ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

gesetzten Satz verschleiert worden war. Man hatte sich nach dem Vorgange der lateinischen Grammatik daran gewöhnt, die Modi im zusammengesetzten Satze als abhängig von Nebensatzpartikeln u. a. zu betrachten, während doch. in Wirklichkeit gerade die deutschen Modi auch im Nebensatze zunächst nichts anderes ausdrücken als im Hauptsatze auch und nur Ansätze zu spezielleren Nebensatzfunktionen. entwickelt haben.

Trotzdem wird der deutsche Modusgebrauch den Syntaktiker nach wie vor beschäftigen, weil durch die Lockerung der Abhängigkeit der Modi gegenüber den syntaktischen Faktoren die syntaktischen Funktionen doch nicht abgeschnitten werden, denen der einzelne Modus zustrebt. Ausserdem müssen eben jene Ansätze zur Abhängigkeit im jeweiligen Zusammenhang aufgesucht und beobachtet werden, und es wird sich andererseits zeigen, dass auch auf dem Gebiet der Modi die Vertretung und Verdrängung der einen Form durch die andere unter dem Einflusse des Satzzusammenhanges steht.

In der Darstellung bei Erdmann eröffnet der Indikativ die Reihe. Wir sehen aber schon dort, dass sich vom syntaktischen Gesichtspunkte aus über den Indikativ nichts sagen lässt, ohne immer wieder auf den Konjunktiv zurückzukommen, denn die ganze neuhochdeutsche Darstellung des Indikativs wird in erster Linie eine statistische oder eine historische Beschreibung des Terrains werden, das dem Konjunktiv allmählich abgenommen worden ist. Auch die Definition selbst wird immer negativ zu fassen sein: der Indikativ ist eben diejenige Form, in der der Verbalinhalt frei erscheint von jeder Beeinflussung durch die Willensthätigkeit oder Reflexion, sei es des Redenden oder eines Dritten. Es ist deshalb viel erspriesslicher, wenn wir diese letzteren Faktoren zuerst ins Auge fassen.

a) Der Imperativ.

Der Imperativ als ein ausgebildeter Modus, der Willensmeinungen zum Ausdrucke bringt, ist das Ergebnis mannigfacher Neubildungen und Angleichungen innerhalb des Satzzusammenhanges. Den Ausgangspunkt bildet der Imperativ der 2. Person Singularis, und diese Beschränkung auf die Form der Anrede lässt uns bis in die Zeit der Sprachschöpfung zurückblicken, in der die Sprache von Mund zu Mund sich entwickelte. Formell unterscheidet sich dieser eigentliche Imperativ von den übrigen Imperativbildungen durch das Fernbleiben jedes Flexionselementes, was wiederum in die älteste Zeit zurückweist, in eine Zeit vielleicht, wo der Bedeutungsunterschied zwischen Nominal- und Verbalstamm noch nicht ins Bewusstsein getreten war 1).

Die nächste Weiterbildung mag wohl von dem Bedürfnis ausgegangen sein, den Imperativ auch im Plural durchzuführen, wofür eine Anleihe beim Indikativ gemacht wurde. Der Umstand, dass hier das Subjektwort unterbleibt (vgl. S. 82 ff.), lässt diese Neuerung zeitlich umgrenzen; sie muss eingetreten sein, ehe die Personalpronomina sich mechanisch neben der Verbalform festgesetzt haben. Noch jünger sind die Ersatzmittel für die 3. Person und für die 1. Person Plural des Imperativs, vgl. S. 266.

a) Gebrauchsgrenzen des Imperativs.

Nicht alle Verba haben an sich einen Bedeutungsgehalt, der imperativisch gefasst werden kann (vgl. Erdmann § 161). Wenn wir diese aber trotzdem in Imperativ form finden, so ist auch dies ein Zeugnis für die vielgestaltigen

1) Vgl. Herbig, Indog. Forschungen 6, 170, wo der Imperativ mit dem Vokativ verglichen wird — allerdings unter Verschleierung der gerade für unsere Frage charakteristischen Unterschiede.

Einflüsse des Satzzusammenhanges und für die Entwickelungsfähigkeit einer im Sprachgefühl lebendigen Flexionsform.

Beim Verbum substantivum wie bei werden sind es die Verbindungen mit Partizipien und Adjektiven, die die Imperativform ermöglichen; sie hat sich allerdings nur bei werden eigentlich festgesetzt. Die ersten Belege zeigt Otfrid: Hugi, weih thir sageti, ni wis zi dumpmuati, firnim thesa lera, so zellu ih thir es mera. 1, 3, 29. Nu thu thaz arunti so harto bist formonanti: nu wird thu stummer sar.

1, 4, 66. allerdings

-

Bei haben reicht eine ähnliche Verbindung unter Anlehnung an fremde Vorlage schon ins Gotische zurück: bidja puk, habai mik faurgiþanana (¤%¤ μè пapηtyévov), Ulfilas, Luk. 14, 18 (habe mich gisihhorotan, habe me excusatum, Tatian 125, 3; entschuldig mich, Cod. Tepl.; ebenso Luther). Während jedoch die Tempusumschreibung beim Imperativ keinen festen Fuss fasst 1), nimmt das mit Substantiven verbundene haben gern auch den Imperativ an: Habe gûoten drôst, nihil igitur pertimescas, Notker, Boethius 44 u. a.; vgl. habedane, mhd. Wb. 1, 357a; vgl. D. W. B. 4, 2, 45; Und ebenso habe für die unverhältnissmässige Ausbildung die Nachsicht des Menschenkenners, Jean Paul, Einleitung zu Band 1 (S. 25).

Wollen und sollen geben der Willensmeinung bereits eine so bestimmte Richtung, dass auch hier der Imperativ erst nachträglich Eingang gewinnen konnte. Für wollen ist er aus Gotfrid belegt in einer Umgebung, die deutlich auf Analogiewirkung weist:

1) Einige wenige mittelhochdeutsche Beispiele giebt Grimm S. 184, einige neuere aus Lessing und Immermann s. bei Erdmann § 161. Dazu vgl.:

Seid drinne mit dem Glockenschlag.

Habt euch zu Hause wohl preparirt.

Goethe, Faustfragment 389.

habe dine mannes sinne

und minne, daz dich minne,

welle daz dih welle.

Tristan 9925.

Bei sollen macht sich dagegen schon ein formeller Mangel geltend, den dieses Hilfsverb mit allen Praeteritopraesentibus teilt, dass es einen Imperativ nicht erzeugen konnte, daher heisst es immer du solt, du magst, du musst. Im Notfall müssen hier Optativbildungen aushelfen.

Anders liegt die Sache bei wizzen und ähnlichen Verben, die nur durch Bedeutungsänderung zu einem Imperativ gelangen können. Eine solche zeigt schon Williram in: er ist oúh min frúint. daz wizzet ir iunkfrouwon, 97, 2 Seemüller; vgl.: Da wisse dich fur zu hüten und sei gewis, das dise propheten vol teuffel sind, Luther, Wider die himml. Propheten 2, 143; wisse das, Elende! Schiller (Kabale) 3, 465. Dagegen setzt Goethe gelegentlich das verwandte Verb verstehen mit einer Bedeutung in den Imperativ, die dem Modus widerstreitet:

Versteht das Pülslein wohl zu drücken,

Und fasset sie mit feurig schlauen Blicken.
Faustfragment 427.

Auch das Passiv schliesst den Imperativ eigentlich aus, er beschränkt sich dort auch auf Formeln wie sei gegrüsst statt werde gegrüsst (vgl. S. 142). Beachtung verdient hier die Art, wie Uebersetzer gegenüber lat. Deponensformen sich behalfen, so z. B. im Psalter, der viele solche Formen aufweist. Während Notker ein lat. convertere 1) reflexiv wendet (chere dich), ahmt es der vorlutherische Psalter 2) sklavisch nach; Luther selbst führt einfach das Aktiv ein: Ach got keer erwider (später: Wende dich Herr).

1) Psalm 6, 5; vgl. Hattemer II, 35 a.

2) Vgl.: Der Psalter zu teusch", Augsburg 1492 bei Sorg: O herr wird bekört.

[ocr errors]

Aus der eingehenden Beobachtung der älteren Uebersetzer gewinnen wir auch nach anderen Seiten Fingerzeige für die Beurteilung des deutschen Imperativs, so vor allem für seine Abgrenzung gegen andere Modi.

3) Abgrenzung gegen andere Modi.

(1) Imperativ und Indikativ.

Die lateinischen Texte, die unseren althochdeutschen Uebersetzern vorlagen, neigen gelegentlich dazu, eine ausgesprochene Aufforderung in die Form des Indikativs zu kleiden, eine Neigung, der unsere Sprache in diesen Denkmälern nicht nachgiebt; vgl.: truhtin antwurta quad: Minno dinan truhtin got all herein, diligis dominum deum, Monseer Fragmente 30, 19 Hench.

Dagegen führen in unserer neueren Sprache mannigfache Bewegungen zu dem Ziel, den Indikativ auf Kosten des Imperativs vorzuschreiben. Die indikativischen Umschreibungen des konzessiven Optativs (vgl.: du kannst mich) werden wir im Zusammenhange kennen lernen. Viel ergiebiger ist die Berührung zwischen Frageform und Heischeform, die sich vor allem auf dem Boden der Umgangsprache abspielt (vgl.: Kommst du endlich? Willst du herkommen? Ob du her kommst? du kommst her!) und für die auch die Litteratur gelegentlich Belege darbietet:

Herr Landvogt, weiter werdet ihrs nicht treiben,
Ihr werdet nicht. Es war eine Prüfung.

Schiller (Tell 3, 3) 14, 362.

Die Antwort Gesslers auf diesen fragenden Imperativ (Ihr schweigt, bis man euch aufruft) zeigt uns eine Form des Indikativs, die neuerdings in der militärischen Befehlssprache den Imperativ fast völlig verdrängt hat. Ob es die Sicherheit, unter allen Umständen Gehorsam zu finden,

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »