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aber eine solche Methode in der Zeit lag und für eine Cultur Bedürfniß war, die den Bestimmungen ihrer ererbten heiligen Urkunden entwachsen, sich dennoch aus ihnen rechtfertigen wollte und rechtfertigen mußte, das beweist der Beifall, mit dem Hillels Deutungsregeln aufgenommen wurden, deren Verfasser man ihretwegen als zweiten Esra pries. Selbst seinere Geister wie Philo und Josephus, und ernstere Gemüther wie Paulus konnten dieser Methode sich nicht entziehen, sie konnten sie nur in ihrer Anwendung beschränken und durch ihren religiösen Tact zum Erweis sittlicher Wahrheiten statt zur Begründung rabbinischer Einfälle verwenden, aber fremdartig bleibt uns diese Methode der Argumentation dennoch. Nach jenem zuerst erwähnten Verfahren Hillels (Kal-waChomer) d. i. vom Geringeren zum Höheren schließt z. B. Paulus 1 Kor. 9, 9 ff., wo er aus 5 Mos. 25, 4 beweisen will, daß das Gesetz dem Lehrer sein Auskommen zuspreche. „Rede ich Solches nach menschlicher Weise? Oder saget nicht auch das Gesez Solches ?. Denn im Gesetz Moses stehet geschrieben, Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden. Gott sorgt doch nicht für die Ochsen? Oder spricht er allerdings um unseretwillen? Denn um unseretwillen steht geschrieben, daß, der da pflüget, auf Hoffnung pflüget" u. s. w. Nach dem zweiten Verfahren der Analogic (Gesera Schawe) schließt er 2 Kor. 3, 7, unter Bezug auf 2 Mos. 24, 17, aus der Herrlichkeit des Bundes am Sinai, deren Abglanz Mosis Angesicht verklärte, auf die Herrlichkeit des neuen Bundes, und ebenso wäre die dritte Methode, einen allgemeinen Satz aus einer einzigen Schriftstelle (mi-katub-echad) herzuleiten, unschwer in den Briefen des Apostels nachzuweisen. Wie sehr es aber bei allen Beweisen auf ihren innern Wahrheitsgehalt ankommt und nicht auf das Formale des Schlusses, das springt bei Vergleichung rabbinischer Syllogismen lebhaft in's Auge. Jenes vierte Verfahren (mi-schne Ketubim), der Beweis aus zwei oder mehreren Schriftstellen, ist z. B. eine der beliebtesten Beweismethoden des Talmud. Aber der Tractat Sanhedrin beweist mit ihr, nicht eine sittliche Wahrheit, sondern den Fürwitz, daß der Staub Adams aus der ganzen Welt zusammengebracht sei, indem er Ps. 139, 16: „Deine Augen sahen den Keim, aus dem ich entstand“, zusammenstellt mit

1. Z. B. Röm. 4, 3-9. 22. 23. 1 Cor 14, 21 a. O.

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2 Chron. 16, 9: „Des Herrn Augen schauen alle Lande", wonach der Keim des Menschen in allen Landen zerstreut gewesen wäre. Daß die Heiden Hunden gleich zu achten seien, wird bewiesen aus 2 Moj. 22, 31: Fleisch, auf dem Felde zerrissen, sollt ihr den Hunden vorwerfen“, vgl. mit 5 Mos. 14, 21: „Ihr sollt nichts Gefallenes essen, dem Fremdling, der in Deinen Thoren ist, magst Du es geben.“

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Jesus hat bekanntlich in den Wortgefechten, die die Rabbinen ihm aufnöthigten, sich absichtlich ihrer Streitformen bedient, während an seinen eigenen didaktischen Reden kein Hauch rabbinischen Wesens haftet. So kann man die Methode (Kelal u-Pherat), die aus dem innern Gegensatz der Begriffe operirt, angewendet finden in jenem schlagenden Syllogismus Mtth. 22, 44, wo er die Schriftgelehrten frägt: „Was dünket Euch von Christus? Weß Sohn ist er? Sie sprachen zu ihm Davidz. Er sprach zu ihnen: Wie nennet ihn denn David im Geiste einen Herrn? Da er saget, der Herr hat gesagt zu meinem Herrn, setze Dich zu meiner Rechten, bis daß ich lege Deine Feinde unter Deine Füße (Ps. 110). So nun David ihn einen Herrn nennt, wie ist er denn sein Sohn?" 3 Die hohe Geltung, in der ein solches abgeleitetes Schlußverfahren stand, beruhte auf dem Bedürfniß nach demselben für eine Zeit, die ihre neue Welt wenigstens in eine fictive Uebereinstimmung mit der Torah sehen wollte. Es war eine Anerkenntniß der Autorität der Schrift, daß man die Gegenwart aus ihr begründete, wiewohl es ohne Verdrehung und Mißhandlung ihres wahren Inhalts dabei nicht abgehen konnte. War nun aber eine solche syllogistische Kunst geläufig geworden, so beschränkte sie sich selbstverständlich nicht da= rauf, das Bestehende zu rechtfertigen, sondern wollte auch Neues aus dem Gegebenen herleiten, und so kam es zu jenem aberwitzigen Scharfsinn, für den die rabbinische Wissenschaft sprüchwörtlich geworden ist.

1. Jarchi zu Mos. 22, 31 bei Eisenmenger, Entd. Judenth. II, 365. 2. Vgl. auch Weizsäcker, Untersuchungen über die evangelische Geschichte. Gotha 1864, p. 358 ff.

3. Die ganze Reihe der Schlußformen findet sich in einer Art von Musterdispntation Hillels zusammengestellt bei Geiger, Sadd. u. Phar. S. 36.

Hausrath, Zeitgeschichte I.

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7. Die Geheimlehre.

Noch wird es nöthig sein, über diejenige Seite der Schriftgelehrsamkeit etwas zu sagen, die mehr als Geheimlehre der Eingeweihten behandelt wurde, die aber doch mit der ganzen Auffassung der Schrift, wie sie in den Schulen gebräuchlich war, zusam= menhing. Wie die ganze Tradition im Schrifttert enthalten sein sollte für diejenigen, die „den Schlüssel der Gnosis" besaßen, so konnten sich ja auch noch andere Geheimnisse in demselben bergen, um durch die an's Licht gezogen zu werden, denen das Auge aufgethan war. (5-3 war zuerst in Alexandrien, daß man diese Lehre von einem hinter dem historisch kritischen Sinn des Tertes zurückliegenden tiefern pneumatischen Schriftsinn aufstellte und ausbildete, weil sich auf diese Weise einestheils aus der Schrift Manchez wegräumen ließ, was der dortigen griechisch gebildeten Bevölkerung anstößig war, und weil man umgekehrt die Weltanschauung der griechischen Philosophie, mit der man sich befreundet hatte, nach dieser Theorie leicht in die Schrift hineintragen konnte.

Schon im Aristeasbrief, auf den sich die Fabeln von der Entstehung der Septuaginta zurückführen, gibt der Hohepriester Eleazar einer ägyptischen Gesandtschaft den Aufschluß, daß das Gesetz das Essen von wilden Vögeln verboten habe, um den Juden die Gerechtigkeit und die Mäßigkeit zu empfehlen. Thiere mit gespaltenen Klauen dagegen dürfe man genießen, weil sie an ihren Füßen die Unterscheidung darstellen, welche der Jude im Gegensatz zu den Heiden zu beobachten hat; und auch die ausdrückliche Erlaubniß zur Schlachtung der Wiederkäuer solle den Spott der Heiden nicht reizen, denn Wiederkäuung sei so viel als Erinnerung.

Einen noch weit ausschweifenderen Gebrauch hat Philo von dieser Methode gemacht und selbst die Erzählungen von Abraham, Sara und den Erzvätern zu sonderbaren Allegorien verflüchtigt. Nach ihm erkennt der Philosoph, daß die vier Ströme des Paradieses die vier Haupttugenden Plato's sind. Er erkennt, daß Esau die

sinnliche Begier, Abraham das eifrige Sinnen, Ismael den ungeordneten Trieb bedeutet. Abrahams Geburtsland, aus dem er auswandert, ist der Körper, Jakobs Heimath, in die er zurückgewiesen wird, das heilige Wort, kurz die ganze Patriarchenepoche ist eine großartige Geschichte des Geistes, der Gott sucht. 1

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Auch Paulus unterscheidet zwischen dem Buchstaben, der tödtet, und dem Geist, der lebendig macht; auch er wirft den Rabbinen vor, daß, wenn Moses gelesen werde, liege für ihr Auge eine Decke über dem alten Bunde, die erst falle, wenn der Geist den Menschen erleuchte. 2 So meint er, die Geschichte von Hagar und Sara sei allegorisch zu verstehen. 3 Es steht geschrieben, sagt er, daß Abraham zwei Söhne hatte, einen von der Magd, und einen von der Freien. Aber der von der Magd ist nach dem Fleische geboren, der aber von der Freien ist nach der Verheißung geboren. Das hat einen bildlichen Sinn; denn diese Frauen bedeuten zwei Bündnisse, Eines nämlich vom Berge Sinai, das zur Knechtschaft gebiert, welches ist die Hagar. Hagar aber heißt in Arabien der Berg Sinai (hadschar). Sie entspricht aber der Stadt Jerusalem, die zu dieser Zeit ist, denn die ist in Knechtschaft mit ihren Kindern. Aber das Jerusalem, das oben ist, ist frei und das ist unsere Mutter. Denn es steht geschrieben: Jubele Du Unfruchtbare. Ihr aber Brüder, seid nach Jaaks Art der Verheißung Kinder. Aber gleichwie damals der nach dem Fleische Geborne verfolgte den, der nach dem Geiste geboren war, also geht es auch jetzt. Aber was sagt die Schrift? Stoße die Magd hinaus mit ihrem Sohn, denn nicht soll erben der Magd Sohn mit dem Sohne der Freien"! Es ist das eines der stärksten Beispiele alexandrinischer Schriftauslegung im neuen Testament. Aehnlich findet aber auch Johannes, Jerusalem heiße in der Schrift avevμatinos Sodom und Aegypten. 5

Die Meinung war dabei, daß das Schriftwort in bildlicher, typischer, allegorischer Weise das andeute, worauf es in letter Reihe allein ankomme. Auf palästinensischem Boden war von dieser Methode immerhin mit einer gewissen Discretion Gebrauch gemacht

1. De migr. Abrah. II, 15. Frankf. Ausg. 388-423. 3. Ατινά ἐστιν ἀλληγορούμενα. De congr. quaer. erudit. gratia. Eingang. Frankf. Ausg. 424.

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2. 2 Cor. 3, 16. 4. Gal. 4, 21-30. Vgl. damit Philo, 5. Apoc.

worden, allein die ersten christlichen Gemeinden eigneten sich diejelbe in einem weiten Umfang an, da auch sie, wie die Alexandriner, 'den Beweis führen wollten, daß ihre neue Weltanschauung die ächt biblische sei, wenn man nur die Schrift richtig auslege und ihren geistigen Sinn verstehe. In dieser Richtung bewegt sich der Hebräerbrief und vor Allem der Barnabasbrief, der selbst in der rothen Kuh oder dem Sündenbock des mosaischen Gesetzes Symbole Jesu erkennt, die einzelnen Speiseverbote in Verbote verschiedener Laster verwandelt und selbst davor nicht zurückschreckt, die Verheißung des Landes, da Milch und Honig fließt, auf Jesum zu deuten, der uns die Milch des Glaubens und den Honig des göttlichen Worts einflöße. 3

Von Alters her war dagegen eine andere Methode der Auslegung unter den palästinensischen Schriftgelehrten gangbar, die schließlich auch darauf hinauslief, einen geheimen Schriftsinn auzfindig zu machen. Es war das die Anwendung der geheimen Zahlenlehre (schlechtweg „die Ueberlieferung“, „Kabbalah" genannt) zu eregetischen Zwecken.

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Wie diese geheime Zahlenlehre, die die Juden von den Chaldäern mitgebracht hatten, zum Schlüssel der Geheimnisse der Natur dienen sollte, so wurde sie auch als Schlüssel der Offenbarungsurkunde gebraucht. Indem der Schriftgelehrte die Worte des heiligen Tertes auf ihren Zahlwerth ansieht, findet er Aufschlüsse verborgener Geheimnisse, von denen der profane Leser keine Ahnung hat. In dem ersten und letzten Vers der Bibel stehen 6 = 6000, daraus schließt der Kabbalist, daß die Welt 6000 Jahre dauern werde.

Schon tiefer hat der göttliche Geist das Geheimniß in anderen Worten gelegt, indem man für sie ein Wort von gleichem Zahlwerth substituiren muß, um den richtigen Sinn heraus zu bringen. Ein bekanntes Beispiel dieser Art bietet Onkelos zu Numeri 12, 1, wo der Tert berichtet, Moses habe eine Aethiopierin geheirathet, was in den Augen der Schriftgelehrten als ein Verstoß gegen Mosis

2. Cap. 10.

1. Cap. 7 u. 8. 3. Cap. 6. 4. Vgl. namentlich das Sepher Jezirah, herausgegeben von F. v. Meyer. Leipzig 18:0. Ferner den Artitel von Reuss in Herzog's Realencykl. und meinen Aufsay über diesen Gegenstand Prot. K. Ztg. Jahrg. 1863. Nr. 27.

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