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sonst gewöhnt, im Tempel und im Gottesdienste immer vom Könige und nur vom Könige zu hören. Und damit berühren wir eine der merkwürdigsten Seiten des ägyptischen Kultus.

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Von jeher werden die Herrscher es für ihre Pflicht erachtet haben, die hervorragenden Tempel ihres Reiches mit Geschenken zu bedenken und für ihre Bauten zu sorgen; das war eine natürliche Pflicht für sie. Und weiter wird man es gelten lassen, wenn in einem solchen Tempel, den der König reich bedacht hatte, auf ihn vor anderen der Segen der Götter herabgefleht wurde, und wenn die Inschriften und Bilder des Tempels das Andenken an ihn wach hielten. Aber seltsam mutet uns schon die Fiktion an, daß jedes Heiligtum ausschließlich vom Könige erbaut und allein vom Könige unterhalten sein soll, so daß alles, was die frommen Bürger der Stadt und die eigenen Einkünfte der Tempel dazu beitragen, ignoriert wird. Das ist zu allen Zeiten so ge

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blieben und noch die MEZI 65C/

griechischen Könige und die römischen Kaiser müssen es sich gefallen lassen, auf allen Tempeln als Erbauer zu fungieren, die unter ihrer Regierung fertiggestellt sind.

52. König Apries dargestellt, wie er den
Göttern von Memphis opfert; die Inschrift
verewigt ein Geschenk, das von einem
Türhüter des Ptahtempels geweiht ist.
(Berlin 2111.)

Aber was ist auch diese Fiktion gegen das ungeheuerliche Gebahren, das in allen Tempeln den König allein an die Stelle der Menschheit setzt? Für die offizielle ägyptische Religion, wie sie in den Tempeln auftritt, gibt es überhaupt nur die Götter und den König; er dient ihnen, er baut ihnen Tempel und opfert ihnen und sie vergelten ihrem

lieben Sohne diese fromme Gesinnung durch ein Leben von Millionen von Jahren und durch Sieg über seine Feinde und durch ewigen Nachruhm. Die Götter sind nicht mehr die des ägyptischen Volkes, es sind die Götter des Pharao, ihres Sohnes. Und selbst dieses Verhältnis des Herrschers zu den Göttern wird noch weiter verkehrt. Wenn der König einen Tempel baut, so tut er dies nicht so sehr aus Liebe zu dem Gott als aus Sorge für den eigenen Nachruhm. Er hat dieses gemacht als sein Denkmal, beginnt von alters her jede Weihinschrift und nennt erst dann den Tempel, den der Herrscher seinem Vater, dem Gotte, erbaut hat. Gewiß, das sind feste Phrasen und überkommene Sitten, aber gerade darin, daß solche Phrasen und Sitten

schon in der Jugend des Volkes ausgeprägt werden konnten und daß man auch später sie niemals als ungehörig empfunden hat, zeigt sich das Elend dieser offiziellen Religion.

Es ist dann nur eine natürliche Folge dieser Anschauung, daß man auch in den Bildern der Tempel die Priester als nicht vorhanden annimmt und durch den König ersetzt. Auf allen Wänden sind die Opfer und Zeremonien dargestellt, wie sie vor den Göttern hier stattfinden, aber der, der sie ausführt, ist immer der König selbst. Und wenn man nun auch annehmen kann, daß der Pharao dann und wann einmal selbst priesterliche Funktionen ausgeübt haben mag, so kann doch seine Teilnahme an dem Kultus der unzähligen Tempel des Landes nie mehr als eine theoretische Möglichkeit gewesen sein. Die wirklichen Träger des Kultus waren auch in Ägypten die Priester, mochten sie sich auch selbst im Rituale nur als Beauftragte des Königs bezeichnen. 1)

53. Der König opfert Wein. (Aus dem Tempel von Der elbahri.)

Das natürliche Verhältnis, daß die Pflege eines Heiligtums den angesehenen Familien obliegt, die seit Menschengedenken in der Stadt angesessen sind, hat auch in der älteren Zeit Ägyptens bestanden und noch im mittleren Reiche ist auch bei den größeren Tempeln das Priestertum in bestimmten Familien erblich, deren Angehörige es meist als Nebenamt ausüben. Daneben treffen wir früh auf ein

1) Mar. Abyd. I, tableau 24.

anderes Verhältnis: bestimmte Priestertümer sind mit bestimmten Ämtern verbunden. So sind die hohen richterlichen Beamten des alten Reichs zugleich Priester der Wahrheitsgöttin, die Ärzte sind Priester der Sechmet, die höchsten Künstler solche des Ptah.

An der Spitze jedes Tempels steht ein Hoherpriester als Leiter aller göttlichen Ämter, er ist eingeweiht in die Gottesworte und Gottesdinge und gibt die Vorschrift den Priestern als Leitung der Feste. Er hat eine laute Stimme, wenn er den Gott preist und eine reine Hand, wenn er Blumen herbeibringt und Wasser und Speisen darbringt auf dem Altare. 1) Daneben liegt ihm die Verwaltung des Tempelbesitzes ob und im Kriege kommandiert er SOgar das Kontingent, das sein Tempel stellt.

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An den großen Heiligtümern tragen diese Hohenpriester oft besondere altertümliche Bezeichnungen; so heißt der von Heliopolis der im Schauen Große, vielleicht weil er ungehindert die Schönheit seines Herrn, d. h. das Götterbild, schaut und der von Schmun heißt der Große der Fünf. Der von Memphis, der dem Gotte der Künstler Ptah dient, heißt der Oberste der Künstler und gilt noch im alten Reiche als der natürliche Leiter für alle Bildhauerarbeiten und ähnliche Werke; ursprünglich scheinen zwei Personen sich dieses geistlich-weltliche Amt geteilt zu haben, aber gegen Ende des alten Reichs übertrug der König jede Gottessache und jede Pflicht, die die beiden Hohenpriester verrichteten, auf den Teti-Sabu, weil seine Majestät ihm besonders vertraute.2) Der hohen Stellung derartiger Hoherpriester entspricht es denn auch, daß sie einen besonderen Ornat tragen, dessen Formen, wie das nebenstehende Beispiel zeigt, offenbar aus ältester Zeit stammen. Bei kleineren Tempeln ist natürlich

1) Siut I 216-217; 237-239.

2) Mar. Mast. E. 3.

54. Hoherpriester von Memphis mit Brustschmuck und Seitenlocke. (Berlin 12410.)

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Zweites Kapitel. Der Kultus in älterer Zeit.

all dieser äußere Apparat weniger ausgebildet und die Dynasten der Provinzialstädte lassen sich meist an dem einfachen Titel eines Vorstehers der Priester genügen.

Was man SO >> Priester<< (wörtlich Gottesdiener) nennt, ist nicht alles derselben Art. Da sind die Cherheb, denen es obzuliegen scheint, die alten Sprüche bei den Zeremonien abzulesen und deren Nebentitel Schreiber des Gottesbuches sie wohl als gelehrte Kenner der alten heiligen Literatur bezeichnet. Was die we'b genannten Priester ursprünglich für Funktionen hatten, zeigt schon ihr Name, der von dem Worte für >>rein« abgeleitet ist; wir sehen sie in der Tat bei Opfern erscheinen, und nach Besichtigung des Blutes des Opfertieres erklären, daß es rein ist. Andere häufig genannte Priestertitel wie die des Gottesvaters lassen keine Deutung zu.

Wie gesagt war das Priestertum für die Mehrzahl dieser Geistlichen nur ein Nebenberuf; sie bilden die Stundenpriesterschaft des Tempels oder, wie wir sagen würden, seine zeitweisen Priester und teilen sich in vier Klassen, die einander im Dienst ablösen. So ist es wenigstens im mittleren Reich, für das wir über diese Dinge gut unterrichtet sind, vornehmlich durch die Akten eines Tempels, den Sesostris II. in der Stadt neben seiner Pyramide dem Anubis erbaut hatte. Diese Papyrus, die sich jetzt in der Königlichen Sammlung befinden, zeigen uns, daß neben acht Unterbeamten nur der Fürst und Tempelvorsteher (d. h. der Hohepriester) sowie der oberste Cherheb, also die Leiter der Tempelverwaltung und des Kultus, zu dem ständigen Personale des Tempels gehörten; neun andere Priester traten in regelmäßigem Turnus ein: ein Klassenvorsteher, ein Tempelschreiber, ein gewöhnlicher Cherheb, u. a. m. Und jedesmal wenn eine solche Klasse neu antrat, übernahm sie das Heiligtum mit allem seinem Inventar von der Klasse, die bisher im Amt befindlich war und erteilte dieser Entlastung.

Man sieht, die Macht des Laienelementes war im Kultus nicht erloschen, trotz der Fiktion vom Könige als dem alleinigen Priester. Besonders stark treten die Laien auch bei der Verehrung der Göttinnen hervor, nennt sich doch fast jede Dame der älteren Zeit eine Priesterin der Neith oder der Hathor.

Und in dieser regen Teilnahme der Bürger am Kultus liegt eine Gewähr dafür, daß auch sonst die offizielle Religion das Verhältnis der einzelnen zu ihren Göttern nicht erstickt haben wird. Auch wer nicht als Priester zum Tempel gehörte, wird doch die Möglichkeit gehabt haben, in ihm zu seinem Stadtgotte zu beten und ihm zu opfern.

Drittes Kapitel.

Der Götterglaube und der Kultus
im neuen Reich.

In jener ältesten Zeit, deren Glauben wir im ersten Abschnitt geschildert haben, hatte die Religion des ägyptischen Volkes sich mehr und mehr zersplittert; die großen Götter des Volkes waren ihm in Stadtgötter verschiedenen Namens zerfallen. Dieser Partikularismus fand in der historischen Zeit dadurch ein Ende, daß dreimal mehrere Jahrhunderte hindurch das ganze Land zu einem großen Gemeinwesen verbunden wurde. Damit zog sich dann auch die Religion wieder mehr zusammen und so manches, was eigentlich nur einer einzelnen Stadt angehörte, wurde allmählich ein Gemeingut des ganzen Volkes. Das älteste Beispiel solcher Verbreitung haben wir schon oben (S. 34) an der Osirissage kennen gelernt; schon im alten Reiche herrschte der Glaube an diesen Gott der Toten vom Delta bis nach Elephantine hinauf und in Memphis gilt der dortige alte Totengott Sokaris nur noch als ein anderer Name des Osiris. Seit dem mittleren Reiche begegnen wir dann weiteren derartigen Vermischungen, sogar bei solchen Göttern, die ursprünglich nicht miteinander verwandt sind. Im Tempel zu Koptos wird die Göttin Mut von Theben das eine Mal die Bastet und das andere Mal die Sechmet von Memphis genannt,1) obwohl sie doch weder katzen- noch löwenköpfig, sondern als Geier gebildet ist. In der gleichen Zeit muß der Gott Min von Koptos es sich gefallen lassen, nur noch als ein anderer Name des allbeliebten Horus zu gelten. Er heißt der Sohn des Osiris und man erzählt von ihm, daß er seine Feinde schlug, seinen Vater schützte . . . . die Krone ergriff und daß ihm das Erbe seines Vaters gegeben wurde,2) mit den gleichen Worten, die man von jenem anwendet. Auch der Sonnengott, der große Herrscher der Welt wurde Göttern gleichgesetzt, die nichts mit ihm zu

1) Petrie, Koptos X, 2 und pag. 12.

2) Mar. Cat. d'Ab. 813.

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