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3. Die Synagoge.

Wenn, troß ihrer günstigeren Stellung, dennoch die Synagoge die geschworne Feindin der Römerherrschaft war, so hängt das mit ihrer allgemeinen Stellung als Pflegestätte des mosaischen Lebens zusammen. Die Schule war im Lauf der Zeiten das Asyl gewor= den, wohin die einer staatlichen Eristenz entbehrende theokratische Idee sich gerettet hatte. Es reicht diese ihre Stellung in die Zeit zurück, in der die Tempelämter abtrünnigen Priestern, die obern Gewalten halbheidnischen Machthabern, das öffentliche Leben dem Einfluß ägyptischer oder syrischer Uebermacht erlag, ja noch weiter hinauf in die persische Zeit. Im Ausland bildete sie den Sammelpunkt, der die Diaspora um das Gesetz der Väter vereinte. „Nichts Anderes, ruft der große Schriftgelehrte Alexandriens aus, sind unsre Bethäuser in den einzelnen Städten, als Lehranstalten der Klugheit, Tapferkeit, Mäßigung und Gerechtigkeit, der Frömmigkeit und Heiligkeit, kurz jeder Tugend, welche Menschliches und Göttliches erkennt und ordnet." 1 Für dieses zerstreute Israel, wie für die Bewohner der palästinensischen Landstädte, sollte der Gottesdienst in der Synagoge die Theilnahme an dem Tempeldienst zu Jerusalem ersetzen und wurde darum zur Zeit der Opferstunden des Tempels gehalten. Das Opfer, das Gott dargebracht wurde, war Gebet, und, wie beim Tempel an Festtagen die Zahl der Opfer, so wurde in der Synagoge in festlichen Zeiten die Zahl der Gebete vermehrt. 2 Da es Pflicht eines jeden Israeliten war, sich zur Opferstunde in dieser symbolischen Weise am Tempelleben zu betheiligen, 3 so waren mit der Zeit allenthalben Synagogen entstanden, damit die Gläubigen gemeinsam diese Pflicht erfüllen könnten.

Zur Zeit Jesu hatte jede mäßige Stadt Palästinas, wie Nazareth oder Kapernaum, wenigstens eine Synagoge und daneben einige in Mauern eingeschlossene Betpläge (Proseuchen), welche zum Behuf der gesetzlichen Waschungen, womöglich an fließenden Wassern,

1. Philo, Mos. ed. Mang, p. 168. Frankf. Ausg. 685. Gesch. d. Jud. u. s. Sekt. 1, 168. 3. Vgl. Dan. 6, 11.

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oder auch am See oder Meeresgestade eingerichtet wurden, ' während man die Synagogen auf Anhöhen stellte, von denen sie die Häuser der Stadt überragten oder an Straßenecken und Thorwege, in Erinnerung an die Worte des Spruchdichters: an der Ecke lärmender Straßen ruft die Weisheit; in den Eingängen der Stadtthore spricht sie ihre Rede. Die Synagogengebäude dieser Zeit sind meist einfache, rechtwinklige Räume mit einer Säulenhalle und dekorirt mit der wenig geschmackvollen Schnirkelverzierung jüdischer Kunst. 3

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Zumeist an Sabbathen und Festtagen, dann aber auch am Montag und Donnerstag, den beiden Markttagen, an denen die Landleute ihre Früchte auf den Markt und ihre Streitigkeiten vor Gericht brachten, versammelte man sich hier zum Gebet und zum Anhören der biblischen Abschnitte. Die Weiber saßen in gesonderten Sitzen. Die vordersten Stühle nahmen die Synagogenvorstände und angesehene Schriftgelehrte ein, um, wenn der Archisynagogos sie zur Verlesung der Torah aufrief, sofort das dem Redner bestimmte Gerüst betreten zu können. Frommer Ehrgeiz drängte sich oft zum Anstoß Anderer in diese Stühle, oder es gewann sic auch das reichere Kleid des Vornehmen dem Dürftigen ab. „Wenn in eure Synagoge, jagt der Jakobusbrief, ein Mann mit goldenen Ringen eintritt und mit prächtigem Kleide, es tritt aber auch ein Armer ein in unsauberem Kleide, so seht ihr auf den, der das präch tige Kleid trägt, und sprecht, setze Du Dich her auf das Beste; und zu dem Armen sprecht ihr: Stehe Du dort oder setze Dich her unter meinen Fußschemel." 7

Jede dieser Synagogen hatte einen eigenen Vorstand, den Archifynagogos, der das ganze Synagogenwesen leitete und über Ordnung bei den Zusammenkünften wachte. Ihm zur Seite stand ein Collegium von Presbytern, die sich theils um die regelmäßige Erbauung der Gemeinde, theils um die ökonomischen Angelegenheiten der Synagoge verdient machten. 9

1. Act. 16, 13. Ant. XIV; 10, 23.

Franks. Ausg. 982. Juven. Sat. 14, 104.

Philo in Flacc.

Mang. p. 535.

2. Spr. 1, 21. Luc. 4, 29.

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3. Renan, Vie de J. 8. 4. Hier. Meg. f 75, 1. Grätz, Gesch. d. Jud. 4, 97.

5. Philo, de vita contempl. II; 476. Frankf. Ausg. 894.

tanzel kommt schon Neh. 8, 4 und 9, 4 vor;

die nowτonadedoia
8. Mth. 9, 18.

6. Die Lehr

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Mth. 23, 6. Luc. 13, 14.

9.

Act. 13, 15. Mr. 5, 22.

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Weitere Beamten sind der Vorbeter, der zugleich als Secretär und Synagogenbote (Apostel) die auswärtigen Geschäfte der Synagoge besorgte, der Aufwärter (Synagogendiener 2) und die Almosensammler (Diakonen). Wie es scheint, thaten sich zeitweise beson= dere Kreise zusammen, um eine Synagoge zu bauen, deren Unterhaltung dann auch ihnen oblag. So waren in Jerusalem, das nicht weniger als 480 Synagogen gehabt haben soll, 3 Synagogen der Cyrenäer, Alexandriner, Cilicier und anderer Landsmannschaften. Bei den Festen mochten diese sich den Gästen aus ihrer Heimath hülfreich erweisen und wohl auch sonst die neu ankommenden Rabbinenschüler an sich heranziehen. Daß auch reiche Privatleute für arme Gemeinden Schulen bauten, geht aus der Erzählung vom Hauptmann von Kapernaum hervor. 5

Der Gottesdienst der Synagoge war ein ungemein gedehnter. Er begann mit Gebeten, die stehend verrichtet und an den Festen vermehrt wurden, da an ihnen ein reichlicheres Gebetsopfer ziemlich schien. Daher stammt wohl das Bartoloyɛiv, das Jesus an seinen Zeitgenossen tadelt, während Rabbi Chanina im Gegentheil sagte: „Wer sein Gebet lang macht, der wird nicht leer zurückkommen.“ 7 Nachdem der Vorbeter die geseßlichen Gebete unter Theilnahme der Gemeinde gelesen, wird die heilige Rolle von dem Synagogendiener aus dem Schrank genommen, und es folgt durch einen dazu Aufgerufenen die Verlesung eines Abschnitts aus der Torah, die zu diesem Zweck in 154 Paraschen eingetheilt war. Sie sollte im Laufe von 3 Jahren ganz absolvirt werden und nahm noch immer die erste Stelle des Gottesdienstes ein, da es sich vor Allem darum handelte, das Volk beim Gesetz zu erhalten. Vers für Vers, abwechselnd mit dem dazu bestellten Uebersetzer, las der Aufgerufene den Tert und der Uebersezer sprach das Targum, d. h. die aramäische Paraphrase. So hatte schon Esra es eingeführt, nur daß damals der lesende Levite selbst die Uebersetzung hinzufügte. „Sie lasen das Gesetz Gottes, heißt es, deutlich und gaben den Sinn an und erflärten es beim Vorlesen. Und das Volk war froh, denn es hatte.

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1. Mischna rosch hasschana 4, 9. Apoc. 2, 1. Act. 13, 2. 2 Cor. 8, 23.

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6. Mth. 6, 5. 3, 15. Act. 15, 21. Vortr. d. Jud. S. 3, 62.

9. Meg. 4, 10.

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die Worte verstanden, die man ihm kund gethan."

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In einzelnen Synagogen scheint die Paraphrase schon damals griechisch gewesen zu sein, wie denn überhaupt das Volk schon meist griechisch verstand. 3 Namentlich in den Grenzbezirken war das Aramäische auf dem Rückzug vor der Sprache der Hellenen, etwa wie heute das Deutsche im Elsaß vor der Sprache der großen Nation. 4

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Nach Verlesung und Paraphrase der Torah folgten Respon= sorien mit der Gemeinde, nach welchen man zu den Propheten überging. Auch sie waren zu diesem Zweck in Abschnitte, Haphtaren, zerlegt, deren Verlesung und Uebersetzung der Aufgerufene, nachdem er das Buch dem Diener zurückgegeben, die erbauliche Anwendung, im Midrasch hinzufügte. Von dem Vortrag eines rechten Schriftgelehrten sagt Jesus, er hole, einem Hausvater gleich, Altes und Neues aus seinem Schage hervor, wie er selbst in der Synagoge zu Nazareth auf die bekannten Erzählungen von Naeman dem Syrer und der Wittwe von Sarepta zurückgriff. 7 Aehnlich bebeschreibt auch Sirach 39, 1 ff. die Reden des Schriftgelehrten: „Er erforschet die Weisheit aller Alten und in den Weissagungen studirt

Die Reden berühmter Männer merket er, und in den Tiefsinn ihrer Sprüche dringet er ein. Versteckte Gleichnisse erforscht er und mit Räthselsprüchen beschäftigt er sich."8 Der Siracide selbst hat uns eine Reihe solcher Reden im Stil des Midrasch hinterlassen in jenem Abschnitt, der mit den Worten beginnt: „Noch will ich meine Gedanken aussprechen, denn wie ein Vollmond bin ich voll."9 Ebenso läßt sich in Philo's Schriften, wie z. B. in seiner erbaulichen Darstellung der Geschichte Mosis, oder in der Paraphrase der Genesis in den Jubiläen die Anwendung der heiligen Geschichte, wie sie im Midrasch üblich war, erkennen.

Von der Art, wie der mittlere Schlag der Schriftgelehrten dieser Zeit in den Tiefsinn der Sprüche eindrang und versteckte Gleichnisse erforschte," wird unten noch die Rede sein.

Es waren nach unseren Begriffen lange Gottesdienste, die bis in den Abend hinein Junge und Alte lautlos um die Lesung der

1. Neh. 8, 8. 12. 2. Apg. 6, 9. 3. Apg. 12, 40. 4. Bell. II; 13, 7. Vgl. den Kampf der Rabbinen dagegen bei Gfrörer, Jahrh. d. Heils 5. Act. 13, 15. 6. Luc. 4, 17. Philo, Mg. II; p. den Artikel Synagoge von Lehrer bei Herzog.

115.

7. Mth. 13, 52

458. 630. Vgl. Luc. 4, 20 ff.

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Schrift, dann aber auch wieder um eine erregte, oft durch stürmischen Zuruf unterbrochene Debatte vereinten, während draußzen vor der Synagoge in der Oeffentlichkeit und Gesprächigkeit orientalischen Lebens" die Fragen weiter discutirt wurden, die drinnen feierlich und schulmäßig behandelt worden waren. '

So war die Synagoge eine wirkliche Schule der Nation, und Josephus rühmt mit Recht, daß durch sie das Gesetz (Semeingut Aller geworden sei, und während bei den Römern selbst Procuratoren und Proconsule Gesegesverständige mit sich in die Provinzen nehmen müßten, wisse im jüdischen Hause jede Magd aus ihrem Gottesdienst, was Moses in jedem einzelnen Fall im Gesetz verordnet habe. 2

4. Die Schriftgelehrten.

Hatte das Synagogenwesen beim gemeinen Volk schon eine gewisse durchschnittliche Gesetzeskunde zuwege gebracht, so erzog es auch ganz von selbst besonders eifrige Schüler, die sich berufsmäßig auf das Studium des Gesetzes verlegten.

So hatte sich längst neben die Leviten, die ursprünglich nach Esra's Plan Lehrer des Volkes sein sollten, ein Stand von Schriftgelehrten gestellt, der im Lesen des hebräischen Tertes, im Targum und Midrasch den Leviten es zuvor that und aus dem sich die Synagogen ihre Sprecher, die Synedrien ihre Mitglieder zu wählen gewohnt waren.

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Man nannte sie noch immer die Sopherim", die Schreiber, weil sie zuerst diejenigen gewesen waren, die die Fertigkeit besaßzen, für neu errichtete Synagogen das Gesetz genau und richtig abzuschreiben, verstand aber unter diesem Namen in unserer Zeit alle die Männer, deren Herz, wie weiland das Esra's, darauf „gerichtet

1. Luc. 4, 16. 22. Act. 13, 15. Philo: nyɛitaι μézọi ozɛdòv deiins ὀψίας. Philo. d. sept. et fest. Franks. Ausg. 1178, vgl. 877. Mang. II; 458. 630. Vgl. Keim', der geschichtl. Christus S. 72. Jes. von Nazara S. 433, 2. Ap. II; 17. 18. 19.

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