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lautet, nach der ersten persönlichen Berührung mit Goethe so voll von ihm wie ein Thautropfen von der Morgensonne; er nennt ihn - einen Zauberer, einen schönen Herenmeister mit schwarzem Augenpaar und Götterblick; nie habe in Gottes Welt sich ein Menschensohn gezeigt, der alle Güte und alle Gewalt der Menschheit so in sich vereinige, so mächtig alle Natur umfasse, so tief sich in jedes Wesen grabe und doch so innig im Ganzen lebe.

Von Kindheit auf war der Grundzug seines Wesens unbeirrbar in ihm ausgesprochen. Wie Goethe in seinem Alter eine volle und in sich abgeschlossene Persönlichkeit vorzugsweise eine Natur zu nennen liebte, jo geht auch bereits durch das vielthätige, oft scheinbar ziellos umherschweifende Lernen und Treiben des Knaben der dunkle, aber nichtsdestoweniger sich des rechten Weges bewußte Drang, den vollen und ganzen Menschen in sich herauszubilden und dieses freie Menschenthum unbedingt und rückhaltslos auf die ungestörte Gesundheit und Entfaltung der reinen Natur zu stellen. Und wie Goethe sein ganzes reiches Leben hindurch die Gewohnheit und das unabweisbare Bedürfniß hatte, Alles, was seine tiefe und leicht erregliche Seele erfreute, quälte und beschäftigte, zu eigener Selbstbefreiung in die verklärende Höhe dichterischer Gestaltung empor= zuheben, so daß er eben dadurch der Dichter des tiefsten Seelenlebens reiner und gebildeter Menschlichkeit wurde wie kein anderer Dichter vor ihm und nach ihm, so wandelten sich auch bereits dem Knaben alle Erlebnisse und Anlässe, ja selbst die alltäglichsten Schulübungen, unwillkürlich in kleine Gedichte, Romane und Dramen, und kein Glück erschien ihm lockender und wünschenswerther als der Lorbeerkranz, der den Dichter zu zieren geflochten ist.

Schon die Dichtungen der Leipziger Studentenjahre sind daher von entschiedener Bedeutung und Eigenthümlichkeit. Nur in den Cden an Behrisch und in der Ode an Zachariä hört man noch die alte Weise Klopstock's und Ramler's; dagegen sind die zwanzig Gedichte, welche im October 1769 unter dem Titel „Neue Lieder, in Melodien gesezt von Bernhard Theodor Breitkopf" ohne den Namen des jungen Dichters erschienen, wenngleich ihnen die Tiefe

leidenschaftlicher Empfindung noch mangelt, doch bereits so durchaus im Ton ächtester goethischer Lyrik gehalten, so innig, so leicht und natürlich, daß sie später fast alle, nur mit geringen Veränderungen, in die Gedichtsammlung aufgenommen wurden; ja einige derselben, wie insbesondere die Brautnacht, die Freude, Wechsel, sind von den besten Gedichten der besten Zeit ununterscheidbar. Und dasselbe hervorstechende Streben nach lebendiger Naturwahrheit liegt auch in den beiden gleichzeitigen kleinen Lustspielen, so gezirkelt und förmlich sie noch im zopfigen Alexandrinerschritt einherschreiten. In der „Laune des Verliebten" die bebänderten Buben und Mädchen des französischen Schäferspiels, wie dieselben namentlich durch Gellert auch auf der deutschen Bühne siegreichen Eingang gefunden; aber unvergleichlich`anmuthsvoller und mit dem frischen Herzgewinnenden Hauch selbsterlebter Empfindung. In den „Mitschuldigen“ noch ein sehr dilettantisches Hinübergreifen in criminalistische Motive, welche ganz und gar aus dem Kreise reiner Komik heraustreten; aber ein scharf ausgesprochener Sinn für Raschheit der Handlung und für drastischen, oft sogar possenhaften Situationenwiß. Zumal gilt dies von der ersten ursprünglichen Niederschrift, welche als Ganzes bisher ungedruckt ist, sich aber von Goethe's eigener Hand geschrieben durch glücklichen Zufall erhalten hat und sich jezt im Besiß der Frau Regierungsrath Wenzel in Dresden befindet. Es ist ein einaktiges Lustspiel von vierzehn Auftritten. In den kritischen Apparat der neuen Weimarischen Ausgabe sind die Abweichungen von der späteren Bearbeitung, unter die Varianten aufgelöst, abgedruckt. Eine zweite Bearbeitung, im Jahr 1769 ebenfalls von Goethe's eigener Hand geschrieben, die aus dem Nachlaß Friderikens von Sesenheim stammt und mit den unschäzbaren Schäßen Salomon Hirzel's auf die Leipziger Universitätsbibliothek gekommen ist, ist jene Bearbeitung, von welcher Goethe im achten Buch von Dichtung und Wahrheit berichtet, daß sie ihn nach seiner Rückkehr aus Leipzig in Frankfurt beschäftigte. An Schwankhaftigkeit und dramatischer Bewegtheit steht diese zweite Bearbeitung hinter der ersten weit zurück; aber sie ist klarer und feiner in der Motivirung der Exposition, reiner und gehobener

in der Sprache, sorgsamer in der Verwerfung des Schlüpfrigen und Verfänglichen. In dieser Form ist das kleine Stück in den siebziger Jahren oft auf dem Liebhabertheater in Weimar gespielt worden; Goethe spielte wiederholt die Rolle des Alcest. Die jezt vorliegende Fassung enthält vielfache Veränderungen; sie beruht auf der mit Herder's Beirath 1787 veranstalteten Ausgabe.

Es eröffnet einen tiefen Blick in den ringenden Naturdrang, welcher schon in diesen ersten Anfängen so bemerkbar hindurchbrach, wenn Goethe am 13. Februar 1769 an Friderike Deser schreibt: Wie möchte ich ein paar hübsche Abende bei Ihrem lieben Vater jein; ich hätte ihm gar viel zu sagen! Meine gegenwärtige Lebensart ist der Philosophie gewidmet. Eingesperrt, allein, Zirkel, Papier, Feder und Dinte, und zwei Bücher, mein ganzes Rüstzeug. Und auf diesem einfachen Wege komme ich in Erkenntniß der Wahrheit oft so weit und weiter als Andere mit ihrer Bibliothekarwissenschaft. Ein großer Gelehrter ist selten ein großer Philosoph, und wer mit Mühe viel Bücher durchblättert hat, verachtet das leichte einfältige Buch der Natur; und es ist doch nichts wahr als was einfältig ist.“ Jedoch die entscheidende Wendung in Goethe's Leben und Dichten fällt erst in die gewaltigen Eindrücke und Bildungskämpfe seines Straßburger Aufenthalts.

Am 2. April 1770 fam Goethe in Straßburg an, Ende August 1771 verließ er es. Diese kurze Spanne Zeit war für ihn die Zeit der tiefsten inneren Revolutionen. Die Liebe zu Friderike Brion, der lieblichen Pfarrerstochter von Sesenheim, tiefer als die ersten Liebeleien, denen sich der Knabe und Jüngling bereits in Frankfurt und Leipzig erschlossen hatte, stimmte sein ganzes Wesen empfänglicher und gefühlsinniger. Alles, was das stürmende junge Geschlecht dieses denkwürdigen Zeitalters durchwogte und durchzitterte, durchwogte und durchzitterte auch ihn; nur tiefer und selbstschöpfe= rischer. Seine drängende Werdeluft und sein dunkel gährendes Verlangen nach voller Entfaltung reiner Menschennatur erhielt festen Halt und große Ziele.

Besonders Herder wurde hier für ihn vom bedeutendsten Einfluß.

Goethe würde zwar auch ohne dieses zufällige Zusammentreffen mit Herder seinen Weg gefunden haben, aber schwerlich so schnell und so sicher.

Herder vollendete in Goethe den Bruch mit den Ueberlieferungen der alten Schule. Er befreite ihn von den lezten Fesseln der französirenden Bildung. Er zerriß den Vorhang, der dem vertrauenden Jüngling noch die Armuth der bisherigen deutschen Literatur bedeckte. Und hatte der allzeit reimfertige Jüngling gehofft und gewähnt, schon selbst etwas gelten zu können, so lernte er jegt höhere Forderungen an sich stellen und suchte sich zu männlicherem Streben emporzuraffen. Zu gleicher Zeit aber wies ihn Herder auf den herrlichen breiten Weg, den er selbst zu durchwandern geneigt war, machte ihn aufmerksam auf seine Lieblingsschriftsteller und richtete ihn kräftiger auf als er ihn gebeugt hatte. Vor den Augen des staunenden Jünglings öffneten sich jene großen gewaltigen An= schauungen über Wesen und Geschichte ächter Volkspoesie, welche Herder so eben wieder neu entdeckt hatte und welche mit der Freude frischer Entdeckerlust seine ganze Seele erfüllten und durchdrangen. Die Bibel, in deren tiefer Poesie Goethe schon als Knabe mit stillem Entzücken gelebt und gewebt hatte, erschloß sich ihm in neuer. Pracht und Eindringlichkeit. Die Ueberreste altnordischer Dichtung erregten seine Phantasie. Die Uebersezungen aus Ossian, welche später dem Werther beigegeben wurden, gehören urkundlich dieser Zeit an. Die Streifereien im Elsaß wurden, wie Goethe an Herder schreibt, emsig benügt, um Volkslieder mit den alten Melodien, wie sie Gott erschaffen, aus den Kehlen der ältesten Mütterchen aufzu= haschen, und er trug sie, wie er in jenem Briefe hinzuseßt, als einen Schatz an seinem Herzen, so daß alle Mädchen, die Gnade vor seinen Augen finden wollten, die liebliche Friderike von Sesen= Heim vor Allen, sie lernen und singen mußten. Um Homer ganz genießen zu können, lernte er wieder auf's eifrigste Griechisch; es ist ein unvergleichliches Zeugniß, wenn Herder 1772 an Merck (Erste Sammlung, 1835, S. 44) schrieb: „Goethe fing Homer in Straßburg zu lesen an und alle Helden wurden bei ihm schön, groß und

frei; er steht mir allemal vor Augen, wenn ich an eine so recht ehrliche Stelle komme, da der Altvater über seine Leyer sieht und in seinen ansehnlichen Bart lächelt." Shakespeare, den er schon in Leipzig durch Dodd's Beauties of Shakespeare kennen gelernt hatte, wurde erst jezt in ihm wahrhaft lebendig, in Wieland's Uebersehung und in der Urschrift, stückweise und im Ganzen, dergestalt, daß wie man bibelfeste Männer hat, er und seine Gesellen sich nach und nach in Shakespeare befestigten, ihn in ihren Gesprächen nachbildeten, an seinen Wortspielen die größte Freude hatten und in muthwilligen Erfindungen derselben Art mit ihm wetteiferten. Und derselbe Umschwung auch in Goethe's Ansichten über bildende Kunst. So lange Goethe in Leipzig noch in den nachklingenden Einwirkungen des Gottschedianismus gefangen war, so lange stand er auch unter der Macht der Geschmackslehre Deser's, obgleich diese so wenig seinem eigensten Wesen entsprach, daß er sich bei seinem ersten Dresdener Galeriebesuch in instinctivem Widerspruch vornehmlich an die Niederländer und einige spätere naturalistisch genrebildliche Italiener hielt; hier in Straßburg versenkte er sich so innig und mit so feinfühlendem Verständniß in das Wunderwerk des Straßburger Münster, daß, ohne je einen Plan desselben gesehen zu haben, er zur Ueberraschung der Kenner genau anzugeben wußte, wo die Ausführung hinter der ursprünglichen Absicht zurückgeblieben. Unter allen Menschen des achtzehnten Jahrhunderts war Goethe wieder der Erste, welcher die lang verachtete Herrlichkeit der gothischen Baukunst empfand und erfaßte.

Genaue Einsicht in die Kunstanschauungen Goethe's in dieser Zeit giebt uns eine Rede über Shakespeare, welche er kurz nach seiner Rückkehr in's Vaterhaus in Frankfurt am Main verfaßte und dort am 14. October 1771 bei einer von ihm veranstalteten Shakespearefeier vortrug, und die Abhandlung von deutscher Baukunst, deren Entwurf ebenfalls in diese Zeit fällt und welche im November 1772 zunächst als fliegendes Blatt erschien.

Die Hauptsäße dieser Shakespearerede lauten: „Die erste Seite, die ich in Shakespeare las, machte mich auf Zeitlebens ihm eigen,

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