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Verknöcherung, die diesen Modus immer mehr zu einem Kennzeichen der gemessenen Prosa oder des rhetorischen Vortrags werden lässt: Der Landschaftsmaler sehe fleissig in die camera obscura, um zu lernen, wie sich die Natur in allen Fällen auf eine Fläche projektiert, aber er borge nichts daraus u. a.; vgl. Vernaleken 2, 314. Es ist vor allem die Verbindung mit man, die sich in der Sprache Lessings als stilisierte Wendung entpuppt 1): Nun nehme man aber diese Lesart des Scholiasten nicht an, sondern man nehme die an, welche Addison selbst annimmt, und sage, ob man sodann die geringste Spur findet, dass der Dichter die Rhea in Gedanken gehabt habe? Man sage, ob es nicht ein Hysteronproteron von ihm sein würde (Laokoon) 93, 53 Anm.; ebenso s. 60. 79. 80. 96. 125. 140 u. a. Man vergleiche hiemit, s. 132; Man denke sich, s. 133; Man erinnere sich, s. 137. 162. Gerade in dieser Verbindung hält sich der Jussiv auch in der neueren Schriftsprache fest, er greift hier auch in die parataktischen Konditionalformen über (Man lasse es nicht eckelhaft sein, was ihm in den offenen Mund fällt, und das Lächerliche ist verschwunden, 9, 149; diess höre man in der edeln Sprache des Ernstes und der Bewunderung ausgedrückt, und enthalte sich des Lachens, 149)2), aber der lebendigen Sprache gehört er heute nicht mehr an. Es berührt uns altertümelnd und steif, wenn von Goethe berichtet wird, dass er im Weimarer Theater dem lachenden Pub

1) So auch bei späteren Stilisten; vgl.: Auf nichts mehr machen wir Anspruch, und aus diesem Gesichtspunkte beurtheile man uns, Göttinger Musenalmanach auf 1771, S. 4. Gut man gesteht es, aber dann gestehe man auch, dass, Jean Paul, Unsichtbare Loge 1, 109; vgl. auch D. W. B. 6, 1524 (6).

2) Seltener in Verbindung mit anderen Pronominibus; vgl.: aber er (Bonaparte) vergesse sich nun so treten die grossen Lebenden der Zeit hervor und rufen ihm zu: du gleichest uns, Betrachtungen und Gedanken, Köln 1803, 1, 34.

likum mit den Worten man lache nicht" Ruhe geboten habe 1).

Der einfachen Sprache gehört der Jussiv heute mehr nur in gewissen Formeln an, deren erste Ansätze weit zurückreichen 2). Vielfach geht hier die Milderung der Willensenergie so weit, dass der Konjunktiv auch optativisch gefasst werden kann, so in der Formel er lebe, die schon Otfrid auf Ludwig den Deutschen anwendet (so leb er io gimuato, Z. 33), die Goethe seinem Götz mit Bezug auf Maximilian I. in den Mund legt (Es lebe der Kaiser! .. Er lebe! 8, 113). Heute hat sich im Hochrufe das Verbum verflüchtigt, wie überhaupt der Verwitterungsprozess in solchen Formen vielfach gerade die Jussivformen trifft 3).

In der Sprache der Poesie hält sich der Jussiv am freiesten und nachhaltigsten:

Niemand säume zu geben in diesen Tagen, und niemand Weigre sich anzunehmen, was ihm die Milde geboten. Niemand weiss, wie lang er es hat, was er ruhig besitzet. Goethe, Hermann und Dorothea, 6. Gesang.

Man mache Raum er nehme seine Weite.

Schiller (Tell 3, 3) 14, 358.

Drum sich hüte vor Gefahren,

Und gehalten und bescheiden

Wolle Spiel und Kampf vermeiden

Mit dem Feind der schwache Theil.

Chamisso, Fortunat 7, 25 (Neudruck).

1) Vgl. R. M. Meyer, Goethe 21, 309. Viel eher hat sich hier die Verbindung des Jussivs mit dem indef. Pronomen erhalten; vgl.: Geh einer von euch, Schiller 3, 19 (Fiesko 1, 3).

2) Vgl.: nu si uns willekomen, Nibelungenlied 103, 1 u. a.; Nú lên iu got, 156, 1 u. a.

3) So z. B. in der Briefadresse, für die im Briefwechsel Balthasar Baumgartners und seiner Frau (Litt. Ver. 204) ältere Formen vorliegen; vgl. S. 19: Der brieff zukumme dem erbern und vesten Baltteser Baumgartner u. a.

Der späte Wanderer erquicke sich

An dem Gedanken, dass noch Jemand wacht.

Grillparzer (Meeres und der Liebe Wellen 3) 7, 49.
In meines Vaters Landen die Krone trage er.
R. Wagner, Lohengrin 1, 2.

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In der Prosa dagegen ist der Jussiv dem rhetorischen Vortrage eigen: Gleich frei von der eiteln Geschäftigkeit und von dem ungeduldigen Schwärmergeist.. überlasse er dem Verstande, der hier einheimisch ist, die Sphäre des Wirklichen; er aber strebe, aus dem Bunde des Möglichen mit dem Nothwendigen das Ideal zu erzeugen. Dieses präge er aus in Täuschung und Wahrheit, präge es in die Spiele seiner Einbildungskraft, und in den Ernst seiner Thaten, präge es aus in allen sinnlichen und geistigen Formen und werfe es schweigend in die unendliche Zeit, Schiller (Aesthet. Erziehung, 9. Brief) 10, 301. Die Poesie mache nur keck die Erdgruft auf, aber sie zeige auch, wie sie zwischen zwei Halbhimmeln liegt, Jean Paul, Einleitung S. 39. Die Naturgeschichte sei das Zuckerbrod.. aber nur nicht komme die Geschichte selbst, Unsichtbare Loge 1, 123. Wie in Rom Abbates die Stelle von Kammerherrn und Pagen vertreten, so muss die Peterskirche statt des Prunksaales dienen. Es bleibe daher jeder Andächtige fern und gönne seinen Platz dem Neugierigen, Grillparzer (Ital. Tagebuch) 195, 221.

Es ist daher charakteristisch, welch starken Verbrauch an solchen Jussiven die Paulskirche in Frankfurt, noch mehr aber das Vorparlament, erlebt hat, in welchem der rhetorische Stil noch kräftiger hervortrat: Jede Meinung muss sich frei äussern dürfen, die Leidenschaft trete zurück. Man traue jedem gute Gesinnung zu, Jordan, Vorparlament vgl. S. 17; ebenso vgl. Frankfurter Nationalvers. S. 787a, 787b u. a.

(2) Der Jussiv im Nebensatze.

Die Dienste, die der Jussiv im Hauptsatze ausübt, vermag er auch im Nebensatze zu leisten, denn für die Willensmeinung, deren Träger er ist, brauchen die Beziehungen zwischen Haupt- und Nebensatz nicht von Einfluss zu sein. In Wirklichkeit freilich lässt sich eine Wechselwirkung zwischen den syntaktischen Faktoren und unserem Modus beobachten, die mannigfache Formen annimmt.

(a) So macht sich für den Relativsatz der Unterschied bemerklich zwischen solchen Sätzen, die einer gegebenen Grösse ein weiteres Attribut beilegen und solchen, die eine unbestimmte Grösse erst mittelst des Satzinhaltes von anderen abgrenzen. Für die erste Gruppe kommt der Jussiv kaum in Betracht, weil der Energie der Willensmeinung, deren Träger er ist, die unbedeutende und nebensächliche Rolle des blossen Attributes widerspricht. Hier erscheint er auch nur in Fügungen, in denen Form und Inhalt in Widerspruch stehen; vgl.: Temo wizze unde sin gelâzen sint, temo ist ouh kelázen chiesunga, Mit tero er dingolih skeide, quo discernat quidque, Notker, Boeth. 218". Ganz ähnlich: er trägt seine einzelne Ansicht aus der vollsten Leberzeugung heraus den Uebrigen vor, um sie dem Prozesse der allgemeinen Debatte preis zu geben, in welchem sie wirke, was sie rermöge, Haym, Reden und Redner des vereinigten Landtags (1847) s. 28. Noch deutlicher: Ich will von dieser morastigen Seele, die sich nie meinem Gustav näher wälze, mich wegbegeben, Jean Paul, Unsichtbare Loge 1, 60; Ist aber (welches der Himmel abkehre) die eintretende Fremde die schönste.. man sollte am Thor gar keine Fremde ron Verdienst einpassieren lassen, ebenda 90.

Ganz anders in der zweiten Gruppe, in der dem Neben

satze eine engere Fühlung mit dem Hauptsatze gesichert ist, so dass die Willensmeinung, die der Jussiv zum Ausdruck bringt, meist aus der Sphäre des regierenden Verbums oder dessen Subjektes fliesst: Ih kahon mih.. dir zegezeigônne den weg, ter dich heim bringe, qua revcaris ad patriam, Notker, Boethius 214a u. a.; vgl. meine Beiträge S. 103. 104.

du erkiusest in dem walde

einn boum der dir gevalle.

Minnes. Frühling 37, 11.

Hier sitz' ich, forme Menschen

Nach meinem Bilde,

Ein Geschlecht, das mir gleich sei.

Goethe (Prometheus) 2, 78.

Der Werkmeister will er sein, der den Mechanismus der grossen Maschine kenne, beobachte, leite, Haym, Reden und Redner des vereinigten Landtages (1847) s. 28 u. a.; vgl. Erdmann S. 140. 166. Es lässt sich allerdings nicht verkennen, dass auch dieser Jussiv mehr der gewählten Sprache angehört, während die einfachere Sprache modale Umschreibungen bevorzugt, die näher an die Sphäre des Optativs streifen: Ih kestello ioh ana dinemo múote, die fettacha, mit tien iz úf fliegen muge, quibus se possit in altum tollere, Notker, Boethius 163.

(b) Während der Kausalsatz gegen den Jussiv noch ablehnender sich verhält als die erst behandelte Gruppe von Relativsätzen 1), liegt dieser Modus dem Temporalsatze viel näher. Die Zeitbestimmungen, die eine zukünftige Verbalhandlung umgrenzen, stecken diese Grenzlinie häufig unter dem Drucke einer Willensmeinung ab, und so er

1) Er bedarf in solchen vereinzelten Fällen ausserdem der Umschreibung: da er einmal gehen soll, so mag er gleich gehen.

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