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worben hätte. Allerdings war die Zeit vorüber, wo sie ausschließliches Eigenthum der Geistlichen und einiger durch Beruf auf dieselbe angewiesenen Klassen der Gesellschaft

war.

Aber Welterfahrung, Uebung im Waffenhandwerk und Gesang aus freier froher Brust galt den meisten mehr. Hartmann von Aue († etwa um 1215) betont seine gelehrte Bildung als ein seltenes Verdienst; beginnt er doch seinen Armen Heinrich:

Ein ritter so geleret was,

Daz er an den buochen 1 las,

Swaz er dar an geschriben vant.

Der Knabe lernte sonst vor Allem Speerwerfen, Bogenschießen, Reiten, Jagen und Fechten. Leibesübungen aller Art verliehen ihm Stärke und Gewandtheit. Die Unterweisung eines erfahrenen Ritters vollendete diesen Hauptzweig seiner Bildung. Wußte er schließlich Schild und Lanze geschickt zu führen, sein Roß gewandt zu lenken und zu tummeln, war er gegebenen Falls auch im Ringen Meister, so öffnete sich ihm die Bahn des Ruhmes. Aber erst ein langjähriger Pagen- und Knappendienst an einem fürstlichen Hofe pflegte der Ritterweihe vorauszugehen. Natürlich wurde zugleich für eine feinere Erziehung Sorge getragen; aber diese war ganz anderer Art als bei uns. Gewöhnlich lernten die Knaben weder lesen noch schreiben, so daß sie zeitlebens selbst für Briefe der Hülfe bedurften. Das lebendige Wort und die practische Anleitung ersetzten die Bücher. Der junge Nitter hatte nächst den Eltern vielfach noch seinen Hofmeister; zu der religiösen Bildung half auch der auf keiner Burg fehlende Kaplan mit. Ehrfurcht vor Gott, vor dem Priester und allen Vorgesetzten war der erste Gegen

1Jn den Büchern.

stand der Erziehung. Damit zunächst verwandt war die Zucht oder höveschheit, d. h. der Inbegriff alles dessen, was zur Sittlichkeit und Gemüthsbildung in näherer oder entfernterer Beziehung stand, und was der Anstand oder der gute Ton der höheren Gesellschaft forderte. Fremde Sprachen wurden nicht versäumt; besonders wichtig war es, daß der Knabe das Französische entweder durch Umgang mit französischen Lehrern oder durch einen zeitweiligen Aufenthalt in Frankreich erlernte. In Mai und Beaflor heißt es:

Man lert' daz süeze kindelin,

Kriechisch, wälisch und latin.

Der Jüngling mußte sich endlich auf die gewöhnlichen Gesellschaftsspiele verstehen, durfte der Musik nicht unkundig sein und hatte sich frühzeitig mit dem landesüblichen Rechte bekannt zu machen.

Diese Bildung hat nun auch Wolfram von Eschenbach durchgemacht. Schildesamt steht ihm daher höher als Gesang; der Unkenntniß im Lesen und Schreiben scheint er sich fast zu rühmen: „Hab' ich Kunst, die gibt mir Sinn“, d. h. nichts als mein gesunder Sinn macht mich zum Dichter (Willeh. 2, 22). Doch sprach er französisch (ebend. 237, 5), und war durch Lesenhören mit der Literatur, aus welcher man die poetischen Stoffe zu entlehnen pflegte, und den in derselben enthaltenen Kenntnissen wohl vertraut. Dürftig war aber immerhin eine solche Vorbildung für einen Kunstdichter. Um so mehr Nachsicht verdienen einzelne Fehler in Anlage und Ausführung seiner Werke und zumal der Mangel an Feile und Glätte in der sprachlichen Darstellung. Jedenfalls bleibt aber nach manchen Ausstellungen, welche eine unparteiliche Kritik zu machen hat, des Vortrefflichen noch genug, um Wolfram einen Platz unter den größten

höfischen Sängern des Mittelalters zu sichern; die meisten Kritiker räumen ihm den ersten ein. Die nähere Beurthei= lung der einzelnen Werke wird diesen Vorzug bestätigen oder mindestens näher beleuchten. Wir werden jedoch, gemäß dem Titel dieser Schrift, nur beim „Parzival" länger verweilen.

22. Von den acht lyrischen Gedichten sind vier sogen. Wächterlieder, d. h. Tageweisen, aber in der ausschließlich deutschen, vielleicht von unserm Dichter zuerst aufge= brachten Form. Der Inhalt dieser vier Lieder ist mehr als bedenklich, grell sinnlich und unsittlich. Im Uebrigen bekunden diese und die übrigen ein unverkennbares lyrisches Talent und enthalten einzelne ganz vortreffliche Züge. Der Gluth der Empfindung entspricht der Glanz der bilderreichen Darstellung, der Mannigfaltigkeit der Stimmung die Abwechslung in der Vers- und Strophenform, der freudigen Bewegung des Liedes die leichte, fast tändelnde und melodisch klangvolle Sprache. Die angemessene Reihenfolge, in welcher San-Marte diese Gedichte ordnet, stellt eine Art Stufenleiter von acht verschiedenen, allmählich anschwellenden und befriedigend ausklingenden lyrischen Tönen dar.

Im ersten Liede1 fließen Natur und Gesang schön ineinander und stehen doch auch wiederum in wirksamem Gegensaße:

(1. Str.) Blumensprießen, Laubvordringen

Und des Maien Hauch erweckt den Vöglein ihren alten Ton.
Ich weiß Neues auch zu singen

Bei des Winters Reif, lieb Weib,- und bei versagtem Lohn.
Sonst der Waldesvöglein Sang

Nach halber Sommerzeit in niemands Ohr erklang.

1 Die mittelhochdeutschen Liederstrophen bestehen aus einem zweigliederigen Aufgefange (den beiden Stollen") und einem Schlußoder Abgesange; die Reimverhältnisse stellen die Beziehungen der Theile zu einander äußerlich dar.

(2. Str.) Perlenthau muß Blumenpracht

Mit dem Strahlenglanz perklären, wo sie blüht im Mai'n;
Mit der hellen Töne Macht

Wiegt das bestgestimmte Vöglein dann die Kindlein ein.
Da schlief nie die Nachtigall:

Doch jest wach' ich und sing' auf Bergen und im Thal.

Nach der Bitte um Erwiederung der Liebe wird die Sehnsucht des Liebenden in zarten Wendungen variirt.

Im zweiten Liede schwingt des Dichters Blick sich freudig strahlend zur Geliebten auf: er sieht wie die Eule" selbst im Dunkel der Nacht. Der zuversichtlich hoffende, harmlose Freund vergißt alle. Schuld der Freundin und thut ihr darum weniger Schaden, als „der Storch den Saaten". Die etwas sonderbaren, wenn auch treffenden Vergleiche, welche uns hier und in anderen Liedern, häufig auch im Parzival begegnen, gehören ganz zur Eigenart unseres Dichters; so läßt er, um noch ein kühnes Bild beizubringen, im fünften Liede den anbrechenden Tag seine Klauen“ mächtig in die Wolken schlagen.

Das dritte Gedicht spricht die Gluth der Liebe in üppig sinnlicher, aber noch nicht unsittlicher Weise aus.

Die nächsten vier schildern die sündhafte Liebe nicht nur in grellen Farben, sondern auch ohne jeglichen Tadel, vielmehr augenscheinlich mit Lust und Billigung.

In demjenigen endlich, welches San-Marte an die lette Stelle seßt, nimmt der Dichter von der sündhaften Minne Abschied und preist die keusche Gattenliebe, die weder Schaden noch Schande bringe. Wir wollen es dankbar anerkennen, daß hier das Laster (wenn auch dem Wortlaut nach nur aus äußerlichen Gründen) verurtheilt wird.

Es ist widerlich, gerade in der Blüthezeit der mittelalterlichen Literatur den sinnlichen und gefährlichen Tage

Gietmann, Parzival, Faust 2c.

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liedern so oft zu begegnen. So sehr auch betont werden mag, daß damals statt der lüsternen Erregbarkeit des gegenwärtigen Geschlechtes eine gesunde Sinnlichkeit“ überwog und die sittliche Gefahr verringerte, so hat doch die Sinnlichkeit, sowie die Darstellung derselben ihre Schranken an dem natürlichen und offenbarten Sittengesetz, und ein Schandfleck jener Zeit bleibt es, wenn sie, doch gewiß nicht frei von der ererbten Begierlichkeit, solche Lieder dichtete und sang. Wir wollen damit freilich noch nicht gesagt haben, daß eine spätere Zeit mit ihrer mehr verhüllten und beschönigten Lasterhaftigkeit, ich möchte fast sagen mit ihrer sittsamen Unsittlichkeit ein Recht hätte, auf die gerade Derbheit der Vorzeit einen Stein zu werfen. Zudem haben wir allen Grund, diese aus der Fremde entlehnten Tagelieder nicht als unter dem Volke beliebt und heimisch zu be trachten. Dieselben erscheinen zuerst bei den Provenzalen, dann in Nordfrankreich; von da drangen sie in die deutschen Ritterkreise ein.

23. Die Bruchstücke des sogen. ältern „Titurel“ sind zu unzusammenhängend, als daß die Absicht des Dichters mit diesem epischen, aber in lyrischer Strophenform behandelten Stoffe recht erkennbar wäre. Das Vorliegende behandelt die Liebe Schionatulanders und Sigunens. Im ersten Fragmente wird die aufkeimende Neigung in einer Unterredung der beiden, von Herzeleide erzogenen Kinder und einem Gespräche Sigunens mit ihrer Pflegemutter dargestellt; auch Gahmuret, den Schionatulander auf seinem zweiten Zuge nach Bagdad begleitet (vgl. unten Nr. 37), hat in der Ferne des jungen Helden Sehnsucht und Kummer zu trösten. Eine weitere Scene führt uns die Liebenden in einem Walde vor (auf der Rückreise von Herzeleide, welche sie dort besucht haben). Ein Bracke, Gardevias genannt,

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