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Persönlichkeiten, bei denen die sinnbildliche Bedeutung ihres Charakters, Lebens und Wirkens fast allein von Wichtigkeit und Werth für die Jahrhunderte wurde; die historische Grundlage ist hier gleichgültig oder fehlt auch ganz und gar.

124. Das wirkliche Leben jenes Schwarzkünstlers Faust, des Zeitgenossen Luthers, ist so von sagenhaften Zuthaten überwuchert worden, daß es wohl nie recht klargestellt werden wird. Er soll Theologie, Medicin, später Astrologie und Magie studirt und in der Nähe von Wittenberg vom Teufel, dem er sich verschrieben, gewaltsam um's Leben gebracht worden sein. Das älteste „Faustbuch“, aus dem Jahre 1587 stammend, stellt die Geschichte des Doctor Johann Faust als das abscheulich Ende, das die Zauberkunst genommen, als schrecklich Erempel teuflischen Betrugs, Leibs- und Seelenmordes allen Christen zur Warnung“ vor. Es war, so heißt es weiter, ein dummer, unsinniger und hoffärtiger Kopf, der speculirte und studirte Tag und Nacht, der sich Adlers Flügel1 nahm, um alle Gründe am Himmel und auf Erden zu erforschen. Seine Vermessenheit glich dem Uebermuth der himmelstürmenden Titanen und dem Stolze des ersten der gefallenen Engel. Er schließt mit dem Dämon Mephistopheles (in älterer Form eigentlich Mephostophiles) folgenden Pact: Der Geist theilt ihm die eigene Kraft und Geschicklichkeit mit, ist ihm allezeit zu jedem Dienste und zur Erfüllung jeglichen Wunsches unterthänig;

1 Dieser Ausdruck erinnert, zumal in Marlowe's Ausführung:
His waxen wings did mount above his reach
And melting heavens conspired his overthrow

Mit Wachs beschwingt, stieg er zu hoch empor,
Und Himmelsgluth verschwor zu seinem Fall sich,

an die alte Ikarus-Sage. Wer als Erdensohn zum Himmel auffliegen will, stürzt bald aus der Sonnenhöhe zur Erde wieder herab.

dagegen verschreibt Faust sich mit seinem eigenen Blute dem Geiste als dessen Eigenthum, verläugnet den christlichen Glauben, erklärt sich zum Feinde aller Christgläubigen und verschwört jede Bekehrung. In Begleitung des Mephistopheles führt nun der Zauberer 24 Jahre lang ein lustiges Weltleben, vollführt mit seiner Hülfe tausend Kunststücke und Abenteuer, sucht unter anderem den Weinkeller des Bischofs von Salzburg heim, bewirthet in Leipzig die Studenten und beschwört den Musensöhnen Erfurts Helena, die schöne Griechin, aus der Unterwelt herauf. Er wird zwar durch Zauberkünste und Wollust nicht befriedigt; doch weiß der Teufel eine Anwandlung von Reue beim Gedanken an die Hölle durch Sinnenlust noch zu ersticken. Faust wird im Schlummer auch an den Aufenthalt der bösen Geister entrückt, macht eine Fahrt in die Gestirne und eine große Weltreise nach Rom, Constantinopel und zur „Insel Caucasus“, von wo aus er das Paradies schaut. Einem alten gottesfürchtigen Arzte gelingt es, den Magier nach 17 Jahren zu bekehren; allein der Teufel zwingt ihn zu einer weitern Verschreibung auf sieben Jahre. Gegen Ende der anberaumten Zeit versinkt Faust immer tiefer in den Schmuß der sinnlichen Lust. Das lezte große Ereigniß ist seine Verbindung mit Helena, dem schönsten Weibe, das je die Welt gesehen. Nach Ablauf des 24. Jahres seßt der Schwarzkünstler seinen Famulus Wagner zum Erben ein, wird nächtlicher Weile vom Teufel grausig ermordet und seine Seele zur Hölle abgeholt.

Jedenfalls sind manche ältere oder gleichzeitige Sagen mit der vom Doctor Faust zusammengeflossen. So ist allem Anschein nach Wagner aus einer ursprünglich selbständigen Fabel herübergenommen und wird auch bei seines Herrn Tode gewissermaßen wieder auf freien Fuß geseßt, indem ihm der Geist Auerhahn als zukünftiger Diener beigegeben

wird. Die Mehrzahl der Erzählungen des „Faustbuches“ finden sich dem Kern nach bei ältern Namen wieder: Simon Magus, Cyprianus, Theophilus, Albertus, Erloff, Gerbert und anderen. Selbst mythologische Elemente mündeten in den großen Strom ein. Dahin gehört beispielsweise die Mantelfahrt Fausts nach München, welche an die nordische Sage, wo Wodan seinen Schüßling im weiten Mantel entführt, deutlich anklingt, mehr als Alles aber der Charakter des Mephistopheles selbst. Er tritt nämlich in der Faustsage oft nur als dienstfertiger Hausgeist, spiritus familiaris, auf, welcher seinen Herrn mit Wein, leckern Speisen, prächtigen Gewändern und Geld versorgt; das Koboldartige spricht besonders aus dem harmlosen Humor des Geistes, der ihn dem Hanswurst des mittelalterlichen Schauspiels manchmal recht nahe bringt.

Das Faustbuch" wurde bald vermehrt, und namentlich jener Mitt auf dem Fasse aus Auerbachs Keller aufgenommen, welcher durch zwei Wandgemälde in Leipzig dargestellt ist und wegen seiner Berühmtheit auch von Göthe benügt wird. Gereimte und prosaische Faustbücher, in der Hauptsache übereinstimmend, seit Widmanns Ausgabe 1599 bedeutend verwässert, aber auch von vielem Unsittlichen ge= säubert, machten Faust zum berühmtesten Sagenhelden jener Zeit. Uebersetzungen trugen seinen Namen von Deutschland in verschiedene andere Länder; schon 1590 verarbeitete der englische Dichter Marlowe den Stoff zu einer Tragödie.

125. Es ist augenfällig, wie in der vorliegenden Sage Faust seiner persönlichen Individualität bereits entkleidet und zum typischen Vertreter der Schwarzkunst geworden ist. Sein Leben stellt den freventlichen Abfall eines begabten Gelehrten von Gott und seinen Bund mit dem gottfeindlichen Satan dar. Unter dieser groben Form wird aber

der Sturz des menschlichen Hochmuthes überhaupt versinnbildet, wie es der Verfasser des „Faustbuches" zu wiederholten Malen andeutet. Es hat kaum eine Zeit gegeben, wo das unmittelbare Eingreifen der bösen Mächte in den gewöhnlichen Lauf des Menschenlebens häufiger angenommen wurde, als in der Reformationszeit. Wie viel Luther selbst mit dem Teufelsspuk zu thun hatte, ist bekannt. Nach geläuterter christlicher Anschauung sind Geistererscheinungen und Teufelsbünde allerdings nur seltene Ausnahmen; aber als poetisches Symbol thut der vorausgesetzte Pakt mit seinen Folgen die beste Wirkung auf die Phantasie, der so die furchtbare Gewalt des Bösen, welcher der Mensch sich mit klarem Bewußtsein anheimgibt, zur lebhaften, sinnlichen Anschauung gebracht werden kann.

Wenn ferner der ungezügelte Wissensdrang als Motiv der Entwicklung benügt wird, so spricht sich allerdings darin das dunkelhafte Streben jener Zeit aus, die gottgesetzten Schranken des menschlichen Wissens und Könnens keck zu überspringen; aber im Grunde haben wir wiederum nur den individuellen Ausdruck jener Ungenügsamkeit, welche jeden Menschen, wie schon einst die Stammeltern, versucht, auf eigenem Wege die möglichste Gottähnlichkeit zu erstreben : eritis sicut dii, scientes bonum et malum. Nachdem so der Mensch im weiten Kreise der irdischen Güter, wie Faust in jedem Fache des Wissens: Philosophie, Theologie, Astrologie und Medicin, auf eigene Hand dieser Glück und Größe verheißenden Weisheit vergeblich nachgejagt, fällt er durch Abkehr vom Glauben naturgemäß dem Aberglauben anheim und sucht durch die Verbindung mit den geheimnißvollen Kräften der Natur und der Geisterwelt sein unruhiges Streben zu befriedigen. Dabei wird sein Sinn von Blendwerken und Scheinwundern umgaufelt und sein

Herz in die Bande der Sinnlichkeit verstrickt, ganz gemäß der Lehre des Apostels über die Laster der wissensstolzen Heiden (Röm. 1, 21 ff.), so daß von ihm wahr wird: „Auferzogen in Purpur, umarmte er den Koth" (Klagel. 4, 5). Und ist die Schlinge des bösen Geistes auch nicht immer gerade Aberglaube und Zauberkunst, er nimmt den von Gott abgekehrten stolzen Menschen auf alle Fälle gefangen und zerrt ihn die schmutzige Straße der Wollust hinab. Das ist die kurzgefaßte Geschichte der über sich selbst hinausstrebenden Menschheit und in besonderer Weise derjenigen Zeiten, in denen maßloser Größenwahn sich in hervorstechender Weise breit machte.

Der ausdrücklich angezogene Vergleich der Titanen und Lucifers erweitert den Kreis der Ideen in's Unabsehbare: der folgenschwere Abfall der bevorzugten Creatur von ihrem Schöpfer und Herrn, ganz allgemein gefaßt, soll im Schicksal des gottentfremdeten, mit der Hölle verbundenen Faust wie in verjüngtem Bilde vorgestellt werden.

Dieß sind die unmittelbar in der Sage angedeuteten Hauptideen, auf welchen ihre poetische Bedeutung und ihre Volksthümlichkeit beruht. Indessen ist nicht zu verkennen, daß das Abenteuerliche, auf die bloße Unterhaltung und Neugier Berechnete noch eine ganz ungebührliche Rolle spielt, daß im ältern Volksbuch die Wollust in zu grellen Farben auftritt und fanatischer Haß gegen katholische Lehren und Gebräuche manchen Zug der Sage eingegeben hat. Wir haben uns hierum nicht zu bekümmern, und wollen auch von einem Volksbuche keine künstlerische Durchführung der einzelnen Theile erwarten.

126. Es war Aufgabe des Dichters, die Idealisirung und dichterische Gestaltung des überlieferten Stoffes fortzusetzen und in dem Bilde eines der Hölle verschriebenen

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