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Formen, welche dem Stande eigen waren, kommen uns durchaus steif und kalt vor: so sehr ermangeln sie oft, wie die Minne selbst, des wahren Gefühles. Dazu kommt, daß die deutsche Ritterpoesie schon durch ihren Stoff zu sehr vom Auslande abhängig war und sich durch zu „höfische“ Behandlung etwas unpopulär machte.

7. Bei allem dem hat sowohl die Ritterdichtung als auch der lyrische Minnegesang und überhaupt die Poesie des Mittelalters manches nicht nur formell, sondern auch inhaltlich Ausgezeichnete hervorgebracht. Mit Uebergehung der Volksdichtung, der kirchlichen Lieder und Hymnen können wir hier nur diejenigen Dichtwerke besonders berücksichtigen, welche die eben erwähnten romantischen Charakterzüge in ganz hervorstechender Weise an sich tragen, bei denen aber gerade darum das nationale und das religiöse Gepräge meist schon sehr verwischt ist. Allein wir wollen ja auch im „Parzival“ eine halb weltliche Kunstdichtung des Mittelalters, die den idealen Geist desselben keineswegs rein darstellt, behandeln. Die vollendete Form findet sich übrigens gerade bei dieser Gattung; auch erkennt man immerhin noch ein ansehnliches Erbtheil jener höchsten Ideen, welche die Religion der Poesie darbot, und welche die Zeit am vortheilhaftesten kennzeichnen. Ein Dante hat andererseits die Minnedichtung geradezu geheiligt und verklärt.

8. Der romanische Süden sah den ersten Frühling der romantischen Poesie in voller Pracht erblühen. In der Provence (Provincia) hatte die Sprache der römischen Eroberer am frühesten eine selbständige Tochter geboren, welche am wenigsten Verwandtschaft mit germanischem Blute hatte und der Mutter am ähnlichsten blieb. Im Gebiete dieser Sprache, welche bald nördlich bis an die Loire und selbst in einem Theile Spaniens herrschte, gedieh denn auch unter der warmen

Sonne des Südens zuerst eine formvollendete heitere Lyrik, vom Volke die „fröhliche Wissenschaft“ (gaya ciencia, gai saber) genannt. In einem Lande, in dessen nächster Nähe die Kämpfe zwischen Franken und Arabern sich abspielten, war der Charakter derselben naturgemäß ein ritterlicher. Die Erregbarkeit des provenzalischen Blutes aber, die üppige Pracht des Landes selbst und maurischer Einfluß sind wohl die Hauptursachen gewesen, weßhalb sie ein durchaus lyrisches und sinnliches Gepräge annahm; die epische Poesie ist fast verschollen und stand jedenfalls mehr im Hintergrunde. Die vorzüglichsten Gegenstände der blühenden Lyrik waren: Liebe (auch die Gottesliebe), Kampf (besonders die Kreuzzüge und die Kriege in Spanien), später die sittlichen Gebrechen der Zeit; ein Troubadour sagt: „Alles für Gott, Frauenschönheit und Ruhm." Feurige Leidenschaft ergoß Liebe und Haß, Sehnsucht und Klage in Lieder von lebhafter, reigenartiger Bewegung. Gesang und Musik ging mit der Poesie Hand in hand. Die Sprache selbst wurde durch Ausbildung des Reimes und der künstlichen Reimverschlingung musikalisch gestaltet. Uebrigens ist die Entartung der Minnepoesie nirgends so beklagenswerth, wie eben bei den Provenzalen; ihr bedeutender Einfluß namentlich auf die nordfranzösische und die deutsche Dichtung war darum nicht in jeder Hinsicht ein günstiger. Die höchste Blüthe dieser Literatur fällt in's 12. und 13. Jahrhundert; eine späte Nachblüthe in unserer Zeit empfiehlt sich durch würdigern Ernst und größere sittliche Reinheit.

9. Von den Provenzalen angeregt und, wie es scheint, sehr abhängig waren die nordfranzösischen Dichter, welche sich denselben Namen, nämlich „Finder" (prov. Troubadours, franz. Trouvères) beilegten. Bei ihnen kam indessen die Kunst e pik bald zur Herrschaft. Sie ist wiederum

vorzugsweise Ritterpoesie, wie sich dieselbe bei der regen Betheiligung der Franzosen und Normannen an den Kreuzzügen nothwendig entwickeln mußte. Den Stoff nahm man aus der Legende oder aus dem Kreise nationaler, normannischer oder bretonischer Sage. Besondere Beachtung verdienen die Grallegende und die phantastisch ausgeschmückte Geschichte Karls des Großen und des Britenkönigs Artus mit ihren Paladinen und Nittern; daneben spielen romantische Bearbeitungen antiker Sagen, kleinere Erzählungen (fabliaux, contes) und allegorische Romane eine große Rolle. Leider ist kein Dichter ersten Nanges erstanden, der den großartigen Stoffen, deren Mittelpunkt Karl der Große und der heilige Gral bilden, ganz gewachsen wäre. Die fast unüberschaubare Literatur Nordfrankreichs hat im Uebrigen einen durchaus christlichen Charakter, obschon auch manches Leichtfertige und Unsittliche mit unterläuft. Die Darstellung offenbart in ihrer Einfachheit und Treuherzigkeit ächt epischen Sinn; es fehlt aber die Würde des Stils und die Tiefe der Auffassung, durchweg auch die künstlerische Berechnung und classische Maßhaltung allzu sehr; es lag daher nahe, daß sie sich noch vor der Vollendung in Prosa auflöste. Die Ritterdichtung wurde von Nordfrankreich nach Deutschland übertragen. Doch wollen wir zuerst noch einen Blick auf einige andere Culturländer werfen.

10. Frankreich entlehnte einen Theil seiner Stoffe (die beliebten britischen Nittersagen) aus England. Die Sprache dieses Landes, die jeßige englische, hatte bis zu ihrer endgültigen Feststellung einen harten Kampf zu bestehen, indem das angelsächsische Element wohl über die alte Landessprache, aber kaum und erst nach langem Ringen über das Französische der normannischen Eroberer den Sieg behauptete. Dadurch wurde wenigstens die Kunstpoesie in

ihrem Wachsthum aufgehalten. Doch hatte längst vor der Verschmelzung des Romanischen mit dem Germanischen, schon im sechsten Jahrhundert, unter den keltischen Bewohnern Großbritanniens, zumal in Frland, die Bardenpoesie geblüht, deren Mittelpunkt seit den unglücklichen religiös-nationalen Freiheitskämpfen gegen die Sachsen der ritterliche König Artus wurde. Die angelsächsische Volkspoesie aber hatte unter anderem das älteste germanische Heldengedicht, das Lied von Beowulf, aufzuweisen. Erst durch die Herrschaft der Normannen wurden statt der Barden und der angelsächsisch-dänischen Skalden die romanischen Minstrels Träger der Heldensage und des Gesanges überhaupt. Seit der völligen Mischung der französischen und angelsächsischen Sprache entstanden nun zunächst die herrlichen Volksballaden, welche ein wahrer Schaß kräftiger, episch-lyrischer Gedichte von tief ergreifender, fast dramatischer Wirkung sind. Sie bekunden noch in Sprache und Anschauung das Vorwiegen des germanischen Elementes. Der Einfluß Frankreichs wird erst in der Kunstpoesie recht offenbar. England tauschte nun mit dem Nachbarlande die Stoffe aus, und die englische Dichtung wurde durch Nachahmung der Trouvères, nebenbei auch der Italiener, auf eine neue romantische Bahn geleitet. Der „Morgenstern“ der englischen Kunstdichtung ist der Epiker Chaucer (vor der Mitte des 14. Jahrhunderts geboren), die Sonne selbst aber Shakespeare, dessen Weltanschauung im Großen und Ganzen viel eher altchristlich und mittelalterlich, als modern zu nennen ist; auch hat sich das englische Kunstdrama aus den mittelalterlichen religiösen Schauspielen organisch herausgebildet und ist eben darum nationaler und christlicher als das unserige. Für unsern Zweck sind zwei Punkte besonders zu beachten: die Einwirkung der romanischen Literatur auf das ferne Insel

reich Großbritannien und die Verschmelzung des altbritischen mit dem normannisch-französischen Rittergeiste. Beides wirkte zusammen, einerseits auch England in die eigenthümliche Culturentwicklung des Mittelalters hereinzuziehen, andererseits jene Ritterdichtung in's Leben zu rufen, deren Kreis auch der „Parzival" seinem Grundstoffe nach angehört.

11. In Italien (im Norden und in Sicilien) waren die Provenzalen eine Zeitlang willkommene Gäste. Doch drangen sie zum Glück nicht gerade in's Herz des Landes und Volkes ein, und fand ihre Leichtfertigkeit in dem Geiste eines hl. Franciscus ein Gegengewicht. Dieser Geist und die Person des Heiligen selbst hatten auch etwas Nitterliches und Minnigliches, das aber ätherisch verklärt wurde; wie andere Künste, so verdankt namentlich die Poesie ihren Aufschwung zu einem erheblichen Theile den Sängern der Gottesliebe und der evangelischen Armuth. Damit verwandt ist der philosophisch-theologische Geist, der freilich dem Volke fremd war, in dem aber andererseits der Born der höchsten Ideen sprudelte.

Poesie ist ein Lebenselement für den Italiener; zuweilen entbehrt sie bei ihm allerdings der Tiefe und Innerlichkeit, dann aber ist sie wieder überraschend warm in der Empfindung und gluthvoll in der Vorstellung, meist_lebhaft, heiter und schwungvoll. Die Sprache selbst, der zur Schriftsprache erhobene toscanische Volksdialekt, ist geschmeidig, malerisch und musikalisch, für Wohllaut und Rhythmus wie geschaffen. Die in ihr niedergelegten Schriftwerke sind denn auch bewunderungswürdige Kunstschöpfungen, welche den mittelalterlichen Geist nach Jnhalt und Darstellung eigenthümlich kennzeichnen. Wenn wir von der fast vergessenen ältern Volkslyrik absehen, so steht gleich an der Spize der talienischen Literatur das Riesenwerk eines Dante

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