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wurde, nicht mehr von der Stelle rührten, sondern blieben, wo die Posaune sie überrascht hatte. Als Sabbatharbeiten wurden ver boten: Säen, Pflügen, Ernten, Garbenbinden, Dreschen, Worfeln, Fruchtsäubern, Mahlen, Sieben, Kneten, Backen, Wollescheeren, Waschen, Klopfen, Färben, Spinnen, Weben, Flechten, Schlüpfen, Trennen, Knoten machen und lösen, Nähen und Aufreißen, Jagen, Schlachten, Häuten, Holzschlagen, Gerben, Schreiben, Auslöschen um zu schreiben, Bauen, Einreißen, Feuer machen oder löschen, hin und her tragen u. s. w. Daneben machte aber die Mikrologie der Rabbinen sich noch viel damit zu schaffen, immer neue verbotene Thätigkeiten auszufinden, nachdem man sich im Allgemeinen auf 39 verständigt hatte. 2 Zur Begründung der Heiligkeit des Sabbaths ergab man sich den wundersamsten Speculationen. Philo nennt ihn öfters „den Geburtstag der Welt."3 Man glaubte, daß er im Himmel und in der Hölle gefeiert werde, und daß selbst die armen Seelen in der Gehenna am Sabbath Ruhe hätten. Sogar die Natur meinte man der Sabbathfeier unterworfen und kannte fromme Flüsse, die nur am siebten Tage fließen, und frömmere, die am Sabbath versiegen, um erst am folgenden Tag ihren Lauf fortzusetzen. 6

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Der Geist des Schriftgelehrtenthums geht aus den angeführten Beispielen schon mit hinlänglicher Deutlichkeit hervor, so daß es nicht nöthig sein dürfte, die Menge von Bestimmungen, Entscheidungen und Anordnungen über andere Gegenstände, wie Opferdienst, Ausgaben und Einkünfte des Tempels, Festfeier, Gebote, Tephillin; oder über die Fragen des Erbrechts, der Proceßordnung und des Rechtsverfahrens, soweit sie bekannt sind, aufzuführen.

Wird man auf der einen Seite diesem Festhalten an der Tradition, das zugleich als Festhalten an der ächten Theokratie erschien, seine Achtung nicht versagen können, so ist doch anderseits der Schaden nicht zu verkennen, den ein in erster Linie auf die äußer liche Darstellung des religiösen Lebens gerichtetes Kirchenthum auch hier mit sich führte. In dem Maaß, in dem die Aufmerksamkeit auf die Einhaltung des objectiv Gesetzlichen gerichtet war, in demselben Maaß wurde das Subjective der Gesinnung verwahrlost.

1. Jost, Judenth u. s. S. I, 178.

2. Mischna, Sabb. 7, 2. I, Mang. 113. 114. III, 167. 4. Stellen bei Gfrörer, a. a. O.

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Seit die Zahl der Reinigungen, Zehnten, Fasten- und Feiertags= gebote, zu der ein treuer Israelite verpflichtet sein möchte, der einzige Gegenstand der theologischen Controverse geworden war, dachte man um so weniger an die Grundforderungen eines religiösen und ittlichen Lebens, die doch vor Allem das wahre Israel auszeichnen sollten. Strafend weist darum Jesus hin auf die gereinigten Becher, deren levitisch reiner Wein vielleicht mit geraubtem Geld bezahlt war oder, unter Einhaltung aller Reinheitsvorschriften, dennoch der Völlerei diente. 2 Man hatte das Heilige sich ganz fest und sicher stellen wollen in durchaus objectiven Vorschriften, aber während man es in festen Formen zu firiren bemüht war, war, was daran heilig war, entwichen und nur das Kleid, der Schein des Heiligen war übrig. Daher die starke Reaction gegen das Gesetzeswesen in tiefern Gemüthern, denen die Einsicht geworden war, daß die Rechtfertigung nicht aus solchen Werken, sondern aus der innern Welt des Glaubens und der Gesinnung hervorgeht. Daneben wurde auch von Jesus sowohl als von Paulus dieses ganze Ergebniß der rabbinischen Schulthätigkeit als eine schwere Last empfunden. Wie der Talmud kurzweg von den Plagen der Pharisäer spricht, 3 so redet Jesus von der Bürde, die zwar der Rabbi in seiner ab= gezogenen, dem Lehrhaus geweihten Thätigkeit mit keinem Finger rühre, die aber das Volk auf dem Markt des Lebens empfindlich beenge und das einzelne Gemüth verwirre, das nicht wie der Schriftgelehrte die Vorschrift als Gegenstand der Controverse, sondern als eine ernste Frage des ewigen Heils versteht. Die Rabbinen selbst haben die Masse z. B. ihrer Sabbathsvorschriften, die durch eine unendliche Reihe von Folgerungen aus der Schrift abgeleitet sind, und oft nur durch einen dünnen Faden mit derselben zusammenhängen, einem Berge verglichen, der an einem Haare hänge. Aber dieser Berg, den sie mit der Freude eines Gelehrten betrachteten, drückte wie ein Alp auf dem wirklichen Volksleben. Denn es handelte sich ja bei der Thätigkeit der rabbinischen Schule keineswegs um die Herstellung einer richtigen Theorie über das Gesez, sondern um praktische Vorschriften für ein vor Jehovah gerechtes Leben. Und darauf eben beruhte die Macht der Lehrer im jüdischen Staat, daß sie allein die Pflichten eines gerechten Lebens bestimmten für

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1. Ueber den Stand der Sittlichkeit in Jerusalem gibt Psalt. Salom. (De la Cerda, advers, sacra pag. 8) Ps. VIII, 9–11 üble Andeutungen. Ebenso IV, 3. 4. 2. Mth. 23, 25. 3. Sota f. 20.

Jedermann. Jeder Jude hatte die Pflicht, nach den richtig verstandenen Geboten der Torah im Leben und Haus zu verfahren. War aber dieses ächte Judenthum ein so Complicirtes, dann war der Fromme auf Schritt und Tritt des Raths der Schriftgelehrten bedürftig, und wo Einer sie nicht hätte fragen wollen, hielten sie sich selbst für befugt, durch Zuspruch, Warnung, gerichtliche Verfolgung und Aufwiegelung der Masse, ihn zur Einhaltung ihrer Bestimmungen zu nöthigen. Die Evangelien zeigen uns die Schriftgelehrten vielfach in dieser Stellung, die sich daraus erklärt, daß nicht blos das Heil des Einzelnen, sondern auch die Erfüllung der messianischen Verheißungen von der Treue gegen das Gesetz abhängig gedacht ward. So konnte kein Einzelner, auch wenn er gewollt hätte, sich von ihnen emancipiren. Sie hatten nach der Deutung, die Jesus dem bei der Semichah ihnen überreichten Schlüssel gibt, den Schlüssel zum Himmelreich und das Binden und Lösen für diese und jene Welt, denn nur sie kannten die Bedingungen. der von Gott verlangten Gerechtigkeit, nur sie wußten jedes Ding nach Maaßgabe des Gesetzes zu behandeln. So war der Rabbi weit mehr als der Priester dem Volk unentbehrlich. Kam Einer zur Welt, der Rabbi beschnitt ihn, kam Einer zur Schule, der Rabbi unterrichtete ihn, nahm einer ein Weib, der Rabbi schrieb den Vertrag, entließ er die Unverträgliche oder Sittenlose, der Rabbi prüfte den Scheidebrief. Er ist die Urkundsperson bei Kauf und Verkauf, bei Darlehen, bei Uebereinkünften und öffentlichen Acten. So wurde der einzelne Lehrer geradezu als Richter angesehen, und Jesus war der Aufforderung ausgesetzt, als Erbschichter zwischen. den Parteien die Erbtheilung vorzunehmen, 2 oder als Criminal= richter über die Ehebrecherin das Urtheil zu fällen. 3 Der Talmud kennt viele derartige Fälle, in denen der einzelne Rabbi ohne Weiteres als ordentlicher Richter auftritt, und es war das ja auch nur die consequente Anwendung des theokratischen Gedankens, daß der wahre Schriftverständige, als Interpret des göttlichen Willens, auch der rechte Richter sei.

Den Gesammtvorrath der Entscheidungen, Erläuterungen, Zusäge und Festsetzungen der Rabbinen faßte man unter dem Namen Halacha, welches Wort ebensowohl Resultat als Praris bedeuten

1. Mth. 16, 19. Bell. jud. I; 5, 2. 2. Luc. 12, 14. 3. Joh. 8, 3. 4. Jost, 2, 243,

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fann, zusammen. Die halachischen Säße sollten zur Sicherheit der Ueberlieferung mit denselben Worten mitgetheilt werden, wie der Lehrer sie mitgetheilt hatte. Ein festes Gedächtniß war darum das erste Erforderniß eines guten Rabbi. So wird der pharisäische Schriftgelehrte Elieser (aus der Zeit des zweiten Aufstandes) mit der bezeichnenden Wendung gepriesen: er sei eine verpichte Grube, die keinen Tropfen Wassers verliert. Eigene Geistesthätigkeit wurde weit weniger verlangt. Neuen Behauptungen gegenüber pflegte der genannte Rabbi einfach zu erwidern, „das habe ich nie gehört." Damit war für ihn die Sache abgethan. Aber auch schon Josephus rühmt sich in erster Reihe seines Gedächtnisses, um seine Befähigung zum Schriftgelehrten darzuthun, war ja doch der große Hillel einzig durch ein glückliches Citat Synedrialhaupt geworden. „Die Lehrer sagen", ist daher die stehende Form der Mischnah und auch im Evangelium findet sich davon ein Anklang in der Frage: Was sagen die Lehrer, Elia müsse zuvor kommen?" 3 Bei diesem rein mündlichen Verfahren erschien denn selbstverständlich derjenige als der Bedeutendste, der im Citiren gewandt und schlagfertig war. Durch ein überraschendes Citat, den Gegner zu verblüffen, war des Rabbinen höchste Kunst. So ist es den Lehrern als eine bewundernswerthe Antwort erschienen, daß ein pharisäischer Rabbi auf die sadducäische Frage, warum die Schrift gerade auf Pergament von reinen Thieren geschrieben sein müsse, erwiderte, weil geschrieben steht: Dein Wort soll immerdar in meinem Munde sein“, oder wenn ein Anderer auf die Frage, wann man die Kinder griechisch lehren solle, erwiderte, in der Zeit, die nicht Tag und nicht Nacht ist, denn es steht geschrieben, das Gesetz sollst Du Tag und Nacht studiren."5 Aehnliche Scenen bietet wohl auch das Evangelium. Die Sadducäer wollen durch eine fingirte Geschichte, Jesu Lehre von der Auferstehung der Todten verspotten, er aber erwidert ihnen: Steht nicht geschrieben: Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs? Gott aber ist nicht ein Gott der Todten, sondern der Lebendigen", 6 und setzt sie durch diese unerwartete An= wendung des Schriftworts außer Fassung. Auch Paulus verbesserte seine Heftigkeit gegen den Hohenpriester Hannas im Synedrium

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1. Geiger, Urschrift und Uebersetzung der Bibel p. 153. - 2. Vita 2. —. 3. Mr. 9, 11. Auch das: „Ihr habt gehört, daß den Alten gesagt ist." Mth. 5, 21. 33. 4. Herzfeld, 3, 386. Grätz 79. 455 ff. 5. Menachot 99, b. 6. Mth. 22, 32.

mit dem schlagfertigen Citat: „Den Fürsten Deines Volks sollst Du nicht lästern.“ (2 Mos. 22, 27.) So war in allen Lebenslagen Recurs auf die Schrift der Trost und die Zuflucht eines schulgelehrten, jüdischen Mannes.

Diese Sitte, mit Citaten oder kurzen Schlagworten Beweise zu führen, und die Bestimmung der Rede nicht für schriftliche Verbreitung, sondern für mündliche Fortpflanzung gab derselben dann auch den bekannten sententiösen Charakter. In der mündlichen Ueber= lieferung schliffen sich solche epigrammatische Vorträge noch mehr zu faßlichen, scharf geformten Sinnsprüchen zu, so daß die Pirke Aboth gerade wie die Bergpredigt von den Reden der Lehrer nur die λóyia weitergeben, das heißt einen Regen von sprüchwörtlichen Sentenzen, wie sie in dieser Fülle doch nie über eine Versammlung ausgegossen wurden, obgleich die Lehrer allerdings die gnomische Form liebten. Auch die Vorliebe für die Parabel entspricht dieser rein mündlichen Lehrweise, weil sie das schwerer zu fassende Interesse des Hörers spannt und mit der leicht sich einprägenden Erzählung auch die Lehre zum Eigenthum des Hörers macht. Die eben erwähnte Eheparabel der Sadducäer ist ein Beweis, wie geläufig und beliebt diese Lehrform allgemein war. Schlagende Beispiele parabolischer Lehrweise, die erhalten sind, scheinen allerdings nach den Evangelien geformt und stammen aus einer spätern Zeit. 2 Wem war Moses, unser Lehrer gleich," frägt das Midrasch Kohelet? 3 „Er war gleich dem Sohne einer gefangenen Frau, welche im Gefängniß einen Sohn gebar, ihn erzog und starb. Einmal ging der König an der Thüre des Gefängnisses vorüber, da fing der Knabe an zu schreien und zu rufen: O Herr! Ich bin hier geboren und erzogen, und weiß nicht, wegen welcher Sünde ich gefangen gehalten werde! Der König antwortete: Wegen der Sünde deiner Mutter!“ Das Gleichniß soll darthun, daß des Gesetzgebers Tod nicht Strafe seiner Sünden sei, sondern der Sünde der Ahnen.

Auch das beweist, wie geläufig dem Rabbinen die Parabel war, daß die rabbinische Auslegung Parabeln in der Schrift fand, wo

1. Act. 23, 5. 2. So z. B. das Gleichniß des Rabbi Elieser: „Es gibt keine Buße als vor der Stunde des Todes, wem soll ich dieß vergleichen? Einem Menschen, der eine längere Seereise macht. Nimmt er kein Brod mit u. s. w. Pirke R. Elieser C. 43. Aber dieselben sind z. Th. erst im achten Jah rhundert abgefaßt. 3. VII; 16.

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