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König von Ober- und Unterägypten gekrönt worden, weil du dich der Götter bemächtigtest und ihrer Seelen, 1) obschon doch der gute Osiris die Götter niemals von der Erde entführt hat. Bemerkenswert ist übrigens auch, daß bei dieser Änderung das alte unterägyptische Wort für König dem offiziellen Titel der Pharaonen hat Platz machen müssen, ein deutliches Zeichen für den jüngeren Ursprung der Bearbeitung.

Aber auch sonst hat sich die alte Totenliteratur durch die Verbreitung des Osirisglaubens nicht gerade verbessert. An verschiedenen Vorstellungen, die sich kreuzten, war ja ohnehin kein Mangel in ihr und nun wurde der Wirrwarr vollkommen. Man lese z. B. folgenden Text, der ein gutes Beispiel dieser Vermischungen gibt: Erwache für Horus und stehe auf gegen Set, erhebe dich du erster Sohn des Keb. Du, vor dem die beiden Neunheiten zittern, für den die Kapellen dastehen, für den die Zeitabschnitte gefeiert werden. Du befährst Abydos in dieser deiner Verklärung, von der die Götter befohlen haben, daß sie dir sei und steigst hinauf zur Duat, dahin wo der Orion ist. Der Himmelsstier ergreift deinen Arm. Du iẞt von den Speisen der Götter... Er (Re) setzt dich als Morgenstern in die Mitte des Earufeldes. Das Himmelstor zum Horizonte ist dir geöffnet und die Götter freuen (?) sich, wenn du nahst als ein Stern, der das Meer unter dem Leibe der Nut befährt, in dieser deiner Würde, die Re befohlen hat. Du sitzest auf diesem ehernen Throne, als wärest du der Große zu Heliopolis, damit du die Verklärten leitest und die Zerstörungslosen befriedigst.2) Welch ein Durcheinander! Im ersten Abschnitt ist der Tote der Osiris selbst, im zweiten fährt er zum Orion hin, im dritten ist er ein Stern bei Re, im vierten thront er als ein König der Toten und Sterne.

Und doch war dies erst der Anfang der Verwirrung, und die folgenden Jahrhunderte, aus denen die Mehrzahl der sogenannten Totenbuchtexte stammt, haben sie noch in ganz anderer Weise gesteigert. In ihnen sind noch allerlei jüngere Vorstellungen über das Schicksal der Toten und über das Reich des Osiris hinzugekommen und hineingemischt worden, und da die aus der älteren Zeit überkommenen Anschauungen verblaßt waren und mißverstanden wurden, so ist ein Wirrwar entstanden, dem nachzuspüren oft kaum noch verlohnt. Dazu kommt noch eines, was für die Totenbuchtexte charakteristisch ist, sie sind zumeist geradezu als Zauberformeln gedacht. Damit dieses oder jenes dem Toten geschehe, spricht er einen Spruch, in dem er sich mit irgend einem Gotte identifiziert, in dem Glauben, daß er dadurch dann dessen Eigenschaften erhalten werde. Wer z. B. den Spruch

1) ib. 210 P 61. 2) ib. 220 III M 698; 701 ff.; 710ff.

spricht: »Mir ward mein Name im Großhaus gegeben und die Erinnerung an meinen Namen im Flammenhaus, in jener Nacht, wo man die Jahre zählte und die Monate berechnete. Ich bin jener darin, der da sitzt im Osten des Himmels und jeder Gott, der mir nicht folgt, dessen Namen sage ich!«, der wird sich im Totenreiche seines Namens erinnern.1)

Diese Befürchtung, daß der Tote im Jenseits nicht mehr wissen könne, wer er eigentlich sei, ist nur eine der vielen seltsamen Sorgen, denen diese Zauber des Totenbuchs abhelfen sollen. Er fürchtet ebenso, daß er keinen Mund haben werde, um mit den Göttern zu reden,2) und daß man ihm sein Herz rauben könne.3) Man könnte ihm seinen Kopf abschneiden,4) sein Leib könnte trotz der Balsamierung verfaulen,5) feindliche Wesen könnten ihm im Totenreiche seinen Platz und Thron fortnehmen wollen) und er selbst könnte, wie ein armes Opfertier, in die Schlachtstätte des Gottes geraten.7) Es kann ihm an Speise und Trank fehlen und er kann genötigt sein, seinen Kot zu essen und seinen Harn zu trinken.8) Und wenn er wirklich Wasser hat, so kann es diesem Wasser einfallen, zu brennen, wenn er es trinken will.9) Es kann ihm weiter an Luft gebrechen. 10) Gegen diese und ähnliche Gefahren sollen die Sprüche des Totenbuches helfen. So hilft es z. B. gegen Schlangen, die den Toten stechen können, wenn er sie so anredet: O Schlange komme nicht! Keb und Schu stehen gegen dich. Du hast Mäuse gefressen, das ist ein Ekel für Re; du hast Knochen einer verfaulten Katze gekaut. 11) Und gegen das Essen des Unrats schützt der Spruch: ... ich bin der, der Brot hat zu Heliopolis. Mein Brot ist im Himmel bei Re und mein Brot ist auf Erden bei Keb. Die Abend- und die Morgenbarke der Sonne bringen es mir aus dem Hause des großen Gottes zu Heliopolis...12)

Wohl daher dem, der diese Zauber bei sich hat und der sie auch sich zu bewahren weiß, weil er den Spruch kennt, der wider die Krokodile hilft, die dem Toten seine Zauber rauben.13) Auch im Leben schon nützt die Kenntnis all dieser Sprüche: Wer diesen Spruch täglich über sich liest, der ist heil auf Erden; er geht aus jedem Feuer hervor und niemals trifft ihn etwas böses.14)

All dieses Sorgen und all dieses Zauberwesen tritt in den Pyramidentexten noch kaum hervor, eigentlich nur in einer Reihe von Sprüchen gegen Schlangen. Wenn dem in den Sprüchen des Totenbuchs so ganz anders ist, so zeigt

1) Totenb. 25. 2) ib.
6) ib. 47. 7) ib. 50.
11) ib. 33. 12) ib. 53.

22. 3) ib. 27. 4) ib. 43. 5) ib. 45.
8) ib. 53. 9) ib. 63 B. 10) ib. 56.
13) ib. 31. 14) ib. 18, Schluß.

sich darin ein volkstümliches Element, das auch sonst für das Totenbuch charakteristisch ist. Daher tauchen nun hier auch uralte Vorstellungen auf, die in jenen fast verschwunden waren, da sie nicht mehr zu der himmlischen Existenz paßten, wie sie die großen Herren für sich erhofften. Der Tote oder vielmehr seine Seele möchte sich in alles verwandeln, was das Herz begehrt,1) in einen Phönix, einen Reiher, eine Schwalbe, einen Falken, einen Wurm, ein Krokodil, eine Lotosblume; 2) die Seele soll sich mit dem Körper wieder vereinigen können 3) und das Tor des Grabes offen finden. 4) Nichts soll sie zurückhalten, damit sie am Tage herausgehen kann, in jeder Gestalt, die ihr behagt. 5) Und es ist gerade dieser letztere Wunsch des Toten, am Tage, wenn die Sonne scheint, auf Erden zu weilen, der im Totenbuche eine große Rolle spielt, so sehr, daß man später das ganze Totenbuch als das Buch vom Herausgehen am Tage bezeichnet.

Aber noch ungleich wichtiger als alles dieses ist eine Vorstellung, die erst jungen Ursprunges ist, die von notwendigen Rechtfertigung des Toten. Wir haben oben gesehen, daß der tote Osiris vom Set verklagt wurde, und daß die Götter über ihn zu Gericht saßen zu Heliopolis und sein Wort wahr machten, d. h. ihn unschuldig befanden; wie man aus dem Totenbuche) ersieht, sollte ein solches Gericht auch in Busiris, Buto, Abydos, Herakleopolis, im Sokaristempel zu Memphis und an anderen heiligen Orten stattgefunden haben, und überall war es Thoth gewesen, der ihn gerechtfertigt hatte. Diese Vorstellung hat nun dahin geführt, daß man auch dem Toten, als dem neuen Osiris eine Rechtfertigung durch Thoth wünscht; wie Osiris gerecht befunden war, sollte man auch ihn im Totenreiche rein und sündlos befinden wie sollte er auch sonst in dem Reiche desjenigen Gottes Aufnahme finden, der selbst seine Herrschaft seiner Sündlosigkeit verdankte? Es ist ein ethisches Moment, das so aus der Osirissage in den ägyptischen Glauben hineinkommt; fortan soll nicht der mächtige und vornehme Mann im Tode obsiegen, sondern der gerechte und sündlose.

Daß diese Vorstellung vom Osiris als dem Richter der Toten schon im alten Reiche vorhanden gewesen ist, zeigt eine Grabschrift, die vom großen Gotte, dem Herrn des Richtens 7) spricht; aber ihre Ausgestaltung und allgemeine Anerkennung hat sie wohl erst im mittleren Reiche erhalten. In dem Haupttexte des Totenbuches tritt sie uns zunächst

1) Totenb. 64. 2) ib. 77–89. 3) ib. 89. 4) ib. 92. 5) ib. 18. 64. 6) ib. 18. 20. 7) Mar. Mast. D. 19.

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73. Das Totengericht, aus dem Totenpapyrus einer Frau. (Berlin P 3008.)

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im Bilde so entgegen. In einer großen Halle, deren Dach mit Feuerflammen und Wahrheitszeichen bekrönt ist, thront Osiris in einer Kapelle; vor ihm das Zeichen des Anubis (S. 19), die Horussöhne (S. 128) und der Fresser des Westens, ein fabelhaftes Tier, das dem Gotte als Schutz dient. Oben, d. h. hinten in der Halle, sitzen die zweiundvierzig Richter der Toten; unten aber, d. h. vorn, steht die große Wage, auf der das Herz des Toten gewogen werden soll. Der Tote aber, der in diese Halle eintritt, wird von der Göttin der Wahrheit empfangen; dann nehmen Horus und Anubis sein Herz und prüfen auf der Wage, ob es leichter sei als die Wahrheit. Thoth aber, der Schreiber der Götter, notiert das Resultat auf seinem Schreibzeug und teilt es dem Osiris mit. Merkwürdiger aber noch als diese Darstellung ist, was der Tote spricht,1) wenn er zu dieser Halle der beiden Wahrheiten gelangt, wenn er von allem Bösen getrennt wird, das er getan hat, und wenn er das Antlitz des Gottes schaut. So lautet sein Gebet: Gelobt seist du, du großer Gott, du Herr der beiden Wahrheiten. Ich bin zu dir gekommen, o mein Herr, damit ich deine Schönheit schaue. Ich kenne dich und kenne den Namen der zweiundvierzig Götter, die mit dir in der Halle der beiden Wahrheiten sind, die da leben von den Übeltätern und ihr Blut verschlucken an jenem Tage der Abrechnung vor dem Wennofre.

Ich komme zu dir und bringe die Wahrheit und verjage die Sünde.

Ich

Ich habe keine Sünde gegen Menschen getan. . . Ich habe nichts getan, was die Götter verabscheuen. Ich habe niemand bei seinem Vorgesetzten schlecht gemacht. Ich habe nicht hungern lassen. Ich habe nicht weinen gemacht. Ich habe nicht gemordet. Ich habe nicht zu morden befohlen. Ich habe niemand Leiden verursacht. Ich habe nicht die Nahrung in den Tempeln verringert. Ich habe nicht die Brote der Götter vermindert. habe nicht die Speisen der Verklärten geraubt. Ich habe nicht Unzucht getrieben an der reinen Stätte meines heimischen Gottes. Ich habe das Kornmaß nicht verringert. Ich habe das Ellenmaß nicht verringert. Ich habe das Ackermaß nicht verfälscht. Ich habe die Gewichte der Wage nicht beschwert. Ich habe die Zunge der Wage nicht verfälscht. Ich habe die Milch nicht vom Munde des Kindes geraubt. Ich habe das Vieh nicht von seiner Weide geraubt. Ich habe nicht die Vögel der Götter gefangen. Ich habe nicht die Fische ihrer Seen gefischt. Ich habe nicht das Wasser (der Überschwemmung) zu seiner Zeit gehindert. Ich habe nicht laufendes Wasser abgedämmt. Ich habe die Herde im Tempelvermögen nicht geschädigt. Ich

1) Totenb. 125.

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