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Man sieht aber, wie Göthe's Religionsanschauung dem ethischen Kern der überlieferten Faustsage, dem Teufelspacte, sich durchaus gewaltsam anpaßt. Auch durch den scherzenden Ton, in welchem der Vertrag beiderseits besprochen und der Gegenstand desselben belacht wird, gibt der Dichter zu verstehen, daß der Bund ihm leere Form ist und nur um der Sage willen aufgenommen wurde; im „Fragment" von 1790 findet er sich noch gar nicht. Dramatisch ist es aber in keiner Weise, mit Motiven zu handeln, die im Grunde keine Motive find. Mephistopheles reizt nur durch den Schein der Wette Fausts Uebermuth, um ihn für dieses Leben in seine Gewalt zu bekommen (V. 1497 ff.). Darum hat er's auch nicht eilig, ihn etwa V. 2861 f. oder schon 2354 f. beim Wort zu nehmen (gemäß 1345 ff.).

Die Verheißung von Erdenfreuden, wie sie noch kein Mensch gesehen", entlockt dem enttäuschten Idealisten zwar erst nur sarkastischen Spott auf die Ohnmacht des Teufels, bestimmt ihn aber endlich doch zu folgender „Wette", in der er auch die Dauer seines Lebens noch an eine Bedingung knüpft:

Faust: Werd' ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen,
So sei es gleich um mich gethan!

Kannst du mich schmeichelnd je belügen,

Daß ich mir selbst gefallen mag,

Kannst du mich mit Genuß betrügen:

Das sei für mich der lezte Tag!

Die Wette biet' ich!

Meph.: Topp!

Faust: Und Schlag auf Schlag!

Werb' ich zum Augenblicke sagen:

Verweile doch! du bist so schön!

Dann magst du mich in Fesseln schlagen,

Dann will ich gern zu Grunde geh'n!

Dann mag die Todtenglocke schallen,
Dann bist du deines Dienstes frei! . . .
Wie ich beharre, bin ich Knecht,

Ob dein, was frag' ich? oder wessen.

Das Beharren, die Befriedigung ist es, was Faust weder erwartet noch wünschen mag; denn es würde ihn zum Knechte jener Dinge machen, die seine bessere Ueberzeugung von vornherein verwirft, es würde seinen edlen Geist in's Sklavenjoch der Sinnlichkeit zwängen; dann aber, meint er, habe Mephistopheles ohnehin ein gutes Recht, über ihn zu gebieten.

Es versteht sich, daß der Pact mit Fausts eigenem Blute unterzeichnet wird, denn „Blut ist ein besond'rer Saft“. Faust begleitet die Verschreibung, die „Fraße", sehr natürlich mit einem pomphaften Geniefluche auf „Pergament, Feder, Wachs und Leder“. Uebrigens sieht man leicht, wie wenig er vom Vertrage hofft und wie wenig er um denselben sich bemüht. Ein festes Streben nach einem bewußten Ziele kennt er überhaupt im ersten Theile nicht.

Wir müssen nun aber Inhalt und Bedingung des Vertrages scharf auffassen, um dessen Bedeutung und Erfüllung richtig zu beurtheilen. Mephistopheles dient Faust zur Erlangung des vollsten Lebens genusses, welcher allen früheren Idealen des hochstrebenden Gelehrten genau entgegengesetzt ist und seinen Geist im Sinne des Allverneiners zur Vernichtung in die Materie herabziehen soll. Faust ist ihm für die Ewigkeit verpfändet; doch das gilt beiden mehr als äußere Form des Vertrages. Er will aber auch sofort des Todes sein, wenn er sich in Zerstreuung und Genußz ganz versenkt und völlig befriedigt. Durch Beharrung wird er eben Knecht der Gemeinheit und kann dann billigerweise keine andere Knechtschaft (etwa des Mephistopheles im

ungewissen Jenseits) abweisen. Dann hat auch Gott die Wette" verloren: Faust ist „von seinem Urquell abgezogen", er hat den rechten Weg" troß des dunklen Dranges" völlig verlassen, die aufwärts strebende Geistesflamme ist erloschen. Und Mephistopheles? Nun ja, er hat für sich wenig gewonnen; denn Faust verfällt sterbend der Erde, und „für einen Leichnam ist Mephistopheles nicht zu Haus“ (Prolog V. 79). Aber er hat doch einen Geist, gleichsam einen Lichtfunken zerstört oder in die Finsterniß herabgezerrt und vor Allem über Gott als das Urlicht einen Sieg errungen. Warum hat er denn aber oben den Selbstmord Fausts nicht betrieben? Weil dieser damals gemäß der Grundanschauung unserer Tragödie ungeschwächten Geistes in die höhere Lichtsphäre aufgestiegen wäre1.

144. Faust dünkt sich nach Abschluß des Vertrages wie neugeboren. Mit dem „Streben seiner ganzen Kraft“ ent= sagt er dem großen Geiste“, der „Natur“, dem „Wissen“ und wendet sich der Sinnlichkeit, glühenden Leidenschaften, dem „Taumel" des Lebens mit seinem Wohl und Weh zu. Kann er kein Gott sein, so möchte er ein ganzer Mensch sein 2:

Und was der ganzen Menschheit zugetheilt ist,
Will ich in meinem innern Selbst genießen .

...

Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern
Und, wie sie selbst, am End' auch ich zerscheitern.

1 Die oben aufgeworfene Frage, warum Mephistopheles dort theilnahmslos geblieben, ist hiermit nicht beantwortet. Denn gleichgültig konnte ihn seit der „Wette“ mit dem Herrn, die nur auf das Leben lautete (Prol. V. 73 ff.), ein so entscheidendes Ereigniß nicht lassen.

2 Das Folgende schloß sich im Fragment", in welchem die Selbstmordsscene, der Spaziergang und der Pact fehlten, unmittelbar an die Unterredung mit Wagner an (Nr. 136).

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Mit dem Muthe der Verzweiflung und doch noch voll des Stolzes eines Himmelsstürmers stürzt er sich_in's Rauschen und Rollen der Zeit der Vernichtung entgegen. Allein auch das Bischen Größe, das in dieser Vorstellung ihm übrig zu bleiben scheint, scherzt ihm der Verneiner spöttisch weg:

O glaube mir, der manche Tausend Jahre

An dieser harten Speise faut,

Daß von der Wiege bis zur Bahre

Kein Mensch den alten Sauerteig verdaut! . . .
Uns hat Gott in die Finsterniß gebracht,

Und euch taugt einzig Tag und Nacht,

d. h. Ruhmesglanz und lichte Größe ist so wenig euer als mein Theil. Ja, schaffe dir nur, so fährt er ungefähr fort, einen Poeten an, dir Größe vorzulügen, stell' dich auf die höchsten Stelzen, du bleibst, was du warst. Drum — so lautet der mephistophelische Schluß — „laß alles Sinnen sein und grad' mit in die Welt hinein!" Und Faust ist es zufrieden. Aecht teuflischer Hohn spricht aus Mephistopheles' Nachruf V. 1497–1513. Durch Verachtung von „Vernunft und Wissenschaft“ und die Hingabe an „Blendund Zauberwerke“ soll er in „flacher Unbedeutenheit eines wilden Lebens" unbefriedigt hungern und dürsten. Wenn er aber in dieser Weise geistig völlig herabgekommen, so braucht es nicht einmal einen Teufel mehr, ihn zu Grunde zu richten; doch eben durch die letzten Worte vernichtet der Dichter auch seinen Teufel selber und hebt den besten Theil der tragischen Wirkung auf.

145. Die Gemeinheit des Verführers stellt nun Göthe als Vorspiel zu Fausts Erniedrigung in einem verjüngten Bilde durch die Unterredung mit dem Schüler vor Augen. Das Kind vom Lande fragt beim gefeierten Doctor (in

dessen Rock und Müze sich jezt der Böse versteckt) um Nath an behufs der akademischen Studien; seine naive Harmlosigkeit verstrickt ihn aber sofort in das Garn dessen, der zwar (bei Göthe) nicht mehr Seelen mörder, doch aber im vollsten Sinne ein Geistes mörder ist. In krausem Gemisch von Wahrheit und Lüge ziehen Mephistopheles' Orakelsprüche jede ideale Wissenschaft: Logik, Metaphysik, Rechtskunde und Theologie in den Koth. Die Medicin findet nur darum Gnade, weil ihm die Praxis derselben Anlaß bietet, den Zunder der Sinnlichkeit im Schüler zu entfachen. Natürlich muß auch der Hochmuth gestachelt werden, der aller Laster Anfang, sowohl in der weiten Welt wie im einzelnen Menschen; daher schreibt er in's Stammbuch jenes alte Teufelswort: Ihr werdet sein wie Gott, erkennend Gut und Böse."

Folg' nur dem alten Spruch und meiner Muhme, der Schlange, Dir wird gewiß einmal bei deiner Gottähnlichkeit bange.

Fürwahr, hätte Göthe uns nicht die ewigen Folgen der Versuchung, in welche man einwilligt, ganz aus den Augen gerückt und die zeitliche Entwürdigung des Geistes an die Stelle gesezt: der furchtbare Ernst des teuflischen Spieles müßte bei der meisterhaften, psychologisch so wahren Zeichnung auf's Tiefste erschüttern. Zum Glück ist der Dichter objectiv genug, uns durch die Sache, wenn auch nicht durch die Tendenz, mächtig zu ergreifen. Untergeordnet, doch keineswegs gering, ist der Genuß, den die Fülle des Humors in der Schilderung einer pedantisch behandelten Wissenschaft dem Leser gewährt 1; dabei ist ja jedem bewußt, daß zwar Mephistopheles, aber nicht in

1 Aehnliches hörten wir in der Unterredung mit Wagner aus Fausts Munde.

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