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Erbauung. Deßhalb darf hier kein Zwang walten. Wir müssen die Schwächen unserer Gemeinden auch ertragen können. Aber davor sollten wir uns húten, daß wir die Schwächen nicht als Zeichen der Kraft deuten und das für etwas Naturwüchsiges halten, was sich in den Gemüthern aus falscher Opposition festgesetzt hat. Wir haben die Aufgabe, unsere Gemeinden zu besserer Einsicht auch hierin zu leiten und die gefunden Bedürfnisse auf dem Gebiete des Heiligen in ihnen zu wecken und zu pflegen, wo sie unterdrückt oder irregeleitet sind. Wenn uns dieß gelingt und der heiligen Kunst in unserer Kirche Raum geschafft wird, so daß sie (innerhalb der evangelischen Schranken) ihre Verleiblichung der göttlichen Ideen in Ton, in Bild und Handlung zur freien Offenbarung bringen kann, so werden unsere Gemeinden von manchen Abwegen einseitiger Berstandesrichtung allmählich zurückkommen und dagegen reiche Erbauung aus dem Gnadengehalte schöpfen, welcher nach göttlicher Ordnung im Symbole beschlossen liegt.

Nachdem wir hiermit in etlichen Grundzügen darge= than, wie der evangelische Gottesdienst in unserer unirten Landeskirche fortzubilden sey, ist es nöthig, schließlich noch etwaigen Bedenken und Einwendungen zu bes gegnen.

Das erste Bedenken, welches man gegen unsere Vorschläge etwa erheben möchte, ist dieß, daß durch die Einführung einer ausgebildeteren Liturgie die Predigt verdrängt werde, welche doch nach Luther's Ausspruch,,das größest und fürnehmst Stück" alles Gottesdienstes sey, und daß dagegen ein,,Loren und Dohnen" wiederkehren und durch dasselbe ein Tod in den Gemeinden herbeigeführt werde, wie er in der römischen und noch mehr in den orientalischen Kirchen bestehe. Wenn dieses Bedenken gegründet wäre, so wäre über unsere Vorschläge der Stab gebrochen. Denn allerdings lieber Leben der Kirche und Armuth der Lebensformen, als Tod der Kirche und ReichTheol. Stud. Jahrg. 1854.

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thum der Lebensformen! Trifft aber jene Befürchtung die von uns gewünschte Erweiterung der Liturgie? Wohl ist es richtig: die Predigt ist das specifisch neubelebende, fortbildende Element im Gottesdienste. Und daß dieselbe in der römischen und vornehmlich in den orientalischen Kirchen so wenig gepflegt worden, ist zum großen Theil Schuld an der größeren geistlichen Erstarrung, welche dort besteht. Mit Recht hat deßhalb Luther so großes Gewicht auf die Predigt gelegt. Und da das Bedürfniß der Neubelebung und Fortbildung noch immer vorhanden ist, so dürfen auch wir nicht aufhören, der Predigt Pflege und immer intensi vere Pflege zuzuwenden, wenn wir nicht unsere Kirche der gleichen Gefahr aussehen wollen, welcher die mittelalterlichen Kirchen erlegen sind. Aber wenn wir auch der Predigt diese Bedeutung beilegen, so ist damit noch keineswegs gesagt, daß sie nun Ein und Alles im Gottesdienste fey, oder auch nur, daß sie den centralen Inhalt desselben bilde, um welchen sich die liturgischen Elemente als bloße Zugabe anschlössen. Selbst in dem obigen Ausspruche Luther's, auf welchen man sich hierfür beruft, liegt dieß nicht; wenigstens hat Luther für das Volk (und auch unsere Gottesdienste haben doch für die Volksgemeinde ihre Bestimmung) eine ausgeführtere Liturgie als nothwendig erachtet. Und in der von ihm vorgeschlagenen und unter seinen Augen im Laufe von zwei Jahrzehenden zur festen Sitte gewordenen wittenberger Kirchenordnung ist nicht bloß das liturgische Element fehr reich ausgebildet, sondern den Zielpunct des ganzen Gottesdienstes bildet auch nicht die Predigt, sondern die Feier des heiligen Abendmahls. So wenig stehen unsere Vorschläge im Widerspruch mit den Bestrebungen der Reformatoren und mit den Principien der evangelischen Kirche.

Noch weniger aber können die gegen die Liturgien der römischen und der orientalischen Kirchen erhobenen, großentheils mit vollstem Recht erhobenen Bedenken auf die von uns geforderte Gottesdienstordnung Anwendung finden.

Denn fürs Erste hat unsere Liturgie einen ganz andern Charakter als die der katholischen Kirchen, indem sie, weit entfernt, die Gemeinde in Unthätigkeit zu versehen, vielmehr dieselbe in die lebendigste Mitthätigkeit mit dem Geistlichen zieht und überdieß durch einen entsprechenden Wechs fel der liturgischen Formen das Interesse immer neu belebt. Sodann aber ist auch die Stellung und das Verhältniß der Predigt zur Liturgie bei uns ein viel anderes. Denn von uns ist die Predigt nicht aus dem Hauptgottesdienste hinausverwiesen, geschweige ganz beseitigt; sie ist selbst nicht der Liturgie bloß voraus oder hintennach geschickt, so daß mit der Zeit ihre Verdrängung zu besorgen wåre, sondern fie ist recht eigentlich mitten in den fonntåglichen Gottesdienst hineingestellt. Und daß sie von einer ausführlicheren, lebensvollen Liturgie getragen ist, welche ihr vorangeht und nachfolgt, wird nur dazu beitragen, ihren Eindruck zu ver tiefen und zu befestigen. Wie wenig aber die Ausbildung der Liturgie in unserer Kirche eine Vernachlässigung der Predigt zur nothwendigen Folge habe, ist von uns oben im ersten Theile bereits gezeigt worden.

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Uebrigens möchten wir darauf noch aufmerksam ma chen, daß nicht bloß die Ausbildung der Liturgie, sondern auch die einseitige Herrschaft der Predigt ihre Gefahren habe. Während nämlich allerdings die einseitige Herrschaft der Liturgie Erstarrung herbeiführt, so führt andererseits die einseitige Herrschaft der Predigt leicht zur Entfesselung des religiösen Geistes, und die Geschichte des verflossenen Jahrhunderts lehrt uns zur Genüge, wie durch Mißbrauch der Predigt im Sinne einer glaubenslosen Aufklärung ein noch viel größerer Schaden in den Gemeinden angerichtet werden könne, als durch allen falschen Werkdienst der katholischen Messe geschehen ist. Luther hat diese Gefahr selbst geahnt, wenn er so wenig war er für einen unbeschránk ten Einfluß der Subjectivität des Predigers in der Kirchenordnung vom Jahre 1526 den Vorschlag macht, Postil

len zum Vorlesen von Predigten einzuführen. Wohl würde Luther eine Beschränkung und Ergänzung der Predigt durch die Objectivität der Liturgie auch principiell noch bestimmter gefordert und geordnet haben, wenn er damals schon die uns bekannte Erfahrung gemacht hätte, daß man Gemeinden auch todt predigen könne. Wenn aber von der völligeren Ausbildung des liturgischen Elements im Gottesdienste eine Wiederkehr des „Lorens und Dohnens” besorgt wird - welche Besorgniß übrigens die von uns vorgeschlagene Liturgie nicht trifft, da in derselben die Gemeinde selbst und nicht der Chor die vorzugsweise Thätigkeit übt, so lehrt uns gleichfalls die Erfahrung, daß auch die Kanzelberedtsamkeit zu künstlerischer Vorstellung und zu leerem Schellengeklingel mißbraucht, und daß ein Dienst der Eitelkeit durch sie im Gottesdienst aufgerichtet werden könne.

Gewichtiger möchte ein zweites Bedenken erscheinen, dieß nämlich, ob der von uns vorgeschlagene Gottesdienst denn ein Gottesdienst der unirten Kirche zu nennen sey. Doch auch dieses Bedenken ist nicht wirklich ges gründet, und mit voller Freudigkeit und Zuversicht können wir auf jene Frage ein Ia antworten. Es fragt sich nur, was wir für eine Union wollen, ob eine negative oder positive, eine Rückschritts- oder eine Fortschrittsunion, eine Union der Schwäche oder der Kraft. Ohne Zweifel wollen Sie Alle, will unser Land ́die lettere. Als vor dreihundert Jahren in diesem unsern Lande die Reformation unter dem beiderseitigen Einfluß der lutherischen und reformirten Kirche zu Stande kam, da hat man, weil jene Zeit nichts weniger als schöpferisch auf liturgischem Gebiete angethan war, in der Gestaltung des Gottesdienstes im Allgemeinen nur die abschwächenden Einflüsse von beiden Seiten aufgenommen, wie von uns früher nachgewiesen worden. Wäre das nun eine gesunde Fortbildung, wenn wir den damaligen Bestand für unsere Zeit wieder

herstellen wollten? Wir hatten dann besser gethan, die ganze liturgische Frage zu belassen, da jene Zeit kaum mehr uns bietet, als wir gegenwärtig besitzen. Über dann blieben auch alle die tiefen Bedürfnisse unbefriedigt, welche überall jest in lebhaften Wünschen sich kund geben.

Ebenso hat unsere im Grunde schon seit der Reforma tionszeit angebahnte Landes-Union, als sie im Jahre 1821 nach dem allgemeinen, theils aus wirklichem Glaubens und Liebesdrang, theils aus Indifferentismus entsprungenen Wunsche zu Stande kam und sich auf den Consensus der beiden Confessionen stellte, liturgisch densel= ben nur in jener Verminderung und Verflachung der gottesdienstlichen Formen auszusprechen vermocht, die als Erbschaft des Rationalismus auf unser Jahrhundert gekommen war. Wenn nun während der lezten Jahrzehende in der Kirche und unter Gottes Segen auch in unserer unirten Landeskirche der Glaube über den Unglauben den Sieg wieder errungen hat, soll dieses neu erwachte Glaubensleben nicht auch in dem kirchlichen Bestande seinen Ausdruck gewinnen, soll es nicht auch, wie in Bekenntniß und Lehre, so im Cultus sich offenbaren, und zwar nicht bloß in neuem, gläubigeren Inhalte, sondern zugleich in lebensvolleren, erwecklicheren Formen desselben? Ich halte dafür, wenn eine von den Kirchen der Gegenwart vor den andern berufen ist, wahre Fortschritte, wie überhaupt, so speciell auf liturgischem Gebiete zu thun, so ist es die unirte wie denn auch die preußische Union zur Neugestaltung des Gottesdienstes in unserm Jahrhundert den ersten Anstoß gegeben hat a). Die reformirte Kirche ist viel zu tief in ihrem Argwohn und Widerwillen gegen Alles, was an den

a) Kirchen-Ugende für die Hof- und Domkirche in Berlin. 1821.Agende für die evangelische Kirche in den königlich preußischen Landen. 1829.

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