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zelnen Falle durch Anbauten oder durch die besondere Lage des Bauterrains oder durch andere ungewöhnliche Verhältnisse noch so sehr verwirrt sein mag. Eine kleine Reihe von Tempeln gibt es freilich, die völlig von diesem Typus abweichen und die wir schon deshalb erwähnen müssen, weil jenes Heiligtum von Abu Gurab zu ihnen gehört, das unserm Berliner Museum so reiche Früchte getragen hat. Das sind die Sonnentempel der fünften Dynastie, die, wie man mit Wahrscheinlichkeit vermutet hat,1) Nachbildungen des berühmten Sonnentempels von Heliopolis sind, der für

45. Der Sonnentempel von Abu Gurab, rekonstruiert.

uns verloren ist. Die Könige der fünften Dynastie sollten nach der Sage von einem Hohenpriester des Re abstammen und in der Tat haben sie diesem Gotte besondere Verehrung erwiesen. Fast jeder von ihnen hat ihm bei seiner Residenz ein neues Heiligtum erbaut, an dem die Vornehmsten des Hofes als Priester fungierten. Diese Tempel, die Namen wie Lieblingssitz des Re führten, waren offene große Höfe, in deren Hintergrund sich auf einem pyramidenartigen Unterbau ein gewaltiger Obelisk erhob; er war der Hauptteil des Tempels und galt gewiß als der Sitz des Gottes, vielleicht war er eine Nachahmung des berühmten Steines Benben in Heliopolis, der eine ähnliche Gestalt hatte. Vor

1) Ich folge dabei mündlichen Darlegungen des Herrn Prof. Schäfer.

dem Obelisken lag dann der große Altar des Gottes; sonst war der Hof nur mit wenigen Wirtschaftsgebäuden besetzt, so daß der Gottesdienst unter freiem Himmel vor sich ging. Die Dekoration des Tempels wird im allgemeinen nicht allzu sehr von der sonst üblichen abgewichen sein, aber in einem Seitengange der in den Unterbau des Obelisken führte, war ganz Ungewöhnliches dargestellt: die Jahreszeiten bringen dem Könige alles das dar, was in ihnen auf dem Lande und auf dem Wasser vor sich geht, das Wachsen der Pflanzen, die Vermehrung der Tiere, die Arbeiten der Menschen; vielleicht hatten diese heiteren Bilder einen Platz im Tempel erhalten, weil es ja der Sonnengott war, der alles leben und gedeihen läßt.

Wenn diese Heiligtümer des Re vielleicht ohne ein eigentliches Kultusbild auskamen, weil sie eben den Obelisken als einen Sitz des Gottes verehrten, so war dies jedenfalls nach ägyptischen Begriffen eine seltsame Abweichung von dem Üblichen, denn in jedem andern Kultus war das Götterbild das Wichtigste im Tempel. Auf ihm läßt sich - wie das späte Inschriften aussprechen die Seele des

Gottes nieder, wenn sie aus dem Himmel kommt, als auf ihrem Leibe. 1) So oft diese Kultusbilder nun aber auch erwähnt werden, und so oft uns auch kleine und große Nachahmungen davon erhalten sind, so scheint doch keines von ihnen selbst auf uns gekommen zu sein; sie sind wohl alle bei dem Untergang der ägyptischen Religion dem Hasse der Christen zum Opfer gefallen. Indessen besitzen wir in späten Tempeln doch Beschreibungen und Darstellungen, nach denen wir uns ein genaues Bild von ihnen machen können. So besaß der Tempel der Hathor von Dendera unter anderm folgende heilige Wesen

Hathor, bemaltes (?) Holz, Kupfer, eingelegte Augen, Höhe 3 Ellen, 4 Spannen und 2 Finger.

Isis, bemaltes Akazienholz, Augen eingelegt, Höhe 1 Elle. Horus, bemaltes Holz, eingelegte Augen, Höhe 1 Elle und I Finger.

Buto, bemaltes Holz, goldene Augen, Höhe 1 Elle usw.

v.2)

Diese alten heiligen Bilder hatten also nur geringe Größe (weitaus die meisten waren nur eine Elle, d. h. nur einen halben Meter hoch) und bestanden in der Regel aus Holz; schwere Steinbilder hätte man ja auch nicht umhertragen können, wie dies doch bei den Festen erforderlich war. Übrigens waren die meisten Götterbilder nach demselben Schema gebildet und unterschieden sich, wie die oben ge

1) Dümichen, Temp. Inschr. XXV; Dümichen, Resultate 38-41. 2) Dümichen, Resultate Taf. 34—36; 39–40.

gebenen Bilder der Gottheiten zeigen, nur durch die verschiedenen Köpfe, Kronen und Attribute. Ihr Bart war eine geflochtene Strähne mit gekrümmter Spitze, ähnlich dem, den noch heute innerafrikanische Stämme tragen. War das Kleid angegeben, so war es bei den Göttern meist ein besonderes kurzes Gewand, das an Tragbändern über der Schulter hing, während die Göttinnen die allgemeine Frauentracht trugen. Bei manchen besonders altertümlichen Bildern (z. B. dem des Ptah, S. 19) war auch die Tracht gar nicht angedeutet und die Figuren glichen etwa einer Mumie.

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Die gewöhnliche Behausung

des Götterbildes ist seine Kapelle, im letzten allerheiligsten Raume des Tempels. Gern stellt man diese Kapelle aus einem einzigen Blocke harten Granites her, der das heilige Bild dann als eine undurchdringliche Mauer umgibt; vorn ist sie durch einen ehernen Einsatz mit einer zweiflügeligen Tür verschlossen. Die Stelle, wo diese Kapelle steht, die große Stätte, wie man zu sagen pflegt, ist nun der Ort, wo sich der tägliche Kultus abspielt.

Frühmorgens tritt der diensttuende Priester vor das Allerheiligste und beginnt seine Tätigkeit, die an und für sich wohl in einer halben Stunde zu erledigen wäre, die hier aber Stunden lang gewährt haben wird,

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denn jede einzelne Handlung 46. Kapelle aus dem Tempel von wird ihrerseits wieder in verPhilae. (Paris.)

schiedene Manipulationen zer

legt und jede von diesen muß mit einem langen Spruch begleitet werden. Und wäre in diesen Sprüchen noch etwas Empfindung für die Heiligkeit des Ortes und die Majestät des Gottes zu spüren; aber längst ist alles persönliche Gefühl aus diesem Ritual geschwunden und in einer Weise, wie sie nicht leicht törichter sein kann, wird in ihnen mit mythologischen Anspielungen operiert, als bestände die ganze Religion in jedem Tempel nur aus der Geschichte von Horus und Set und aus der des Osiris. Wenn der Priester die Siegelschnur

an der Kapelle löst, so hat er zu sagen: Die Schnur wird zerbrochen und das Siegel gelöst ich komme und bringe dir das Auge des Horus, dein Auge gehört dir, Horus. Und wenn er dann den Ton des Siegels zerbricht, so sagt er: Der Ton wird gelöst, das Himmelswasser wird geöffnet, die Adern des Osiris werden gezogen. (?) Ich komme doch nicht, um den Gott von seinem Throne zu vertreiben, ich komme, um den Gott auf seinen Thron zu setzen. Du bleibst auf deinem großen Throne, Gott NN., ich habe Zutritt (?) zu den Göttern ein Opfer, das der König gibt

ich bin rein. Dann löst er den Riegel:

47. Der König als Priester öffnet
die Tür der Kapelle.
(Aus dem Tempel von Abydos.)

Der Finger des Set wird aus dem Auge des Horus gezogen, das ist schön. Der Finger des Set wird aus dem Auge des Horus gelöst, das ist schön. Ich löse das Leder ab hinter dem Gott. O Gott NN., nimm deine beiden Federn und deine weiße Krone aus dem Horusauge, das rechte Auge aus dem rechten Auge, das linke Auge aus dem linken Auge. Dir gebührt deine Schönheit, o Gott NN.; du Nackter bekleide dich ... Ich bin ein Priester, der König selbst sendet mich, um den Gott zu schauen. Und nun, wo die Tür aufgeht und der Gott sich zeigt, sagt der Priester: Die Tore des Himmels werden geöffnet, die Tore der Erde werden aufgetan. Man huldigte (?) dem Keb, als ihm die Götter sagten: »du bleibst auf ihrem Throne«. Die Tore des Himmels werden geöffnet und die neun Götter zeigen sich strahlend, Gott NN. ist erhaben auf seinem großen Throne, und die große Neunheit ist erhaben auf ihrem großen Throne. Deine Schönheit gehört dir, o Gott NN., du Nackter, bekleide dich. . . . Wir verstehen nicht alles in diesen Sprüchen, aber was wir verstehen, sind immer dieselben wenigen Gedanken: das Horusauge als das Urbild aller Geschenke (S. 37), Set, der dem Horus in das Auge greift, Horus, der auf den Thron seines Vaters gesetzt werden soll, Keb und Osiris und was alles in seinen Kreis gehört. Und dieses Ritual ist dasselbe bei allen Göttern, denn ohne Osiris und die Seinen kommt, soweit als wir zurückblicken können, kein Tempel mehr aus.

Dabei sind die Zeremonien, die der Priester so verrichtet, im Grunde die einfachsten, die sich denken lassen. Nachdem er geräuchert und das Allerheiligste mit dem Duft des Weihrauchs erfüllt hat, tritt er an die Kapelle heran und öffnet sie. Er begrüßt den Gott durch wiederholtes Nieder

werfen und durch Absingen oder Hersagen von Liedern. Er nimmt dann seine Geräte, die er in Kasten bei sich hat, und beginnt damit die tägliche Toilette Gottes. Er besprengt sein Bild aus zweimal vier Krügen mit Wasser, er bekleidet es mit Leinenbinden, die weiß, grün, rot und rötlich sind, er salbt es mit Öl, legt ihm grüne und schwarze Schminke auf und was dieser Dinge mehr sind. Zuletzt speist er den Gott, indem er allerlei Essen und Trinken vor ihn setzt, Brote, Gänse, Stierschenkel, Wein und Wasser. Auch Blumen dürfen auf einem ägyptischen Opfersteine so wenig fehlen, als auf dem Speisetische eines Vornehmen.

Dieses tägliche Opfer, das sogenannte dauernde, wird aus dem regelmäßigen Tempelvermögen bestritten; daneben pflegen dann noch besondere Stiftungen für die großen Opfer an den Festtagen zu existieren. Der Umfang dieser Opfer wird also bei den einzelnen Heiligtümern je nach deren Reichtum oder Armut ein sehr verschiedener gewesen sein und wir dürfen nicht annehmen, daß überall so viel den Göttern dargebracht worden ist, wie später in den Riesentempeln des neuen Reichs. Immerhin handelt es sich auch in der älteren Zeit bei den größeren Tempeln augenscheinlich schon um recht bedeutende Beträge an Speisen und man frägt sich unwillkürlich, was denn aus diesen guten Dingen geworden sei, nachdem sie vor dem Gotte ihre Zeit lang gelegen hatten. In anderen Ländern des Altertums hat man sie dem Gotte bekanntlich dadurch zugeführt, daß man sie verbrannte, und auch im späteren Ägypten ist diese Sitte, wie wir sehen werden, nicht unbekannt gewesen. Aber in der älteren Zeit findet sich keine Spur von ihr, und da man doch gewiß die Speisen nicht hat umkommen lassen, so muß es andere Verwendungen für sie gegeben haben. Eine, die freilich wohl auch nur scheinbar ist, lehren uns Grabinschriften kennen: die Toten wünschen sich, teilzuhaben an den Speisen vom Altar des Gottes, nachdem der Gott sich daran befriedigt hat.1) Offenbar wurden also die Opfer des Gottes auch noch den vornehmen Toten dargebracht, die eine Statue im Tempel besaßen (vgl. Kap. 5). Ähnlich wünscht sich auch ein Toter des neuen Reiches, daß seine Leiche gehüllt werden möge in Kleider von denen, die der Gott abgelegt hat;2) auch die. Binden, in die man das Götterbild täglich einhüllte, konnten also den Verstorbenen zur neuen Kleidung dargeboten werden. Aber die gewöhnliche Verwendung der Opferspeisen wird ohne Zweifel diejenige gewesen sein, von

1) z. B. Kairo 20514; 20542.

2) Grab des Paheri in el Kab, pl. 9,4.

Erman, Die ägypt. Religion.

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