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wie gesagt, verschieden von den Formen a priori des Erkennens, als welche in den einzelnen Erkenntnissakten verwirklicht werden. Aber a priori in jedem menschlichen Bewusstsein vorhanden ist der kategorische Imperativ, nach Kant, ebenso gut wie die Formen a priori der Sinnlichkeit und des Verstandes, mag er auch weniger in dem zu Tage treten, was geschieht, als in dem Bewusstsein dessen, was geschehen sollte. Das Verdienst Kant's besteht, seiner ausgesprochenen Ueberzeugung nach, blos darin, allgemein gefasst, abstrakt formulirt zu haben, was im Einzelnen jeder Mensch weiss und stets gewusst hat. Daher erwidert er einem seiner Rezensenten:,,Ein Rezensent, der etwas zum Tadel dieser Schrift sagen wollte, hat es besser getroffen, als er wohl selbst gemeint haben mag, indem er sagt, dass darin kein neues Prinzip, sondern nur eine neue Formel aufgestellt worden. Wer wollte aber auch einen neuen Grundsatz aller Sittlichkeit einführen und diese gleichsam zuerst erfinden? gleich als ob vor ihm die Welt in dem, was Pflicht sei, unwissend oder in durchgängigem Irrthum gewesen wäre" (K. d. p. V. p. 7 Kirchm.).

§ 9.

Das Gewissen und die niederen Kulturstufen.

Haben die Philosophen Recht? Gehört die Schätzung des Wohlwollens und die Verurtheilung der Grausamkeit zum ewigen Inventarium des menschlichen Gemüths? oder haben die Philosophen Unrecht; sind jene Schätzung und diese Verurtheilung blos zeitweise vorhanden?

Um das zu entscheiden, müssen wir uns anderswo umsehen, als daheim. Bei dem eigenen sittlichen Urtheil darf

man nicht stehen bleiben, noch bei demjenigen seiner Zeitgenossen, noch auch bei dem Urtheil solcher Kulturstufen, welche in gleicher Höhe mit der eigenen sind. Die Menschenfresser sollen uns Antwort darauf geben, ob jene Schätzungen von Ewigkeit her oder historisch gewordene sind.

Bei den Komanchen von Texas werden keine Handlungen als Verbrechen betrachtet. Jeder verfährt nach eigenem Ermessen, bis ihm ein Mächtigerer Einhalt thut. Sie versichern, der grosse Geist habe ihnen bei ihrer Erschaffung das Vorrecht eines ungehinderten Gebrauchs ihrer Kräfte gestattet (Schoolkraft's Ind. tribes II, p. 131). Gewissen, sagt Burton, existirt nicht bei den ostafrikanischen Stämmen. Räuberei charakterisirt den Mann von Ehre; Mord, je scheuslicher, desto besser, macht zum Helden (first footst. in East Afr. p. 176). Burton sollte zwar sagen: unser Gewissen existirt dort nicht; denn Bezeichnungen wie Ehrenmann (honourable man) und Held setzen Gewissensregungen voraus; das Bewusstsein aber, welches die Grausamkeit tadelt, Wohlwollen lobt, fehlt daselbst. Der ungebildete Natursohn, sagt Brehm von den Sudanesen, glaubte kein Verbrechen begangen zu haben, wenn er einen andern, der grösseren Reichthum besass, umbrachte. Er hielt den Tod desselben für eine durch den Raub bedingte Nothwendigkeit, welche er leicht entschuldigen zu können glaubte. Ueberhaupt halten sie Betrug und Mord für eines Mannes würdige Thaten (Nord-Ost-Afrika). Wir müssen, sagt Burkhardt von den Bewohnern Wahabi's, mit dieser Handlungsweise (Rauben, Plündern) nicht die Begriffe von Verbrechen verbinden, wie wir es in Europa zu thun gewohnt sind. Der Arabische Räuber betrachtet sein Gewerbe als ein ehrenvolles, und der Name haramy (Räuber) ist einer der

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schmeichelhaftesten Titel, welche man einem jungen Helden nur beilegen kann (Wahabi p. 121). Auch die Grönländer verurtheilen den Mord nicht. Viele, sagt Cranz, morden aus Neid über die vorzügliche Geschicklichkeit oder guten Geräthschaften eines andern; die meisten morden aus Rache. Ein solcher Meuchelmörder verrichtet die That auf der See hinterlistiger Weise, indem er den Grönländer in seinem Kajak umstürzt und ersaufen lässt, oder hinterrücks mit der Harpune wirft und ersticht (Grönl. p. 250). Ammianus Marcellinus berichtet von den Alanen: ihr höchster Stolz ist die Ermordung irgend eines Menschen (XXXI, 2). Sie rechneten es unter die Freuden des Jenseits, aus den Schädeln ihrer Feinde zu trinken. Manche Handlungen, sagt Mariner von den Bewohnern Tonga Islands, welche von allen civilisirten Völkern als Verbrechen betrachtet werden, sehen sie als etwas Gleichgültiges an (T. Isl. II p. 100). Galbraith, der als Commissar der Vereinigten Staaten lange Zeit unter den Sioux lebte, schildert sie folgendermassen: Die meisten Laster halten sie für Tugenden. Durch Diebstahl, Verrath, Raub und Todschlag erlangen sie Ansehen und Ehre. Jedem Individuum wird von Jugend auf gelehrt, dass Mord eine äusserst verdienstvolle That sei. Das einzige Verlangen eines angehenden Helden richtet sich auf die Erlangung einer Feder, das Ehrenzeichen für Ermordung eines menschlichen Wesens; ob diese einen Mann, eine Frau oder ein Kind betraf, ist gleichgültig (Lubbock, Entst. d. Civ. p. 329 d. Ue.). Aehnlich werden die Fijiinsulaner beschrieben. Blut zu vergiessen, ist ihnen kein Verbrechen, sondern Ruhm. Wer auch immer das Opfer sein mag, Vornehm oder Gering, Alt oder Jung, Mann oder Weib oder

Kind, ob im Kriege erschlagen oder durch Verrätherei hingeschlachtet, auf irgend eine Weise ein anerkannter Mörder zu werden, ist der Gegenstand rastlosen Ehrgeizes für einen Fijiinsulaner (Fiji and the Fijians by Williams p. 112). Bei den Lampong sind Diebstahl und Mord keine Thaten, deren man sich zu schämen hat (Waitz, Anthr. V, p. 159).

Die wohlwollenden Regungen selbst fehlen nicht auf den niedern Kulturstufen. Aber sie werden eben anders beurtheilt, wie bei uns. Sie sind

entweder nicht gut, nicht böse. Ein Beispiel hierfür erzählt Charlevoix: Die Völkerschaften, unter denen er sich aufhielt, erwähnten wohlwollender Handlungen niemals als löblicher. Sie befriedigten, wenn sie wohlwollend handelten, einen Instinkt (Journ. hist. d'un voyage de l'Amer. VI, p. 13);

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oder Mitleid und verwandte Regungen gehören eher zum Inhalt des bösen, wie zu dem des guten Gewissens. Nachgiebigkeit bemerkt Erskine gegen die sanfteren Empfindungen des Herzens, an denen es in der Natur der Fijiinsulaner sicherlich nicht fehlt, wird als Schwäche verurtheilt, und man verwendet grosse Mühe darauf, der Jugend für mitleidige Regungen Verachtung einzuflössen und für rücksichtslose Grausamkeit Bewunderung. Ein Häuptling, welcher seinem kürzlich gestorbenen Favoritsohn alle Tugenden beilegte, die Jemand in den Augen eines Fijiinsulaners besitzen kann, schloss damit, dass er seiner vollendeten Grausamkeit erwähnte, vermöge deren er seine eigenen Weiber tödten und nachher essen konnte, wenn sie ihn beleidigt hatten (West. Pacif. p. 247). Achtung, sagt Munzinger von den Bogos,

erwirbt sich der Räuber, der Schreck der Nachbarschaft, der des Blutes und Raubes nie satt wird. Das Gebot des Evangeliums, seinen Feind zu lieben, wird hier schwerlich je begriffen werden. Vergessen und Verzeihen wird als ein Laster betrachtet (Sitten u. Recht d. Bog. p. 92).

Wäre uns auch die Missachtung des Mitleids nicht ausdrücklich bezeugt, wir müssten sie voraussetzen bei Völkerschaften, deren Entzücken, wie Ellis von den Polynesiern sagt, Krieg, barbarischer, mörderischer, unerbittlicher Krieg ist; bei Stämmen, welche, wie die Feuerländer, Menschenkörper zerreissen und das blutige Fleisch essen, welche das Sprichwort haben:,,delikat, wie ein Mensch" und bei welchen es Häuptlinge giebt, die, nach einer ungefähren Schätzung, im Laufe ihres Lebens 900 Menschen verzehrt haben (Lubbock, vorgesch. Zeit p. 235). Die Maoris waren der Meinung, dass, je mehr Leichen sie verzehrten, desto höher ihr Rang im Jenseits sein würde. Auch die Tupinambas in Brasilien glaubten, dass die Seelen derer, welche tugendhaft gelebt, das heisst, welche sich ordentlich gerächt und viele Feinde verzehrt haben, hinter die grossen Berge gehen und in schönen Gärten mit den Seelen ihrer Väter tanzen würden (Tylor, Anf. d. Kult. II. p. 86).

Es ist der Schätzung des Mitleids ähnlich ergangen, wie dem Schamgefühl. Auch dieses, meinen die Philosophen, sei von jeher dagewesen; überall, wo eine Verbindung der beiden Geschlechter stattfindet, trete dies seltsame Gefühl dazu, nicht unähnlich einem bösen Gewissen.

Schamhaftigkeit, sagt Hutcheson, zeigt sich gelegentlich der Geschlechtsverbindung in allen Zeitaltern und bei allen Völkern (Sittenl. p. 152). In Wahrheit ist das Schamgefühl

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