bloss die Prosa, die in lebensvoller Frische etwa die Sprache des Tages spiegelt, wie in den Räubern oder in Kabale. und Liebe oder in den Mohrenszenen des Fiesko 2), sondern auch die gehobene Sprache des Verses:

Was habt ihr mir zu sagen, Lady Stuart?

Ihr habt mich sprechen wollen. Ich vergesse

Die Königin, die schwer beleidigte...

Dem Trieb der Grossmuth folg' ich, setze mich

1) Vgl. z. B.: Vor etlichen Tagen habe ich unter lauter Forstleuten und Jägern zu Mittag gegessen, denn der Stein aus Weimar war hier und noch etliche Oberförster aus der Nähe, da hat meine Wirthin sich sehen lassen und uns mit prächtigen Fischen und Krebsen tractiert, obgleich hier weit und breit kein Wasser ist. Ich ergötzte (über dieses Praet. vgl. S. 230) mich sehr in der Gesellschaft, an seine Frau (21. 5. 1800), Jonas 6, 157 u. a.

2) Ich habe neulich einen Gelust nach euerm Kopf gehabt... Hier wär er wieder (Fiesko 3, 4), 3, 89.

Wunderlich, Der deutsche Satzbau. 2. Aufl.

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Gerechtem Tadel aus, dass ich so weit

Herunter steige denn ihr wisst,

Dass ihr mich habt ermorden lassen wollen.

(Maria Stuart 3, 4) 12, 496.

Seltsamer Stimmen wundersamen Klang

Vernimmt man oft aus seinen düstern Zweigen.
Ich selbst, als mich in später Dämmrung einst
Der Weg an diesem Baum vorüberführte,

Hab ein gespenstisch Weib hier sitzen sehn.
Das streckte mir aus weitgefaltetem

Gewande langsam eine dürre Hand

Entgegen.

(Jungfrau v. Orleans Prolog 2) 13, 176.

Anderwärts verschliesst sich auch Schiller der Neigung der poetischen Sprache nicht, die das einfache Praeteritum in die Stelle des Perfekts eindringen lässt:

Bleib nicht allein, denn in der Wüste trat

Der Satansengel selbst zum Herrn des Himmels.
(Ebendort) 177.

Kaum weiss ich selbst zu sagen, wie das Ding
Mir in die Hand gerieth.

178 u. a.

Goethe bevorzugt aus denselben Gründen das einfache Praeteritum in der Sprache der Dichtung:

Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt,
Gab mir ein Gott, zu sagen, wie ich leide.

Tasso, Vers 3432 u. a.

In der Prosa dagegen beobachtet er sorgfältig die Grenzlinien, die wir oben mehrfach festgestellt haben: Hassen! Ja manchmal kann ich ihn hassen, manchmal, wenn der spanische Geist über mich kommt. Neulich, 0 neulich, als wir ihm begegneten, sein Anblick wirkte volle, warme Liebe auf mich! und wie ich wieder nach Hause kam, und mir sein Betragen auffiel, und der ruhige, kalte

Blick, den er über mich herwarf an der Seite der glänzenden Donna; da ward ich Spanierin in meinem Herzen, und griff nach meinem Dolch, und nahm Gift zu mir und verkleidete mich ... Meine Einbildungskraft führte mich ihm nach, ich sah ihn, wie er zu den Füssen seiner neuen Geliebten alle die Freundlichkeit, alle die Demuth verschwendete, mit der er mich vergiftet hat (Clavigo 1) 11, 56. So vieles zusammen richtete die Aufmerksamkeit der Welt eine Zeit lang auf diesen Punkt, und die .. Gemüther wurden um so mehr geängstigt, als über die weitverbreitete Wirkung dieser Explosion von allen Orten und Enden immer mehrere und umständlichere Nachrichten einliefen. Ja vielleicht hat der Dämon des Schreckens zu keiner Zeit so schnell und so mächtig seine Schauer über die Erde verbreitet (Dicht. und Wahrh. 1, 1) 26, 43. Bemerkenswerth bleibt es hierbei, dass Personen, welche sonst keine Spur von Ahnungsvermögen zeigten, in seiner Sphäre für den Augenblick die Fähigkeit erlangten... Aber auf keines seiner Kinder und Enkel hat eine solche Gabe fortgeerbt; vielmehr waren sie meistentheils rüstige Personen, lebensfroh und nur aufs Wirkliche gestellt (1, 1)

59 u. a.

Für den Aorist zieht Goethe nur in der Oratio obliqua periphrastische Formen vor, aus Gründen, die in den besonderen Verhältnissen unseres neueren Konjunktivs liegen (vgl. oben S. 147): Den einfachen Traum, der ihn hierron belehrte, rertraute er seiner Gattin folgendermassen: Er habe sich in voller gewöhnlicher Rathsversammlung gesehen, wo alles nach hergebrachter Weise vorgegangen. Auf einmal habe sich der nun verstorbene Schöff von seinem Sitz erhoben, sei herabgestiegen und habe ihm auf eine verbindliche Weise das Compliment gemacht, er möge den verlassenen Platz einnehmen, und sei darauf zur Thür hinausgegangen (1, 1) 58 u. a.

(c) Jüngere Beispiele für das einfache Praeteritum an Stelle des Perfekts.

Von den älteren Formen, in denen das einfache Praeteritum das Perfekt vertritt, ragen nur zwei in die neuere Sprache herein.

Die eine reicht nicht viel über Luthers Sprache hinaus, die Verbindung mit temporalen Adverbien, die die Beziehungen auf die Gegenwart zum Ausdruck bringen. Diese Fügungen sind vor allem aus der mittelhochdeutschen Dichtung bekannt 1), sie lassen sich aber auch noch bei Luther belegen: Christus wusch seinen iungern die fusz und trocknet sie, und die iungern wuschen sie ihm noch nie, An den Christlichen Adel (Neudruck) 39; Christus auch des stathalter ehr sich rumet, wolt noch nie mit weltlichem regiment zu schaffen haben, ebendort u. a.

Manche ähnliche Wendungen begegnen auch später noch im poetischen Praeteritum, das, wie wir gesehen haben, auch in der neuesten Dichtung fortlebt: Ach solche Klagen hörte dies Gewölbe seit Jahrhunderten! Leisewitz, Julius von Tarent (3, 7) 89 Neudruck u. a. Denn von der Dichtung aus ist das Praeteritum auch in die gehobene Prosa gedrungen: Ein schwaches Weiberherz zu zerfleischen! es ist des starken Geschlechtes so würdig! Ich warf mich in die Arme dieses Mannes. An diesen Starken schmiegten sich wollüstig alle meine weiblichen Schwächen. Ich übergab ihm meinen ganzen Himmel der grosmüthige Mann verschenkt ihn, Schiller (Fiesko 3, 3) 3, 87. Und von da

1) Vgl.:

Vil lützel man der varnden armen da vant
ros unde cleider daz stoup in von der hant,
sam si ze lebne héten niht mêr wan einen tac.
ich waen nie ingesinde groezer milte ie gepflac.

Nibelungen 42, 4; ·

ebenso 237, 2; 249, 2 u. a.; vgl. mhd. Wb. 1, 744b ff.

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