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Viertes Buch.

- Und dennoch beurkundete das Fest von Hambach einen großen Fortschritt, zumal wenn man es mit jenem anderen Feste vergleicht, das einst ebenfalls zur Verherrlichung gemeinsamer Volksinteressen auf der Wartburg stattfand. Nur in Außendingen, in Zufälligkeiten, sind fich beide Bergfeier sehr ähnlich; keineswegs ihrem tieferen Wesen nach. Der Geist, der sich auf Hambach aussprach, ist grundverschieden von dem Geiste, oder vielmehr von dem Gespenste, das auf der Wartburg seinen Spuk trieb. Dort, auf Hambach, jubelte die moderne Zeit ihre Sonnenaufgangslieder und mit der ganzen Menschheit ward Brüderschaft getrunken; hier aber, auf der Wartburg, frächzte die Vergangenheit ihren obskuren Rabengesang, und bei Fackellicht wurden Dummheiten gesagt und gethan, die des blödsinnigsten Mittelalters würdig waren! Auf Hambach hielt der französische Liberalismus seine trunkensten Bergpredigten, und sprach man auch viel Un= vernünftiges, so ward doch die Vernunft selber anerkannt als jene höchste Autorität, die da bindet und löset und den Gesehen ihre Geseze vorschreibt; auf der Wartburg hingegen herrschte jener beschränkte Teutomanismus, der Viel von Liebe und Glaube greinte, dessen Liebe aber nichts Anders war, als Hass des Fremden, und dessen Glaube nur in der Unvernunft bestand, und der in seiner Unwissenheit nichts Besseres zu erfinden wusste, als Bücher zu verbrennen! Ich sage: Unwissenheit, denn in dieser Beziehung war jene frühere Opposition, die wir unter dem Namen „die Altdeutschen" kennen, noch großartiger als die neuere Opposition, obgleich diese nicht gar besonders durch Gelehrsamkeit glänzt. Eben Derjenige, welcher das Bücher

verbrennen auf der Wartburg in Vorschlag brachte, war auch zugleich das unwissendste Geschöpf, das je auf Erden turnte und altdeutsche Lesarten herausgab -wahrhaftig, dieses Subjekt hätte auch Bröder's lateinische Grammatik ins Feuer werfen sollen!

Sonderbar! troß ihrer Unwissenheit hatten die soge= nannten Altdeutschen von der deutschen Gelahrtheit einen gewissen Pedantismus geborgt, der eben so widerwärtig wie lächerlich war. Mit welchem kleinseligen Silbenstechen und Auspünkteln diskutierten sie über die Kennzeichen deutscher Nationalität! Wo fängt der Germane an? wo hört er auf? Darf ein Deutscher Taback rauchen? Nein, behauptete die Mehrheit. Darf ein Deutscher Handschuhe tragen? Ja, jedoch von Büffelhaut. (Der schmuzige Maßmann wollte ganz sicher gehen und trug gar keine.) Aber Bier trinken darf ein Deutscher, und er soll es als echter Sohn Germania's; denn Tacitus spricht ganz bestimmt von deutscher Cerevisia. Jm Bierkeller zu Göttingen musste ich einst bewundern, mit welcher Gründlichkeit meine altdeutschen Freunde die Proskriptionslisten anfertigten für den Tag, wo sie zur Herrschaft gelangen würden. Wer nur im siebenten Glied von einem Franzosen, Juden oder Slaven abstammte, ward zum Eril verurtheilt. Wer nur im mindesten Etwas gegen Jahn oder überhaupt gegen altdeutsche Lächerlichkeiten geschrieben hatte, konnte sich auf den Tod gefasst machen, und zwar auf den Tod durchs Veil, nicht durch die Guillotine, obgleich diese ure sprünglich eine deutsche Erfindung und schon im Mittelalter bekannt war, unter dem Namen „die welsche Falle“. Ich erinnere mich bei dieser Gelegenheit, dass man ganz ernsthaft debattierte: ob man einen gewissen Berliner Schriftsteller, der sich im ersten Bande seines Werkes gegen die Turnkunst ausgesprochen hatte, bereits auf die erwähnte Proskriptionsliste seßen dürfe; denn der lezte Band seines Buches sei noch nicht erschienen, und in diesem letzten Bande könne der Autor vielleicht Dinge sagen, die den inkriminierten Äußerungen des ersten Bandes eine ganz andere Bedeutung ertheilen.

Sind diese dunklen Narren, die sogenannten Deutsch=1 thümler, ganz vom Schauplatz verschwunden? Nein. Sie haben bloß ihre schwarzen Röcke, die Livrée ihre Wahnfinns, abgelegt. Die Meisten entledigten sich sogar ihres

weinerlich brutalen Jargons, und vermummt in den Farben und Redensarten des Liberalismus, waren sie der neuen Opposition desto gefährlicher während der politischen Sturm- und Drangperiode nach den Tagen des Julius. Ja, im Heere der deutschen Revolutionsmänner wimmelte es von ehemaligen Deutschthümlern, die mit sauren Lippen die moderne Parole nachlallten und sogar die Marseillaise sangen... sie schnitten dabei die fatalsten Gesichter . . . Jedoch es galt einen gemeinschaftlichen Kampf für ein gemeinschaftliches Interesse, für die Einheit Deutschlands, der einzigen Fortschrittsidee, die jene frühere Opposition zu Markte gebracht. Unsere Niederlage ist vielleicht ein Glück... Man hätte als Waffenbrüder treulich neben einander gefochten, man wäre sehr einig gewesen während der Schlacht, sogar noch in der Stunde des Sieges... aber den andern Morgen wäre eine Differenz zur Sprache gekommen, die unausgleichbar und nur durch die ultima ratio populorum zu schlichten war, nämlich durch die welsche Falle. Die Kurzsichtigen freilich unter den deutschen Revolutionären beurtheilten Alles nach französischen Maßstäben. und sie sonderten sich schon in Konstitutionelle und Republikaner, und wiederum in Girondisten und Montagnards, und nach solchen Eintheilungen hassten und verleumdeten sie sich schon um die Wette; aber die Wissenden wussten sehr gut, dass es im Heere der deutschen Revolution eigentlich nur zwei grundverschiedene Parteien gab, die keiner Transaktion fähig und heimlich dem blutigsten Hader entgegenzürnten. Welche von beiden schien die überwiegende? Die Wissenden unter den Liberalen verhehlten einander nicht, dass ihre Partei, welche den Grundsäßen der französischen Freiheitslehre huldigte, zwar an Zahl die stärkere, aber an Glaubenseifer und Hilfsmitteln die schwächere sei. In der That, jene regenerierten Deutschthümler bildeten zwar die Minorität, aber ihr Fanatismus, welcher mehr religiöser Art, überflügelt leicht einen Fanatismus, den nur die Vernunft ausgebrütet hat; ferner stehen ihnen jene mächtige Formeln zu Gebot, womit man den rohen Pöbel beschwört; die Worte: „Vaterland, Deutschland, Glauben der Väter u. s. w." elektrisieren die unklaren Volksmassen noch immer weit sicherer, als die Worte: Menschheit, Weltbürgerthum, Vernunft der Söhne, Wahrheit . . .!" Ich will hiermit andeuten,

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dass jene Repräsentanten der Nationalität im deutschen Boden weit tiefer wurzeln, als die Repräsentanten des Kosmopolitismus, und dass Lettere im Kampfe mit Jenen wahrscheinlich den Kürzern ziehen, wenn sie ihnen nicht schleunigst zuvorkommen ... durch die welsche Falle. In Revolutionszeiten bleibt uns nur die Wahl zwischen Tödten und Sterben.

Man hat keinen Begriff von solchen Zeiten, wenn man nicht Etwas gekostet hat von dem Fieber, das alsdann die Menschen schüttelt und ihnen eine ganz eigene Denk- und Gefühlsweise einhaucht. Es ist unmöglich, die Worte und Thaten solcher Zeiten während der Windstille einer Friedensperiode, wie die jeßige, zu beurtheilen.

Ich weiß nicht, in wie weit obige Andeutungen einem stillen Verständnis begegnen. Unsere Nachfolger erben vielleicht unser geheimen übel, und es ist Pflicht, dass wir fie darauf hinweisen, welches Heilmittel wir für probat hielten. Zugleich habe ich hier oben insinuiert, in wie fern zwischen mir und jenen Revolutionären, die den fran= zösischen Jakobinismus auf deutsche Verhältnisse übertrugen, eine gewisse Verbindung stattfinden musste . . . Troßdem, dass mich meine politischen Meinungen von ihnen schieden im Reiche des Gedankens, würde ich mich doch jederzeit Denselben angeschlossen haben auf den Schlachtfeldern der That... Wir hatten ja gemeinschaftliche Feinde und gemeinschaftliche Gefahren!

Freilich, in ihrer trüben Befangenheit haben jene Revolutionäre nie die positiven Garantien dieser natürlichen Alliance begriffen. Auch war ich ihnen so weit vorausgeschritten, dass sie mich nicht mehr sahen, und in ihrer Kurzsichtigkeit glaubten sie, ich wäre zurückgeblieben. *)

Es ist weder hier der Ort, noch ist es jezt an der Zeit, ausführlicher über die Differenzen zu reden, die sich bald nach der Juliusrevolution zwischen mir und den

*) Hier folgte ursprünglich nachstehende, später von Heine durchstrichene Stelle: Es ist wahr, vor der Juliusrevolution hatte auch ich den Ansichten und Folgerungen des französischen Demokratismus unbedingt gehuldigt, die Erklärung der Menschenrechte dünkte mir der Gipfel aller politischen Weißheit, und Lafayette war mein Held . . . Aber Dieser ist jest todt, und sein alter Schimmel ist auch todt, und ich habe Beide noch immer sehr lieb, kann sie aber nicht genau mehr von einander unterscheiden.“

Der Herausgeber.

deutschen Revolutionären in Paris kundgeben mussten. Als der bedeutendste Repräsentant dieser Lehteren muss unser Ludwig Börne betrachtet werden, zumal in den lezten Jahren seines Lebens, als in Folge der republikanischen Niederlagen, die zwei thätigsten Agitatoren, Garnier und Wolfrum, vom Schauplage abtraten.

Von Ersterem ist bereits Erwähnung geschehen. Er war einer der rüstigsten Umtriebler, und man muss ihm das Zeugnis geben, dass er alle demagogische Talente im höchsten Grade besaß. Ein Mensch von vielem Geiste, auch vielen Kenntnissen und großer Beredsamkeit. Aber ein Intrigant. In den Stürmen einer deutschen Revolution hätte Garnier gewiss eine Rolle gespielt; da aber das Stück nicht aufgeführt wurde, ging es ihm schlecht. Man sagt, er musste von Paris flüchten, weil sein Gastwirth ihm nach dem Leben trachtete, nicht indem er ihm die Speisen zu vergiften drohte, sondern indem er ihm gar keine Speisen mehr ohne bare Bezahlung verabreichen wollte. Der Andere der beiden Agitatoren, Wolfrum, war ein junger Mensch aus Altbaiern, wenn ich nicht irre aus Hof, der hier als Kommis in einem Handlungshause fonditionierte, aber seine Stelle aufgab, um den ausbrechenden Freiheitsideen, die auch ihn ergriffen hatten, seine ganze Thätigkeit zu widmen. Es war ein braver, uneigennügiger, von reiner Begeisterung getriebener Mensch, und ich halte mich um so mehr verpflichtet, Dieses auszusprechen, da sein Andenken noch nicht ganz gereinigt ist von einer schauderhaften Verleumdung. Als er nämlich aus Paris verwiesen wurde und der General Lafayette den Grafen d'Agout, damaligen Minister des Innern, ob dieser Willkür in der Kammer zur Rede stellte, schneuzte Graf d'Agout seine lange Nase und behauptete: der Verwiesene sei ein Agent der baierschen Jesuiten gewesen und unter seinen Papieren habe man die Beweisstücke gefunden. Als Wolfrum, welcher sich in Belgien aufhielt, von dieser schnöden Beschuldigung durch die Tagesblätter Kunde empfing, wollte er auf der Stelle hierher zurückeilen, konnte aber wegen mangelnder Barschaft nur zu Fuße reisen, und, erkrankt durch übermüdung und innere Aufregung, musste er bei seiner Ankunft zu Paris im HôtelDieu einkehren; hier starb er unter fremdem Namen.

Wolfrum und Garnier waren immer Börne's treue

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