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Den er, vom alten Herrscherthrone stürzend, sprach.
Dieß Unglück abzuwenden, kann kein Gott, als ich,
Das sich're Mittel ihm verkünden. Mir allein
Ist dieses, ist der Weg bekannt. So thron' er denn
In Sicherheit, auf seinen hohen Donner stolz,
Und schwing' des Blizes feuersprühendes Geschoß!
Denn dieses wird ihm nimmermehr behülflich sein,
Den Sturz zu meiden, der ihm schmählich, schrecklich droht.
Er rüstet ja den Ringer selbst schon gegen sich,
Die Wundermacht, die unbezwingbar stark ersteht,
Ihn, welcher Flammen, mächt'ger als sein Bliß, ersinnt
Und Wetterschlag, gewalt'ger als des Donners Hall,
Der auch Poseidons dreigezackten Speer zerschellt,
Mit dem er Land und Ocean erschütternd schlägt.
Doch stößt einst Zeus an diesem Unglücksstein den Fuß,
So lernt er wohl, was Herrschaft und was Knechtschaft sei.

Der Chor sucht vergeblich seine Rede zu mäßigen; er trozt nur um so kühner:

Du schmeichl, anbetend, flehend, ihm, der eben herrscht;
Ich kümm're doch mich weniger als nichts um Zeus.
Er walte, schalte diese kurze Zeit der Macht

Nach Gutbefinden; bald ist's aus mit seinem Reich!

In dieser gereizten Stimmung überrascht ihn nun Hermes mit dem strengen Gebot des Zeus, sein Geheimniß klar und bestimmt zu enthüllen. Der Götterbote nimmt zugleich den Ton triumphirenden Hohnes an:

Dich weisen Klügler, überherb in herbem Wort,
Der, Götterehre schädigend, dem Tagsgeschlecht
Die Ehre gab; dich, Feuerräuber, sprech' ich an.
Nun kennt auch Prometheus keine Mäßigung mehr:
Hochfahrend wahrlich, stolzen Selbstgefühles voll
Ist deine Rede, wie's geziemt dem Götterknecht.

Ihr herrscht noch neu im neuen Reich und wähnet wohl,
Daß eurer Burg fein Unheil nah'? Mit eig'nem Aug'

Sah ich doch zwei Tyrannen schon daraus verjagt.
Und den von heute schau' ich baldigst, schmählichst geh'n
Denselben Weg; du glaubst wohl gar, ich fürchte mich
Und ducke schüchtern nieder vor den Neulingen?
Weit bin ich, himmelweit von solcher Tugend fern.
Du eile nur desselben Weges emsig heim;

Du hörst von mir auf alle deine Fragen nichts.

Die Drohungen des Götterboten verfangen auch nicht; Prometheus weiß, daß er unsterblich ist und aus der Tiefe des Hades, wie aus dem schlimmern Leid, welches ihn nach den Qualen des Tartarus noch auf der Oberwelt erwartet, siegreich hervorgehen wird.

215. Es wäre nicht unmoralisch, wenn Aeschylos mit der Versenkung des Frevlers in den Hades, unter Androhung späterer, noch schlimmerer Qualen, die Prometheusfabel abgeschlossen hätte. Der Gerechtigkeit wird durch die fortdauernde, der Größe des Verbrechens entsprechende Züchtigung Genüge geleistet. Dennoch bleibt es poetisch unbefriedigend, wenn das gestörte Verhältniß zwischen Zeus und dem Vertreter der Menschheit nicht wieder geordnet wird. Gerade in diesem Punkte beobachten auch die Alten meist eine bewunderungswürdige Mäßigung: sie sorgen fast überall für einen ethischen Ausgleich der sich bekämpfenden Kräfte und Leidenschaften. Diesen erwarten wir auch bei unserem Stoffe. Außerdem liegt die erhoffte Befreiung des Helden viel zu sehr im Dunkel, als daß wir nicht die Fortführung der dramatischen Handlung wünschen sollten. Der Göttervater aber erscheint in dem vorliegenden Stücke in einem mehr oder weniger ungünstigen Lichte, zumal uns der Dichter eine erhebliche Theilnahme für Prometheus und die durch ihn vertretene Sache gleichsam aufgedrängt hat.

Die erwähnten Umstände fallen so schwer in die Wag

schale des Urtheils, daß manche Kritiker dem Dichter den schärfsten Tadel nicht ersparen. Er hat, so meinen einige, nach Art der Komiker die Götter der Volksreligion verspotten wollen. Das würde immerhin nicht unbegründeten Verdacht gegen seine sonst anerkannte Religiosität überhaupt erwecken. Oder er soll nach andern die theogonischen Erzählungen des Hesiod dadurch haben bekämpfen wollen, daß er die Lächerlichkeit solcher Göttergeschichten durch die dramatische Darstellung recht augenfällig machte. Aber die gaffende Menge würde sich wohl schwerlich an den tiefer liegenden Geist, vielmehr nur an die komische Außenseite gehalten haben. Uebrigens könnte man einem Tragiker ein solches Stück kaum zutrauen. Allein Aeschylos war ja in die Weisheit der Mysterien und der Philosophie eingeweiht; dieß ist der Grund, weßhalb man ihm als Philosophen eine dichterische Reform der Volksreligion und der landläufigen Mythen zuschreiben zu können glaubt.

In sittlicher Beziehung finden einige besonders tadelhaft, daß der äußerlich unterliegende Prometheus doch durch seine Standhaftigkeit den endlichen Sieg über Zeus zu ertrogen scheint. Göthe muß den griechischen Dichter ebenso aufgefaßt haben, da bei ihm die Verherrlichung des siegreichen Troßes gegen die Götter in dem Maße Hauptziel der Darstellung ist, daß dem Frevler nicht einmal eine Strafe nahen darf.

Leider liegt uns die Lösung der Schwierigkeiten, wie sie der Dichter in „Prometheus' Befreiung“ 1 gab, nicht mehr vor. Aber zahlreiche Anhaltspunkte ermöglichen doch eine mindestens in hohem Grade wahrscheinliche Rechtfertigung des Aeschylos bezüglich aller wesentlichen Stücke der Anklage. Es gilt jezt als ausgemacht, daß er nach seiner bekannten

1 Προμηθεὺς λυόμενος.

Gewohnheit auch in unserem Stoffe drei Tragödien als ein zusammenhängendes Ganze, eine Trilogie, zur Aufführung brachte. Solche Dramen wollen aber im Zusammenhang aufgefaßt werden; von einem einzelnen derselben darf man feine in sich völlig abgeschlossene Darstellung der Fabel erwarten. Auf dieser Grundlage dürfte es nun gelingen, die obigen ästhetischen und moralischen Bedenken zu beseitigen.

216. Das erste Stück, „Prometheus der Feuerbringer" 1, stellt das oben besprochene erste Vergehen des Helden vor Augen. In welcher Weise, ist schwer bestimmbar, aber mit Wahrscheinlichkeit zu vermuthen. Nach V. 38 der erhaltenen Tragödie wurde die Göttergabe dem Hephästos entwendet, nach Cicero (Tuscul. II. 10) allem Anschein nach aus seiner Esse im lemnischen Vulkane Mosychlos. Aus V. 555 ff. ließe sich vermuthen, daß die vorausgehende Tragödie mit der Vermählung des Prometheus und der Hesione schloß; letztere gehörte zu den Okeaniden, welche also schon hier den Chor bilden mochten. Vielleicht war auch die Uebergabe des Feuers an die glücklichen Sterblichen gemäß dem Titel des Dramas in einer besondern Scene ausgeführt. Unter solchen Voraussetzungen hätte der Feuerbringer" einen kurzen, herrlichen Triumph gefeiert, nach welchem seine schrecklichen Qualen

πυρφόρος.

"

1 Tuрpópos. Der Leser nehme im Folgenden keinen Anstoß an der Unbestimmtheit der Vermuthung". Das Einzelne muß eben in dieser schwierigen Frage zur Steuer der Wahrheit als Vermuthung vorgetragen werden; der Leser selbst wird aber aus der im Ganzen sich ergebenden hohen Wahrscheinlichkeit erkennen, daß es sich keineswegs um aus der Luft gegriffene Annahmen und Voraussezungen, sondern um einen wirklichen Erweis der Richtigkeit der schließlichen Gesammtdeutung, wenn auch aus bloßen sich gegenseitig unterstüßenden Wahrscheinlichkeitsgründen handelt. Volle Sicherheit, welche eben nicht erreichbar ist, sollte auch nicht behauptet werden.

um so tragischer wirken mußten; es war auch sehr ange= messen, die flüchtige Lust der Sünde eigens zur Darstellung zu bringen. Der Sieg, bei welchem ihm die Okeaniden oder auch Okeanos selbst vielleicht behülflich waren (nach V. 331 des zweiten Stückes), wurde dann in dem Brautlied auf Hesione mitgefeiert. Die Vermählung selbst besiegelte die uns schon bekannte Freundschaft des Helden mit Okeanos und seinem Geschlechte. Es konnte bei dieser Veranlassung auch der Gedanke Ausdruck finden, daß Leben und Cultur des Menschen nächst dem Feuer besonders durch das Wasser bedingt wird. Auch Hephästos gab vermuthlich nach dem Raube eine mehr freundliche als feindliche Gesinnung gegen die Menschen zu erkennen, so sehr er wegen der diebischen Entwendung der Göttergabe zürnen mochte. Auf diese Weise würde nämlich das zweite Stück durch das erste poetisch gut vorbereitet worden sein. In dem zweiten Drama trifft nun den Prometheus die Strafe, welche er im Rausche der Siegesfreude nicht geahnt hatte (V. 268 ff.). Er läßt die Züchtigung über sich ergehen, ohne sein Unrecht anzuerkennen; vielmehr reizen ihn Jo's Leiden und Hermes' Spott zur frechsten Lästerung. Der Streit der einander bekämpfenden Mächte endet in scheinbar unversöhnlicher Weise. Aber eben in der poetischen Unhaltbarkeit dieses Zustandes, welche wir oben angedeutet haben, liegt der deutliche Hinweis auf eine dritte abschließende Tragödie. Die tiefe Empfindung, welche Prometheus von seinen Leiden äußert, und eine gewisse Mäßigung, welche er in dem ersten Theile des erhaltenen Stückes an den Tag legt, lassen an der Möglichkeit einer Aussöhnung mit Zeus nicht verzweifeln. Ja, diese selbst wird bestimmt genug vorausverkündet. Er hofft und weiß ja, daß der Götterkönig einst ihm die Hand zum Frieden bieten, und er selbst sie willkommen heißen wird (V. 187 ff.).

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