ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

während der ganzen Zeit bis zum Exil sollte verstummt gewesen sein. Manches sprachliche Gut mag die kanonische Psalmendichtkunst der Davidischen Poesie verdanken (s. auch Vatke, R. d. A. T. 35, S. 291 ff.; Cheyne, the orig. S. 193; auch Stade Z. f. Th. u. K. 92, S. 374). Aber die Reformation Esra-Neh.8 schnitt in alle Verhältnisse zu tief ein, als daß die aus älterer Zeit etwa überlieferten religiösen Lieder ohne weiteres von der Gemeinde übernommen werden konnten. Wenn überhaupt solche Lieder in dem Psalter Aufnahme fanden, dann sind sie dem Geist der neuen Zeit konform gemacht, in umgeprägter Gestalt in Kurs gesezt worden. Das moderne protestantische Gesangbuch bietet eine passende Parallele. Wie auch unsere heutigen evang. Gesangbücher fast lauter Lieder enthalten, die erst seit Luther gedichtet worden sind, und auch diese in einer dem jezigen Bedürfnis entsprechenden Weise darbieten, so enthält auch der Psalter, der anerkanntermaßen für die nacherilische Gemeinde gesammelt worden ist, vorzugsweise die Lieder, die das religiöse Bedürfnis der Zeitgenossen zu befriedigen am geeignetsten waren, nämlich solche, die seit der Zeit Esra-Neh.s gedichtet worden sind.

Der Psalter ist somit eine Sammlung religiöser Lieder aus nacherilischer Zeit und diente zulezt als Gesang- und Gebetbuch bei öffentlicher und häuslicher Andacht. Er ist ein wichtiges geschichtliches Denkmal, das uns von dem Innenleben der jüdischen Gemeinde Kunde giebt. Welchen Anlässen verdanken nun die Lieder ihre Entstehung? Wir wissen von den Dichtern der Psalmen, da wir von der Überlieferung, daß David viele Psalmen verfaßt habe, absehen müssen, so gut wie nichts. Jedes Gedicht ist aber durch die Lebensverhältnisse und die Individualität seines Verfassers bedingt. Die obige Frage wird daher am besten so gelöst werden, daß unter Rücksicht auf den zeitgeschichtlichen Ursprung und die schließliche Verwendung der Lieder die Psalmen als lyrische Produkte betrachtet werden, die sich in allgemein verständliche Elemente zerlegen lassen.

IV. Der lyrische Prozeß.

„Die Welt ist so groß und reich und das Leben so mannigfaltig, daß es an Anlässen zu Gedichten nie fehlen wird. Aber es müssen alle Gelegenheitsgedichte sein, das heißt, die Wirklichkeit muß die Veranlassung und den Stoff dazu hergeben. Allgemein und poetisch wird ein spezieller Fall aber dadurch, daß ihn der Dichter behandelt. Alle meine Gedichte sind Gelegenheitsgedichte, sie sind durch die Wirklichkeit angeregt und haben darin Grund und Boden." (Goethe zu Eckermann I, S. 38.)

Jedes Gedicht entspringt somit aus den Erlebnissen seines Verfassers. Solche Erlebnisse sind teils direkt, der Dichter hat sie selbst erlebt, teils indirekt, er hat sie von anderen gehört oder gelesen. Seine Stoffe entnimmt der Dichter seinen verschiedenen Beziehungen zum Leben. Sie fließen ihm aus dem Kreise des allgemein Menschlichen, der Liebe, der Religion und Natur zu; er schöpft sie aus einem zeitgeschichtlichen Ereignis, etwa Kriegsgefahr, Feuersnot, Pest u. dergl.; er gehört aber auch einer Nation an, die vaterländische Geschichte bietet ihm reiches Material zum Schaffen; oder er macht seine Erfahrungen innerhalb der verschiedenen Stände der Gesellschaft und ihrer Interessen; Heimat und Gegend endlich wecken seine dichterische Kraft.

Zunächst will der Lyriker sich selbst genügen; er schafft aus innerem Drang, er dichtet, weil er dichten muß. Ein Erlebnis drängt sich ihm mit unwiderstehlicher Gewalt auf, in Klang und Wort ausgesprochen zu werden.

"Ich singe, wie der Vogel singt,

Der in den Zweigen wohnet,

Das Lied, das aus der Kehle dringt,

Ift Lohn, der reichlich lohnet."

In diesen Versen giebt Goethe am klarsten dem Gefühle Ausdruck, das den echten Dichter beim Schaffen beseelt (s. Werner, Lyrik und Lyriker, Leipzig 90, S. 7).

Der Dichter steht zunächst ganz unter dem ersten Eindruck des Erlebten. Allmählich gestaltet es sich in seinem Innern um; er beginnt sich darüber zu orientieren. Die zufälligen Züge scheiden sich aus, nur die bedeutenden und wesentlichen bleiben in seiner Seele

haften. Je mehr er nun das Erlebte so gestaltet, daß er nur die notwendigen Merkmale hervorhebt, desto mehr und länger wird es ihn selbst und sein Publikum befriedigen. Denn das Einzelne ist wohl für den ersten Moment das

Packende — und mit diesem Erfolge rechnet der naturalistische Dichter stößt aber die Hörer oder Leser, weil sie es nur unter besonderen Nebenumständen nachempfinden und fich aneignen können, auf die Dauer ab (f. Dilthey, philos. Aufsäge 3. Zellerfeier 87: die Einbildungskraft des Dichters S. 410, 419, 426).

Der echte Lyriker giebt daher keine porträtartige Darstellung seiner Erlebnisse und Empfindungen; er zeichnet nicht die wirkliche sondern die wahre Natur. Er verleiht dem singulären Ereignis ein typisches Gepräge oder steigert es zur idealen Vollkommenheit. Auch die Rücksicht auf das Publikum, für das er dichtet, giebt ihm Ziel und Maßstab. Er verallgemeinert darum das Selbsterlebte zum Symbol; er bringt in dem Partikulären bedeutende und bleibende oder gesteigerte Verhältnisse zum Ausdruck; er scheidet das Individuelle seiner Empfindungsweise möglichst aus; er läßt das Besondere hinter dem Allgemeinen zurücktreten und hebt das für das Gefühl anderer Gemeinsame hervor. So wird ihm das Einzelne ein Repräsentant der Gattung oder idealisierter Erscheinungen. Er empfindet selbst nicht mehr als Individuum, sondern steigert sich zur Gattung und erzielt somit die größte Wirkung auf sie. (Schiller.)

„Das ist des Lyrikers Kunst, aussprechen, was allen gemein ist,
Wie er's im tiefsten Gemüt neu und besonders erschuf,
Oder dem Eigensten auch solch' allverständlich Gepräge

Leihn, daß jeglicher drin staunend sich selber erkennt." (Geibel.)

Der Dichter singt somit aus dem Herzen oder im Namen einer Gesamtheit: seiner nächsten Freunde, oder des Volkes, dem er angehört, oder der ganzen Welt. Er ist die gemeinsame Zunge, die in Freude und Leid das ausspricht, was die andern empfinden, aber nicht zu sagen vermögen. Die besten Gedichte sind Gelegenheitsgedichte und gehören der Weltlitteratur an.

Diese Regeln lassen sich ohne Weiteres auch auf die lyrische Poesie der Hebräer anwenden; denn es läßt sich nicht einsehen, warum für diese gerade poetische Ausnahmegeseze gelten sollten. Nun ist aber bei den alten Hebräern die lyrische Poesie fast ausschließlich in den Dienst der Religion und des Kultus getreten. Die näheren

Gründe dafür brauche ich hier nicht zu entwickeln. Wenn wir von der Poesie der Israeliten reden, denken wir vorzugsweise an die Psalmen.

Der Quell aller religiösen Lyrik ist ein Ergriffensein von dem Gefühl des Höheren. Die deutsche Sprache besigt keinen passenderen Ausdruck dafür als das Wort Andacht. Dieses Gefühl kann sich wiederum noch religiös im engeren Sinne äußern und zum Gebet treiben. Das Gebet ist ein Akt des Gottesdienstes. Es läßt sich also bei der religiösen Lyrik näher zwischen andächtiger (z. B. Psalm 8, 19a) und gottesdienstlicher (z. B. Ps. 3, 4, 5 u. v. a.) unterscheiden (Werner). In ähnlichem Sinne machten schon die alten Griechen einen Unterschied zwischen Nomos und Hymnos. Jm religiösen Liede durchkreuzen sich meist beide Stimmungen. Auch bei den einzelnen Psalmen kleidet sich die andächtige Versenkung in Gott häufig in die Form des Gebetes (z. B. Ps. 104, 139). Die Religion ist selbst in ihren primitivsten Formen das stärkste, Gemeinschaft bildende und erhaltende Band. Das religiöse Lied ist darum vor allem geeignet, dem frommen Empfinden einer Mehrheit Ausdruck zu geben.

Ein Litterarkritiker, wie der † W. Scherer (Poetik S. 26), hat gesagt: „Die Psalmen wirken auf uns als Prosa." Es fehlen ihnen die äußeren Kennzeichen des modernen Liedes, Reim und Silbenmaß. Wenigstens sind die bisherigen Versuche, in den Psalmen eine Metrik nach Art der klassischen Dichtungen durchzuführen, als mißlungen zu betrachten. Sie kennen nur ein Gleichmaß der Gedanken. Sie sind daher doch voll hoher, schöner, lyrischer Poesie", obgleich sie nur „prosaische Lyrik“ sind. In diesem Sinne dürfen die Psalmen als Lieder gelten, wurden sie doch auch unter Begleitung von Musik vorgetragen.

"

Als lyrische Produkte beruhen die Psalmen auf faktischen Anlässen, sie sind Gelegenheitsgedichte. Der Dichter schildert in ihnen seine Erlebnisse. Aber als Lyriker ist auch der Psalmist an eine bestimmte Darstellungsweise gebunden. Er stellt seine eigenen Empfindungen zum Symbol gesteigert oder idealisiert dar. Er zeichnet die Situation, in die das Erlebte fällt, nur in den allgemeinsten Umrissen; oft ist der Hintergrund, auf dem es sich abspielt, gar nicht zu erkennen. Er geht auf das Allgemeine und Notwenige aus, damit seine Empfindungen

von möglichst vielen anderen geteilt werden können. Auch der Psalmist singt aus dem Herzen einer Mehrheit, er spricht im Namen der jüdischen Gemeinde und, soweit schon der alttestamentlichen Religion universalistische Triebe inne wohnen, im Namen des Frommen schlechthin. Der Nachweis über das eben Gesagte ist bei der Untersuchung über das "Ich" der einzelnen Psalmen zu bringen.

[ocr errors]

Auch in außerhalb des Psalters stehenden psalmartigen Liedern des A. T.s ist das Geseß der Typisierung eines einzelnen Erlebnisses von den Dichtern angewendet. So z. B. in dem Psalm Jon. 2, 1 ff. Die Frage, ob das Lied erst etwa von einem Bearbeiter des Jon.-Buches eingelegt sei, ist dabei ganz unwichtig. V. 6 heißt es: Tang schlug sich um mein Haupt. Wellhausen (Skizz. V S. 214) findet darin eine etwas weit getriebene Ausmalung des Bildes Wasser-Not und Unglück, und zwar sei hier von der Not der Gemeinde die Rede. Wörtlich könne die Stelle nicht verstanden werden, denn im Bauche des Walfisches wachse kein Seegras! Diese Argumentation ist ganz unrichtig. Es ist kein Tang gemeint, der sich um den J. erst schlang, als er in dem Bauche des W. sich befand — daß dort kein Seegras wachse, konnte doch auch schon ein alttestamentlicher Dichter wissen! sondern dieser umgab ihn schon, ehe er in den Bauch des Seeungeheuers gelangte. J. ist bis zu dem tiefsten Meeresgrunde hinabgesunken, wo ihn das Seegras bedeckte. Auf alten Bildern ist freilich dargestellt, wie die Matrosen den Jonas hinabwerfen und der Fisch auch sogleich zur Stelle ist und das Maul aufsperrt, um den Propheten in Empfang zu nehmen. So scheint auch Wellhs. die Situation zu verstehen. Aber wenn der Verfasser oder Überarbeiter des Jon.-Buches sie sich so gedacht hätte, so würde er nicht ruhig die Verse 1, 15b u. 16 geschrieben resp. stehen gelassen haben, ehe er die Rettung erzählte. Die Situation ist nach dem M. T. folgende: Das Lied ist im Bauche des Fisches gesungen, als die Rettung vollzogen war. V. 3 dankt der Sänger für seine Rettung aus der Tiefe, d. h. hier aus dem Grunde des Meeres. V. 4-6 ruft er sich seine frühere Lage noch einmal ins Gedächtnis : Gott hatte ihn in das feuchte Naß hinabstürzen lassen, durch Tang hindurch gelangte er bis zu den Gründen der Berge, so daß er schon verzweifelte. Da rettete ihn der Herr V. 7 (nämlich, wie aus der Erzählung 2, 1 zu ergänzen ist, durch Sendung eines großen Fisches), als seine Stimme aus der Tiefe zu ihm drang. Ich sehe also keinen

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »