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und der zum Erhabensten gehört, was jemals das menschliche Dichtungsvermögen geschaffen.

Da ich ein Kind war,

Nicht wußte, wo aus noch ein,
Kehrt' ich mein verirrtes Auge
Zur Sonne, als wenn drüber wär'
Ein Ohr, zu hören meine Klage,
Ein Herz, wie mein's,

Sich des Bedrängten zu erbarmen.

Wer half mir

Wider der Titanen Uebermuth?

Wer rettete vom Tode mich,

Von Sklaverei?

Hast Du nicht alles selbst vollendet,

Heilig glühend Herz?

Und glühtest jung und gut

Betrogen, Rettungsdank

Dem Schlafenden da droben?

Ich Dich ehren? Wofür?

Hast Du die Schmerzen gelindert

Je des Beladenen?

Hast Du die Thränen gestillet

Je des Geringsteten?

Hat nicht mich zum Manne geschmiedet

Die allmächtige Zeit

Und das ewige Schicksal,

Meine Herren und Deine?

In seinem Alter hatte Goethe den Ursprung des Gedichts vergessen und hielt es für den Anfang des dritten Aktes des früheren Drama's. Aber weder der Inhalt noch der Wortlaut, der manches aus jenen beiden Akten wörtlich wiederbringt, gestatten diese Annahme, die auch durch die gleichzeitige Correspondenz nicht gestüßt wird. Das Gedicht ist völlig selbständig.

Gleichzeitig dichtete Goethe am Faust. Und wer sieht nicht den tiefen inneren Zusammenhang beider Dichtungen? Prometheus weiß nur die verneinende Seite des Pantheismus auszusprechen; Fauft in jenem herrlichen Glaubensbekenntniß, das er Gretchen ablegt,

spricht in unvergleichlicher Erhabenheit die bejahende gotterfüllte Seite aus. „Nenn's Glück, Herz, Liebe, Gott! Ich habe keinen Namen dafür! Gefühl ist Alles! Name ist Schall und Rauch, umnebelnd Himmelsgluth! Es sagen's aller Orten alle Herzen unter dem himmlischen Tage, jedes in seiner Sprache, warum nicht ich in der meinen?" Das Prometheusdrama wagte den kühnen Versuch, das ganze große Leben der Menschheit dichterisch zu umspannen, und mußte sich folgerichtig zu einer dichterischen Philosophie der Geschichte. vertiefen; die Faustdichtung eröffnet dieselbe unendliche Perspective, nur mit dem tiefgreifenden Unterschied, daß sie dem Thema eine tragische Wendung giebt, und daß sie in tieferer Erkenntniß der naturbestimmten Grenzen plastischer Gestaltung an die Stelle der ganzen Menschheit einen titanischen Einzelhelden sezt, der entschlossen ist, der ganzen Menschheit Wohl und Weh in seiner Brust zu tragen, und so sein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitert.

Faust.

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Schon seit Straßburg war die Idee der Faustdichtung in Goethe lebendig. Und offenbar war Faust auch in Weylar oft der Gegenstand seiner Unterhaltungen mit vertrauten Freunden gewesen; das bekannte Gedicht, welches Gotter nach Empfang des Göz von Berlichingen an Goethe richtete, schließt mit den Worten: Schick' mir dafür den Doctor Faust, sobald Dein Kopf ihn ausgebraust." Doch ist es ein Irrthum, wenn Goethe im zwölften Buch von Dichtung und Wahrheit Faust unter denjenigen Dichtungen nennt, welche bei seiner Rückkehr von Straßburg bereits weit vorgerückt gewesen. Die Ausführung fällt vielmehr erst in den Sommer und Herbst 1774.

Im Jahr 1775 war bereits alles vollendet, was einige Jahre später durch die Abschrift der weimarischen Hofdame von Göchhausen. aufbewahrt, uns seit 1887 von Erich Schmidt als „Urfaust“ zugänglich gemacht worden ist. Boie, der schon am 14. und 15. Oc= tober 1774 Goethe in Frankfurt besuchte, nennt in seinen Reisebriefen

(vgl. Boie. Von K. Weinhold 1868, S. 70) Faust das Größte und Eigenthümlichste, was Goethe gemacht habe, und seht ausdrücklich hinzu, daß dies Gedicht bald fertig sei. Und ganz damit überein= stimmend sagt Goethe in den Gesprächen mit Eckermann: „Faust entstand mit meinem Werther; ich brachte ihn im Jahr 1775 mit nach Weimar." In einem Scherzgedicht des Grafen Einsiedel vom 6. Januar 1776 heißt es von Goethe:

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Auf diese frühe Entstehungszeit gehörig zu achten, ist für das Verständniß und die Beurtheilung der Fausttragödie von höchster Bedeutung. Einzig aus ihr ist der innerste Kern und die Grundstimmung des Gedichts erklärbar. Die Fausttragödie ist der tiefste und umfassendste dichterische Ausdruck der dunklen dämonischen Tiefen der Sturm- und Drangperiode. Und wenn gleichwohl die Fausttragödie das tiefste und eigenthümlichste Gedicht nicht nur der deutschen Literatur, sondern der gesammten neueren Bildung ist, so liegt hierin nur der Beweis, welche eingreifende und hoch wichtige Stellung diese oft gescholtene Epoche in der Geschichte des modernen Geisteslebens einnimmt.

Es ist das alte Thema von dem tragischen Kampf und Widerspruch zwischen dem angeborenen Unendlichkeitsgefühl und den angeborenen Schranken der menschlichen Endlichkeit; in neuer vertiefter Spiegelung. Werther's sich selbst verzehrende Empfindungsinnerlichkeit und Prometheus' kühner Titanentroh zeigt sich in Faust als der leidenschaftliche Protest gegen das todte Buchstabenwesen, als der Ruf nach lebendiger Erkenntniß im Geist und in der Wahrheit, als der unstillbare und doch ununterdrückbare Drang nach ungebrochener Allheit und Ganzheit des Empfindens und Denkens.

möglich, die Stimmung, aus welcher die Faustdichtung hervorgegangen,

mit einem einzigen Wort zu bezeichnen, so wäre es jenes Wort, auf welches Goethe in Dichtung und Wahrheit die Denkweise Hamann's zurückführt. „Alles, was der Mensch zu leisten unternimmt, es werde nun durch That oder Wort oder sonst hervorgebracht, muß aus sämmtlichen vereinigten Kräften entspringen; alles Vereinzelte ist verwerflich!"

Die Sage vom Doctor Faust, ein Kind des Reformationszeitalters, war noch von ausschließlich theologisirender Haltung. Faust ist zwar auch in ihr schon ein gelehrter Mann mit einem unsinnigen und hoffärtigen" Kopf, der alle Gründe von Himmel und Erde erforschen wollte, dessentwegen man ihn allezeit den Speculirer genannt hat; aber das Motiv des Wissenshochmuths wird veräußerlicht und verflacht. Faust schließt seinen Vertrag mit dem Teufel nur, um vor der Menge mittelst seiner Zauberkünste durch allerlei Schwank und Kurzweil zu glänzen, und das erbauliche Ende ist, daß der Frevler zuletzt für seine arge Vermessenheit ganz er= schrecklich in die ewige Höllenpein fährt. Und auch das Puppenspiel der Volksbühne, das zunächst auf Goethe's Phantasie wirkte, hatte im Wesentlichen diese Auffassung nicht überschritten. Die Umbildung und Vertiefung zur Tragik des menschlichen Erkenntnißlebens gehört einzig Goethe's genialer Erfindung. Aber der Anschluß an die Sage bot dem Dichter nicht nur die feste Unterlage gegebener und zum Theil schon plastisch ausgeprägter Gestalten und Situationen, sondern vor Allem auch den unersezlichen Vortheil jenes dämmernden, halb mystischen Hintergrundes, auf dem allein das urelementare Walten dämonischer Leidenschaft Möglichkeit der Entfaltung und zwingende Glaubhaftigkeit gewinnen konnte.

Vom ersten Anfang an stehen wir mitten im Grundmotiv. Der „Urfaust" beginnt sogleich mit dem ersten ergreifenden Monolog Faust's. Die Zueignung, das Vorspiel auf dem Theater, der Prolog im Himmel, welche jezt die Dichtung eröffnen, sind erst Zusäße aus den letzten Jahren des Jahrhunderts.

Tief lyrisch, der innerste Erguß der gewaltigsten Seelenkämpfe, ist dieses leidenschaftliche Selbstgespräch zugleich voll des lebendigsten

dramatischen Fortschritts. Es ist der Kern, aus dessen Triebkraft alle weiteren Handlungen und Verwicklungen folgerichtig und unab= weislich herauswachsen. Unzweifelhaft ist dieser Monolog auch der Zeit nach das Erste, was Goethe von der Faustdichtung niederschrieb. Nacht. Trüber Lampenschein, Faust in seinem hochgewölbten engen gothischen Zimmer auf dem Sessel am Pulte, unruhig, gramvoll leidenschaftlich. Lang zurückgehalten und darum nur um so leidvoller ringt sich der Aufschrei der Verzweiflung über die Trüglichkeit und das Stückwerk menschlichen Wissens aus seinem bewegten Innern. Alle Facultäten hat er durchaus studirt mit heißem Bemühn, und nun ist er so klug als zuvor, und sieht nur, daß wir nichts wissen können. In ungestilltem brennendem Erkenntnißverlangen greift er zu den Wundern der Magie, ob nicht durch Geistes Kraft und Mund ihm das Geheimniß der wirkenden Natur kund werde. „Wo faß ich dich, unendliche Natur? Euch Brüste, wo? Jhr Quellen alles Lebens, an denen Himmel und Erde hängt, dahin die welke Brust sich drängt, Ihr quellt, Ihr tränkt, und schmacht ich so vergebens ?" Schon meint Faust den Geist des Natur - Alls lebendig vor sich zu sehen. Er erschricht vor der erdrückenden Uebergewalt der Erscheinung. Aber den Geist der Erde meint er fassen zu können; er vermißt sich der Kraft, der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen. Wagenden Muthes beschwört er den Erdgeist. Er wird nur um so herber in das Gefühl seiner Nichtigkeit zurückgeworfen. Der Erdgeist antwortet: „Du gleichst dem Geist, den Du begreifft, nicht mir!“ Faust zusammenstürzend: „Nicht Dir! Wem denn? Ich Ebenbild der Gottheit! Und nicht einmal Dir!"

Mit wunderbarster Kunst der Komposition folgt jezt das Gespräch mit Wagner, dem Famulus. Es ist der Gegensatz zwischen dem unbefriedigten brennenden Verlangen nach lebendiger, geistvoller, in die Tiefe dringender Erkenntniß, und der mechanischen, todten, an allerlei äußerlichen Kenntnissen haftenden und darum stets mit sich selbst zufriedenen dünkelhaften Buchstabengelehrsamkeit. „Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet, der immerfort am schaalen

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