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mit der Geschichte zu hadern. Nur wird es darauf ankommen, daß wir in der Sorge und Wirrniß unserer neuen politischen Arbeit die hohen Bildungsideale unserer großen Denker und Dichter nicht aus den Augen verlieren, sondern sie mit voller Bewußtheit immer mächtiger und mächtiger ausgestalten und verwirklichen.

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Erster Abschnitt.

Die Sturm- und Drangperiode.

Erstes Kapitel.

Herder.

1.

Johann Gottfried Herder, geboren am 25. August 1744 zu Mohrungen, einer kleinen Stadt in Ostpreußen, war Lehrer an der Domschule und Prediger an den vorstädtischen Kirchen zu Riga, als er seine ersten Schriften veröffentlichte. „Ueber die neuere deutsche Literatur." Drei Sammlungen von „Fragmenten". Riga bei Johann Friedrich Hartknoch 1767. Und: „Kritische Wälder, oder Betrachtungen, die Wissenschaft und Kunst des Schönen betreffend." Drei Wäldchen. Ebendaselbst 1769.

Diese Schriften schlossen sich an Lessing an, aber sie suchten dessen Anregungen selbständig fortzubilden. Die Fragmente waren eine weitere Ausführung und Kritik der Literaturbriefe; die kritischen Wälder waren eine weitere Ausführung und Kritik des Laokoon und der Antiquarischen Streitschriften gegen Kloz.

Es bezeichnet treffend die wunderlich gemischte Empfindung, welche das erste Auftreten Herder's bei den nächsten Zeitgenossen hervorrief, wenn Wieland (Ausgewählte Briefe Bd. 2, E. 283),

nachdem er soeben die Fragmente gelesen, an Zimmermann schreibt: „Haben Sie je einen Kopf gekannt, in welchem Metaphysik und Phantasie und Wig und griechische Literatur und Geschmack und Laune auf eine abenteuerlichere Weise durcheinandergährt? Ich bin begierig zu sehen, was noch aus ihm werden wird, ein sehr großer Schriftsteller oder ein ausgemachter Narr.“ Man war befremdet und überrascht durch das Neue und von allen gewohnten An= schauungen und Zielen Abweichende, das in der Erscheinung und Denkweise Herder's lag; und doch fühlte und ahnte man unabweisbar ihre innere Wahrheit und Berechtigung.

Wer unmittelbar vom Studium Lessing's zum Studium Herder's übergeht, hat noch heut dasselbe zwiespältige Gefühl. Lessing wurzelt noch durchaus in den Gedanken und Bestrebungen des deutschen Aufklärungszeitalters, obgleich er als deren höchste Spize dieselben bereits weit überragt; Herder dagegen steht am Eintritt jenes neuen Zeitalters, dessen gährende Entwicklungskämpfe man die Sturm- und Drangperiode zu nennen pflegt.

Schon früh hat sich daher die deutsche Literaturforschung mit der Frage nach dem geschichtlichen Ursprung Herder's beschäftigt. Und nach Goethe's Vorgang ist es allgemein üblich geworden, Herder auf die Anregungen Hamann's zurückzuführen. Allein diese Hinweisung auf Hamann ist doch nur eine sehr unzulängliche Antwort. So unleugbar es ist, daß auch in Hamann das Drängen nach dem Ursprünglichen und Naturwüchsigen der Grundzug seines Wesens war, und daß Hamann und Herder ihr ganzes Leben hindurch einander treu verbunden gewesen, so war doch die Wurzel ihrer Bildung von Grund aus verschieden. Hamann's Gefühlsweise ging ganz und gar in den ausgesprochensten pietistischen Ansichten und Neigungen auf, Herder hat vom ersten Anbeginn niemals diese Enge und Befangenheit getheilt. Es ist bekannt, wie bitter Hamann an Herder tadelte, daß dieser in seinen sprachlichen Untersuchungen den Ursprung der Sprache nicht als unmittelbar göttliche Eingebung betrachtete, und daß er seine Ideen zur Philosophie der Geschichte auf die Grundlage der Naturwissenschaft, statt auf die

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