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sie sind Umwege. Und ehe man eine dieser beiden Routen betreten kann, hat man ein Tor aus Feuer zu durchschreiten. Den Gedanken, daß sich Tore den Toten in den Weg stellen, finden wir übrigens auch im Totenbuche; 1) 15 Tore oder 21 Tore hat das Feld Earu und böse Türhüter stehen dabei mit Messern in den Händen und Schlangen sitzen darauf.

In besonderer Weise hat sich diese Literatur in zwei umfangreichen Büchern entwickelt, die den Weg des Toten an die Fahrt anknüpfen, die die Sonne in den zwölf Stunden Ider Nacht durch die Unterwelt anführt. Es ist der alte Gedanke, daß auch die armen Toten einmal in ihrem Dunkel das Licht schauen dürfen, aber wie ist dieser hübsche Gedanke hier verwässert!

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Nach dem Buche von dem, der in der Unterwelt ist wir nennen es gewöhnlich das Amduat zerfällt die Unterwelt in zwölf Teile, die den zwölf Stunden entsprechen und die als Felder oder Höhlen bezeichnet werden. Sie haben eine zahlreiche Einwohnerschaft an Göttern und Geistern und Verstorbenen; auch eine Stadt pflegt in jeder zu sein und irgend ein Gott führt in ihr die Herrschaft. Wie der Pharao durch die Gaue seines Landes zieht, so zieht der Sonnengott von der einen dieser Höhlen zu der andern; er erlässt seine Befehle an die Götter, die darin sind, und verteilt die Äcker unter sie. Allerlei Götter bilden das Gefolge des Re und auch die Göttin der betreffenden Stunde geleitet ihn. Er selbst aber ist auf dieser Fahrt eigentlich eine Leiche, sein Fleisch, wie das Buch sagt; dieser traurige Zustand zeigt sich äußerlich darin, daß er jetzt einen Widderkopf trägt.

In der ersten Stunde fährt der Sonnengott in die Erde hinein, in das Torgebäude des westlichen Horizontes; 120 Schönen lang ist die Fahrt, bis er zu den Göttern der Unterwelt kommt. Die zweite Stunde führt den Namen Wernes, es ist ein Feld von 480 Schönen Länge und 120 Schönen Breite; von ihr an bedient sich der Gott eines neuen Schiffes, das zuerst von vier wunderlichen Barken geleitet wird. Die gleiche Größe hat auch das Feld der dritten Stunde, in dem Osiris mit seinem Gefolge wohnt; auch hier fahren ihm Schiffe voran und er wird freundlich empfangen.

Die vierte und fünfte Stunde führen uns in eine seltsame Gegend, in die Gänge, die geheimen Höhlen des Westens, wo Sokaris, der alte Totengott von Memphis, haust. Dunkel herrscht darin und Re sieht nicht, die darin sind, doch hören sie seine Stimme, wenn er seine Befehle gibt. Es ist eine Sandwüste ohne Wasser, in der Schlangen wohnen. Das

1) Totenb. 144—146.

Schiff des Re muß sich selbst in eine Schlange verwandeln und so zieht man es durch einen Gang, den Weg, auf dem die Leiche des Sokaris eintrat, unten unter dem Sandhügel durch, in dem Sokaris bestattet ist, und aus dem sich jetzt sein Kopf heraushebt, um die Sonne zu schauen.

Die sechste Stunde bietet dem Sonnenschiffe wieder ein Gewässer und es kommt in dieses Feld unweit der Leiche des Osiris. Die siebente bringt ihm Gefahr, denn der Gewitterdrache Apophis, dessen Platz im Himmel ist, stellt sich hier ein und liegt auf einem Landrücken, der 450 Ellen lang ist und den er mit seinen Windungen ausfüllt. Aber seine Stimme leitet die Götter zu ihm und sie verwunden ihn; dieser grosse Gott geht nicht über ihn weg, sondern wendet seinen Weg von ihm ab. Doch hat dieser geheime Weg, auf dem der Gott in seinem prächtigen Schiffe fährt, noch eine andere Not; er hat nicht genügend Wasser, denn der Drache hat es fortgetrunken und es bedarf der Zauberkünste der Isis und des Alten, um das Schiff vorwärts zu bringen. Diese Höhle gehört übrigens wieder dem Osiris, dessen Fleisch wir denn hier auch als König tronen sehen, vor ihm liegen geköpft oder gebunden seine Feinde. Noch merkwürdiger ist, daß der Sonnengott in dieser Stunde und in der folgenden zu Sandhaufen kommt, unter denen allerlei Götter bestattet sind, Atum, Re, Chepre, Schu, Tefnut und andere; er trifft also auch sich selbst an und zwar gleich in seinen drei Gestalten!

In der neunten Sunde steigen die Ruderer des Sonnengottes aus und ruhen in dieser Stadt; in der elften, wo auch die Marter der Feinde des Osiris zu sehen ist, wird der Strick, an dem man das Schiff zieht, zu einer Schlange. In der zwölften spielt sich dann endlich die große Verwandlung ab, die schon seit den letzten Stunden sich vorbereitet hat. In der zehnten Stunde hatte sich ein Käfer neben dem Re niedergelassen; jetzt in der Höhle Ende der Dämmerung zieht man das Sonnenschiff durch eine 1300 Ellen lange Schlange hindurch und wenn es jenseits wieder aus dem Rachen der Schlange herauskommt, so ist der Sonnengott zu diesem Käfer geworden. Er ist Chepre geworden, der Gott der Morgensonne (vgl. S. 10). Sein alter Leib bleibt in der Unterwelt liegen und Gott Schu nimmt den Käfer in Empfang; der neue Gott geht heraus aus der Unterwelt und lässt sich in der Morgenbarke nieder und geht auf im Schosse der Himmelsgöttin. Die Sonne ist neu geboren und beginnt ihren neuen Lauf.

Das etwa ist der Inhalt des Buches, soweit er sich wieder geben läßt. Was sich nicht wiedergeben läßt und was doch erst dem Buche seinen Charakter verleiht, das sind die unzähligen barocken Einzelheiten, mit denen die wirre Phan

tasie seines Verfassers es angefüllt hat. Wenn z. B. in der dritten Stunde das Reich des Osiris geschildert wird, so

74. Die dritte Stunde der Nacht, nach dem Buche Amduat. (Grab Sethos I.)

sieht man in den 97 Figuren seiner Illustration nichts, aber auch gar nichts von alledem, was man sonst bei diesem Totengotte findet. Weder seine Speisetische, noch die

Felder, die die Seligen bauen, noch das Totengericht, noch Isis und Nephthis. Sondern auf dem einen Ufer stehen drei Götter mit Szeptern, ein Falke, vier Frauen, die nach der Beischrift weinen oder klagen, vier Mumien, die Hörner und Flügel auf dem Kopfe haben, und vier Männer, die, wie es scheint, die edlen Toten darstellen. Dann folgt der Zauberreiche, ein Papyrusstengel, auf dem ein Stück Fleisch liegt; dahinter ein Mann, der das Auge bringt und die Götter befriedigt, Anubis mit einem Szepter vor sich und eine Mumiengestalt mit Händen. Der Widder mit dem Schwert ist der Töter seiner Feinde; die Bringerin und der Bringer scheinen wieder Augäpfel zu tragen. Endlich hinter Set und Anubis zwei Affen; der eine sitzt in einem Verstecke, der andere sitzt, wie die Beischrift besagt, auf seinem Sande. Auf dem anderen Ufer treffen wir unter anderem auf zwei Götter in langen Kleidern, deren einer den Orion darstellt, auf einen Gott in kurzem Schurz, den Westlichen, auf die Göttin, die auf ihrer Flamme ist, und auf die Geburtsgöttin, auf die Fünfheit, fünf vogelköpfige Wesen mit Messern u. a. m. Zwischen diesen thronen zweimal vier Götter mit den Kronen von Unter- und Oberägypten und diese acht Götter stellen alle den Osiris dar, dem diese Gegend gehört, entsprechend acht verschiedenen Beinamen des Gottes. Da ist der mächtigste der Götter, der König von Unterägypten, der der auf seinem Throne sitzt, der Stier des Westens, der Eroberer der Ewigkeit, der Stellvertreter, der Erste der Westlichen und der Herr des Westens. Hinter alle dem steht noch ein betender Mann und der Gott Chnum. Und gehen wir zu den Schiffen, die das Sonnenschiff geleiten, so treffen wir in ihnen die Schlangen Funkengesicht, Feuer im Antlitz und Feuer im Auge und treffen auf Falke und Falkenweibchen, auf den Szepterherrn und auf den, der im Lande ist, auf die Steuerleute Flammengesicht, Messer im Antlitz und Ruderer der Ruderer was in aller Welt soll alles dies bedeuten? Vergebens sehen wir uns auch in den Beischriften der Bilder nach einer Erklärung um; die lehren uns, daß die in der oberen Reihe den Ozean schaffen und das Schreiten des Niles machen, während die in der unteren Seelen zerschneiden und Schatten einsperren und die Feinde mit Feuer und Schwert bestrafen. Sie lehren uns weiter, daß diese Wesen den Re verehren; er redet freundlich zu ihnen und gibt ihnen zu trinken und wenn er bei ihnen vorbeigegangen ist, so klagen sie. Aber was hilft uns das alles zum Verständnis der einzelnen Gestalten? Und doch hat der Mann, der dieses schöne Buch auf Grund ähnlicher, älterer verfaßt hat, sich gewiß bei alledem etwas gedacht und hat seine Freude an all den Anspielungen gehabt, die in diese Bilder hineingeheimnißt.

Erman, Die ägypt. Religion.

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Viertes Kapitel. Der Totenglaube der älteren Zeit.

waren. Wir brauchen aber unsere Unkenntnis nicht zu bedauern, denn was uns hier unverständlich bleibt, das gibt weder volkstümliche Vorstellungen wieder, noch enthält es tiefsinnige Spekulationen. Es sind die Hirngespinste einzelner Leute, und der ihnen die Gestalt gegeben hat, in der sie uns heut vorliegen, war nichts besseres, als ein Verfertiger von Zauberbüchern. Das zeigen die Verheißungen, mit denen er das ganze Buch durchsetzt hat. Wer diese Bilder und Namen kennt, dem ist das höchst nützlich auf Erden und nützlich in der grossen Unterwelt. Oder: wer sie kennt, der besitzt Speisen in der Unterwelt und befriedigt sich an den Spenden des Gefolges des Osiris, während ihm seine Angehörigen auch auf Erden spenden. Oder auch: er ist ein Insasse der Barke des Re im Himmel und in der Erde. Wer diese Sache aber nicht kennt, der kann auch den Apophis nicht abwehren. Jedes Wort und jedes Bild des Buches ist somit ein Schatz für seinen glücklichen Besitzer und gewiß ist es als solches auch dem Manne, der es zuerst herbeibrachte, auch teuer bezahlt worden. Sollte es doch auch einer verborgenen Kammer in der Unterwelt entnommen sein, auf deren vier Wänden es aufgemalt war.

Auch ein Konkurrenzbuch ist uns erhalten, das wir das Buch der Pforten nennen, da nach ihm zwischen den einzelnen Stunden hohe Befestigungen stehen, die von Wächtern und feuerspeienden Schlangen behütet werden. Es hält sich mehr an die gewöhnlichen Vorstellungen und trägt auch den magischen Zweck nicht so zur Schau wie das Amduat; im übrigen steht es ihm freilich in Anlage und Ausführung nur zu nahe.

Für uns ist an dieser ganzen Literatur eigentlich nur das eine von Interesse, daß auch für sie einmal eine Zeit gekommen ist, in der man sie wertgeschätzt und hervorgesucht hat. Als die Könige der neunzehnten und zwanzigsten Dynastie sich im dreizehnten und zwölften Jahrhundert ihre Gräber in Theben anlegten, da malten sie diese Bücher auf die Wände und auf den Sarg. Und wer heute durch die ernsten Gänge dieser Riesengräber wandelt, auf den schauen von allen Seiten die Gestalten des Amduat hernieder, als hätten die alten Ägypter nichts besseres über das Leben nach dem Tode gedacht als diese Fratzen. Das nächste Jahrhundert hat dann auch anderen Toten Teile des Buches auf Papyrusrollen beigegeben als guten Schutz; volkstümlich ist das Buch aber nie geworden, es blieb, was es war und sein sollte, ein Geheimnis der Zauberkundigen.

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