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anfängen menschlicher Geistesthätigkeit war jenes feste Zusammen. aller menschlichen Seelenvermögen, jenes lebendige Jneinander von Denkkraft und phantasievollem Gemüthswalten, in welchem Hamann den Grund und das Ziel aller Bildung erblickte. Allein auch hier zeigte sich nicht nur die Unfähigkeit Hamann's, aus geistvollen Ahnungen und Gedankenblißen zu wirklich wissenschaftlicher Ausgestaltung vorzuschreiten, sondern auch die Schranke, die ihm überall seine pietistische Denkweise sezte.

Ueber das Wesen der Sprache handeln die ersten Abhandlungen der „Kreuzzüge des Philologen" (1762); das Wesen der Sprache ist das Geschoß, das er in seiner „Metakritik über den Purismum der Vernunft“, die erst 1800 von Rink herausgegeben wurde, gegen Kant richtet; auf das Verhältniß von „Sprache, Tradition und Erfahrung“ kommt gern und oft sein ausgebreiteter Briefwechsel zurück. Aber wir erfahren wenig mehr, als daß die Sprache die Wurzel und Einheit der sinnlichen Empfindung und Anschauung und des in allgemeinen Begriffen sich bewegenden Denkens sei, das Organon und das Kriterion aller Erkenntniß, die gemeinsame Mutter der Vernunft und Offenbarung. Hamann gesteht selbst, daß es in dieser Tiefe noch finster für ihn sei, daß er noch immer auf einen apokalyptischen Engel mit einem Schlüssel zu diesem Abgrunde warte. Das Höchste, was man sagen kann, ist, daß Herder hier den ersten Anstoß zu seinen Untersuchungen über die Sprache erhielt, obgleich die Grundidee Herder's, die Sprache als menschliche Naturnothwendigkeit, nicht als unmittelbare göttliche Eingebung zu betrachten, zu der Grundidee Hamann's im ausgesprochensten Gegensaz steht.

Liefer und inniger waren Mitgefühl und Verständniß Hamann's für die Schöpfungsgeheimnisse der Dichtung. Die im December 1761 geschriebene Abhandlung „Aesthetica in nuce, eine Rhapsodie in kabbalistischer Prosa" beginnt sogleich (Bd. 2, S. 258) mit dem tiefgreifenden Sat: „Poesie ist die Muttersprache des menschlichen Geschlechts, wie der Gartenbau älter ist als der Ackerbau, Malerei älter als Schrift, Gesang älter als Declamation, Gleichnisse älter als Schlüsse, Tausch älter als Handel“... „Sinne und Leiden

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schaften reden und verstehen nichts als Bilder. In Bildern besteht der ganze Schaß menschlicher Erkenntniß und Glückseligkeit.“ Schärfer als irgendein anderer seiner nächsten Zeitgenossen, selbst Lessing nicht ausgenommen, erkannte daher Hamann, daß alle Poesie, welche, statt im Urgrund der menschlichen Empfindung, nur in der bewußten. Reflerion ihre Quelle und Wurzel habe, nicht die ächte und rechte Poesie ist. „Wagt Euch nicht," ruft er in jener Abhandlung den Philosophen zu, „in die Metaphysik der schönen Künste, ohne in den Orgien der Leidenschaften und in den eleusinischen Geheimnissen der Sinne vollendet zu sein.... Die Natur wirkt durch Sinne und Leidenschaften. Wer ihre Werkzeuge verstümmelt, wie mag Der empfinden.... Eure mordlügnerische Philosophie hat die Natur aus dem Wege geräumt.... Baco beschuldigt Euch, daß Ihr die Natur durch Eure Abstractionen schindet. O eine rechte Muse wird es wagen, den natürlichen Gebrauch der Sinne von dem unnatürlichen Gebrauch der Abstractionen zu läutern, durch welche unsere Begriffe von den Dingen ebensosehr verstümmelt werden als der Name des Schöpfers unterdrückt und gelästert wird. . . . Wenn die Leidenschaften Glieder der Unehre sind, hören sie deswegen auf, Waffen der Mannheit zu sein.... Leidenschaft allein giebt den Abstractionen und Hypothesen Hände, Füße, Flügel; Bildern und Zeichen Geist, Leben und Zunge. Wo sind schnellere Schlüsse? Wo wird der rollende Donner der Beredtsamkeit erzeugt, und sein Geselle, der einfilbige Blizz?" Von Chr. L. von Hagedorn's Betrachtungen über die Malerei, welche ganz nach der herrschenden Weise der Zeit immer nur von der Schönheit der Form, nie aber von der unerläßlichen Tiefe und Ursprünglichkeit der Erfindung sprachen, meinte daher Hamann in der kleinen Schrift „Leser und Kunstrichter", welche gegen Hagedorn ge= schrieben ist (Bd. 2, S. 402), daß sie nur unendliche Wiederholungen erschöpfter Betrachtungen“ über die „Toilette und Etikette der schönen Künste“ seien, daß aber, „wer den schönen Künsten Willkür und Phantasie entziehen wolle, ihrer Ehre und ihrem Leben als ein Meuchelmörder nachstelle und keine andere Sprache der Leidenschaften als die Sprache der Heuchler verstehe". An Diderot's Abhandlung

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über das Drama dagegen, obgleich sie ihm nicht völlig genügte, rühmte er, daß Diderot nicht blos die Regeln als ein guter Schulmeister verstehe und mittheile, sondern auch wie ein halber Mystiker sage, daß Dasjenige, was uns führen und erleuchten müsse, nicht Regeln seien, sondern „ein Etwas, das weit, unmittelbarer, weit inniger, weit dunkler und weit gewisser sei“. Dies war diejenige Seite Hamann's, welche vornehmlich auf die Dichter der Sturmund Drangperiode wirkte. Und doch ist auch hier wieder Alles wirr und verschwimmend. Hamann hat kein Verständniß für die Tragweite dieser Ideen. Man irrt, wenn man gewöhnlich schon Hamann. jenen regen Ausblick auf das Wesen der naiven Volkspoesie zuschreibt, welcher für den Umschwung unserer eigenen deutschen Dichtung so erfolgreich geworden ist. Bei Hamann ist das Heraustreten aus der Kälte und Kahlheit der Reflexionspoesie, der Ruf nach Naturlebendigkeit und Wärme der Empfindung, vielmehr nur ein Kampf gegen die ausschließliche Nachahmung der Griechen und Römer zu Gunsten der biblisch morgenländischen, der christlich religiösen Dichtung, die seinen pietistischen Neigungen und Gesinnungen innig wahlverwandt war und die ja um dieselbe Zeit auch in Klopstock die emsigste Pflege fand. Wie Hamann in einem Briefe vom 5. Mai 1761 jagt, daß, um das Urkundliche der Natur zu treffen, Griechen und Römer nur durchlöcherte Brunnen seien“, so sagt er auch in den Philologischen Kreuzzügen (Bd. 2, S. 288): „Grade als wenn unser Lernen ein bloßes Erinnern wäre, weist man uns immer auf die Denkmale der Alten, den Geist durch das Gedächtniß zu bilden; warum bleibt man aber bei den durchlöcherten Brunnen der Griechen stehen und verläßt die lebendigsten Quellen des Alterthums? Wir wissen vielleicht selbst nicht recht, was wir in den Griechen und Römern bis zur Abgötterei bewundern. Das Heil kommt von den Juden. . . . Natur und Schrift sind die Materialien des schönen, schaffenden, nachahmenden Geistes.... Wodurch aber sollen wir die ausgestorbene Sprache der Natur von den Todten wieder auferwecken? Durch Wallfahrten nach dem glücklichen Arabien, durch Kreuzzüge nach den Morgenländern und durch die Wiederherstellung ihrer Magie. . . .

Wodurch sollen wir den erbitterten Geist der Schrift versöhnen. Weder die dogmatische Gründlichkeit pharisäischer Orthodoren noch die dichterische Ueppigkeit sadducäischer Freigeister wird die Sendung des Geistes erneuern, der die heiligen Menschen Gottes trieb, zu reden und zu schreiben. Jener Schooßjünger des Eingeborenen, der in des Vaters Schooß ist, hat es uns verkündigt, daß der Geist der Weissagung im Zeugniß des Einigen Namens lebe, durch den wir allein selig werden und die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens erwerben können." Hamann schließt (S. 308) mit den Worten: „Laßt uns jezt die Hauptsumme dieser neusten Aesthetik, welche die älteste ist, hören: Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre, denn die Zeit seines Gerichts ist kommen, und betet an den, der gemacht hat Himmel und Erden und Meer und die Wasserbrunnen."

Es ist gewiß, daß Hamann seinem Freund und Schüler Herder manche fruchtbare Anregung zugebracht hat. Aber eben nur Anregung, nur unfertige Gedankenkeime, nur ahnende Stimmungen. Es steht daher Hamann schlecht an, wenn er in einem Briefe vom 24. October 1774 zu sagen wagt: „Durch Herder's Fleiß scheinen sich einige meiner Saamenkörner in Blumen und Blüthen verwandelt zu haben; ich hätte aber lieber reife Früchte."

Hamann starb am 21. August 1788 in Münster, wo er seit Kurzem dem Kreise der Fürstin Gallizin sich angeschlossen hatte. Seine Werke wurden erst lange nach seinem Tode gesammelt; 1821-1825 von Friedrich Roth, sorgfältiger 1842 f. von Wiener. Um diese Zeit kam die geistige Strömung Hamann's Gedankenrichtung wieder mehr entgegen als einige Jahrzehnte zuvor im Zeitalter Goethe's und Schiller's.

Jacobi.

Auch Jacobi wurzelt wie Hamann ganz und gar in der Hervorhebung und Vertheidigung der unverbrüchlichen Gefühlsrechte. Beide stehen daher eine Zeitlang zu einander in regster persönlicher Be= ziehung. Nichtsdestoweniger sind sie von Grund aus verschieden; in

der Art ihrer Persönlichkeit sowohl wie in der Art und in den Zielen ihrer Bildung. Hamann sittlich verkommen, plebejisch bis zum Cynismus; Jacobi rein, feinfühlig, geistig vornehm. Hamann voll grüblerischen Tiefsinns, aber dunkel und formlos, alle tiefsten Fragen zwar berührend, aber mit seinem pietistischen Bibelglauben sie plump durchhauend; Jacobi ohne eigene Schöpferkraft, aber klar und von hinreißender Beredtsamkeit, in der Aufwerfung und Beantwortung der Grundfragen des menschlichen Daseins frei forschender Denker.

Friedrich Heinrich Jacobi war am 25. Januar 1743 zu Düffeldorf geboren, der Sohn eines vermögenden Fabrikherrn. Obgleich ursprünglich Kaufmann, trat er 1772 in den Staatsdienst und lebte jeitdem auf seinem reizenden Landsiz in Pempelfort. Von der französischen Revolution aus Pempelfort vertrieben, brachte er fast zehn Jahre in Holstein zu, in der nächsten Beziehung zu Claudius und zu Friedrich Leopold Stolberg. Im Frühjahr 1805 folgte er einem Ruf als Mitglied der Akademie der Wissenschaft zu München; seit 1807 war er deren Präsident. Er starb am 10. März 1819. In pietistischer Umgebung aufgewachsen, hatte Jacobi schon früh Hang zu Schwärmerei und Mystik. Aber für seine ganze Denkweise wurde entscheidend, daß er im Alter von sechzehn Jahren. in ein Handlungshaus zu Genf trat und in Genf seine schönsten und strebsamsten Jünglingsjahre verlebte. Er stand unter denselben Eindrücken und Stimmungen, aus denen Rousseau hervorgegangen. Bonnet, der Naturforscher, dessen Naturbetrachtung auf durchaus materialistischer Grundlage ruhte, der aber gleichwohl nicht nur der unbedingteste Vertheidiger der biblischen Offenbarung, sondern sogar das Haupt und der Führer der Genfer Frommen war, gewann auf ihn den bedeutendsten Einfluß; in seinem Buch über Spinoza und in einem Brief an Elise Reimarus vom 15. August 1781 sagt Jacobi, daß er Bonnets Schriften fast auswendig gewußt. Freunde Rousseau's waren sein Umgang. Und dazu vor Allem die Einwirkung Rousseau's selbst! Ueberall spricht Jacobi von Rousseau mit tiefster Verehrung. In einem Briefe an Wieland vom 8. Juni 1777 nennt er Rousseau das größte Genie, das je in französischer

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