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eine Zweite hielt ihr den Arm; einige alte Frauen besprißten sie mit den Wassergläschen, die hinter ihren Betpulten hängen zum Behufe des Händewaschens, im Fall sie zufällig ihren eignen Leib berührten: Andre hielten unter die Nase der Ohnmächtigen eine alte Citroné, die, mit Gewürznägelchen durchstochen, noch vom leßten Fasttage herrührte, wo sie zum nervenstärkenden Anriechen diente. Ermattet und tief seufzend schlug endlich die schöne Sara die Augen auf, und mit stummen Blicken dankte sie für die gütige Sorgfalt. Doch jest ward unten das Achtzehn-Gebet, welches Niemand versäumen darf, feierlich angestimmt, und die geschäftigen Weiber eilten zurück nach ihren Pläßen, und verrichteten jenes Gebet, wie es geschehen muss, stehend und das Gesicht gewendet gegen Morgen, welches die Himmelsgegend, wo Jerusalem liegt. Vögele Ochs, Schnapper-Elle und Hündchen Reiß verweilten am längsten bei der schönen Sara; die beiden Ersteren, indem sie ihr eifrigst ihre Dienste anboten, die Lettere, indem sie sich nochmals bei ihr erkundigte, wesshalb sie so plößlich ohnmächtig geworden.

Die Ohnmacht der schönen Sara hatte aber eine ganz besondere Ursache. Es ist nämlich Gebrauch in der Synagoge, dass Jemand, welcher einer großen Gefahr entronnen, nach der Vorlesung der Gesezabschnitte hervortritt und der göttlichen Vorsicht für seine Rettung dankt. Als nun Rabbi Abraham zu solcher Danksagung unten in der Synagoge sich erhob und die schöne Sara die Stimme ihres Mannes erkannte, merkte sie, wie der Ton derselben allmählich in das trübe Gemurmel des Todtengebetes überging, sie hörte die Namen ihrer Lieben und Verwandten, und zwar bekleidet von jenem segnenden Beiwort, das man den Verstorbenen ertheilt; und die letzte Hoffnung schwand aus der Seele der schönen Sara, und ihre Seele ward zerrissen von der Gewissheit, dass ihre Lieben und Verwandte wirklich ermordet worden, dass ihre kleine Nichte todt sei, dass auch ihre Bäschen, Blümchen und Vögelchen, todt seien, auch der kleine Gottschalk todt sei, Alle ermordet und todt! Von dem Schmerze dieses Bewusstseins wäre sie schier selber gestorben, hätte sich nicht eine wohlthätige Ohnmacht über ihre Sinne ergossen.

Kapitel III.

Als die schöne Sara nach beendigtem Gottesdienste in den Hof der Synagoge hinabstieg, stand dort der Rabbi, harrend seines Weibes. Er nickte ihr mit heiterem Antlitz und geleitete sie hinaus auf die Straße, wo die frühere Stille ganz verschwunden und ein lärmiges Menschenge= wimmel zu schauen war. Bärtige Schwarzröcke, wie Ameisenhaufen; Weiber, glanzreich hinflatternd, wie Goldkäfer; neugekleidete Knaben, die den Alten die Gebetbücher nachtrugen; junge Mädchen, die, weil sie nicht in die Synagoge gehen dürfen, jezt aus den Häusern ihren Eltern entgegen hüpfen, vor ihnen die Lockenköpfchen beugen, um den Segen zu empfangen Alle heiter und freudig, und die Gasse auf und ab spazierend im seligen Vorgefühl eines guten Mittagmahls, dessen lieblicher Duft schon mundwässernd hervorstieg aus den schwarzen, mit Kreide bezeichneten Töpfen, die eben von den lachenden Mägden aus dem großen Gemeinde-Ofen geholt worden.

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In diesem Gewirre war besonders bemerkbar die Gestalt eines spanischen Ritters, auf dessen jugendlichen Gesichtszügen jene reizende Blässe lag, welche die Frauen gewöhnlich einer unglücklichen Liebe, die Männer hingegen einer glücklichen zuschreiben. Sein Gang, obgleich gleichgültig hinschlendernd, hatte dennoch eine etwas gesuchte Zierlichkeit; die Federn seines Barettes bewegten sich mehr durch das vornehme Wiegen des Hauptes als durch das Wehen des Windes; mehr als eben nothwendig klirrten seine goldenen Sporen und das Wehrgehänge seines Schwertes, welches er im Arme zu tragen schien, und dessen Griff kostbar hervorblißte aus dem weißen Reitermantel, der seine schlanken Glieder scheinbar nachlässig umhüllte und dennoch den sorgfältigsten Faltenwurf verrieth. Hin und wieder, theils mit Neugier, theils mit Kennermienen, nahte er sich den vorüberwandelnden Frauenzimmern, sah ihnen seelenruhig fest ins Antlig, verweilte bei solchem Anschauen, wenn die Gesichter der Mühe lohnten, sagte auch manchem liebenswürdigen Kinde einige rasche Schmeichelworte, und schritt sorglos weiter, ohne die Wirkung zu erwarten. Die schöne Sara hatte er schon mehrmals umkreist, jedesmal wieder zurückgescheucht von den gebietenden Blick Derselben oder auch von der räthsel

haft lächelnden Miene ihres Mannes, aber endlich, in stolzem Abstreifen aller scheuen Befangenheit, trat er Beiden feck in den Weg, und mit stußerhafter Sicherheit und süßlich galantem Tone hielt er folgende Anrede:

"

Sennora, ich schwöre! Hört, Sennora, ich schwöre! Bei den Rosen beider Kastilien, bei den arragonesischen Hyacinthen und andalusischen Granatblüthen! Bei der Sonne, die ganz Spanien mit all' seinen Blumen, Zwiebeln, Erbsensuppen, Wäldern, Bergen, Mauleseln, Ziegenböcken und Alt-Christen beleuchtet! Bei der Himmelsdecke, woran diese Sonne nur ein goldner Quast ist! Und bei dem Gott, der auf der Himmelsdecke sizt, und Tag und Nacht über neue Bildung holdseliger Frauengestalten nachsinnt . . Ich schwöre, Sennora, Ihr seid das schönste Weib, das ich im deutschen Lande gesehen habe, und so Ihr gewillet seid, meine Dienste anzunehmen, so bitte ich Euch um die Gunst, Huld und Erlaubnis, mich Euren Ritter nennen zu dürfen, und in Schimpf und Ernst Eure Farben zu tragen!"

Ein erröthender Schmerz glitt über das Antlig der schönen Sara, und mit einem Blicke, der um so schneidender wirkt, je sanfter die Augen sind, die ihn versenden, und mit einem Tone, der um so vernichtender, je bebend weicher die Stimme, antwortete die tiefgekränkte Frau:

„Edler Herr! Wenn Ihr mein Ritter sein wollt, so müsst Ihr gegen ganze Völker kämpfen, und in diesem Kampfe giebt es wenig Dank und noch weniger Ehre zu gewinnen! Und wenn Ihr gar meine Farben tragen wollt, so müsst Ihr gelbe Ringe auf Euren Mantel nähen oder eine blaugestreifte Schärpe umbinden; denn Dieses sind meine Farben, die Farben meines Hauses, des Hauses, welches Israel heißt, und sehr elend ist, und auf den Gassen verspottet wird von den Söhnen des Glücks."

Plögliche Purpurröthe bedeckte die Wangen des Spaniers, eine unendliche Verlegenheit arbeitete in allen seinen Zügen, und fast stotternd sprach er:

"

„Sennora .. Ihr habt mich missverstanden unschuldiger Scherz... aber, bei Gott, kein Spott, fein Spott über Israel. ich stamme selber aus dem Hause Israel... mein Großvater war ein Jude, vielleicht sogar mein Vater . . .'

"

Und ganz sicher, Sennor, ist Euer Oheim ein Jude" fiel ihm der Rabbi, der dieser Scene ruhig zugesehen,

plöglich in die Rede, und mit einem fröhlich neckenden Blicke fezte er hinzu: „Und ich will mich selbst dafür verbürgen, dass Don Isaak Abarbanel, Neffe des großen Rabbi, dem besten Blute Israel's entsprossen ist, wo nicht gar dem königlichen Geschlechte David's!

Da flirrte das Schwertgehänge unter dem Mantel des Spaniers, seine Wangen erblichen wieder bis zur fahlsten Blässe, auf seiner Oberlippe zuckte es wie Hohn, der mit dem Schmerze ringt, aus seinen Augen grinste der zornigste Tod, und in einem ganz verwandelten, eiskalten, scharfgehackten Tone sprach er:

"

Sennor Rabbi! Ihr kennt mich. Nun wohlan, so wisst Ihr auch, wer ich bin. Und weiß der Fuchs, dass ich der Brut des Löwen angehöre, so wird er sich hüten, und seinen Fuchsbart nicht in Lebensgefahr bringen und meinen Zorn nicht reizen! Wie will der Fuchs den Löwen richten? Nur wer wie der Löwe fühlt, kann seine Schwächen begreifen..."

O, ich begreife es wohl," - antwortete der Rabbi, und wehmüthiger Ernst zog über seine Stirne „ich begreife es wohl, wie der stolze Leu aus Stolz seinen fürstlichen Belz abwirft und sich in den bunten Schuppenpanzer des Krokodils verkappt, weil es Mode ist, ein greinendes, schlaues, gefräßiges Krokodil zu sein! Was sollen erst die geringeren Thiere beginnen, wenn sich der Löwe verleugnet? Aber hüte dich, Don Isaak, du bist nicht geschaffen für das Element des Krokodils. Das Wasser (du weißt wohl, wovon ich rede) ist dein Unglück, und du wirst untergehen. Nicht im Wasser ist dein Reich; die schwächste Forelle kann besser darin gedeihen als der König des Waldes. Weißt du noch, wie dich die Strudel des Tago verschlingen wollten..

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In ein lautes Gelächter ausbrechend, fiel Don Isaak plößlich dem Rabbi um den Hals, verschloss seinen Mund mit Küssen, sprang sporenklirrend vor Freude in die Höhe, dass die vorbeigehenden Juden zurückschraken, und in seinem natürlich herzlich heiteren Tone rief er:

"

Wahrhaftig, du bist Abraham von Bacharach! Und es war ein guter Wiß und obendrein ein Freundschafsstück, als du zu Toledo von der Alkantara-Brücke ins Wasser sprangest und deinen Freund, der besser trinken als schwimmen konnte, beim Schopf fasstest und aufs Trockene

zogest! Ich war nahe dran, recht gründliche Untersuchungen anzustellen, ob auf dem Grunde des Tago wirklich Goldförner zu finden, und ob ihn mit Recht die Römer den goldnen Fluss genannt haben. Ich sage dir, ich erkälte mich noch heute durch die bloße Erinnerung an jene Wasserpartie."

Bei diesen Worten gebärdete sich der Spanier, als wollte er anhängende Wassertropfen von sich abschütteln. Das Antlig des Rabbi aber war gänzlich aufgeheitert. Er drückte seinem Freunde wiederholentlich die Hand, und jedesmal sagte er: „Ich freue mich!"

"

Und ich freue mich ebenfalls," -sprach der Andere wir haben uns seit sieben Jahren nicht gesehen; bei unserem Abschied war ich noch ein ganz junger Gelbschnabel, und du, du warst schon so gesezt und ernsthaft... Was ward aber aus der schönen Donna, die dir damals so viele Seufzer kostete, wohlgereimte Seufzer, die du mit Lautentlang begleitet hast...

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„Still, still! die Donna hört uns, sie ist mein Weib, und du selbst hast ihr heute eine Probe deines Geschmackes und Dichtertalentes dargebracht."

Nicht ohne Nachwirkung der früheren Verlegenheit begrüßte der Spanier die schöne Frau, welche mit anmuthiger Güte jezt bedauerte, dass sie durch Äußerungen des Unmuthes einen Freund ihres Mannes betrübt habe.

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„Ach, Sennora," antwortete Don Isaak mit täppischer Hand nach einer Rose griff, darf sich nicht beklagen, dass ihn die Dornen verlegen! Wenn der Abendstern sich im blauen Strome goldfunkelnd abspiegelt..."

"Ich bitte dich um Gotteswillen," unterbrach ihn der Rabbi, hör auf!... Wenn wir so lange warten sollen, bis der Abendstern sich im blauen Strome goldfunkelnd abspiegelt, so verhungert meine Frau; sie hat seit gestern Nichts gegessen und seitdem viel Ungemach und Mühsal erlitten."

"

"

Nun, so will ich euch nach der besten Garküche Israel's führen" rief Don Isaak - nach dem Hause meiner Freundin Schnapper-Elle, das hier in der Nähe. Schon rieche ich ihren holden Duft, nämlich der Garküche. O wüsstest du, Abraham, wie dieser Duft mich anspricht! Er ist es, der mich, seit ich in dieser Stadt verweile, so oft hinlockt nach den Zelten Jakob's. Der Verkehr mit dem Volke Gottes ist sonst nicht meine Liebhaberei, und wahrlich

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