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wendigkeit fest, hier neben äusserlichen Momenten auch die innerlichen ins Auge zu fassen, und da scheint vor allem die Art, wie der Satzinhalt vom Bewusstsein sich ablöst und in Sprache umsetzt, für beide Sätze grundverschieden zu sein. Am Hauptsatz arbeiten Bewusstsein und Sprache fast gleichzeitig, beim Nebensatz geht das erstere der zweiten vorher, d. h. der Hauptsatz baut sich in einzelnen Momenten vor dem Hörer auf, der Nebensatz schiebt seiner Grundlage nach abgeschlossene VorstellungsXreihen dazwischen, mit denen der Hauptsatz als mit einer Einheit operiert1). Schon hieraus ergiebt sich die veränderte Rolle, die das Verbum im Haupt- und im Nebensatze spielt: für den Hauptsatz ist es im grossen und ganzen ein Moment wie andere auch, das je nach den Umständen in der Stellung mit den anderen wechselt; im Nebensatze aber ist es der Träger des Einheitsgedankens, die Unterlage aller Bestimmungen, die schon deshalb nach einem deutschen Gesetz, das wir auch sonstwie belegen können, die Reihe schliesst. Wo ein Substantiv mit seinen Bestimmungen zu einem Worte zusammenwächst, finden wir ebenfalls, dass der Träger der Bestimmungen an das Ende tritt, während er sonst gerne voransteht 2). Das Adjektiv, das als Attribut zu einem Substantiv gezogen wird, geht in unserer Sprache von

1) Es ist auch hier im Hinblick auf einige Rezensenten der 1. Auflage notwendig, hervorzuheben, dass ich natürlich nicht jedem einzelnen Nebensatze der heutigen oder auch der älteren Sprache jeweils den gleichen Gedankengang unterschiebe, ich setze ihn nur für die Sätze im allgemeinen voraus; vgl. dazu S. 406.

2) Vgl. schon im althochd. Matthäusevangelium: enti az wizod broth, panes propositionis, 12, 4 Hench (asz die Schawbrot, Luther, während bezeichnenderweise die Tatianübersetzung 68, 3 und die ältere Bibel sich abmühen, der lateinischen Fügeweise nachzufolgen; vgl.: di prot der furlegung, Cod. Tepl.); natrono chnosles, progenies viperarum, ebenda 12, 34 (geslechte der vipern, Cod. Tepl.; Ottern gezichte, Luther).

Anfang an dem Substantiv lieber voran, als dass es ihm nachfolgt 1). Und wenn endlich die periphrastischen Umschreibungen, die wir oben besprochen haben, das Hilfsverb vor dem Infinitiv oder Partizip bevorzugen 2), so geht auch hieraus wieder die Neigung hervor, mit dem bedeutungskräftigeren Wort die Reihe zu schliessen 3).

Es bestätigt nun unsere Auffassung, wenn sich diese vier für unsere Sprache im Gegensatz zu anderen Sprachen charakteristischen Formen des einen Stellungsgesetzes, nämlich den Träger der Bestimmungen ans Ende zu bringen, erst aus allerlei Schwankungen heraus entwickelt haben. Das spricht vor allem für eine Entwickelung aus inneren Gründen, die erst allmählich zur äusseren Schablone führte. Denn im Laufe der Entwickelung ist die Form des Nebensatzes eben auch zu einer stilistischen Form geworden, die man bald verwendet, bald aufgiebt, ohne immer dem Inhalte des Satzes damit gerecht zu werden. Immerhin zeigt die ältere Sprache, und ebenso in der heutigen Sprache noch die Umgangsform einfacher Kreise durch ihre Sparsamkeit in Nebensätzen, dass sie keinen so ergiebigen Vorrat an abgeschlossenen Vorstellungsreihen be

1) Vgl.: der hapeta ardorreta hant, manum habens aridam, Matthäus 12, 10 Hench (ein durre hant, Cod. Tepl.; verdorrete hant, Luther) u. a.

2) Vgl.: Was tho giwortan in then tagun, factum est, Tatian 70, 1 (Wan ez wart getan in den tagen, Cod. Tepl.) und oft. Noch deutlicher wird dies in den althochdeutschen Nebensätzen, deren ausgesprochenes Streben nach Schlussstellung des Verbums vor allem durch die periphrastischen Formen durchkreuzt wird; vgl.: Tho tag was giwortan, cum dies factus esset (Und do tag wart gemacht, Cod. Tepl.) u. a.; vgl. Ruhfus, Die Stellung des deutschen Verbums im Tatian (1897, Heidelberger Diss.) S. 77.

3) Minor in seiner neuhochdeutschen Metrik S. 96 kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der letzte Bestandteil einzelner Gruppen einen zusammenfassenden Accent" entwickle.

sitzt, mit denen sie jederzeit als mit Reminiszenzen den geraden Gang der Darstellung unterbricht.

Die althochdeutschen Uebersetzer allerdings wurden durch die lateinische Vorlage zu allerlei Nebensätzen gezwungen, die sie sichtbar nur ungern und ungefüge nachahmten; bei allen aber und selbst bei den unfreiesten zeigt sich das Widerstreben in erster Linie in der Wortstellung, indem das Verb des Nebensatzes bei ihnen auch gegen das Lateinische der Endstellung zustrebte. Genauere statistische Feststellungen sind hier für einzelne Schriftsteller bereits gegeben 1). Es wäre verlockend, die einzelnen Belege von unserem Gesichtspunkte aus neu durchzumustern2), denn gerade diese Beispiele lassen uns ganz deutlich erblicken, wie Nebensätze, die mit längst bekannten und gegebenen Vorstellungen operieren, ihr Verbum als Träger der ganzen Vorstellung ans Ende des Satzes drängen, auch wenn mit dem besten Willen kein besonderer Ton darauf zu entdecken ist ").

Daraus geht hervor, dass die Endstellung des Verbums, die sich im Nebensatze aus inneren Gründen häufiger darbot als im Hauptsatze, unserer ältesten litterarischen Periode bereits als ein Typus vorschwebte, dem der Nebensatz als solcher zustrebte. Zu dieser gewohnheitsmässigen Trennung der Nebensatzstellung von der Hauptsatzstellung müssen wohl diejenigen Formen mit beigetragen haben, die dem Nebensatz das eigentliche Gepräge gaben, die Partikeln,

1) Vgl. Tomanetz, Relativsätze, Wien 1879; vgl. Rannow a. a. O. S. 116; Löhner, Zsch. d. Phil. 14, 173 ff., 300 ff. Ruhfus a. a. O. S. 76. 2) Die Nebensätze im Hildebrandsliede z. B. halten alle die Probe aus und bieten in der That Satzinhalte, die dem Bewusstsein schon als Ganzes innewohnten.

3) Vgl.: fona huueliihhemo aedhile christ chiboran uuerdhan scoldi, ex qua tribu nasciturus esset Christus, Isidor 36, 12 Hench; nú ir sô ubile birut, cum sitis mali, Matthäus 12, 34 Hench (so ir seit ubel, Cod. Tepl.; die weil jr böse seit, Luther).

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die vom Hauptsatze in den Nebensatz übertraten. Gefüge wie in dem S. 406 angeführten Beispiel (Matth. 12, 34 Hench): hwco magut ir guot sprehhan nu ir so ubile birut geht ja auf ursprüngliche Parataxe zurück: hweo magut ir guot sprehhan nu ir so ubile birut. Die Endstellung des Verbums zeigt an, dass der Nebensatzinhalt schon abgeschlossen im Bewusstsein des Redenden lag, ehe er Ausdruck gewann; bei gleichzeitiger Entwickelung und Umsetzung in Worte hätte es geheissen: ir birut so ubile oder der älteren Sprache gemässer: birut so ubile.

Wenn nun ein Satz wie: so ubile birut gewohnheitsmässig mit der dem Hauptsatz angehörigen Partikel nu verbunden wird, so entsteht ein schroffer Gegensatz in Bezug auf die rhythmische Anordnung gegen die im Hauptsatze übliche Form: nu birut so ubile. Dieser Gegensatz wurde noch verschärft durch die Einfügung der Personalpronomina, die ihrerseits nur auf den Spuren weiter folgten, welche durch den Uebertritt der Partikeln bereits gezogen waren nu ir so ubile birut, nu birut ir so ubile.

b) Widerstand gegen die Endstellung im Nebensatze. Hemmungen hat die Endstellung des Verbums, wie sie im Grunde rhythmischen Gründen entspringt, auch vor allem wieder vom rhythmischen Gefühl her erfahren, und es ist lehrreich, Rhythmus und Schablone im Widerstreit zu sehen, wobei hervorzuheben ist, dass in unserer heutigen Prosa mehr die Schablone durchgedrungen ist 1).

Für die ältere Sprache war hierin die Schulung, die sie in der poetischen Form durchmachte, entschieden.

1) Die mannigfachen Formen, in denen volkstümliche Darsteller gegen diese Schablone ankämpfen, s. bei Behaghel a. a. O.; vgl. auch Willomitzer zu Hebel S. 19; ebenso Wasserzieher, Z. D. U. 5, 813 ff.; Franke, ebenda 6, 351 ff.; Behaghel, ebenda 265 ff.

gewinnbringend; schwer belastende Satzteile treten hier hinter das Verbum zurück, so namentlich präpositionale Bestimmungen 1). In der Regel aber wird die charakteristische Nebensatzstellung wenigstens dadurch angedeutet, dass ein Wort zwischen das Verbum und das Subjekt eingeschoben wird. Unsere neueren Stilisten haben für solche rhythmischen Feinheiten kein geneigtes Ohr; schon Lessing bannt wahre Ungeheuer in den Zwischenraum zwischen Nebensatzpartikel und Verbum, auch Schiller und Goethe haben sich einem starren Zwange gefügt 2). Ueberhaupt, wo wir nach dem Nebensatzverb noch Bestimmungen antreffen, erwecken sie uns den Anschein eines verkürzten Satzes, eines späteren Nachtrages (vgl. R. Voss, Nubia, Stuttgart 1889: als die Nachbarinnen ankamen, eine jede mit ihrer Spinnerei, S. 40; Bald erreichten sie die Osteria. darin an diesem Abend mehr Leben war als gewöhnlich, S. 188). Am häufigsten werden Bestimmungen nachgesetzt, die anderen wieder als überleitender Faden dienen (so Nubia S. 67: davon Nubia ihm erzählt hatte als von dem Platz, wo). In dieser Stellung prägt sich die Abneigung unserer Sprache gegen die lateinischen Einschachtelungen aus, wie ja z. B. die mittelhochdeutsche Sprache jeder Eingliederung eines Nebensatzes in einen zweiten widerstrebte ). Auch

1) Vgl. z. B.: Dhese ist dher ni ardeilit after augono chisiune endi orono chihlose, iste est qui non secundum visionem oculorum et auditum aurium iudicat, Isidor 40, 16 Hench.

2) Von neueren Stilisten vgl. z. B. Hermann Grimm, Deutsche Litteraturzeitung 13, 1571.

3) Vgl. dazu Lessing 5, 278: wenn der Schein mehr Eindruck auf sie machen könnte als das Wesen.

4) Vgl.:

wan ein vorhte diu tete ir wê,
80 siz ir herren sagte,

daz er dar an verzagte.

Armer Heinrich 532 ff.

(vgl. lateinische Wendungen wie timebat, ne cum diceret).

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