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Bändern einherflatternd, ihre Rappiere schwingend, begeg= neten sich hier wie zufällig und stießen mit Scheinzorn auf einander; nach langem Gefechte erklärten sie sich wechselseitig für unüberwindlich, und sammelten einige Pfennige. Mit Trommler und Pfeifer marschierte jezt vorbei die neu errichtete Schüßengilde. Hierauf folgte, angeführt von dem Stöcker, der eine rothe Fahne trug, ein Rudel fahrender Fräulein, die aus dem Frauenhause Zum Esel" von Würzburg herkamen und nach dem Rosenthale hinzogen, wo die hochlöbliche Obrigkeit ihnen für die Messzeit ihr Quartier angewiesen. „Mach die Augen zu, schöne Sara!" sagte der Rabbi. Denn jene phantastisch und allzu knapp bekleideten Weibsbilder, worunter einige sehr hübsche, gebärdeten sich auf die unzüchtigste Weise, entblößten ihren weißen, frechen Busen, neckten die Vorübergehenden mit schamlosen Worten, schwangen ihre langen Wanderstöcke, und indem sie auf leyteren wie auf Steckenpferden die Sankt-Katharinenpforte hinabritten, fangen sie mit gellender Stimme das Herenlied:

,,Wo ist der Bock, das Höllenthier?

Wo ist der Bock? Und fehlt der Bock,
So reiten wir, so reiten wir,

So reiten wir auf dem Stock!"

Dieser Singsang, den man noch in der Ferne hören fonnte, verlor sich am Ende in den kirchlich langgezogenen Tönen einer herannahenden Procession. Das war ein trauriger Zug von kahlköpfigen und barfüßigen Mönchen, welche brennende Wachslichter oder Fahnen mit Heiligenbildern oder auch große silberne Krucifige trugen. An ihrer Spize gingen roth- und weißgeröckte Knaben mit dampfenden Weihrauchkesseln. In der Mitte des Zuges unter einem prächtigen Baldachin sah man Geistliche in weißen Chorhemden von kostbaren Spißen oder in buntseidenen Stolen, und Einer Terselben trug in der Hand ein sonnenartig goldnes Gefäß, das er, bei einer Heiligennische der Marktecke anlangend, hoch empor hob, während er lateinische Worte halb rief, halb sang. Zugleich erflingelte ein kleines Glöckchen, und alles Volk ringsum verstummte, fiel auf die Kniee und bekreuzte sich. Der Rabbi aber sprach zu seinem Weibe: „Mach die Augen zu, schöne Sara!" und hastig zog er sie von hinnen

nach einem schmalen Nebengässchen, durch ein Labyrinth von engen und krummen Straßen, und endlich über den unbewohnten, wüsten Plaz, der das neue Judenquartier von der übrigen Stadt trennte.

Vor jener Zeit wohnten die Juden zwischen dem Dom und dem Mainufer, nämlich von der Brücke bis zum Lumpenbrunnen und von der Mehlwage bis zu Sankt Bartholomäi. Aber die katholischen Priester erlangten eine päpstliche Bulle, die den Juden verwehrte, in solcher Nähe der Hauptkirche zu wohnen, und der Magistrat gab ihnen einen Plaz auf dem Wollgraben, wo sie das heutige Judenquartier erbauten. Dieses war mit starken Mauern versehen, auch mit eisernen Ketten vor den Thoren, um sie gegen Pöbelandrang zu sperren. Denn hier lebten die Juden ebenfalls in Druck und Angst, und mehr als heut zu Tage in der Erinnerung früherer Nöthen. Im Jahre 1240 hatte das entzügelte Volk ein großes Blutbad unter ihnen angerichtet, welches man die erste Judenschlacht nannte, und im Jahre 1349, als die Geißler bei ihrem Durchzuge die Stadt anzündeten und die Juden des Brandstiftens anklagten, wurden Diese von dem aufgereizten Volke zum größten Theile ermordet, oder sie fanden den Tod in den Flammen ihrer eigenen Häuser, welches man die zweite Judenschlacht nannte. Später bedrohte man die Juden noch oft mit dergleichen Schlachten, und bei inneren Unruhen Frankfurt's, besonders bei einem Streite des Rathes mit den Zünften, stand der Christenpöbel oft im Begriff das Judenquartier zu stürmen. Lezteres hatte zwei Thore, die an katholischen Feiertagen von außen, an jüdischen Feiertagen von innen geschlossen wurden, und vor jedem Thor befand sich ein Wachthaus mit Stadtsoldaten.

Als der Rabbi mit seinem Weibe an das Thor des Judenquartiers gelangte, lagen die Landsknechte, wie man durch die offnen Fenster sehen konnte, auf der Pritsche ihrer Wachtstube, und draußen vor der Thüre im vollen Sonnenschein saß der Trommelschläger und phantasierte auf seiner großen Trommel. Das war eine schwere dicke Gestalt; Wams und Hosen von feuergelbem Tuch, an Armen und Lenden weit aufgepufft und, als wenn unzählige Menschenzungen daraus hervorleckten, von oben bis unten besäet mit kleinen eingenähten rothen Wülstchen;

Brust und Rücken gepanzert mit schwarzen Tuchpolstern, woran die Trommel hing; auf dem Kopfe eine platte, runde schwarze Kappe; das Gesicht eben so platt und rund, auch orangegelb und mit rothen Schwärchen gespickt, und verzogen zu einem gähnenden Lächeln. So saß der Kerl und trommelte die Melodie des Liedes, das einst die Geißler bei der Judenschlacht gesungen, und mit seinem rauhen Biertone gurgelte er die Worte:

Unfre liebe Fraue,

Die ging im Morgenthaue,
Kyrie eleison!"

"Hans, Das ist eine schlechte Melodie" rief eine Stimme hinter dem verschlossenen Thore des Judenquartiers „Hans, auch ein schlecht Lied, passt nicht für die Trommel, passt gar nicht und bei Leibe nicht in der Messe und am Ostermorgen, schlecht Lied, gefährlich Lied, Hans, Hänschen, klein Trommelhänschen, ich bin ein einzelner Mensch, und wenn du mich lieb hast, wenn du den Stern lieb hast, den langen Stern, den langen Nasenstern, so hör auf!"

Diese Worte wurden von dem ungesehenen Sprecher theils angstvoll hastig, theils auffeufzend langsam hervorgestoßen, in einem Tone, worin das ziehend Weiche und das heiser Harte schroff abwechselte, wie man ihn bei Schwindsüchtigen findet. Der Trommelschläger blieb unbewegt, und in der vorigen Melodie forttrommelnd sang er weiter:

„Da kam ein kleiner Junge,

Sein Bart war ihm entsprungen,
Halleluja!"

„Hans“ rief wieder die Stimme des obenerwähnten Sprechers-Hans, ich bin ein einzelner Mensch, und es ist ein gefährlich Lied, und ich hör' es nicht gern, und ich hab' meine Gründe, und wenn du mich lieb hast, singst du was Anderes, und morgen trinken wir

Bei dem Wort „Trinken" hielt der Hans inne mit seinem Trommeln und Singen, und biedern Tones sprach er: Der Teufel hole die Juden, aber du, lieber Nasen

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stern, bist mein Freund, ich beschüße dich, und wenn wir noch oft zusammen trinken, werde ich dich auch befehren. Ich will dein Pathe sein; wenn du getauft wirst, wirst du selig, und wenn du Genie hast und fleißig bei mir lernst, kannst du sogar noch Trommelschläger werden. Ja, Nasenstern, du kannst es noch weit bringen, ich will dir den ganzen Katechismus vortrommeln, wenn wir morgen zusammen trinken - aber jezt mach mal das Thor auf, da stehen zwei Fremde und begehren Einlass."

Das Thor auf?" schrie der Nasenstern, und die Stimme versagte ihm fast. Das geht nicht so schnell, lieber Hans, man kann nicht wissen, man kann gar nicht wissen, und ich bin ein einzelner Mensch. Der Beitel Rindskopf hat den Schlüssel und steht jezt still in der Ecke und brümmelt sein Achtzehngebet; da darf man sich nicht unterbrechen lassen. Jäkel der Narr ist auch hier, aber er schlägt jezt sein Wasser ab. Ich bin ein einzelner Mensch!"

„Der Teufel hole die Juden!" rief der Trommelhans, und über diesen eignen Wig laut lachend, trollte er sich nach der Wachtstube und legte sich ebenfalls auf die Pritsche.

Während nun der Rabbi mit seinem Weibe jezt ganz allein vor dem großen verschlossenen Thore stand, erhub sich hinter demselben eine schnarrende, näselnde, etwas spöttisch gezogene Stimme: Sternchen, dröhnle nicht so lange, nimm die Schlüssel aus Rindsköpfchen's Rocktasche, oder nimm deine Nase, und schließe damit das Thor auf. Die Leute stehen schon lange und warten."

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„Die Leute?" schrie ängstlich die Stimme des Mannes, den man den Nasenstern nannte „ich glaubte, es wäre nur Einer, und ich bitte dich, Narr, lieber Jäkel Narr, guck mal heraus, wer da ist.“

Da öffnete sich im Thore ein kleines wohlvergittertes Fensterlein, und zum Vorschein kam eine gelbe, zweihörnige Müge und darunter das drollig verschnörkelte Lustigmachergesicht Jäkel's des Narren. In demselben Augenblick schloss sich wieder die Fensterluke und ärgerlich schnarrte es: Mach auf, mach auf, draußen ist nur ein Mann und ein Weib."

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„Ein Mann und ein Weib!" ächzte der Nasenstern.

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Und wenn das Thor aufgemacht wird, wirft das Weib

den Rock ab, und es ist auch ein Mann, und es sind dann zwei Männer, und wir sind nur unser Drei!"

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„Sei kein Hase" - erwiederte Jäkel der Narr „und sei herzhaft und zeige Kourage!"

„Rourage!" rief der Nasenstern und lachte mit verdrießlicher Bitterkeit,hase! Hase ist ein schlechter Vergleich, Hase ist ein unreines Thier. Kourage! Man hat mich nicht der Kourage wegen hiehergestellt, sondern der Vorsicht halber. Wenn zu Viele kommen, soll ich schreien. Aber ich selbst kann sie nicht zurückhalten. Mein Arm ist schwach, ich trage eine Fontanelle, und ich bin ein einzelner Mensch. Wenn man auf mich schießt, bin ich todt. Dann sigt der reiche Mendel Reiß am Sabbath bei Tische, und wischt sich vom Maul die Rosinensauce und streichelt sich den Bauch, und sagt vielleicht: Das lange Nasensternchen war doch ein braves Kerlchen, wäre Es nicht gewesen, so hätten sie das Thor gesprengt, Es hat sich doch für uns todtschießen lassen, Es war ein braves Kerlchen, schade dass Es todt ist

Die Stimme. wurde hier allmählich weich und weinerlich, aber plößlich schlug sie über in einen hastigen, fast erbitterten Ton: Kourage! Und damit der reiche Mendel Reiß sich die Rosinensauce vom Maul abwischen und sich den Bauch streicheln und mich braves Kerlchen nennen möge, soll ich mich todtschießen lassen? Kourage! Herzhaft! Der fleine Strauß war herzhaftig, und hat gestern auf dem Römer dem Stechen zugesehen, und hat geglaubt, man kenne ihn nicht, weil er einen violetten Rock trug von Sammet, drei Gulden die Elle, mit Fuchsschwänzchen, ganz goldgestickt, ganz prächtig und sie haben ihm den violetten Rock so lange geklopft, bis er abfärbte und auch sein Rücken violett geworden ist und nicht mehr menschenähnlich sieht. Kourage! Der frumme Leser war herzhaftig, nannte unseren lumpigen Schultheiß einen Lump, und sie haben ihn an den Füßen aufgehängt zwischen zwei Hunden, und der Trommelhans trommelte. Kourage! Sei kein Hase! Unter den vielen Hunden ist der Hase verloren, ich bin ein einzelner Mensch, und habe wirklich Furcht!"

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Schwör mal!" rief Jäfel der Narr.
Ich habe wirklich Furcht!"

wiederholte seufzend der Nasenstern-ich weiß, die Furcht liegt im Geblüt, und ich habe es von meiner seligen Mutter

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