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worin das allgemeine, sich immer selbst gleiche Glaubensleben der Gemeinde sich ausspricht, sowie (unter dem Eins fluß des Rationalismus) speciell die auf das Heilsbedürfniß bezüglichen, wie das Kyrie und Gloria! Den noch übrig bleibenden Stücken aber gab man eine bestimmtere Bezie hung auf die Predigt; ja man fügte zu dem Ende selbst neue Stücke ein, wie die auf den perikopischen Predigttert zurückweisenden Schlußcollecten.

Nur in einzelnen Provinzen unseres deutschen Vaterlandes ist (wie auch im skandinavischen Norden) die alte deutsche Messe nach ihren Hauptstücken ziemlich unverändert geblieben. Bei weitem in den meisten aber ist der lutherische Gottesdienst allmählich fast zu derselben Urmuth, Vernüchterung und vorherrschenden Subjectivität herabgesunken, welche im südwestlichen Deutschland, und so auch in unserm Lande, in Folge einer mehr negativ als positiv unirenden Tendenz schon zur Zeit der Reformation Plaß ge= griffen hatte.

Doch ist es bedeutungsvoll für uns, daß im Laufe des siebenzehnten Jahrhunderts in die badische Agende neue liturgische Stücke aufgenommen worden sind, speciell nach dem Introitus ein allgemeines Sündenbekenntniß und die Absolution mit einem zwischeneingefügten, den Trost der Gnade enthaltenden wechselnden Bibelspruch und einem folgenden, zur Predigt überleitenden Gebete a). Es spricht sich darin das Bedürfniß und der Wunsch aus, der Dürftigkeit der Liturgie durch Aufnahme wenigstens der allernöthigsten unter den aufgegebenen Stücken in etwas wieder abzuhelfen. Zu Anfang des folgenden Jahrhunderts b) wurden

a) Kirchen Agenda, wie es in der Marggrafschaft Baden Pforz= heimischen 2c. Durlach 1649. 1686.

b) Kirchen - Agenda, wie es in des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Caroli, Marggrafen zu Baden und Hochberg 2c. Carolsruh. 1720.

jene Trostsprüche noch bestimmter für jeden Sonntag festge= stellt und durch die Hinzufügung von alttestamentlichen Sprůchen zu den neutestamentlichen erweitert. So verblieb die ba dische Agende bis zur Union in diesem Jahrhundert, wozu die kirchlich conservative Gesinnung von Karl Friedrich wefentlich beitrug. Ebenso erhielt sich bis dahin in der pfälz zer Liturgie die offene Schuld sammt der Absolution. Aber unferer Zeit war das Sündenbewußtseyn zu fremd gewor den; diese wesentlichen Stücke der ålteren Liturgien, Sündenbekenntniß und Gnadenversicherung, mußten fallen: fie sind in der neuen, der Unions Agende ausgeschieden worden. Doch konnte sich auch hier das Bedürfniß für eine liturgische Erweiterung nicht ganz verleugnen; man hat wenigstens die Festzeiten auszuzeichnen gesucht, was durch einen in das Vorgebet am Altare eingefügten, auf das Fest bezüglichen, dem Trishagion des Geistlichen antwortenden Liedervers geschah. So ist denn unsere gegenwärtige Liturgie weder ein Rückgang zu den Formen der Reformationszeit, noch eine Neubildung im Sinne der wahren Union, sondern im Ganzen ein Product der neologischen Aufklärungstendenzen, und nur geringe, aber beachtenswer the Ansätze zeigen sich zu einer positiven Fortbildung des Gottesdienstes.

Es liegt am Tage, wie weit wir in dem jetzigen Stande unseres gottesdienstlichen Lebens von dem Ideal des christlichen, des evangelischen Gottesdienstes abgekommen sind.

Wir haben die alte, tief begründete christliche Sitte, wornach die heilige Communion Ziel- und Hihepunct des Hauptgottesdienstes ist, verlas sen, und dieselbe ist nicht mehr, wie sie es anfangs gewesen, Gemeinde Handlung, sondern bloßer Privatact von Einzelnen, welche beisammen bleiben, nachdem die Gemeinde sich entfernt hat. Hingegen ist die Predigt an die Stelle der Communion im Hauptgottesdienst getreten, das Wort

an die Stelle des Sacramentes, und zwar nicht das Wort Gottes als solches, in seiner urkundlichen Objectivitåt, sondern in seiner Auslegung durch den Prediger, mithin in menschlicher Subjectivität. Ja die Predigt ist in so ausschließlicher Weise zum Mittelpunct unseres Gottesdienstes geworden, daß alle übrigen Handlungen, das allgemeine Kirchengebet ausgenommen, ihre selbständige liturgische Stellung und Bedeutung verloren haben und nur als Vors bereitung und Abschluß der Predigt dienen, weßhalb auch ihre Wahl zumeist der Willkür des Predigers anheimgegeben ist. Und es steht mithin da, wo der Prediger das Wort in einseitiger, schiefer oder gar falscher Weise auslegt, in seiner Macht, seinem entstellenden Thun auch die übrigen gottesdienstlichen Acte in gewissem Maße dienstbar zu machen und so die Gemeinde um die gesunde geistliche Nahrung zu bringen a).

Was aber die liturgischen Handlungen des Hauptgottesdienstes für sich anlangt, so sind dieselben fürs Erste ihrer Zahl nach, während sie einst in so reicher Fülle bestanden haben, auf ein Minimum reducirt, so daß Hauptund Nebengottesdienste kaum noch sich unterscheiden, daß unser Hauptgottesdienst kaum etwas Anderes ist, als eine erweiterte Bibelstunde. Die herrlichen alten Stücke: das Kyrie, Gloria, Credo und Sanctus, dazu die biblischen Lectionen, vollends im Abendmahl die Präfation, das Agnus und Benedictus es ist uns Alles verloren gegangen. Ein Vor- und Predigtlied und ein Vor- und Nachgebet fammt Unser Vater und Segen bezeichnen den ganzen Umfang der jeßigen gottesdienstlichen Handlungen außer der Predigt. Und es werden entweder diese Handlungen, um doch einen Rahmen um die Predigt zu gewinnen, sehr ges dehnt, wozu theils die breiten Gebete, theils der langsame

a) Vergl. Bähr, der protestantische Gottesdienst, vom Standpuncte der Gemeinde aus betrachtet.

1850.

und in manchen Gegenden auch lange Gemeindegesang beitragen, oder man seht in die Kürze des Gottesdienstes feinen Hauptvorzug, was das Gewöhnlichere ist. Fürs Zweite fehlt unseren liturgischen Handlungen jene lebendige Wechselthätigkeit zwischen dem Geistlichen und der Gemeinde, wie sie in der alten Kirche so erhebend bestanden hat. Denn während die Gemeinde zuerst im Gefang vieler Liederverse lange Zeit, nicht selten in ermüdender Weise, ausschließlich thätig gewesen, ist sie darnach während der Predigt und des Gebetes in noch långer währende Passivitát verseßt. Der dritte Hauptmangel aber ist der, daß auch die schöne organische Gliederung, welche wir an den alten Liturgien bewundern, nicht mehr besteht. Das für unsern Predigtgottesdienst, wie er gewor den, neu eingefügte Vorlied, Vorgebet und Predigtlied mag zwar, im Allgemeinen besehen, an seiner Stelle zu stehen scheinen, ebenso wie das aus den alten Liturgien überlieferte Unser Vater und der Segen als Abschluß des Gottesdienstes. Dagegen aber nimmt das gleichfalls aus den alten Liturgien herübergenommene allgemeine Kirchengebet eine durchaus falsche, störende Stellung ein. Denn, abges sehen davon, daß in demselben verschiedene Arten von Gebeten, welche getrennt und an verschiedenen Orten des Gottesdienstes eingereiht werden sollten, zu Einem langen Gebete verbunden sind, und daß es nicht auf den Predigtstuhl gehört, so ist es ungeeignet und durchaus unpsychologisch, die vorherrschend subjective Handlung der Predigt, worin der Prediger die ganze Macht seines individuellen innern Lebens zu offenbaren hat, und die durchaus objective Handlung des allgemeinen Kirchengebetes, worin er aufs bestimm teste als Organ der Gemeinde handelt, unvermittelt aneinander zu reihen, weßhalb auch selten Prediger dem Kirchengebet im Vortrage sein volles Recht widerfahren lassen, sondern entweder im Kanzelton fortfahren oder möglichst schnell darüber wegzukommen suchen. Diese Verkehrtheit

der Stellung aber steigert sich noch dadurch, daß, nachdem die Gemeinde durch das Kirchengebet aus der individuellen Stimmung, worein sie die Predigt versetzt hat, herausge= führt worden, ein nachfolgender, auf die Predigt sich zurückbeziehender Schlußvers, gewöhnlich ohne Rücksicht auf den Inhalt der lehte des Predigtliedes, sie wieder in den vorigen Kreis der Ideen einzuführen sucht, und so Geist und Gemüth der Gemeinde auf die unnatürlichste Weise hin und hergezerrt wird a).

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Zu diesen Gebrechen unseres gottesdienstlichen Lebens kommen noch mehrere; insonderheit gehört dahin, daß unsere Nebengottesdienste außer jenem vorbereitenden und fortführenden Zusammenhang mit dem Hauptgottesdienste stehen, wie derselbe sich im Laufe des Mittelalters so befriedigend festgestellt hat. Doch wollen wir hiebei nicht långer verweilen, sondern von dem auf Grund der geschichtlichen Entwickelung des christlichen Gottesdienstes klar erkannten Bedürfniß der Gegenwart zur Frage nach der Ab. hülfe fortschreiten.

Praktischer Theil.

N

Sollen wir in dieser Abweichung von den alten Grundideen des christlichen Gottesdien stes, sollen wir in dieser Verarmung, Einseitigkeit und Ungeordnetheit desselben verharren? Dieß ist die Frage, wegen deren Beantwor tung wir zusammengekommen sind, und zu deren richtiger Beantwortung wir diese historische Betrachtung vorausge schickt haben.

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a) Vergl. Höfling, von der Composition der christlichen Ge= meindegottesdienste oder von den zusammengesegten Acten der Communion. 1837. G. 72-82.

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