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dem, der im Dunkel war. Er war gerecht und befestigte die Wahrheit in Ägypten; auch war er (was auch der griechische Bericht noch weiß) ein großer Kriegsheld, ruhmreich, wenn er den Feind fällte, und kräftig, wenn er seinen Gegner tötete; die Furcht vor ihm war seinen Feinden eingeflößt und er erweiterte die Grenzen. Und ebenso trefflich herrschte er über die Götter, als der Leiter jedes Gottes, mit trefflichen Befehlen; die große Neunheit lobte ihn und die kleine liebte ihn. Weshalb ihm Set dann feindlich wurde, gibt auch der griechische Bericht nicht an; vielleicht hielt man den Grund für selbstverständlich, denn wenn in orientalischen Herrscherhäusern von zwei Brüdern der eine die Herrschaft angetreten hat, so kann der andere als sein natürlicher Gegner gelten. Wir hören nur, daß Set dem Osiris nachstellte. Er vermochte aber lange ihm nichts Böses anzutun, denn Isis war seine treue Hüterin: sie war sein Schutz und wehrte die Feinde ab, denn sie war klug mit trefflicher Zunge, ihr Wort fehlte nicht und sie war vorzüglich im Befehlen. Da versuchte Set es mit List und es glückte ihm, den Osiris zu töten; wenn wir Plutarchs Bericht glauben dürfen, verlockte er ihn, sich aus Scherz in einen Kasten zu legen, verschloß diesen und warf ihn ins Meer.

So blieb Isis verlassen und der Herrschaft beraubt zurück und wußte nicht einmal, wo ihres Gatten Leiche sich befand. Sie suchte ihn, ohne zu ermüden; kummervoll durchzog sie das Land und ließ sich nicht nieder, che sie ihn gefunden hatte. Dann setzte sie sich mit ihrer Schwester Nephthys bei der Leiche nieder und stimmte jene Klage an, 1) die das Vorbild aller Totenklagen geworden ist: »Komm zu deinem Hause, komm zu deinem Hause, o Gott On! komm zu deinem Hause, du der du keine Feinde hast. O schöner Jüngling, komm zu deinem Hause, daß du mich sehest. Ich bin deine Schwester, die du liebst: du sollst nicht von mir weichen. O schöner Knabe, komm zu deinem Hause. . . . Ich sehe dich nicht und doch bangt mein Herz nach dir und meine Augen begehren dich. Komm zu der, die dich liebt, die dich liebt, Wennofre, du seliger! Komm zu deiner Schwester, komm zu deinem Weibe, zu deinem Weibe, du dessen Herz stille steht. Komm zu deiner Hausfrau. Ich bin deine Schwester von der gleichen Mutter, du sollst nicht fern von mir sein. Die Götter und die Menschen haben ihr Gesicht zu dir gewandt und beweinen dich zusammen. . . Ich rufe nach dir und weine, daß man es bis zum Himmel hört, aber du hörst meine Stimme nicht und ich bin doch deine Schwester, die du auf

1) Nach dem Papyrus P 3008 unserer Sammlung, der als »>lamentations d'Isis et de Nephthys« bekannt ist.

Erden liebtest; du liebtest keine außer mir, mein Bruder, mein Bruder!«

So klagte sie und der höchste der Götter hatte Mitleid mit ihr; Re sandte den vierten seiner Söhne, den Anubis, Himmel hernieder, 1) um den Osiris

vom

zu bestatten. Der fügte die Leiche des Gottes, die in ihre Knochen zerfallen war oder die (wie die spätere Sage es wollte) von Set zerschnitten

war, zusammen, wickelte sie in Binden und vollzog alles das an ihr, was dann später die Ägypter an ihren To

ten

vollzo

gen. Isis aber liess Luft entstehen mit ihren Flügeln. Da begann der tote Gott aufzuleben, er reckte den

40. Isis schützt Osiris mit ihren Flügeln. (Berlin 13778.) Arm, er leg

te sich auf

die Seite und dann erhob er das Haupt.2) Und wenn er auch nicht mehr auf Erden sein erstes Leben fortsetzen konnte, so konnte er doch ein zweites beginnen und aus dem Könige der Menschen ein König der Toten werden. Aber auch auf Erden sollte er noch obsiegen, denn ihm und der verlassenen Isis entstand noch ein Helfer.

1) So nach der alten Auffassung (Mitt. aus den Oriental. Samml. IX, II, 17); später gilt Anubis als Kind des Osiris und der Nephthys. 2) Vgl. die Darstellungen Mar. Dend. IV 68 ff. 88 ff.

Als Isis sich in Gestalt eines Sperbers auf die Leiche ihres Gatten gesetzt hatte, war sie schwanger geworden.1) Da flüchtete sie sich vor Sets Nachstellungen in die Sümpfe des Delta und in dieser Einöde, dort, wo später ein Ort Chemmis war, gebar sie einen Knaben,

den Horus, und säugte das Kind in der
Einsamkeit, man weiß nicht wo. Eine
Göttin nahm sich ihrer freundlich an,
das war die Buto, die Schutzgöttin des
Delta. Manches Unheil bedrohte das
Horuskind, aber die Wachsamkeit und
Sorge der Isis wußte es vor allem zu be-
wahren und kein Bild ist dem ägypti-

schen Volke lieber gewesen, als das dieser 41. Isis mit Horus im
Sumpfe versteckt.
Gottesmutter, die ihren Säugling auf dem
Schoße hält. Und Horus wuchs glücklich

heran im verborgenen und als sein Arm stark war, kämpfte er gegen Set. Es war ein furchtbarer Kampf, bei dem Horus sein Auge verlor und bei dem auch Set verstümmelt wurde, aber Thoth brachte die Streitenden auseinander und heilte sie wieder. Er spie auf das Auge des Horus und es wurde gesund; Horus aber nahm das Auge und wir müssen das hinnehmen, wie es uns die Sage berichtet er gab es seinem Vater zum essen und der wurde durch dieses Opfer kindlicher Liebe lebend, beseelt und mächtig.2) So hatte Horus gesiegt und als Isis ihn in die Halle des Keb einführte, da begrüßten ihn die Götter, die hier versammelt waren, freudig: Sei willkommen, Osirissohn Horus! Mutiger, Gerechtfertigter, Sohn der Isis und Erbe des Osiris! Aber Set verklagte ihn und focht, wie der griechische Bericht es will, die Rechtmäßigkeit seiner Geburt und damit auch sein Erbrecht an. Da hielten die großen Götter Gericht ab, sie

42. Horus.

1) Pyr. 154 (= T 277 usw.); Bilder in Abydos und Dendera (Mar. Dend. IV, 88. 90).

2) Pyr. 145 T 173) und 15 (= W. 267); die Heilung durch Bespeien wird oft erwähnt.

setzten sich in die Halle des Keb und prüften die Anklage und wandten dem Unrecht den Rücken zu. Man fand, daß das Wort des Horus wahr war, man gab ihm die Würde seines Vaters und er ging hervor gekrönt nach dem Befehle des Keb. Er ergriff die Herrschaft beider Länder und die Krone blieb auf seinem Haupte. Bei diesem Rechtsstreite, als dessen Stätte gewöhnlich die große Halle zu Heliopolis bezeichnet wird, ist dann, wie das die ägyptischen Texte immer wieder erwähnen, Osiris von Set und anderen Feinden irgendwie verklagt worden, aber der Gott der Weisheit, Thoth, hat sich auch seiner angenommen und hat auch das Wort des Osiris wahr gemacht; die Götter haben den Set für besiegt erklärt und Osiris hat den Fuß auf ihn gesetzt. Dann ist er zum Himmel aufgestiegen und herrscht nun dort oben oder wenn man ein unterirdisches Totenreich annimmt — unten in der Tiefe über die Toten. Er ist der Erste derer im Westen, d. h. der Verstorbenen, während sein Sohn Horus als Erster der Lebenden die Herrschaft der Erde übernommen hat. Mit Horus hat die jetzige Zeit der Welt begonnen, denn auf seinem Throne sitzen als Nachfolger die Könige von Ägypten.

Es ist nur eine kurze Skizze der Osirissage, die wir hier geben konnten, und gewiß mischt sie überdies noch Züge zusammen, die verschiedenen Fassungen des vielgestaltigen Mythus angehören. Aber auch so wird dem Leser nicht entgehen, was diese Sage von den anderen unterscheidet, und was sie dem ägyptischen Volke so lieb gemacht hat. Es ist das Menschliche in ihr, die Gerechtigkeit des Osiris, die Gattentreue und Mutterliebe der Isis, die kindliche Pietät des Horus. Sie haben sich das ägyptische Volk erobert in einer Zeit, die sehr weit zurückliegen muß; damals haben sie seine Vorstellungen vom Leben nach dem Tode umgestaltet und haben ihm die Erkenntnis gebracht, daß der Gerechte und Sündenlose im Tode mehr gilt als der, der auf Erden Macht und Gewalt besessen hat. Und von den Gräbern aus haben diese Vorstellungen von Osiris und Isis, von Horus und Set weiter und weiter um sich gegriffen, bis die ganze Religion unter ihrem Banne gestanden hat. Schon die älteste Gestalt der Religion, die für uns erreichbar ist, hat durchweg eine Färbung und Umgestaltung durch die Osirissage erhalten, so sehr, daß man sie fast als eine besondere Osirisreligion von dem für uns verlorenen Glauben der vorhistorischen Zeit scheiden könnte.

Aus dieser Osirissage und aus den anderen für uns verschollenen Göttersagen hat dann später übel angebrachte Gelehrsamkeit eine Urgeschichte der Welt konstruiert, in der die Götter als Könige von Ober- und Unterägypten auf

geführt sind, ein jeder mit Angabe der Jahrhunderte und Jahre, die er regiert hat. Da folgen sich Keb, Osiris, Set, Horus, denen wieder Thoth und Mat folgen; dann kommen allerlei geringere Götter, an die sich schließlich die Horusdiener, die menschlichen Könige der Urzeit schließen.1) In dieser Plattheit ist man dann so weit gegangen, daß man für die Götter förmliche Titulaturen erfunden hat, ähnlich denen, die die irdischen Könige tragen, und schon im Anfang des mittleren Reiches führt Osiris auf einem Grabsteine2) zwei korrekt gebildete Königsnamen: Horus: »der das Gemetzel der beiden Ägypten schlichtete, der König von Ober- und Unterägypten: Osiris Wennofre".

Übrigens übersehe man nicht, daß der erste dieser Namen wieder auf einen uns unbekannten Zug der Osirissage anspielt; er klingt, als habe der Gott beim Antritt seiner Herrschaft Ägypten im Kampfe vorgefunden und ihm den Frieden gebracht.

Das hier gegebene Bild der ägyptischen Religion wäre. nicht vollständig, wenn wir nicht noch zum Schlusse eines heiligen Wesens gedächten, das nach unseren Begriffen freilich nicht zu den Göttern gehört, das aber die offizielle ägyptische Anschauung von alters her zu ihnen gerechnet hat. Wer in einer Inschrift des alten Reiches liest, daß jemand für seine Verdienste von seinem Gotte gelobt worden sei, der wird zunächst denken, daß damit etwa der Gott gemeint sein werde, dem der betreffende Mann von Haus aus gedient habe; dem ist aber nicht so, denn gemeint ist der König. Und wer eine Grabschrift der zwölften Dynastie durchsieht, der hat vollends das Gefühl, daß den Vornehmen dieser Zeit der König ein wesentlicherer Gott sei als alle die Himmlischen; unermüdlich preisen sie ihn und bekunden ihre Ehrerbietung vor ihm, der Götter gedenken sie selbst im Grabe nur nebenbei. Aber es sind nicht erst diese Zeiten höchster Entwicklung, die diesen Gipfel des Byzantinismus erklommen haben; die Göttlichkeit des Herrschers gehört in Ägypten zu den uralten Dogmen. Nur in zwei Punkten unterscheidet sich der König von den wirklichen Göttern. Während Re oder Osiris oder Thoth das Beiwort eines großen Gottes tragen, muß der Pharao sich, so lange er lebt, mit dem Titel eines guten Gottes begnügen und erst im Tode erhält er auch jenes Prädikat. Und weiter genießt er bei seinen Lebzeiten wohl noch keine förmliche Verehrung mit Tempeln, Opfern und Priestern, wenigstens nicht in älterer Zeit. Ihren Ausgang

1) Nach dem Turiner Königspapyrus.

2) Louvre C 2.

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