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Siebentes Kapitel.

Die Religion in der Spätzeit.

Auf das neue Reich ist in Ägypten eine Zeit staatlichen Jammers gefolgt. Im elften und zehnten Jahrhundert v. Chr. ist Ägypten in ohnmächtige Kleinstaaten zerfallen; in Theben regiert der Hohepriester des Amon, in Tanis, im nördlichen Delta, sitzt ein König, daneben gibt es allerlei andere Machthaber, die meist wohl Häuptlinge libyscher Söldner sind. Endlich, um 950 v. Chr., reißt ein solcher Libyerfürst, der große Scheschonk, der zu Bubastis im Delta sitzt, die Herrschaft an sich und seine Familie bleibt längere Zeit in der Macht. Damit wird dann auch die Göttin von Bubastis, die katzenköpfige Bast, zur Gottheit des Königtumes und auch den anderen Göttern des Delta wird es nicht an der Gunst dieser Herrscher gefehlt haben.

Aber auf der anderen Seite war doch der Nimbus der alten oberägyptischen Hauptstadt und ihres Gottes nicht geschwunden und so haben denn auch die bubastitischen Herrscher dem Amon ihre Verehrung erwiesen; sie haben die Riesenbauten in Karnak wieder aufgenommen, und haben damit bekundet, daß auch sie Anhänger des Amon seien. Auch materielle Gesichtspunkte werden dabei maßgebend gewesen sein, denn Theben war ein Besitz, der die Mühe verlohnte. Allerdings hat keines der Königshäuser der späteren Zeit Theben förmlich in Besitz genommen, denn alle mußten hier mit einer merkwürdigen Fiktion rechnen, die in diesen Jahrhunderten aufgekommen war. Theben konnte keinem menschlichen Fürsten mehr gehören, denn es hatte einen göttlichen Herrn, den Amon; und der ihn im Regimente auf Erden vertrat, war nicht, wie man denken sollte, sein Hoherpriester, es war das Gottesweib, die irdische Gemahlin des Gottes (S. 75). So war Theben eine Art geistlichen Fürstentumes geworden, in dem eine vornehme Dame die Regierung führte und jedes Königshaus mußte danach trachten, einer seiner eigenen Prinzessinnen diese hohe Stellung zuzuwenden.

an

Und da von Rechts wegen das Gottesweib seine Würde auf die eigene Tochter vererben sollte, so blieb gegebenen Falles nichts übrig, als daß man die regierende Dame nötigte, diejenige Nachfolgerin zu adoptieren, die die Politik verlangte. Das ist wiederholt in diesen und den folgenden Jahrhunderten geschehen und nicht ohne Heiterkeit liest man auf einer Inschrift des ersten Psammetich, wie er einen

solchen Akt begründet. Weil er dem Amon so dankbar ist, fühlt er sich gedrungen, seine Tochter Nitokris dem Gotte zu schenken. Und so gibt er sie dem Gottesweibe Schepenwepet zu ihrer großen Tochter und sendet sie im Jahre 655 feierlich nach Theben hinauf, wo die ganze Bevölkerung sie empfängt. Als sie nun zu dem Gottesweibe Schepenwepet kam, so sah diese sie an, war zufrieden mit ihr und liebte sie.1)

Die eigentümliche Anschauung, die sich in diesem Königtume des Amon ausspricht, tritt uns auch in einem andern Punkte entgegen: in den Orakeln, die er erteilt. Solchen Willensäußerungen des Amon begegnen wir vereinzelt auch schon am Anfange des neuen Reiches, wo er z. B. der Prinzessin Hatschepsut gegen alles Herkommen die Thronfolge zuspricht. Die folgenden Jahrhunderte scheinen diese Institution dann weiter entwickelt zu haben und verschiedentlich sehen wir so die Götter in das Treiben der Menschen eingreifen. Unter Ramses II. errichtet ein hoher Offizier und Gesandter des Königs der Isis zu Koptos ein Denkmal, weil sie ihm, als er noch Großer der Matoi war, prophezeit hat, daß er es noch weit bringen werde. Wenn ich recht verstehe, hat er bei einer Prozession in Mitten der Fürsten gestanden und das heilige Bild in seiner Barke hat vor ihm Halt gemacht und ihm zugenickt.2) Und in einem Briefe, der etwa aus dem Ende der zwanzigsten Dynastie stammen mag, lesen wir, daß die Schriftstücke vor diesen großen Gott

102. Das Gottesweib

Anch-nes-nefer-eb-re. (Berlin 2112.)

1) Äg. Ztschr. 35, 24.

2) Petrie, Koptos Taf. XX.

gelegt sind, damit er sie richte mit schönem Gericht.) Aber erst in der Epoche des absterbenden Ägyptertumes, die uns hier beschäftigt, wird das Orakelwesen in Theben das herrschende Verfahren der Verwaltung und des Gerichtes. Wenn es nötig ist, die Barke des Tempels zu reparieren und dafür Holz vom Libanon zu holen, so sagt Amon zu dem Hohenpriester »sende mich« und ein für solche Reisen vorhandenes Götterbild, der Amon des Weges, wird in Begleitung eines Tempelbeamten als Gesandter abgeschickt.2) Will ein vornehmer Mann über seine Hinterlassenschaft verfügen, so erteilt der Gott ihm zu Liebe einen Befehl: So spricht Amon Re, der große Gott, das große Urwesen: dieser Landbesitz, der dem NN. gehört, so und so erworben ist und da und da belegen ist es wird das alles geschäftsmäßig aufgeführt ich setze ihn fest seinem Sohne . . . . Und wer diesen Erlaß, der im Tempel aufgestellt ist, fortbringt, der ist ein Tor und fern davon, meine Worte abzuwenden. Ich werde sogleich gegen ihn wüten. . . . Ich werde ihn ins Elend stürzen; sein Erbe wird einem anderen gehören und seine Augen werden es sehen. Er wird auf den Knieen liegen vor seinem Feind (?), und sein Weib wird man fortschleppen, wenn er dabei ist das alles wird ihm geschehen, weil er übertreten hat diesen Befehl, dem ich zugenickt habe.3)

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Handelt es sich darum, nach einer politischen Umwälzung Verbannte zurückzurufen, so führt man an einem Festtage die Majestät dieses herrlichen Gottes, des Götterherrn, Amon Re des Götterkönigs hervor, er kommt in die großen Höfe des Amontempels und läßt sich nieder... Dann opfert man ihm und begrüßt ihn und der Hohepriester trägt ihm vor, daß jene Armen in die Oase verbannt sind und daß der Gott weitere Verbannungen in die Oase verbieten möge und daß dieser Beschluß auf einen Denkstein geschrieben werden möge und bei jeder Bitte nickte der große Gott sehr, sehr.4)

Und wieder in einem anderen Falle steht Thutmosis, einer der eigenen Priester des Amon, im dringenden Verdacht, bei den Scheunen des Gottes Unterschleife begangen zu haben. Als nun an einem Festtage morgens der Gott in seiner Barke (S. 52) herausgetragen wird auf den silbernen Boden des Amonshauses, so schreibt man zwei Schriftstücke in seiner Gegenwart auf. Auf dem einen steht zu lesen: »o Amon Re, Götterkönig, mein guter Herr! man sagt, Thutmosis,

1) Pap. de Turin 126, 3.

2) Golenischeff, Rec. de trav. XXI
3) Äg. Ztschr. 35, 12ff.

-

Äg. Ztschr. 38, 1.

4) Brugsch, Reise nach der großen Oase, Taf. 22.

dieser Gütervorsteher besitze etwas, was man vermißt«. Und das andere lautet: »o Amon Re, Götterkönig, mein guter Herr! man sagt, Thutmosis, dieser Gütervorsteher, besitze nichts, was man vermißt«. Der Hohepriester frägt dann den Gott, ob er richten wolle mit schönem Gericht. Der große Gott stimmt völlig bei und die beiden Schriftstücke werden vor den großen Gott gelegt. Der große Gott nimmt das eine, welches lautet: »o Amon Re Götterkönig, mein guter Herr! man sagt, Thutmosis, dieser Gütervorsteher besitze nichts, was man vermißt«. Noch einmal wird dies wiederholt und wieder wählt der Gott das freisprechende Schriftstück. Und an einem späteren Tage trägt der Hohepriester dem Gotte mündlich noch anderes vor, dessen man den Thutmosis beschuldigt, und bei jeder Anklage stimmt der Gott, wenn ich recht verstehe, der Freisprechung bei. Zuletzt wird dem Thutmosis auf diese Weise noch ein Generalpardon erteilt und schließlich wird dem Gotte vorgeschlagen, den Thutmosis einzusetzen in das Amt eines Gottesvaters des Amon, Gutsvorstehers, Vorstehers der Scheunen, Oberschreibers der Befehle des Amon und Obersten des Schreibwesens der Scheunen des Amonsgutes. Und auch diesem Vorschlage stimmte der große Gott bei - hoffen wir, daß er seine Zustimmung nie zu bereuen hatte.1)

Es ist die Theokratie in ihrer törichtsten Form, die sich so in Theben entwickelt hat; sie war an die Stelle eines ersterbenden Staates getreten und gewiß haben ihr die folgenden Zeiten kräftigerer Herrschaft wieder ein Ende gemacht, wenn auch die äußere Form des Amonsreiches noch bis zur Perserzeit bestanden hat. Wie diese Theokratie an einer anderen Stelle, zu der sie verpflanzt war, desto festere Wurzel schlug, das werden wir besprechen, wenn wir den Schicksalen der ägyptischen Religion im Auslande nachgehen.

Ehe wir diese Übergangszeit verlassen, sei noch einer Erscheinung gedacht, die in ihr besonders hervortritt, wenn ihre Anfänge auch schon in früherer Zeit liegen: den Mörder des Osiris ereilt jetzt seine Strafe. Jahrtausende hindurch hat man es ruhig hingenommen, daß Set den Osiris ermordet und ungerecht verklagt hat und hat ihn trotzdem weiter unter den Göttern geführt. Ja in der zweiten Hälfte des neuen Reiches war seine Verehrung sogar neu belebt worden, als er dem Hyksos gotte Sutech gleich gesetzt war und als der nach ihm benannte Sethos den Thron bestiegen hatte. Aber der böse Ruf, den die Göttersage an ihn geheftet hatte, machte sich doch fühlbar, und als König Sethos sich sein großes Felsengrab erbaute,

1) Naville, Inscr. histor. de Pinodjem III.

da galt es schon nicht mehr als passend, in diesen Räumen, wo der Totengott Osiris herrschte, den Namen seines Mörders zu nennen; der König mußte es sich daher gefallen lassen, in seinem eigenen Grabe nicht Sethos, der Sethische, sondern der Osirische zu heißen. Nicht lange und der volkstümliche Abscheu gegen den Set führte schon so weit, daß, wer seinen Namen schrieb, ihn auch selbst wieder auswischte.1) Schließlich tilgte man sogar sein Bild und seinen Namen auf den Reliefs der Tempel aus, denn der alte Gott war zum Teufel geworden, dem Feinde aller Götter; er hatte die Rolle übernommen, die sonst der Gewitterdrache Apophis gespielt hatte.

Wer die ägyptische Religion bis hierher verfolgt hat, sollte denken, daß sie der völligen Auflösung und einem schnellen Ende entgegenging, war doch auch ihr Volk selbst kraftlos und überlebt, eine Beute für fremde Eroberer. Und doch erholte sich das greise Volk noch einmal und auch seine Religion gewann noch einmal ein neues Leben. Eine neue Jugend war es freilich nicht.

Gegen Ende des achten Jahrhunderts treffen wir auf merkwürdige Symptome eines Umschwungs in den Anschauungen des Volkes. Hatte bis dahin die Epoche Ramses' II. als die große Zeit Ägyptens gegolten, der man auch im Äußerlichen nachahmte, so trat jetzt ein anderes Ideal hervor, das alte Reich. Überall, sowohl bei den äthiopischen Königen, die in Oberägypten gebieten, als bei ihren Gegnern, den Fürsten von Sais, treffen wir auf das gleiche Bestreben. Und als dann dieses Haus des Psammetich Ägypten noch einmal in einen blühenden Staat verwandelt, da ist diese Tendenz schon so allmächtig, daß, wer die Denkmäler dieser Zeit anschaut, sich in die Zeit des Cheops zurückversetzt glaubt. Es ist, als sehne sich das alte Volk nach der verlorenen Jugend zurück, wo es ungestört von allen fremden Einflüssen sich selbst lebte, jener Zeit, für deren Größe die Pyramiden noch Zeugnis abzulegen schienen. Freilich, wie rührend uns dieses Suchen nach dem erträumten Paradiese erscheint, die Art, in der es sich äußert, hat doch etwas ungesundes. Denn die Nachahmung trägt von vornherein den Charakter gelehrter Altertümelei, man schreibt in der Sprache des alten Reiches und in seiner Orthographie, die doch volle zwei Jahrtausende zurückliegen; man stellt die modernen Menschen in der antiken Tracht dar und man gibt den Zeitgenossen des Psammetich die Titel und Namen der Hofleute des Cheops.

1) So auf den Berliner Papyrus aus der 22. Dynastie.

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