ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub
[ocr errors]

S. 231. Die Wissenschaft kann nicht die Absicht haben, atheistische Streitigkeiten zu erneuern, wohl wissend, daß religiöse Dinge, wie sie die höchsten sind, zu den schwierigsten der Forschung gehören, und es Ruhm genug ist, auf redliche Weise zu ihrer Aufhellung mitzuwirken. An Redlichkeit ist bei Fichte nicht zu zweifeln. Aber eben so wenig darf die Wissenschaft Epochen der Umgestaltung ihrer Begriffe übersehen wollen, indem nur durch strenge Sonderung des Verschiedenen eine Verständigung und wahrheitgemäße Behandlung davon möglich wird. Fichte konnte dadurch einen Schein von Versöhnung und Ausgleichung mit der Christlichen Vorstellungsweise von Gott und Welt gelten machen, daß er wohlbekannte Begriffe und Ausdrücke auf das Absolute übertrug. Lassen wir dem Fichte'schen Idealismus den Namen des Göttlichen, so ist er Pantheismus, und eine Wissenschaft davon ist Theosophic. Denn Pantheismus ist nicht eine Vergötterung aller wirklichen Gestalten der Erscheinungswelt, so grob hat es nicht einmal die Vielgötterei gemacht, sondern sein Begriff ist der, welchen Fichte als eine wandellose Einheit des Seins und des Daseins ausspricht (S. 199). Gott ist, heißt es bei ihm, innerlich in sich selbst Eins, nicht Mehrere; er ist in sich selbst Einerlei, ohne Veränderung, noch Wandel: da er nun Daist, gerade also, wie er in sich selber Ist, so ist er auch da als Eins, ohne Veränderung, noch Wandel; und da das Wisfen, oder Wir dieses göttliche Dasein selbst sind, so kann auch in Uns, inwiefern wir dieses Dasein sind, keine Veränderung stattfinden 1). Was ist Gott? Er ist dasjenige, was der ihm Ergebene, von ihm Begeisterte, thut. Willst Du Gott schauen, wie er in sich selber ist, von An= geficht zu Angesicht? Suche ihn nicht jenseits der Wolken; Du kannst ihn allenthalben finden, wo Du bist. Schaue an das Leben seiner Ergebenen, und Du schauest Ihn an; ergieb Dich selber Ihm, und Du findest Ihn in Deiner Brust 2). Was giebt denn für diese Welt, an der die Form des Wesens, und die Gestalt, offenbar das Product der Reflerion find, den eigentlichen Grundstoff her? Offenbar die absolute Liebe Gottes zu seinem Dasein, oder des Daseins zum reinen

[ocr errors]

Gotte 3). Alles das fällt stark in's Ohr, und es ließen fich herrliche Worte darüber machen, nur ächtes Christenthum ist es nicht. Überdieß ruht hinter der schönen Hülle der speculative Wurm, und zehrt so unbarmherzig daran, daß die Blume draufgeht und die Frucht ausbleibt.

1) Anweis. z. s. Leben. S. 101.

2) ib. S. 146. —

3) ib. S. 288.

§. 232. Hier ist nicht der Ort, Fichte'n eine Lokrede zu halten. Denn die Wissenschaft lebt nicht von den Almosen, die man ihr spendet, sondern von ihrer Hände Arbeit, die als solche entweder anerkannt oder verworfen wird. Fichte'n gebührt das Verdienst, den Begriff des Jch hervorgehoben und dessen Bedeutung als eines Subject-Objects klar und bestimmt hingestellt zu haben: denn obgleich beides bei Kant nicht fehlt (§§. 14. 15. 193), so befigt gleichwol der Begriff des Ich bei dem lezteren diejenige Deutlichkeit und Schärfe nicht, welche einem wissenschaftlichen Erkenntnißprincip unerläßlich ist. Noch eigenthümlicher ist Fichte's Verdienst darinn, daß durch ihn die Widersprüche, die im Ich und in Allem, was das sich selbst sehende Ich zugleich mit sich und für sich seht, liegen, und durch welche der Kant’sche Idealismus, ohne Wiffen des Urhebers, von Grund aus unterwühlt und zerstört wird (S. 18 fl.), an den Tag gebracht wurden. Vielleicht wäre die Metaphysik ohne Fichte nicht sobald oder doch nicht mit der Sicherheit, wie es gegenwärtig der Fall ist, zu dem Bewußtsein gekommen, daß fie es mit nichts Anderem, als mit den Widersprüchen in den gegebenen Formen der Erfahrung zu thun habe. In beider Hinsicht, was nämlich den Begriff des Ich und dessen Widersprüche anbelangt, ist Fichte noch transscendentaIer Idealist. Als er aber unternahm, die gesammte Philosophie, wie er sich selbst ausdrückt 1), auf dem Begriff des reinen Ich aufzubauen, überstieg er den Standpunct Kant's, und wurde absoluter Idealist. Auch darinn lag zunächst noch kein Fehler, vielmehr offenbarte sich auf diesem Wege das tiefe, obgleich Fichte'n nicht sattsam bewußte Be

dürfniß einer ontologischen Grundlage für den Idealismus (S. 34).

1) Phil. Journal v. F. u. N. Jahrg. 97. H. IV. S. 349.

§. 233. Fortan ging es übel. Mit einer Verallgemeinerung Kant'scher Begriffe war dem transscendentalen Idealismus eben so wenig zu helfen, als es dem Cartesianismus durch Spinoza geschehen (§. 88). Fichte's absoluter Idealismus ist ein verallgemeinerter Kantianismus (§. 193). Das Unternehmen blendete, und über dem Glanz ging die Wahrheit verloren. Das Verderben brach ein und mußte tiefe Zerrüttung zur Folge haben, theoretisch und praktisch. Die Subject-Objectivität mit ihrer Kreisbewegung wurde zur speculativen Methode (§. 26 fl.). Die Täuschung lag nahe. Jene schien, als ein Insich - Geschlossenes, sich selbst zu verbürgen. So möchte jeder Punct der Kreisperipherie angesehen sein als haltend und tragend die anderen; oder wie in einem Kreis von Kreisen, was eine Kugel sein dürfte, sämmtliche Puncte auf einem einigen zu ruhen scheinen, welchen Dienst jeder Punct den übrigen erweist. Gleichwol find alle Puncte eines Kreises oder einer Kugelfläche, indem fie ein Continuum bilden und auch keins, ein unendlich verschlungener Widerspruch (§. 106 fl.). Schon der Begriff des Sichselbstsehens des Ich und dessen Thun, dieser Begriff einer ursprünglichen Lebendigkeit, worauf Fichte mit so vieler Emphase baut, also gleich der erste Schritt, den die W. L. thut, und nach dessen Tact und Maaß fie, wie die Sittenlehre, sich stetig entwickelt, ist ein Widerspruch. Aber die Speculation gewann den Widerspruch lieb. Er wurde der Pulsschlag ihrer Bewegungen. Man betrachtete Widersprüche als gelöst, wo sie doch erst hervorgehoben und gesezt waren (§. 195). Fichte weiß nicht, was ein Widerspruch ist (§§. 23. 207). Unbestimmtheit und Bestimmung, Unendliches und Endliches, Allgemeines und Besonderes, wurden Stoff und Werkzeug, womit die Wissenschaft arbeitete. Mit Unendlichkeiten lernte sie spielen, wie der Gaukler seine Kugeln escamotirt. Freiheit und Sittengesez verschwanden, nicht dem Namen, aber der Sache nach.

Gott, der Höchste und Allein-Heilige, wurde in die Erscheinungswelt herabgezogen und mit ihr vermengt. Dennoch kann nur der über den Wolken thronende, das heißt, substantiell von der Welt verschiedene Gott dem religiösen Bedürfniß genügen (§. 44). — Dieß find die nächsten und auffallendsten Fehler, denen die Speculation, auf Fichte's Ansehen und Veranlassung, unterlag.

§. 234. Fichte's absoluter Idealismus ist Spinozismus. Daß derselbe in vollständiger Rüstung der Subject-Objectivität, als einer Selbstursache, erscheint, macht seinen Vorzug vor dem alten Spinozismus aus (§. 88). Fichte sagt selber, daß der theoretische Theil der W. L., der fich aus dem zweiten und dritten Grundsaß ergiebt (§. 186 fl.), indem der erste Grundsaß hier bloß eine regulative Giltigkeit habe, wirklich der systematische Spinozismus sei 1). Die Einheit erreicht dieser Theil nicht (§. 196); fie zeigt sich erst in dem praktischen Theil (§. 197); wol unter dem Titel von einem Etwas, das nur hervorgebracht werden foll, und nicht kann 2): dennoch sieht sich Fichte genöthigt, die absolute Vernunft, oder das reine Jch, aus der Person, oder dem empirisch bestimmten und gegebenen Jch, als ein reelles Ganze hinauszuversehen 3); thut also gerade dasselbe, was Spinoza'n zum Vorwurf gemacht wird 4). Konnte überhaupt von dem absoluten Ich als einem sich selbst sehenden und differenzirenden Princip die Rede sein (§. 227); so war der Spinozismus seinem Begriff nach als ein Allgemeines, welches sich besondert und seine Besonderungen in die Einheit zurücknimmt, fertig. Alle Wendungen, welche Fichte's absoluter Idealismus nimmt; alle Me= tamorphosen, denen er sich unterzicht; alle öffentliche und Schleich-Wege, die er durchläuft, — find nur Abänderungen des logischen Begriffsverhältnisses des Allgemeinen und Besonderen (§. 21), welches, für reell genommen, Spinozismus ist (§. 145). Wie wäre auch die ungemeine Liebe und Begeisterung des absoluten Idealismus für Spinoza zu. begreifen, wenn der erstere nicht den Spinozismus aus seinen eigenen Lenden frisch erzeugt hätte? Daß der neue Spinozismus in der methodischen Form des Subject-Objects und

unter anderem Namen auftrat, schien ihm genug, fich höher zu dünken, als den alten.

-

[ocr errors]

1) W. L. S. 44'fl. 2) ib. S. 15. 3) Sitt. L. S. 341. 4) W. L. S. 14.

[ocr errors]

§. 235. Auf Veranlassung der Spaltung zwischen Fichte und Schelling hat sich, weil Schelling die Sache also darstellt, die Meinung gebildet, als sei die Fichte’sche Wissenschaft, die früher idealistisch gewesen, nachmals ' rea= listisch geworden. Die Geschichte der Philosophie dürfte darüber anders urtheilen. Fichte änderte seine Sprechweise, vornehmlich in Bezug auf Religion, wovon eben so sehr die eigene religiöse Gefinnung, als der Stoß Ursache sein mochte, welchen Fichte durch den atheistischen Streit empfangen: aber Fichte änderte nicht seine Begriffe. Mit den Aussprüchen: Sich selbst sehen und Sein sind, vom Ich gebraucht, völlig gleich 1); Aller Realität Quelle ist das Ich 2); Thätigkeit ist Urrealität 3), und dergl., mit solchen Aussprüchen, die gleich von Vornherein in der W. L. zu lesen find, war der Begriff einer höheren Realität gesezt, als diejenige ist, die vermöge der Theilbarkeit des Ich in die Erscheinungswelt einbricht: diese höhere Realität wird im Praktischen begründet (§. 202). Ob nun ein bestimmter Begriff absolutes Ich, oder Sein, das Absolute schlechthin, unendliche Vernunft, Gott und dergl. genannt wird, ist gleichgiltig, solange er nur derselbe bleibt. Wenn dann Schelling bemerkt, der Begriff des Seins sei früher bei Fichte ein bloß negativer, eine absolute Verneinung von Thätigkeit, gewesen, und von Gott und göttlichen Dingen nicht gebraucht worden; jezt aber werde gelehrt, alles Sein sei lebendig, und es gebe kein anderes Sein, als das Leben, das Absolute oder Gott sei das Leben, Gott sei alles Sein und außer ihm kein Sein 4): so liegt diesem Vorwurf offenbar eine Verwechselung des absoluten Seins mit dem relativen Sein zu Grunde, welche beide bei Fichte von Haus aus zu unterscheiden find (§. 34). Desgleichen bestimmt die W. L. in ihrem praktischen Theil das Verhältniß des absoluten Ich, des praktischen und intelligenten Ich dahin, daß Eins ohne die anderen nicht ist, noch sein könne

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »