ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

ist ein Freistaat, und hier findet man die größte politische Freiheit. Die Bürger können hier thun, was sie wollen, und der hoch und wohlweise Senat kann hier ebenfalls thun, was er will; Jeder ist hier freier Herr seiner Handlungen. Es ist eine Republik. Hätte Lafayette nicht das Glück gehabt, den Ludwig Philipp zu finden, so würde er gewiss seinen Franzosen die hamburgischen Senatoren und Oberalten empfohlen haben. Hamburg ist die beste Republik. Seine Sitten sind englisch, und sein Essen ist himmlisch. Wahrlich, es giebt Gerichte zwischen dem Wandrahmen und dem Dreckwall, wovon unsere Philosophen keine Ahnung haben. Die Hamburger sind gute Leute und essen gut. über Religion, Politik und Wissenschaft sind ihre respektiven Meinungen sehr verschieden, aber in Betreff des Essens herrscht das schönste Einverständnis. Mögen die christlichen Theologen dort noch so sehr streiten über die Bedeutung des Abendmahls: über die Bedeutung des Mittagsmahls sind sie ganz einig. Mag es unter den Juden dort eine Partei geben, die das Tischgebet auf Deutsch spricht, während eine andere es auf Hebräisch abfingt: beide Parteien essen, und essen gut, und wissen das Essen gleich richtig zu beurtheilen. Die Advokaten, die Bratenwender der Geseße, die so lange die Geseze wenden und anwenden, bis ein Braten für sie dabei abfällt, Diese mögen noch so sehr streiten, ob die Gerichte öffentlich sein sollen oder nicht: darüber sind sie einig, dass alle Gerichte gut sein müssen, und Jeder von ihnen hat sein Leibgericht. Das Militär denkt gewiss ganz tapfer spartanisch, aber von der schwarzen Suppe will es doch Nichts wissen. Die Ärzte, die in der Behandlung der Krankheiten so sehr uneinig sind und die dortige Nationalkrankheit (nämlich Magenbeschwerden) als Brownianer durch noch größere Portionen Rauchfleisch oder als Homöopathen durch 1/10000 Tropfen Absinth in einer großen Kumpe Mockturtelsuppe zu kurieren pflegen: diese Ärzte sind ganz einig, wenn von dem Geschmacke der Suppe und des Rauchfleisches selbst die Rede ist. Hamburg ist die Vaterstadt des leztern, des Rauchfleisches, und rühmt sich Dessen, wie Mainz sich seines Johann Faust's und Eisleben sich seines Luther's zu rühmen pflegt. Aber was bedeutet die Buchdruckerei und die Reformation in Vergleich mit Rauchfleisch? Ob beide ersteren genußt oder geschadet, darüber streiten zwei

Parteien in Deutschland; aber sogar unsere eifrigsten Jesuiten sind eingeständig, dass das Rauchfleisch eine gute, für den Menschen heilsame Erfindung ist.

Hamburg ist erbaut von Karl dem Großen und wird bewohnt von 80,000 kleinen Leuten, die Alle mit Karl dem Großen, der in Aachen begraben liegt, nicht tauschen würden. Vielleicht beträgt die Bevölkerung von Hamburg gegen 100,000; ich weiß es nicht genau, obgleich ich ganze Tage lang auf den Straßen ging, um mir dort die Menschen zu betrachten. Auch habe ich gewiss manchen Mann übersehen, indem die Frauen meine besondere Aufmerksamfeit in Anspruch nahmen. Leßtere fand ich durchaus nicht mager, sondern meistens korpulent, mitunter reizend schön, und im Durchschnitt von einer gewissen wohlhabenden Sinnlichkeit, die mir bei Leibe nicht missfiel. Wenn sie in der romantischen Liebe sich nicht allzu schwärmerisch zeigen und von der großen Leidenschaft des Herzens wenig ahnen, so ist Das nicht ihre Schuld, sondern die Schuld Amor's des fleinen Gottes, der manchmal die schärfsten Liebespfeile auf seinen Bogen legt, aber aus Schalkheit oder Ungeschick viel zu tief schießt, und statt des Herzens der Hamburgerinnen nur ihren Magen zu treffen pflegt. Was die Männer betrifft, so sah ich meistens unterseßte Gestalten, verständige kalte Augen, kurze Stirn, nachlässig herabhängende rothe Wangen, die Eßwerkzeuge besonders ausgebildet, der Hut wie festgenagelt auf dem Kopfe, und die Hände in beiden Hosentaschen, wie Einer, der eben fragen will: Was hab' ich zu bezahlen?

Zu den Merkwürdigkeiten der Stadt gehören: 1) das alte Rathhaus, wo die großen Hamburger Bankiers, aug Stein gemeißelt und mit Scepter und Reichsapfel in Händen, abkonterfeit stehen. 2) die Börse, wo sich täglich die Söhne Hammonia's versammeln, wie einst die Römer auf dem Forum, und wo über ihren Häuptern eine schwarze Ehrentafel hängt mit dem Namen ausgezeichneter Mitbürger. 3) Die schöne Marianne, ein außerordentlich schönes Frauenzimmer, woran der Zahn der Zeit schon seit zwanzig Jahren kaut Nebenbei gesagt, der „Zahn der Zeit" ist eine schlechte Metapher, denn sie ist so alt, dass sie gewiss keine Zähne mehr hat, nämlich die Zeit -die schöne Marianne hat vielmehr jezt noch alle ihre Zähne und noch immer Haare darauf, nämlich auf den

Zähnen. 4) Die ehemalige Zentralkasse. 5) Altona. 6) die Originalmanuskripte von Marr's Tragödien. 7) Der Eigenthümer des Röding'schen Kabinetts. 8) Die Börsenhalle. 9) Die Bacchushalle, und endlich 10) das Stadttheater. Letzteres verdient besonders gepriesen zu werden, seine Mitglieder sind lauter gute Bürger, ehrsame Hausväter, die sich nicht verstellen können und Niemanden täuschen, Männer, die das Theater zum Gotteshause machen, indem sie den Unglücklichen, der an der Menschheit verzweifelt, aufs wirksamste überzeugen, dass nicht Alles in der Welt eitel Heuchelei und Verstellung ist.

Bei Aufzählung der Merkwürdigkeiten der Republik Hamburg kann ich nicht umhin zu erwähnen, dass zu meiner Zeit der Apollosaal auf der Drehbahn sehr brillant war. Jezt ist er sehr heruntergekommen, und es werden dort philharmonische Koncerte gegeben, Taschenspielerkünfte gezeigt und Naturforscher gefüttert. Einst war es anders! Es schmetterten die Trompeten, es wirbelten die Pauken, es flatterten die Straußfedern, und Heloise und Minka rannten durch die Reihen der Oginski-Polonaise, und Alles war sehr anständig. Schöne Zeit, wo mir das Glück lächelte! Und das Glück hieß Heloise! Es war ein süßes, liebes, beglückendes Glück mit Rosenwangen, Liljennäschen, heißduftigen Nelkenlippen, Augen wie der blaue Bergsee; aber etwas Dummheit lag auf der Stirne, wie ein trüber Wolkenflor über einer prangenden Frühlingslandschaft. Sie war schlank wie eine Pappel und lebhaft wie ein Vogel, und ihre Haut war so zart, dass sie zwölf Tage geschwollen blieb durch den Stich einer Haarnadel. Ihr Schmollen, als ich sie gestochen hatte, dauerte aber nur zwölf Sekunden, und dann lächelte sie Schöne Zeit, als das Glück mir lächelte! . . . Minka lächelte seltener, denn sie hatte keine schöne Zähne. Desto schöner aber waren ihre Thränen, wenn sie weinte, und sie weinte bei jedem fremden Unglück, und sie war wohlthätig über alle Begriffe. Den Armen gab sie ihren lezten Schilling; sie war sogar oft in der Lage, wo sie ihr leztes Hemd weggab, wenn man es verlangte. Sie war so seelengut. Sie founte Nichts abschlagen, ausgenommen ihr Wasser. Dieser weiche, nachgiebige Charakter kontrastierte gar lieblich mit ihrer äußeren Erscheinung. Eine kühne, junonische Gestalt; weißer frecher Nacken, umringelt von wilden schwarzen

Locken, wie von wollüstigen Schlangen; Augen, die unter ihren düsteren Siegesbogen so weltbeherrschend strahlten; purpurstolze, hochgewölbte Lippen; marmorne, gebietende Hände, worauf leider einige Sommersprossen; auch hatte sie in der Form eines kleinen Dolches ein braunes Muttermal an der linken Hüfte.

Wenn ich dich in sogenannte schlechte Gesellschaft ge= bracht, lieber Leser, so tröste dich damit, dass sie dir wenigstens nicht so viel gekostet wie mir. Doch wird es später in diesem Buche nicht an idealischen Frauenspersonen fehlen, und schon jest will ich dir zur Erholung zwei Anstandsdamen vorführen, die ich damals kennen und verehren lernte. Es ist Madame Pieper und Madame Schnieper. Erstere war eine schöne Frau in ihren reifsten Jahren, große schwärzliche Augen, eine große weiße Stirne, schwarze falsche Locken, eine kühne altrömische Nase, und ein Maul, das eine Guillotine war für jeden guten Namen. In der That, für einen Namen gab es keine leichtere Hinrichtungsmaschine als Madame Pieper's Maul; sie ließ ihn nicht lange zappeln, sie machte keine langwichtige Vorbereitungen; war der beste gute Name zwischen ihre Zähne gerathen, so lächelte sie nur aber dieses Lächeln war wie ein Fallbeil, und die Ehre war abgeschnitten und fiel in den Sack. Sie war immer ein Muster von Anstand, Ehrsamkeit, Frömmigkeit und Tugend. Von Madame Schnieper ließ sich Dasselbe rühmen. Es war eine zarte Frau, kleine ängstliche Brüste, gewöhnlich mit einem wehmüthig dünnen Flor umgeben, hellblonde Haare, hellblaue Augen, die entseßlich klug hervorstachen aus dem weißen Gesichte. Es hieß, man könne ihren Tritt nie hören, und wirklich, ehe man sich Dessen versah, stand sie oft neben Einem, und verschwand dann wieder eben so geräuschlos. Ihr Lächeln war ebenfalls tödtlich für jeden guten Namen, aber minder wie ein Beil, als vielmehr wie jener afrikakanische Giftwind, von dessen Hauch schon alle Blumen verwelken; elendiglich verwelken musste jeder gute Name, über den sie nur leise hinlächelte. Sie war immer ein Muster von Anstand, Ehrsamkeit, Frömmigkeit und Tugend.

Ich würde nicht ermangeln, mehre von den Söhnen Hammonia's ebenfalls hervorzuloben und einige Männer, die man ganz besonders hochschäßt - namentlich Diejenigen, welche man auf einige Millionen Mark Banko zu

schäßen pflegt aufs prächtigste zu rühmen; aber ich will in diesem Augenblick meinen Enthusiasmus unterdrücken, damit er späterhin in desto helleren Flammen emporlodere. Ich habe nämlich nichts Geringeres im Sinn, als einen Ehrentempel Hamburg's herauszugeben, ganz nach dem= selben Plane, welchen schon vor zehn Jahren ein berühmter Schriftsteller entworfen hat, der in dieser Absicht jeden Hamburger aufforderte, ihm ein specificiertes Inventarium seiner speciellen Tugenden, nebst einem Species-Thaler, aufs schleunigste einzusenden. Ich habe nie recht erfahren können, warum dieser Ehrentempel nicht zur Ausführung fam; denn die Einen sagten, der Unternehmer, der Ehrenmann, sei, als er kaum von Aaron bis Abendroth_gekommen und gleichsam die ersten Klöße eingerammt, von der Last des Materials schon ganz erdrückt worden; die Anderen sagten, der hoch und wohlweise Senat habe aus allzugroßer Bescheidenheit das Projekt hintertrieben, indem er dem Baumeister seines eignen Ehrentempels plöglich die Weisung gab, binnen vierundzwanzig Stunden das Hamburgische Gebiet mit all seinen Tugenden zu verlassen. Aber gleichviel aus welchem Grunde, das Werk ist nicht zu Stande gekommen; und da ich ja doch einmal aus angeborener Neigung etwas Großes thun wollte in dieser Welt und immer gestrebt habe das Unmögliche zu leisten, so habe ich jenes ungeheure Projekt wieder aufgefasst, und ich liefere einen Ehrentempel Hamburg's, ein unsterbliches Riesenbuch, worin ich die Herrlichkeit aller seiner Einwohner ohne Ausnahme beschreibe, worin ich die edle Züge von geheimer Mildthätigkeit mittheile, die noch gar nicht in der Zeitung gestanden, worin ich Großthaten erzähle, die Keiner glauben wird, und worin mein eignes Bildnis, wie ich auf dem Jungfernstieg vor dem Schweizerpavillon size und über Hamburg's Verherrlichung nachdenke, als Vignette paradieren soll.

Kapitel IV.

Für Leser, denen die Stadt Hamburg nicht bekannt ist und es giebt Deren vielleicht in China und OberBaiern für diese muss ich bemerken, dass der schönste Spaziergang der Söhne und Töchter Hammonia's den

[ocr errors]
« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »