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Stadt nur vorübergehend durchführen durften (S. 165 ff.). Der eigentliche Herrscher Nubiens war der Amon von Napata; dessen Orakel ernannte den König oder setzte ihn ab oder befahl ihm zu sterben,1) und auf sein Geheiß zog er aus, um die heiligen Stätten Ägyptens unreinen Händen zu entreißen. Denn der Äthiope dieser Zeit betrachtet sich als den eigentlichen orthodoxen Vertreter des ägyptischen Glaubens; was sich Ägypter nennt, sind ihm zumeist unreine Abtrünnige und wenn die besiegten ägyptischen Großen kommen, um dem Äthiopenkönige zu huldigen, so läßt dieser Barbar von allen nur einen in sein Zelt treten, denn die andern sind unbeschnitten und essen Fische, was ein Greuel für den Palast ist.2) Und in jeder Stadt, die seine wilden Horden erobern, besucht der König die Götter und beschenkt sie, denn die Götter Ägyptens sind auch die seinen. Vor allem genießt Theben den zweifelhaften Vorzug, den Äthiopen als der heiligste Ort zu gelten; lange ist es in ihrem Besitz gewesen und äthiopische Prinzessinnen haben als Gottesweiber (S. 165) in ihm geschaltet.

Als dann für Ägypten im siebenten Jahrhundert die glorreichen Tage des ersten Psammetich anbrechen und die Äthiopen endgültig aus Ägypten vertrieben werden, da versinkt das obere Niltal bald in noch tiefere Barbarei. Wer die große Inschrift unseres Museums liest, in der ein König Nastesen seine Taten erzählt, der wahrscheinlich zu Kambyses Zeit in Meroe residierte, der weiß nicht, worüber er mehr staunen soll, ob über die Barbarei der Sprache und Schrift oder über die Barbarei des Inhalts. Aber ein frommer Anhänger der ägyptischen Götter ist dieser küheraubende Neger vor anderen und was er den Wüstenstämmen auf seinen Raubzügen abnimmt, das weiht er zum guten Teile den Göttern. Vor allem schuldet er Amon von Napata Dank, denn der hat ihn einst aus Meroe berufen und zum Könige erklärt; aber auch die anderen Götter haben diesen Beschluß des Hauptgottes bestätigt, als er ihnen nach seiner Thronbesteigung Besuche in ihren Städten machte.

Diesem Reiche des Amon, das unter Negern und Nubiern aufgerichtet war, ist dann zwar im dritten Jahrhundert v. Chr. ein Ende bereitet worden, als ein König, der eine griechische Bildung genossen hatte, mit seinen Soldaten in das Allerheiligste drang, wo die goldene Kapelle stand und die Priester tötete,3) aber an dem religiösen Charakter des äthiopischen Königtums ist damit schwerlich vieles geändert worden und auch von der griechischen Bildung des Herrschers ist nichts auf

1) Diodor 3, 6. 2) Pianchistele 150. 3) Diodor 3, 6.

sein Volk gekommen. An Stelle von Napata wird jetzt die Hauptstadt Meroe, die noch tiefer im Lande, nicht weit nördlich von Chartum, liegt, zur heiligen Stadt und damit werden auch die Götter immer barbarischer und afrikanischer. Wer die Bilder der Tempel von Begerawie und Bennaga sieht, auf denen mit Schmuck überladene Wilde als Pharaonen zu ungeschlachten Göttern in halbägyptischen Ornat beten, der sieht schon daran, wie tief

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126. Äthiopischer Gott aus dem Tempel von Naga.
Er faßt die Arme des zu ihm betenden Königspaares.

dieser Abkömmling der ägyptischen Religion gesunken war. Und sollten wir einmal dahin gelangen, die Inschriften dieses späten Äthiopenreiches zu verstehen sie sind in einheimischer Sprache und Schrift geschrieben so würden wir daraus schwerlich einen günstigeren Eindruck empfangen.

Auch die Toten behandelte man bei diesen Barbaren nach ägyptischem Herkommen, man gab ihnen Grabsteine und Opfersteine, und baute für die Könige Pyramiden in seltsam entstellter Form. Und wie deren Bilder zeigen, walten auch hier noch Osiris und Anubis, Isis und Nephthys über die Toten.

Auch die griechisch-römische Welt hegt Interesse für dieses fromme Volk im fernsten Süden und glaubt ihm gern, wenn es sich selbst für das wahre Ägypten erklärt, für das Volk, von dem die Bewohner Ägyptens ihre Religion, ihre Kunst und ihre Schrift empfangen haben.1) Und wenn der römische Satyriker die vornehme Dame zur Grenze Ägyptens wallfahren läßt, um von dort das richtige Wasser für den Isistempel zu holen, so ersetzt er die Quelllöcher von Elephantine ohne weiteres durch das heiße Meroe, das seinem Publikum interessanter ist.2)

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Wie lange diese äthiopische Religion bestanden hat, wissen wir nicht, doch möchte man an und für sich glauben, daß sich das Heidentum in diesem abgelegenen Winkel der Welt länger erhalten hat als im römischen Reiche, obschon ein Eunuch der Äthiopenkönigin Kandake bekanntlich einer der ersten Gläubigen unserer eigenen Religion gewesen ist. Sicher hat sich der einheimische Glaube lange in dem nördlichen Nubien erhalten, das unter römischer Herrschaft stand und das auch im religiösen Leben des späteren Ägyptens eine besondere Rolle gespielt hat.

Das Grenzgebiet zwischen Nu

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127. Äthiopischer Grabstein, bien und Ägypten, die Gegend

der Tote betet vor Osiris und Isis.

(Berlin 2253.)

oberhalb des ersten Kataraktes, hat ursprünglich dem großen Gotte Chnum gedient, der in Elephantine die Nilquellen hütete. Ihm sollte König Zoser einst auf den Rat des weisen Imhotep (S. 174) zwölf Wegstrecken zu Seiten des Stromes mit allen ihren Einkünften und Zöllen geschenkt haben, damit er Ägypten, das schon im siebenten Jahre Mangel litt, wieder einen reichlichen Nil sende. in später Zeit, als Osiris und Isis immer mehr die Herzen des Volkes gewonnen hatten, hatten sie auch unter den Nubiern das höchste Ansehen errungen und der Isistempel auf der kleinen Insel Philae, die am oberen Ende des Kataraktes lag, drängte das Nachbarheiligtum von Elephantine immer mehr zurück. Unter Ptolemäus Philadelphus begann man auf Philae jenen neuen Tempel zu bauen, der

1) Diodor III, 3. 2) Juvenal 6, 527.

durch seine völlige Erhaltung und durch seine Lage in der großartigsten Landschaft zu dem Schönsten gehörte, was unsere Zeit kannte und den jetzt die europäischen Barbaren in einem Reservoir ersäufen.

Dieser Tempel an der Grenze des ägyptischen Landes hatte nun aber eine eigentümliche Stellung, denn er diente gleichzeitig den religiösen Bedürfnissen zweier Völker. Seine Herren waren die griechischen Könige und die römischen Kaiser, aber auch die Äthiopen durften ihn benutzen. Zusammen mit Ptolemäus Philopator baut der Äthiopenkönig Ergamenes dort eine Kapelle für seinen Gott Arsnuphis und zahlreiche Inschriften in der äthiopischen Schrift zeigen, wie fleißig gerade die Leute des Südens nach Philae pilgerten. Auch die Götter der Barbaren fanden in diesem Tempel Aufnahme, der Arsnuphis und der Sonnengott Mandulis, dessen heiliger Ort Talmis noch innerhalb des Grenzbezirkes lag, der strahlenschleudernde Herr, wie ihn die griechischen Lieder seiner dortigen Verehrer nennen. Auch der Beduine der nubischen Wüste, der Blemyer, wallfahrtete zur Isis von Philae und die römische Regierung, der diese Nomaden so viel zu schaffen machten, konnte nicht umhin, auch ihnen die Ausübung ihres Kultus in Philae zu gestatten. Als in Ägypten das Christentum schon längst gesiegt hatte, bestand den Nubiern und Blemyern zu Liebe in Philae noch der Dienst der Isis und als der Feldherr Maximinus im Jahre 452 n. Chr. einen Friedensvertrag mit beiden Völkern schloß, da gestattete das fromme Byzanz diesen Heiden, frei zu den Tempeln von Philae zu wallfahrten und alljährlich sich sein Isisbild zum Feste abzuholen. Erst ein volles Jahrhundert später, als dieser Vertrag abgelaufen war, hat Justinian auch den Tempel von Philae geschlossen, seine Priester eingekerkert und die Götterbilder nach Konstantinopel bringen lassen. So ist Philae der letzte verlorene Posten der ägyptischen Religion gewesen und hier begegnen wir ihren spätesten Denkmälern, griechischen Inschriften und demotischen und den letzten Hieroglyphen, die je ein Ägypter geschrieben hat. Leute, die diese kurzen Weihungen eingegraben haben, sind obskure Personen, aber wir können diesem Propheten Smet und dem Protostolisten Smetchem unsere Teilname nicht versagen, denn sie sind die letzten Priester der ägyptischen Götter, von denen wir wissen.

Die

Zehntes Kapitel.

Aus der griechischen Zeit Ägyptens.

Während die Könige von Sais, die Perser und deren Gegenkönige über Ägypten herrschten, war im Orient und in Ägypten ein neues Element aufgetreten, die Griechen. Als Söldner traten sie in die Dienste der Orientalen, als Kaufleute und Fabrikanten ließen sie sich in ihren Städten nieder, und überall ließ ihre Anstelligkeit und Betriebsamkeit sie vorwärts kommen. Sie nisteten sich im Stillen im Orient ein, gerade so, wie sie in unsern Tagen ihn wieder okkupieren, handelnd und wuchernd, den Orientalen verhaßt, aber doch durch tausend Bande geschäftlichen Verkehrs mit ihnen verknüpft. Schon unter Amasis durften sie sich eine eigene Griechenstadt in Ägypten anlegen, das allen Stämmen gemeinsame reiche Naukratis, und als Herodot Ägypten bereiste, waren die Ägypter schon ganz an diese Gäste gewöhnt. Als dann Alexanders Zug im Jahre 332 die Griechen zu Herren des Landes machte, da brachte er nur politisch zum Abschluß, was der kommerzielle Unternehmungsgeist der Hellenen längst vorbereitet hatte. Seitdem sind die Griechen in Ägypten das Herrschervolk, und die Regierung und ein Teil der städtischen Bevölkerung ist griechisch. Die große Mehrzahl des Volkes freilich blieb ihrer Nationalität treu und vor allem auch dem angestammten Glauben. Sie blieben die frommen Ägypter, die sie gewesen waren, oder vielmehr sie klammerten sich noch fester an ihren Glauben, als sie es schon zuvor getan hatten. Und wenn auch dieser Glaube im Laufe der Jahrhunderte durch das Griechentum gemodelt wurde, im Grunde blieb er doch immer was er gewesen war und statt zurückzugehen, drang er sogar vor: auch unter der griechischen Bevölkerung fanden die Götter Ägyptens ihre Verehrer.

Bei dieser Lage der Dinge gab es für die Regierung der griechischen Könige und der römischen Kaiser nur eine Möglichkeit, das Land zu regieren; sie mußten mit den religiösen Leitern des Volkes in gutem Einvernehmen stehen. Der Staat nahm das geistliche Regiment in seinen

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