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der unwissenschaftlichen Vernunft oder des gesunden Menschenverstandes angekommen, sondern tief unter dieselben hinabgesunken. Der gesunde Menschenverstand glaubt wol an Wunder, weil er nicht anders kann: daß er aber den gegebenen Stein, die blühende Pflanze, den fingenden Vogel, den handelnden und sprechenden Menschen wirklich wahrnehme, das ist ihm das Natürlichste von Allem in der Welt, ja Natur und Welt selber. Desgleichen ist dem gesunden Menschenverstande nichts einleuchtender, als daß er die gegebene Welt auf einen höchstweisen und liebevollen Urheber beziehen müsse, der sie erschaffen und fortdauernd erhält und regiert; höchstens können ihn die Zweifel eines Halbdenkers augenblicklich beunruhigen: dennoch bleibt er bei seinem einfachen Glauben stehen. Daß er frei zu handeln vermöge, erfährt der Mann von schlichtem Verstande alle Tage an sich und an Anderen: seine Tugend, und das Löbliche, das in ihr liegt, ist ihm, wenn nicht etwa die Freiheit selbst, so doch der wahrste Ausdruck derselben; und das Schändliche, welches ihm angemuthet würde, oder das er an Anderen erblickt, verwirft er ohne Weiteres und behauptet sich dadurch in seiner Freiheit. Weisheit und Kunst übt er in seinen Geschäften: denn wie einfach auch sein Werk sich gestalten möge, nach Ideen will es immer behandelt sein und erfodert ein gewisses Geschick. So ruht der Mann der Erfahrung und der Thätigkeit auf sich selber. Wer vermöchte ihm solche Gewißheit zu rauben? Der Philosoph Jacobi dagegen spricht wol von allen diesen Dingen, aber seine Zuverläßigkeit ist dahin. Der absolute Idealismus und Spinozismus hat ihn mehr inficirt, als er selbst glaubt und sich gestehen mag: dieser ist es, der ihm den Erfahrungsbegriff verleidet! So geht es heutzutage Vielen! Man weiß nicht mehr, was das heiße, Erfahrungen machen und das Gegebene, als solches, auffassen? Man entbehrt des Blicks des Naturforschers, des tüchtigen Geschäftsmannes, des gründlichen Historikers. Daran wenigstens ist Kant unschuldig: denn Er gerade hat den Begriff der gemeinen Erfahrung, wie Keiner vor ihm, wissenschaftlich bestimmt und

begrenzt (S. 140). Woher nun gleichwol die Mißverständnisse und Verwirrungen unter den Männern der Speculation? Wie ist es dazu gekommen? Und wer ist schuld daran?

Zweites Capitel.

Krug's, Fries's, Bouterwek's, Schulze's schwankender Idealismus.

§. 168. Jacobi's wohlberechtigte, in den sier obigen Anklagetiteln (§. 159) ausgesprochene Opposition gegen die Zeitphilosophie wurde von einer mehr systematischen Speculation, ob mit oder ohne deren Willen, unterstüßt. Voran strengere Kantianer, Krug und Fries. Krug läßt die Realität des Erkannten gelten, ohne sie beweisen oder aus einem höheren Princip ableiten zu wollen: se gründe sich auf eine ursprüngliche Verknüpfung des Seins und des Wis= sens, eine Urthatsache des Bewußtseins, den absoluten Grenzpunet alles Philosophirens. Die Vorstellung der Realität (des Seins überhaupt) ist ihm die aller Erkenntniß zu Grunde liegende Urvorstellung, welche eben deswegen nicht durch andere Vorstellungen erklärt und begriffen werden könne, sondern in, mit und durch die Erkenntniß selbst mit unmittelbarer Klarheit von jedem Erkennenden müsse begriffen werden 1). Dieß ist nur eine Umschreibung des Kant'schen Erfahrungsbegriffs der Existenz (§. 149): eine ontologische Bedeutung des Seins (§. 150) liegt darinn nicht. In der Religionsphilosophie dagegen streifte Krug dem Kant'schen höchsten Gute den Begriff der Glückseligkeit ab, behielt bloß den moralischen Bestandtheil, und bestimmte ihn als Seligkeit, die erstrebt werde (§. 157). Das ist freilich noch nicht Religion: darum trat zur Vervollständigung des Begriffs, indem die Religion es mit Dingen zu thun habe, die an und für sich betrachtet ganz unbegreiflich sind, die Mystik hinzu, eine ächte, nicht falsche 2). Woher mag der Religion der mystische Charakter, der ihr nicht genommen, sondern nur in den Schranken einer wissenschaftlichen und moralischen Besinnung darf gehalten werden, zustehen? Durch die Unerkenn

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barkeit der religiösen Gegenstände allein ist er nicht genügend bestimmt.

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1) Krug, Theoretische Ph. Th. II. S. 20. 2) Desfel ben Eusebiologie S. 37 fl.

S. 169. Fries hat sich, gleich Krug, im transseendentalen Idealismus Kant's festgeseht. Aber wie Jeder, der ein früher Anderen zugehöriges Wohngebäude in Besiß nimmt, Veränderungen darinn nach eigenem Sinn anbringt und sich's bequem macht, so auch Fries mit der Kant'schen Philosophie. Der einfache, große, eben so wirkliche als ehrwürdige Kant’= sche Bau (§. 13 fl.) hat von seiner Hand allerlei Puh nach neuerem Geschmack erhalten: die Grundlagen haben an Festigkeit nicht das Mindeste gewonnen. Fries hat es vielmehr geradezu ausgesprochen, daß die Ideen in der Kant'schen Bedeutung, mit ihnen also auch das Ding an sich, in welchem sie zu Grunde gehen, negativen Ursprungs find (§. 15). Dennoch will Fries den Ideen, vermöge einer doppelten Negation, nämlich als Negationen der Schranken der Erscheinungswelt, pofitive Bedeutung zueignen. Dieß ist unrichtig. Der Begriff der Schranke, welcher der Erfahrung anhaftet, ist wol Negation, aber nicht Negation allein. Es giebt keine Negationen an und für sich, sondern sie sind an dem Gegebenen mit gleich viel Position verwebt, so daß Sein und Nichtseln zusammen den Begriff der Erscheinung bestimmen. Wird nun die Erscheinung verneint, so ist das Positive und Negative derselben zumal aufgehoben, und es bleibt nichts als eine einfache, obgleich absolute, Negation übrig (§. 19). Diese Negation ist es, die Fichte'n in den absoluten Jdealismus hinüberführte (§. 34). Darum sind auch bei Fries die Begriffe des Absoluten, des reinen Triebs, die Deduction der Realität der Ideen aus einer ursprünglich formalen Apperception der Vernunft, wodurch diese selbst absolut wird und dergl., eben so viele Wege, auf denen Fries'sche Philosophie in den absoluten Idealismus Fichte's hinüberspielt. Fries hat sich auf der Schwebe zwischen Kant und Fichte halten wollen, deren Unficherheit sich durch das Wahrheitsgefühl, worauf derfelbe baut, zu erkennen giebt. Fries unterscheidet zwischen

einem Gebiet des Wissens, nämlich dem von der Erscheinungswelt, welchem ein unzuverläßiges Selbstvertrauen der Vernunft muß zu Hilfe kommen; einem Gebiet des Glau= bens an die Realität des Grundes der Erscheinungen; und zwischen dem Recht der Ahnung, welche das im Raum und in der Zeit Wirkliche dem Absoluten, kraft des Gefühls, nach ästhetischen Ideen unterordnet. Die ästhetische Weltanschauung ist bei Fries der Begriff des Kant'schen höchsten Guts, je= doch seiner alten Würde und Vollständigkeit enthoben, und mit modernem Prunk von unbewährtem Gebrauch angethan. So ist denn auch sein Wahrheitsgefühl, in religiöser Hinsicht, nicht mehr, als ein Schattenspiel an der Wand; sein religiöser Glaube ist eine unaufgebrochene Blumenknospe; seine Ahnungen find Symbole, ohne Gegenstand, der fich darinn symbolisirt 1).

1) Eine leichte Uebersicht der Fries'schen Philosophie gewährt das Handbuch der Religionsphilosophie und Aesthetik von J. F. Fries. Die Belege dazu müssen in der Vernunftkritik, Metaphysik und psychischen Anthropologic desselben Verfassers gesucht werden.

§. 170. Nicht minder unumwunden und nachdrücklich, als Fries, sprach Bouterwek den Begriff eines unmittelbaren Vernunft glaubens aus. Ohne den Glauben an Wahrheit, lehrt Bouterwek, findet im menschlichen Geiste kein Erkennen und Wissen statt. Darinn, daß wir allen Vorstellungen, als bloßen Vorstellungen, nicht trauen, kündigt sich die Vorstellung von der Wahrheit an, die in der Vernunft selbst insofern gegründet ist, als die Vernunft mehr ist, denn ein bloßes Vorstellungsvermögen. Ihr Gewicht giebt sich durch geistige Gefühle, ohne welche die Vernunft sich selbst nicht versteht, und auf deren Reinheit und Intensität großentheils der Werth eines Menschen beruht, zu erkennen. In dem Bewußtsein der inneren, weiter nicht erklärbaren Nöthigung, dasjenige, was in der Vernunft gegründet ist, unbedingt gelten zu lassen und dabei zu be= harren, glaubt der menschliche Geist, indem er denkt und empfindet, an Wahrheit und unterwirft sich der Autorität der Vernunft. Unmittelbar, ohne daß es sich weiter be

greiflich machen ließe, thut sich der Vernunft das Absolute kund, wie sich ihr das sinnlich erkennbare Dasein durch die finnliche Wahrnehmung offenbart; obgleich auch der leßteren Offenbarung Möglichkeit ein Geheimniß ist. Auf das unmittelbare Bewußtsein der Wirklichkeit des Absoluten stüßt sich der Sah, daß allem Werden ein Sein zu Grunde liege. Der religiöse Glaube ist ursprünglich in der Vernunft gegründet, und macht das reinste Eigenthum derselben aus; was ihn aber von dem Glauben an Wahrheit überhaupt unterscheidet, ist die indemonstrable Kraft der Idee des Göttlichen, das heißt, wir erkennen das Göttliche nicht mit dem Bewußtsein der Nothwendigkeit des Daseins, wie das Absolute der Metaphysik. Dieß ist der mystische Punct des religiösen Bewußtseins 1).—Mit dem Allen ist nichts weiter, als die Kraft und Unabweisbarkeit der äußeren und inneren Erfahrung eines Menschen, aber auch zugleich die speculative Unsicherheit und das Schwanken derselben in allen ihren Theilen, ausgesprochen. Denn das Fühlen, der legte Pfeiler der sogenannten unmittelbaren Wahrheit, ist nicht ein Vorstellen, Denken und Wissen.

1) Lehrbuch der philosophischen Wissenschafs ten und Die Religion der Vernunft.

S. 171. Auch die skeptischen oder antidogmatischen Philosophen haben von Jeher, indem sie ein strenges Wissen bekämpften, ihren Standpunct, in irgendeiner Hinsicht, bei der Giltigkeit des Erfahrungsmäßig-Gegebenen genommen. Darum muß Schulze, der Verfasser des neuen Änefidemus, mit zu den Männern gezählt werden, welche mit oder ohne Willen Jacobi's Opposition gegen die demonstrative und absolute Erkenntniß unterstüßten. Skepticismus führt überdieß zum Idealismus (§. 74 fl.): Schulze ist Idealist, wenngleich nicht auf Kant'sche Weise. Aber Jdealismus ist Empirismus (§. 16): deshalb kann man Schulze's Lehre als einen natürlichen, nur keinen gemeinen, Realismus ansehen. Schulze suchte auf seinem Wege, was Kant (§. 140 fl.), vbgleich hinter dessen Strenge zurückbleibend, einen wissenschaftlichen Begriff von der Erfahrung, sofern dabei das Anschaulich-Wirkliche nicht überschritten wird 1). Gleichwol über

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