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Daher denn die krankhafte Askese und die manchfaltigen Mittel der Entkörperung, die Enthaltsamkeit und die strengen Uebungen, die Daniel, Henoch, Esra und andere Bücher dieser letzten Zeit em= pfehlen und die sich nicht wie bei den Pharisäern ausschließlich auf bestimmte mosaische Gebote gründen, sondern hervorgehen aus dem Grauen vor der Materie und ihren Dämonen, die alle diese Genüsse, Reize, Lockungen dem armen Sterblichen anbieten, nur um ihn immer tiefer in die Schlingen der sinnlichen Welt zu verstricken. Die Seele zu lösen aus diesem Zusammenhang mit dem sinnlichen Leben und ein Band nach dem andern zu lockern, durch das sie an den Körper gefesselt ist, mit allen Mitteln körperlicher und geistiger Diät die Energie des sinnlichen Lebens zu brechen, damit der Geist frei sei, das ist eine Aufgabe, die das ganze Leben in Anspruch nimmt und der der Essäer jeden Tag seines Daseins nachlebt.

In diesem Bestreben hat der Essäismus allerdings spätere Erscheinungen der christlichen Askese nahezu vollständig anticipirt. Das obere Thal von Engeddi, wohin Plinius die Mehrzahl der essäischen Ansiedelungen verlegt, war auch ganz zu einem solchen MönchsLeben geeignet. Aus der Wüste Juda führt, ungefähr drei Stunden nördlich von Masada, ein Zickzackweg über Felstrümmer und Steingeröll wohl 1500 Fuß hinab zu einer reichen Quelle, die verborgen unter buschigen Ufern zum todten Meer ihren Weg sucht. Der Ort hieß Engeddi, Bocksquelle, wohl weil kletternde Ziegen zuerst diesen Pfad ausfindig gemacht hatten. Eine paradiesische Vegetation ernährt die Bewohner dieser tief versteckten Oase fast ohne Arbeit. 1 Im obern Theil der Schlucht und in den parallel laufenden Felsthälern haben wir die essäischen Ansiedelungen zu suchen. 2

Jede derselben hatte ein eigenes Ordenshaus, wo für Bäder in kaltem, fließendem Wasser gesorgt war, 3 einen größern Speisesaal, der alle Brüder faßte und eine eigene Synagoge, wo dieselben nach ihrem Ritus den Sabbath begingen. 5 Neben diesen Colonien hausten auch einzelne Einsiedler bei einsamen Bergquellen, um da noch strenger als die Brüder bei Tag und Nacht zu baden, in ihrer Nahrung auf die wildwachsenden Kräuter ihrer Flur beschränkt und doch häufig umgeben von heilsbegierigen Jüngern, die

1. Furrer, Wanderg. 158 f. 2. Plin. V: 17. 4.

3. Bell. II; 8, 5. Philo, Q. o. p. lib. 877. 878. Frankf. Ausg. 4. Ibidem ὁμοφόριον, ὁμοδίαιτιον, ὁμοτράπεζον,

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5. Philo. 1. c.

sich ihren strengen Ucbungen anschlossen.

Auch in einzelnen Städten Judäas fanden sich essäische Gemeinden, die dort nach gleichem Ritus lebten und den wandernden Brüdern eine reine Stätte bieten konnten und mußten. 2 Ein Essäerthor wird gelegentlich in Jerusalem selbst erwähnt.3 Es scheint danach, daß vor dem ersten christ= lichen Jahrhundert, aus dem unsere Nachrichten stammen, die Essäer sich noch nicht aus dem Volksleben gänzlich zurückgezogen hatten, und deßhalb aus jener Zeit in manchen jüdischen Städten noch Angehörige ihres Ordens zurückgeblieben waren. Die Gesammtzahl derselben in Palästina wurde auf 4000 geschätzt. Sie hatten ihre Vorsteher (Epimeleten, Epitropen) dazu ihre Fremdenpfleger und waren überhaupt streng organisirt. 6

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Es unterliegt nun gar keinem Zweifel, daß es sich bei diesen Associationen zunächst um eine möglichst strenge Erfüllung des mosaischen Gesetzes handelte. Nach Philo war ihr ganzes Streben ausschließlich auf den ethischen Theil der Philosophie, das heißí auf das Gesetz gerichtet und zwar wollten sie im mosaischen Gesetz Alles entdecken, was nöthig sei, damit Leib und Seele wahrhaft genese. Sie lesen es nicht am Sabbath nur, sondern bei Tag und Nacht, ja alle andere Philosophie ist ihnen geradezu verboten. Den Namen des Gesetzgebers zu lästern, ist das höchste Verbrechen, das mit dem Tode gestraft wird, 10 und seine Bücher auszuliefern, ist auch bei Folter und Todesqual dem Essäer unmöglich. 11

Der Sabbath wird bei ihnen strenger gefeiert als irgendwo in Judäa. Sie wagen an diesem Tag kein Feuer anzuzünden, noch irgend ein Gefäß von der Stelle zu rücken, sondern bereiten alle Speisen schon am Tag zuvor. 12 Auch andere Gebote des Gesetzes erfüllen sie mit strengster Consequenz. Wenn das Gesetz sagt, Du sollst nicht tödten, so verbietet der Orden sogar den Krieg und jede Beihülfe dazu, das heißt die Verfertigung von Geschossen, Pfeilen, Wurfspießen, Schwertern oder anderen Waffen. 13 Selbst Thiere zu

1. Jos. vita 2. 2. Bell. II; 8, 4.

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3. Bell. V; 4, 2. 4. Bell. II. 8, 4. V; 4, 2. Vgl. über die ältern Essäer: Bell. I, 3; 5; Bell

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II; 7, 3. Philo, Quod Aut. I. c.

7. Quod omn. prob. 1. Frankf. Ausg. 877. Mangey II, 458. 8. Bell, 10. Bell. II; 8, 9. 11. Bell. II; 8,

II; 8. 6. 9. Philo 1. c.

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tödten, scheint ihnen nicht unbedenklich gewesen zu sein, da sie nur von Pflanzenkost leben. Aus späterer Zeit wird berichtet, daß sie wegen des Gebots, kein Bildniß des Jrdischen oder Ueberirdischen zu machen, keine geprägten Münzen anrührten, auch durch kein Thor gingen, das mit Bildern geziert war. So sehen wir alle Gebote des Judenthums bei ihnen zu ihren Consequenzen fortgebildet. Dennoch hätte die Erfüllung dieser Vorschriften es keineswegs nöthig gemacht, aus den Märkten Judäas auszuscheiden und sich in der Wüste Juda zu verbergen. Dazu trieb sie erst jene krankhafte Reinheitsangst, die im Treiben des Weltlebens ihre mühsam errungene Reinheit jeden Augenblick durch irgend einen Zufall ge= fährdet sah. Wie Priester am Vorabend ihrer Function oder Nasiräer, wenn ihre Tage voll wurden, mit einem gewissen Bangen an die Möglichkeit einer gelegentlichen Verunreinigung dachten, so war diese Reinheitsangst geradezu Lebensstimmung der Essäer ge= worden. Daß dieß das Motiv ihrer Absonderung war, folgt aus ihrem ganzen Gebahren. Der Novize wurde erst nach einer vorausgegangenen einjährigen Reinigung und Vorbereitung zu den gemeinsamen Bädern zugelassen. Auch dann blieb er vom heiligen Mahl noch zwei Jahre ausgeschlossen. Förmlich in den Orden aufgenommen darf er dann nur noch von Essäern bereitete Speise genießen, 2 und ausgestoßene Ordensglieder verhungerten lieber, als daß sie die Speise eines andern jüdischen Mannes berührt hätten. 3 Selbst römische Tortur konnte das an gefangenen Essäern mit allen Martern nicht erzwingen.

Vor dem Mahl baden die Ordensbrüder gemeinsam, damit Keiner unrein den Speisesaal betrete. Im Festgewand geht man zur Tafel. Der Speisesaal selbst wird wie ein Tempel heilig ge= halten und bleibt den Ungeweihten ewig verschlossen. Die Speise berührt Keiner, ehe sie durch das Gebet des Priesters geweiht ist.5 So ist das ganze Leben der Essäer eine Flucht vor Unreinheit. Nicht nur, wenn ein Fremder, sondern auch, wenn ein Novize des eigenen Ordens ihn berührt, muß er sich waschen. Das Salböl, das den andern Juden als festliche Zierde gilt, von der der Bart Aarons trieft, verunreinigt den Essäer und wird durch Lustration

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beseitigt. Frauen werden in den strengeren Colonien nicht geduldet, weil ihre Unreinheit die Reinheit der ganzen Gemeinschaft in Frage stellen könnte. Wo aber die Ehe erlaubt ist, da ist das Weib noch strengern Vorschriften der Lustrationen unterworfen als der Mann. 1 Folgerichtig hätten sie die Ehe ganz abthun müssen, wie sich bei Johannes dem Täufer ja das Wort findet, im Nothfall könne sich Gott aus Steinen Kinder erwecken, 2 doch haben sie sich nach dem ausdrücklichen Bericht des Josephus dieser Consequenz entzogen. Eine seltsame Vorsicht beobachten sie beim Ausspeien, damit der Speichel Niemanden verunreinige oder nach der rechten Seite falle. Ebenso sind die natürlichen Ausscheidungen des Körpers ein Gegenstand ihrer Sorge, die sie nur mit Rücksicht auf eine Vorschrift des Gesetzes zu beseitigen wußten. Du sollst, lesen wir 5 Mos. 22, 12, einen Platz haben außerhalb des Lagers und sollst hinausgehen da= hin. Und eine Schaufel sollst Du haben bei Deinem Geräthe und sollst damit graben und wieder bedecken das Ausgeschiedene. Denn Jehovah, Dein Gott, wandelt inmitten Deines Lagers, um Dich zu erretten, und Deine Feinde Dir hinzugeben; und es soll Dein Lager heilig sein, daß er nichts Unanständiges in Dir sche." Was in jener Stelle schon im Sinn des theokratischen Gesetzgebers dem Gebiet der Reinlichkeitsvorschrift entrückt und unter den Gesichtspunkt der religiösen Pflicht gestellt worden war, das sahen nun die Essäer als eine der Grundbedingungen der theokratischen Reinheit jeder Gemeinde an, ohne die sie eine verunreinigte Stätte bleiben. würde. Sie legten darum auf die Erfüllung derselben einen so großen Werth, daß der Novize gleich bei der Aufnahme neben der Badschürze auch die Schaufel erhielt, um nach den Worten des Gesezes zu verfahren. Am Sabbath aber durfte der Natur in dieser Beziehung überhaupt nicht ihr Recht werden, was wohl auch besondere Vorkehrungen der Diät am vorigen Tage bedingte. Stets aber sollte eine eigene Waschung die gebrochene Reinheit wieder Herstellen. 3

Mit solchen Ansprüchen an die Reinheit des Einzelnen und der Ortschaften konnte man freilich nur in eigenen Ansiedlungen seiner Ueberzeugung leben, und wir begreifen, daß eine solche Auffassung des Gesezes die Essäer in die Einsamkeit führen und das Leben

1. 1. c. § 15. 2. Mth. 3, 9. 3. §. 9.

der Essäerstädte ganz absonderlich gestalten mußte. Zurückgezogen von allen zweifelhaften Hantierungen, betrieb man hauptsächlich den Ackerbau und gelegentlich noch Bienenzucht. Das Leben der Colonie beginnt schon vor Sonnenaufgang mit Psalmen und Liedern. Gebete und Waschungen folgen. Dann geht man zur strengen Arbeit. Um 11 Uhr (zur fünften Stunde) versammeln sich die zerstreuten Arbeiter wieder zu gemeinsamem Bade in kaltem Wasser. Die geweihten Ordenskleider werden dann angethan, um gemeinsam das Mahl zu begehn, das mit liturgischer Feierlichkeit unter Gebeten eingenommen wird und das nur aus einem Brod und einem Gemüse besteht. Wein und Fleisch fehlen ganz. Still werden dann die Ordensgewänder wieder abgelegt und die Mittagsarbeit begonnen. Das gleiche Wahl folgt am Abend und ein Gottesdienst beschließt den Tageslauf, damit die Seele, erfüllt von reinen Vorstellungen, hinüberschlummre und nicht im Traum die bis dahin zurückgedämmte Energie des körperlichen Lebens wieder hervorbreche. So verstreicht ein Tag um den andern wie ein Gottesdienst und entsprechend dieser liturgischen Lebenshaltung ist die ganze Erscheinung der Ordensglieder von einer gewissen Feierlichkeit umgeben, die namentlich den Greisen des Ordens die höchste Verehrung der Menge eintrug. 2 Doch mischten sie sich nicht allzuviel unter das Volk, sondern lebten so abgeschieden als möglich „in Gesellschaft ihrer Palmen“.

Eine Consequenz ihrer Lebensart war die Gütergemeinschaft, da ja der Orden allein die Bedürfnisse des Lebens in einer reinen und zum Genuß erlaubten Form herstellen konnte. Gütergemeinschaft wirkt aber überall auf einfache Sitten. Ein Unterkleid ohne Aermel war ihre Tracht im Sommer, ein Mantel aus Rauhwerk ihr prophetisches Wintergewand. 3 Bei dem Verhältniß der Colonien untereinander brauchten sie auf ihren Reisen „nicht Gold noch Silber, noch Erz in dem Gürtel“ zu haben. Denn „das tägliche Brod“ fanden sie bei jedem Bruder. Diener und Sklaven kannten sie nicht. Der Unterschied zwischen Freien und Unfreien schien ihnen sogar frevelhaft, da der Orden nur eine Unterscheidung kannte, die der Reinen und Unreinen. Fragen wir nun aber, wozu dieser erstaun= liche Aufwand von asketischen Enthaltungen und Uebungen dienen sollte, so gibt Josephus darauf eine bündige Antwort.

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