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So brüste dich denn hier, und Göttergabenraub
Wirf du den Eintagskindern hin. Es werden wohl
Die Sterblichen dich einst befrei'n aus diesem Leid!
Den Vorbedachten nennen dich die Himmlischen
Mit Unrecht: selbst bedarfst du ja des Vorbedachts,
Dich glücklich zu entwinden diesem Schicksalsneß!

Stumm hat Prometheus Hohn und Qual über sich ergehen lassen; erst als man ihn allein gelassen, strömt er seine Klage vor Aether und Luft, vor Strom und Meer aus:

Dich, Allmutter Erde, auch

Und Helios' allsehend Auge ruf' ich an,

Seht, was als Gott von Göttern ich erdulden muß!
Weil ich Sterbliche

Begabt, zwängt man mich Armen in dieß Joch der Qual.
Im Mark des Ferulstengels sing ich listig auf

Des Feuers Keim, das jede Kunst die Menschen lehrt . . .
O seht in Banden mich, den leidgedrückten Gott,
Mich, den Feind des Zeus, der den Göttern zumal
In der Seele verhaßt und zum Abscheu ward,
Die da täglich betreten die Wohnung des Zeus,
Weil über das Maß ich die Menschen geliebt!1

Es erscheinen die Töchter des Okeanos als Chor. Sie nehmen voll Mitleid Partei für ihn:

Wer war als Gott so harten Sinns,

Dem solche Pein zur Freude war!
Wer fühlt sich nicht von deinem Leid

Gedrückt, es sei denn Zeus? Denn der grollt freilich stets

Ungebeugt in seinem Sinn,

Bändiget Uranos' Stamm

Und läßt nimmer ab, bis er die Rache gesättiget, oder ein anderer Ihm mit Gewalt den erhabenen Thron stürzt.

1 Das anapästische Versmaß der vier lezten Zeilen malt treffend die schmerzliche Erregtheit des Dulders.

Prometheus versichert, es komme wirklich die Zeit, wo Zeus seiner zur Enthüllung eines neuen Anschlags gegen seine Herrschaft bedürfen werde; doch die Hülfe bleibe ihm vorenthalten, bis er seine Ketten löse und Ersatz für die angethane Schmach zu leisten bereit sei. Der Chor erwiedert: Vermess'nen Muthes weichest bu

Dem bittern Leide keinen Fuß;

Doch ist zu dreist des Mundes Wort.

Er antwortet, es werde vielmehr Zeus seinen starren Willen beugen und sich dereinst zu einem billigen Ausgleich herablassen müssen.

Die Okeaniden bitten ihn nun, den letzten Grund seiner Strafe mitzutheilen. Er erzählt: „Als zwischen Kronos und Zeus der Zwist um die Herrschaft entbrannte und die Götter in zwei Heerlager schied, rieth ich den Titanen das Ersprießlichste; denn mir hatte die Mutter Themis oft verkündet, daß künftig nicht die Gewaltigen, sondern der Listige herrschen werde. Da ich sie nicht bereden konnte, trat ich mit ihr auf Zeus' Seite, und nach meinem Rath wurden die Titanen in den Schlund des Tartarus hinabgestürzt 1. Doch jungen Herrschern, welche das Glück erhoben hat, ist es eigen, selbst Freunden zu mißtrauen. Als daher Zeus sein Reich und dessen Aemter vertheilte, und ich für die Sterblichen, die er der Vernichtung preisgeben wollte, muthig eintrat, ward ich von ihm an diesen Felsen geschmiedet." Auf weiteres Drängen des Chores gesteht er, daß die geretteten Menschen von ihm noch die Hoffnung2 und als schönste Gabe das Feuer zu jeglichem Kunstbetrieb erhielten.

1 In Zeus kommt die „List“, d. H. die geistige Ueberlegenheit des göttlichen Wesens erst zum Durchbruch; in diesem Sinne ist die Entwicklung der Götterwelt zu deuten.

2 Die gewöhnliche Sage von der Hoffnung s. oben Nr. 211. Gietmann, Parzival, Faust 2c.

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Und steht kein Ende deinem harten Leid bevor?
Kein and'res sonst, als wenn es jenem wohlgefällt.
Wie könnt' es sein? Was hoffst du? Siehst du nicht,
Daß du gefehlt? Das Wie zu deuten wär' zum Leid
So mir als dir. Nein, lassen wir die Frage sein,

Und suche du Erlösung aus dem schweren Streit.

Leicht sei es, meint Prometheus, andere zu wißigen, wenn man selbst dem Leid entronnen. Er habe wissentlich und mit Bedacht gefehlt und sich für die Menschen Mühsal aufgeladen. Freilich habe er so harte Züchtigung nicht geahnt; doch auch so sei sein Schicksal nicht beklagenswerth. Er schickt sich an, die Zukunft vor ihren Augen zu entrollen. Da erscheint Okeanos selbst auf geflügeltem Nosse. Prometheus begrüßt in ihm einen Freund, der Alles mit ihm gethan und gewagt, ohne doch der Strafe zu verfallen; denn nur die hartnäckige Weigerung der Unterwürfigkeit züchtigt der Götterkönig.

Okeanos will Fürsprecher bei Zeus sein:

Doch schweige nun und hemm' des Mundes rasches Wort. Weißt du nicht sicher, du, der Allerweiseste,

Daß frecher Zunge Strafe zugemessen wird?

Auf solche Anträge geht Prometheus nicht ein, sondern bittet nur den Freund, selber den Zorn des Kroniden zu meiden, dem ja Atlas, Typhoeus und so viele andere erLegen seien:

Ich aber will das Schicksal tragen, das mich drückt,
Bis, besser einst berathen, Zeus vom Grolle läßt.

Okeanos scheidet also und entsagt dem Plane der Vermittlung.

Der Chor fährt fort, Prometheus zu beklagen; denn streng und rauh schalte Zeus nach eigenem Gesetz und be

zeige nun den alten Göttern eine stolze Ueberlegenheit. Darum halle auch rings die Erde wieder vom Jammer der Menschen über den Untergang ihres altberühmten Wohlthäters. Prometheus erinnert sodann, tief gekränkt durch die gegenwärtige Schmach, an all' das Gute, das er den Göttern und der Welt gebracht:

Wähnt nicht, daß ich aus Stolz und selbstbewußtem Troß
Geschwiegen; nein, der Kummer nagt mir wund das Herz,
Muß ich in solcher Schande mich vernichtet seh'n.
Und doch, wer hat denn diesem neuen Götterstaat,
Wer sonst, als ich, der Ehren Fülle zugetheilt?
Doch davon schweig' ich; was ich sagen könnte, wißt
Ihr selbst 1. Doch was ich um der Menschen willen litt,
Vernehmet nun: Wie ich den Blöden weisen Sinn
Und des Gedankens sich're Schärfe angelehrt.
Nicht um's den Menschen vorzurüđen, sag' ich es,
Nur um zu zeigen, wie die Gabe wohl gemeint.
Mit off'nem Auge sahen sie zuvor doch nichts,
Verstanden nichts mit off'nem Ohr. Traumbildern gleich
Verwirrten blinden Geists die lange Lebenszeit
Sie alle Dinge, kannten keine sonnigen,
Aus Stein gebauten Häuser, keine Zimmerkunst,
Nein, eingegraben lebten sie gleich wuselnden
Ameisen tief in Höhlenwinkeln, sonnenlos.
Nicht abzugrenzen wußten sie des Winters Frost,
Des Frühlings Blumenpracht, die erntereiche Zeit.
Des Sommers, nein, unsicher und auf's Gerathewohl
War all' ihr Thun, bis ich der Sterne schwache Spur
Sie finden lehrt', ihr Niedergeh'n und Aufersteh'n.

1 Daß Prometheus sich rühmt, Zeus zur Herrschaft verholfen zu haben, gewinnt einen klaren Sinn, wenn wir ihn als die verkörperte Klugheit fassen. Zeus siegt ja nur durch größere Weisheit über die älteren Götter; andererseits muß in Prometheus die Klugheit, welche nicht durch andere Vorzüge geleitet wird, sich bald gegen Zeus empören.

Die Zahlenkunst, die höchsten Wissens Inbegriff
Ich fand sie aus und ordnete die Zeichenschrift,
Der Musen Mutter durch die Allerinnerung.
Ich war der erste, der den wilden Stier in's Joch
Zu schirren wußte, daß er fügsam duldete
Und jeder schwersten Last enthöb' die Sterblichen.
Ich spannt' das zügelfrohe Roß dem Wagen vor,
Das stolze Bild des Reichthums und der Ueppigkeit.
Ich war's, fein and'rer, der das meerdurchirrende,
Mit Linnen weiß beschwingte Segelschiff erfand.
Und ich, der solche Kunst ersann den Sterblichen,
Ich Unglücksel'ger, weiß mir selber keinen Rath,
Des Leides, das mich traf, mich zu entledigen!

Dieses Bekenntniß der eigenen Schwäche gewinnt unsere Theilnahme; der Dichter läßt es noch durch den Chor bestätigen: „Wie ein schlechter Arzt, der selbst erkrankt, verzagst du." Prometheus fährt fort, in klagendem Tone auszuführen, wie er den Menschen die Heilkunde, die Voraussicht der Zukunft und die Kunst des Bergbaues vermittelte; „in Einem Wort: Prometheus schuf alle Kunst den Sterblichen". Die Chorführerin spricht die Hoffnung auf seine baldige Erlösung aus. Vergebens; denn seine Hoffnung, so sicher sie ist, winkt noch aus weiter Ferne.

Pr.: Noch will das Schicksal nicht, das allvollendende,
Es mir erfüllen. Nein, durch tausendfache Pein
Und Qual gebeugt, entrinn' ich erst den Banden hier;
Denn alle Kunst versagt vor der Nothwendigkeit.
Chor: Wer führet denn das Steuer der Nothwendigkeit ?
Pr.: Der Moiren Dreizahl und die Rachegöttinnen.
Chor: So wären sie denn wirklich mächtiger als Zeus?
Pr.: Auch Zeus entgeht dem vorbestimmten Loose nicht.

So zuversichtlich Prometheus diese Weissagung ausspricht, so hört sie doch der Chor nicht ohne heiligen Schauder:

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