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Das Auffälligste unter allen Requisiten der Gräber sind aber die Uschebtifiguren, die, wie wir oben gesehen haben (S. 140), dem Toten die Frohnarbeiten abnehmen. Wie heilig sie sind, zeigt schon ein äußerer Umstand: sie tragen jetzt den eigentümlichen Bart der Götter. Die einfachen, die aus hellblauer Fayence hergestellt wurden, legte man scheffelweis ins Grab, und so zahlreich haben sie sich erhalten, daß es heute kaum eine kleine Sammlung geben dürfte, in die sich nicht die eine oder andere dieser späten

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Figuren verirrt hätte. Auch die besseren, die so vollendet in Kalkstein gearbeitet sind, wie das eben nur ein ägyptischer Handwerker dieser Zeit vermag, hat man in größerer Anzahl verfertigt; diese stellt man dann in den Wänden der Sargkammer in vermauerten Nischen auf, als die besten Gehilfen ihres Herrn. Auch das kommt vor, daß dem Toten gerade 365 Uschebtis beigegeben werden, so daß jedes dieser Männchen einmal im Jahre Dienst zu tun hat.1)

Was die Reichen und Vornehmen für das Heil ihrer Seele taten, das haben nach Möglichkeit auch die geringeren Leute nachgeahmt, und in den großen Begräbnisstätten dieser Epoche findet man Särge und Ausstattungen jeder Art. Auch die Arten der Mumisierung unterscheiden sich durch ihren Preis, und Herodot berichtet anschaulich, wie der Balsamierer, ehe er die Besorgung einer Leiche übernahm, den Bestellern drei hölzerne Modelle von Mumien vorlegte, die deren Herrichtung in den verschiedenen Preislagen zeigten. 2) Denselben geschäftsmäßigen Zug finden wir dann auch bei den Leuten, denen die Obhut der Gräber oblag, den Nachfolgern der alten Totenpriester, die wir mit ihrem griechischen Namen Choachyten zu nennen pflegen. Aus den Jahrhunderten der griechischen Herrschaft liegen uns zahlreiche Urkunden vor, die uns die geschäftlichen Transaktionen in den Familien dieser Leute kennen lehren. Da sehen wir denn, daß für diese Leichenbesorger jeder Tote einfach ein Kapital ist, das ihnen eine bestimmte Rente abwirft. Der eine hat es übernommen, für den Psenasychis,

120. Uschebti saitischer Zeit. (Berlin 4513.)

1) In Abusir elmelek, nach Mitteilung von Dr. Rubensohn.
2) Herodot II, 86.

seine Frau und seine Kinder die Gebete und Opfer regelmäßig abzuhalten und bezieht dafür in irgend einer Weise eine dauernde Bezahlung; diese Pflicht und ihr Entgelt ist ein Vermögensobjekt wie jedes andere, er vermacht es seinen Kindern oder verkauft es an einen anderen aus der Gilde.) Auch Geld konnte er sich darauf leihen, und vielleicht sind es diese Verhältnisse, die zu der sonderbaren Nachricht Anlaß gegeben haben, die sich bei Herodot 2) findet, der oft wiederholten Geschichte, daß die Ägypter* überhaupt die Leichen ihrer Väter versetzen konnten. Wie dem nun sein mag, jedenfalls wollen wir uns hüten, aus einer solchen Sitte und aus dem geschäftsmäßigen Betriebe der Choachyten irgendwie auf die wirklichen Gefühle des Volkes seinen Toten gegenüber zu schließen. Wir, die wir diese Dinge nur aus der Ferne sehen, über mehr als zwei Jahrtausende hinweg, laufen stets Gefahr, nach den Äußerlichkeiten zu urteilen, die wir aus der Entfernung noch erblicken. Wir sehen die Gräber und ihren Apparat und sehen ihre professionellen Hüter bei ihrer Arbeit und ihrem Geschäft; aber wer dies richtig auffassen will, muß dabei auch an anderes denken, was uns keine Inschrift lehrt und kein Bild. An das, was Herodot in Ägypten gesehen hat, an den lauten Jammer des Todestages, wo die Weiber sich den Kopf mit Erde beschmieren und wo sie heulend und sich schlagend durch die Stadt laufen, und an die stille Trauerzeit, wo man Haar und Bart wachsen läßt 3) als wolle man sich scheiden von den fröhlichen Menschen, und dann an das, wovon auch Herodot nichts meldet, die lange wehmütige Erinnerung.

Und noch in einem anderen Punkte wollen wir uns bewußt sein, daß wir unser Urteil über diese späte Zeit nicht auf das allein gründen dürfen, was sie uns in den Gräbern hinterlassen hat. Wir haben oben gesehen, wie die Ägypter dieser Epoche die alte Totenliteratur und die Totengebräuche ihrer Vorfahren hoch hielten und pflegten. Aber wenn sie das taten, teilten sie darum auch noch alle Anschauungen, auf denen diese Gebräuche beruhten? Waren in den vielen Jahrhunderten, die seit der Abfassung der Totenbuchtexte oder des Amduatbuches verflossen waren, die Ansichten über das Schicksal der Seele wirklich die gleichen geblieben? Gewiß nicht, aber da man bestrebt war, in allem genau nach dem Herkommen zu verfahren, so vermögen

1) Eine Probe solcher Urkunden ist in dem Handbuch >>Aus den Papyrus der Königl. Museen« S. 103 ff. mitgeteilt.

2) Herodot II, 136.

3) Herodot II, 85; 36..

wir auch nicht die Änderungen im Glauben des Volkes zu bemerken. Wir können daher auch nicht beurteilen, ob

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121. Grabstein der Syrerin Achet-abu aus Memphis
vom Jahre 482 v. Chr. (Berlin 7707.)

Herodot recht berichtet ist, wenn er uns erzählt, 1) die
Ägypter, die zuerst von allen Menschen die Unsterblichkeit

1) Herodot II, 123.

der Seele gelehrt hätten, glaubten auch an eine Wanderung der Seele, denn beim Tode gehe sie in ein anderes lebendes Wesen über, das gerade entstände. Habe sie dann in drei Jahrtausenden alle Wesen, die es auf dem Lande, im Wasser und in der Luft gebe, durchlaufen, so gehe sie wieder in einen Menschen zurück. Hat die uralte Vorstellung, wonach die Seele sich als Vogel oder als Blume oder in jeder Gestalt, welche sie wollte, zeigen konnte, schließlich etwa wirklich im Glauben des Volkes eine derartige Fassung angenommen? Etwas anders als Herodot es angibt, müßte diese Vorstellung denn freilich doch gewesen sein, denn wenn man einen solchen unendlichen Kreislauf der Seele angenommen hätte, so hätte sie des Osiris und seines Reiches überhaupt nicht mehr bedurft. Und doch hat dieser Schützer der Toten für die Seelen zu sorgen gehabt, so lange es überhaupt eine ägyptische Religion gegeben hat.

Ein weniges von den volkstümlichen Vorstellungen der Spätzeit lernen wir aus den Grabsteinen jener Fremden kennen, die in Ägypten lebten und sich nach ägyptischer Sitte bestatten ließen. Im fünften Jahrhundert haben sich Syrer in Memphis beisetzen lassen, deren Grabsteine augenscheinlich von fremden Handwerkern hergestellt sind und deren Bilder daher nicht von dem alten Herkommen der Ägypter bestimmt sind. Da sehen wir, wie der Tote vor Osiris betet, wie Anubis seine Mumie besorgt und wie seine Angehörigen um ihn klagen; in der syrischen Inschrift bittet der Sohn den Osiris um Segen für seinen Vater. Was Bild und Inschrift besagen, wird in der Hauptsache das sein, was der gemeine Mann damals vom Tode dachte. Die unzähligen Befürchtungen und Hoffnungen und all die Geister und Götter, von denen die alte Totenliteratur voll war, waren dem niederen Volke wohl längst verschollen und vergessen.

Erman, Die ägypt. Religion.

13

Neuntes Kapitel.

Die ägyptische Religion in den

Nachbarländern.

Ehe wir dazu übergehen, die letzten Schicksale der ägyptischen Religion zu berichten, müssen wir noch einen. Blick auf die Verbreitung werfen, die sie in der langen Zeit ihrer Blüte in den Nachbarländern gefunden hatte und auf den Einfluß, den sie auf diese ausgeübt hat.

122. Von einem altkretischen Steingefäße.

Die älteste Spur eines solchen Einflusses ist uns neuerdings aus Kreta bekannt geworden. Auf einem Steingefäß, das etwa aus dem Anfang des zweiten Jahrtausends stammt, ist ein Festtag dargestellt, der zu Ehren einer dortigen Erntegottheit stattfindet. Die kretensischen Sänger, die in diesem Zuge schreiten, werden angeführt von einem kleineren Manne, der, wie das seine Tracht und das Sistrum zeigt, ein ägyptischer Priester ist. Offenbar fungiert er unter den Barbaren als kundiger Vorsänger.

Ungewisser ist eine andere Spur. Wie wir gesehen haben, liegt dem alten Totenwesen der Ägypter vor allem der Gedanke zugrunde, daß die Verstorbenen von den Hinterbliebenen gespeist werden müssen. Dieser Gedanke aber findet seinen Ausdruck in dem Hauptbilde aller

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