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selben Abhandlung hinzufügt, daß die Lösung dieses Streites nur in der geistreichen Harmonie einer völlig durchgeführten Bildung liege.

Aus dieser Einsicht quoll ihm das unabweisbare Bedürfniß größerer wissenschaftlicher Vertiefung. Was für Goethe die italienische Reise und die Naturwissenschaft war, das wurden für Schiller seine geschichtlichen und philosophischen Studien.

In der Recension über Bürger's Gedichte, die wesentlich als ein kritischer Rückblick Schiller's auf seine eigene dichterische Vergangenheit zu betrachten ist, sagt Schiller: „Es ist nicht genug, Empfindungen mit erhöhten Farben zu schildern, man muß auch erhöht empfinden; Begeisterung allein ist nicht genug, man fordert die Begeisterung eines gebildeten Geistes. Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität; diese muß es also werth sein, vor Welt und Nachwelt ausgestellt zu werden. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, zur reinsten herrlichsten Menschlichkeit hinaufzuläutern, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft, ehe er es unternehmen darf, die Vortrefflichen zu rühren.“

Zehntes Kapitel.

Theater und Roman.

1. Theater.

Schröder und Fleck. Die Ritterstücke. Schröder's

und Iffland's bürgerliche Familiengemälde.

Die glänzendste Verwirklichung fand die lebendige Shakespearebegeisterung der deutschen Sturm- und Drangperiode in der deutschen. Schauspielkunst. Was Lessing bisher nur als frommen Wunsch ausgesprochen hatte, Shakespeare „mit einigen bescheidenen Ver=

änderungen" auf der deutschen Bühne zu sehen, das erfüllte sich jezt in einer Vollendung und Meisterschaft, die uns Nachgeborenen längst wieder nur ein verklungenes Märchen besserer Tage geworden. Die Sturm- und Drangperiode war das goldene Zeitalter der deutschen Bühnengeschichte.

Wie recht hatte Lessing gehabt, als er den vorschnellen Tadlern der Wieland'schen Shakespeareüberseßung mahnend zurief, man solle von den Fehlern derselben kein solches Aufheben machen. Durch Wieland's Shakespeareübersehung wurde Shakespeare der deutschen Bühne erobert. An Wieland's Shakespeareübersehung haben sich unsere großen Shakespearedarsteller gebildet.

Merkwürdigerweise waren es zuerst die Wiener Theater, welche sich dieser Schäße bemächtigten. Stephanie der Jüngere hatte 1773 Macbeth, Heufeld 1774 Hamlet bearbeitet, doch noch durchaus roh in der Weise der hergebrachten Spektakelstücke. Der unsterbliche Ruhm, der eigentliche Eroberer Shakespeare's für die deutsche Bühne und zugleich einer der größten Shakespearedarsteller gewesen zu sein, die es jemals gegeben hat, gebührt Schröder.

Friedrich Ludwig Schröder, am 3. November 1744 zu Schwerin geboren, war in der Schauspielergesellschaft seines Stiefvaters Ackermann groß geworden. Eine abenteuerliche wüste Jugend, die ihn aber zum großen Schauspieler ausgebildet hatte, lag hinter ihm. Seit dem Jahr 1771 hatte er, vereint mit seiner Mutter, die Führung der Ackermann'schen Truppe übernommen. Sie hatte ihren Sit in Hamburg. Nie hat ein darstellender Künstler, nie hat ein Theaterprincipal seine Aufgabe größer und würdiger erfaßt.

Schröder war aus der Schule Lessing's hervorgegangen. Echof, dessen Größe der Jüngling beneidete, aber auf's tiefste bewunderte, und Ackermann, der in bürgerlichen und komischen Rollen neben Echof als ein fast gleich Großer stand, hatte auf ihn die fruchtbarste Einwirkung geübt. Als Marinelli zuerst hatte er sich als vollendeter Charakterspieler gezeigt. Aber sein eigenstes Wesen gehörte doch dem neuen Geschlecht an. Er war der Erste, welcher es wagte, Gög aufzuführen. Für die kühnen und eigensinnigen Schöpfungen

von Lenz und Klinger hatte er die ausgesprochenste Vorliebe. Wie natürlich also, daß es ihn unaufhaltsam drängte, von den Nachahmern auf das Urbild, von den Stürmern und Drängern auf Shakespeare selbst zurückzugehen!

In seinem verwilderten Knabenleben, im Herbst 1758, hatte er zu Königsberg von einem herumziehenden Seiltänzer einzelne Auftritte aus Othello, Hamlet und Lear gehört (vgl. Lizmann, F. L. Schröder, Bd. 1, S. 124), der Eindruck war unauslöschlich. Wieland's Uebersehung, die seit 1762 in rascher Folge erschien, wurde von ihm verschlungen und blieb fortan sein Haupt- und Grundbuch. Im Jahr 1771 hatte Schröder eigens eine kleine Gesellschaft gebildeter Theaterfreunde gestiftet, denen er Wieland's Shakespeare, Steinbrüchel's Theater der Griechen und andere der Aufführung versagte Dichtungen vorlas. Seit 1773 auch „Die Werke Goethen's und seiner Schule“, wie Schröder's Freund und erster Biograph F. L. Meyer berichtet. Endlich wagte er den lezten entscheidenden Schritt. Ermuthigt durch eine Aufführung des Hamlet, die er im Juli 1776 zu Prag gesehen, brachte er am 20. September desselben Jahres Hamlet nach einer von ihm selbst verfaßten Bearbeitung. Brockmann spielte die Rolle Hamlet's, Schröder den Geist. Der Erfolg war ein über alle Erwartung günstiger. „Hamlet und Brockmann“, erzählt Meyer (Bd. 1, S. 291), „waren in Hamburg an der Tagesordnung des Gesprächs und des Gesangs, beschäftigten die zeichnenden Künste und standen in getriebenem Bildwerk, in Kupferstichen und Münzen vor den Schauläden." Rasch griff der begeisterte Künstler weiter. Am 26. October Othello. Am 7. November 1777 der Kaufmann von Venedig. Am 15. December Maß für Maß. Am 17. Juli 1778 König Lear. Am 17. November Richard II. Am 2. December Heinrich IV., beide Theile in ein Gesammtstück zusammengedrängt. Am 21. Juni 1779 Macbeth. Am 20. September Viel Lärmen um Nichts. Am 18. December 1782 in Wien wagte Schröder sogar Cymbeline. Von der Aufführung des Julius Cäsar, den er oft in Privatkreisen vorlas, nahm Schröder nur deshalb Abstand, weil er sich nicht ge=

traute, die Rollen so zu beseßen, wie er für Shakespeare verlangte; derselbe Zweifel hielt ihn auch von Lessing's Nathan zurück.

Es war ein Umschwung, ähnlich wie ihn Goethe in die deutsche Dichtung gebracht hatte.

Von Hamburg aus verbreitete sich das Shakespearerepertoire über ganz Deutschland. Auf ihren Gastspielen spielten Brockmann und Schröder vorzugsweise Shakespeare'sche Rollen.

Wer es vermöchte, einen dieser gewaltigen Theaterabende wieder zurückzuzaubern!

Alle Berichte sind übereinstimmend, daß das Spiel Schröder's die tiefste Wahrheit und Bescheidenheit der Natur war, durchaus gegenständlich, fern von aller Uebertreibung und Künstelei. Daraus erklärt es sich, daß ihm, wie er sich gegen Meyer ausdrückte (S. 338), der Natursohn Shakespeare Alles so leicht nur zu Dank machte, während manche sehr bewunderte und dichterisch glänzende Stelle anderer Dichter Kampf und Anstrengung kostete, um sie mit der Natur auszugleichen. In dieser Naturwahrheit aber war Schröder von einer Gewalt der Poesie, von einer an der Fülle Shakespeare's täglich wachsenden Genialität schöpferischer Erfindungs- und Gestaltungskraft und von einer zwingenden Sicherheit in der Anwendung und Beherrschung der Kunstmittel, daß von ihm das Höchste gesagt werden muß, was von der modernen Schauspielkunst überhaupt gesagt werden kann; er war der volle plastische persönliche Ausdruck der großen Gestalten Shakespeare's, von der leisesten Herzensregung bis zu den furchtbarsten Tiefen stürmender Leidenschaft. Gleich seinem Meister Shakespeare war er von unendlicher Vielseitigkeit, ebenso groß im Komischen wie im Tragischen. „Sobald Schröder auftrat“, sagt Tied im zweiten Theil des Phantajus, „fühlte man sich im Kunstwerk und vergaß im Augenblick den Schauspieler. Nichts von Nebensache, Zufälligkeit und Willkür oder gar Angewöhnung, Alles diente nur zu dieser Rolle und paßte zu keiner anderen; jeder Schritt, Accent, jede Bewegung machte mit der deutlichsten Bestimmtheit einen Zug am Gemälde und verschmolz zugleich die um ihn stehenden geringeren Talente so zu einem Ganzen,

daß die Darstellung eines solchen Schauspiels zu den höchsten Genüssen gehört, die wir von der Kunst nur erwarten können." Als bei der ersten Aufführung des Hamlet Brockmann den Hamlet spielte, spielte Schröder den erscheinenden Geist des Vaters. Meyer erzählt (S. 291), daß Reimarus, der Verfasser der Wolfenbüttler Fragmente, staunend ausrief: „den Geist seht, den Geist bewundert, der kann mehr als die Anderen zusammen!“ Und als später Schröder selbst den Hamlet spielte, überragte er nicht nur Brockmann weit, sondern brachte sogleich die Rolle zu einer Vollendung, die nur einem Künstler gegeben war, der in seiner ganzen Stimmung, in dem springenden Wechsel von Schwermuth und genialischer Laune, der innigste Geistesverwandte des Shakespeare'schen Hamlet war; er würde, sezt Meyer hinzu, Hamlet errathen haben, wenn er ihn auch nicht ergründet, er würde in ähnlichen Verhältnissen selbst Hamlet gewesen sein. Lear, dem jezt kein einziger Shakespearedarsteller mehr gewachsen ist, wurde in Schröder's genialer Kunst eine Schöpfung, die die furchtbare Tragit des Dichters nicht nur vollständig deckte, sondern sogar noch vertiefte. „Ich halte nach Allem, was ich gesehen“, berichtet Meyer (S. 306), „für unmöglich, daß Schröder in dieser Rolle erreicht werden könne, wenn es der Natur nicht beliebt, den nämlichen Menschen in allen seinen Eigenthümlichkeiten noch einmal hervorzubringen, und dem Schicksal, ihm die nämliche Bildung zu geben." Und bei jeder Wiederholung offenbarte Schröder neue Geheimnisse der Seele. Als Schröder im Januar 1779 seinen Lear in Berlin spielte, wurde Moses Mendelssohn dergestalt von diesem Gemälde der inneren Gebrochenheit und des verzweifelten Wahnsinns ergriffen und übermannt, daß er im vierten Akt die Vorstellung verlassen mußte, und nicht wagte, sie wiederzusehen. Am 13. April 1780 spielte Schröder den Lear in Wien. Die Wiener Schauspieler hatten gegen ihn die gehässigsten Kabalen angestiftet. Selbst Kauniz meinte, Schröder vor der drohenden Gefahr warnen zu müssen. Die Stimmung war höchst ungünstig. Bei dem ersten unübertrefflichen Auftritt mit Goneril, wo Einige ihren Beifall kaum zurückzuhalten vermochten, gebot eine überwiegende Mehrheit Stille. Noch

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