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III. Buch.

Die Entstehung des Gewissens im einzelnen

Menschen.

§ 23.

Der psychologische Thatbestand.

Nach der Aussage eines Bewusstseins in uns sind wohlthätige Handlungen löblich, Andern verderbliche Handlungen tadelnswerth.

Woher ein so mysteriöses Bewusstsein? Weshalb scheidet es die Handlungen gerade in diesem Sinne; weshalb nicht umgekehrt, nämlich so, dass es Grausamkeit lobt, Wohlthätigkeit tadelt?

Behufs der Lösung dieses psychologischen Problems müssen wir erst die sprachliche Eigenthümlichkeit erörtern, dass manche Wörter Nebenbedeutungen, tadelnde oder lobende, haben (Konnotation).

§ 24. Konnotationen.

Die Wörter können in zwei Klassen eingetheilt werden. 1) Unparteiische (indifferente, neutrale) Wörter. Diese enthalten kein Urtheil über den Gegenstand ihrer Bezeichnung.

Sie haben weder eine tadelnde, noch eine lobende Nebenbedeutung. So die Wörter Baum, Lowe, gehen.

2) Parteiische Wörter. Durch sie wird zunächst auch etwas Gegenständliches bezeichnet, ein Vorgang, eine Empfindung oder Handlung. Ausserdem aber enthalten sie noch ein Urtheil über den Gegenstand ihrer Bezeichnung; sie haben eine tadelnde oder lobende Nebenbedeutung. Zum Beispiel die Wörter Neid und Mitfreude, Feigheit und Tapferkeit, Mord und Aufopferung.

Solche Wörter können also in zwei Hälften aus einander genommen werden, in eine gegenständliche und in eine urtheilende Hälfte. Das Wort Neid, zum Beispiel, bezeichnet in seiner objectiven Hälfte etwa: Schmerz darüber, dass ein Anderer mehr hat, als wir. In seiner subjectiven Hälfte birgt es ein Urtheil des Tadels über solchen Schmerz. (Diese tadelnde Nebenbedeutung hat das Wort jedoch nur auf hohen Kulturstufen).

Es wäre für den theoretischen Moralisten eine geeignete Propädeutik, die parteiischen Wörter ihrer Parteilichkeit zu entkleiden, ihr subjectives, urtheilendes Anhängsel wegzudenken. Die Wörter Neid, Grausamkeit, Mord würden so durch den Abzug ihrer tadelnden Nebenbedeutung, die Wörter Wohlwollen, Aufopferung durch den Abzug ihrer lobenden Nebenbedeutung neutrale Ausdrücke werden, gleich den Wörtern gehen, athmen.

§ 25.

Die Entstehung kategorischer Imperative.

Auf den niederen Kulturstufen haben Wörter wie Grausamkeit, Rache keine tadelnde Nebenbedeutung. Wir haben ge

zeigt, dass allmählich erst das Glücksbedürfniss der Menschen dahin führte, Andern nachtheilige Handlungen zu tadeln, mit Leid zu bedrohen und später selbst Andern nachtheilige Gesinnungen für tadelnswerth zu erklären, während die Gesinnung der Nächstenliebe, um des Wohles der Menschen willen, gelobt, befohlen wurde. Wir zeigten auch, dass jene Verbote und dieses Gebot mit religiösen Vorstellungen durchwebt, von der menschenähnlichen Gottheit wiederholt, sanctionirt worden sind.

So haben, historisch betrachtet, die Vorstellungen der Grausamkeit, der Rache eine tadelnde, die Vorstellungen Barmherzigkeit, Wohlwollen eine lobende Nebenbedeutung bekommen.

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Falls nun Jemand in einem Zeitalter geboren wird, in welchem die Wörter bereits Nebenbedeutungen haben, so erfährt er schon in früher Kindheit, wenn er zum ersten Mal die Wörter stammeln, ihren Inhalt denken lernt, eben nicht blos den sachlichen Wortinhalt, sondern ausserdem noch die Beurtheilung desselben, die lobende oder tadelnde Nebenbedeutung der Wörter. In dem Worte Mord, zum Beispiel, lernt man nicht nur denken,,heimlich und absichtlich Jemanden tödten", sondern ausserdem noch die Vorstellungen: getadelt bei Gott und Menschen; von beiden zur Verantwortung gezogen; mit dem Tode auf Erden, mit ewiger Strafe im Jenseits bedroht.

Also, Ein Wort drückt das Gegenständliche aus und seine Beurtheilung; gleichzeitig okkupiren beide Vorstellungen das Bewusstsein des Kindes: infolge dessen verschmelzen ihm beide nahtlos zu einer Gesammtvorstellung. Die Handlung und ihre Beurtheilung, wie sie ihm gleichzeitig und ein

wortig bewusst geworden sind, erscheinen als durchaus zu einander gehörige Bestandtheile desselben Begriffs. Das Urtheil wird zu einem Merkmal der Handlung.

Ein anderes Beispiel: das Wort Wohlwollen beherbergt (auf hohen Kulturstufen) zwei heterogene Vorstellungen: 1) Die Vorstellung einer Gemüthsbeschaffenheit, vermöge deren man Schmerz fühlt, wenn Andere leiden, und Freude, wenn sie glücklich sind (gegenständliche Hälfte). 2) Die Vorstellung, dass solche Beschaffenheit gut, löblich sei (urtheilende Hälfte; fehlt auf den niederen Kulturstufen). Die Löblichkeit, welche so mit den gegenständlichen Eigenschaften in derselben Worthülse zusammenwohnt, scheint auch eine Eigenschaft des Wohlwollens zu sein. Das Urtheil stiehlt sich, als objectives Merkmal verkleidet, in das Bewusstsein. Das Kind hat den Eindruck, als ob die Löblichkeit ebensogut wie Mitleid und Mitfreude den Begriff des Wohlwollens vervollständigen, bilden helfe.

Fragt man ein Kind, was Wohlwollen, Nächstenliebe sei, so wird es etwa sagen: wenn man gut gegen Andere, selbst gegen seine Feinde ist. Dass so sich zu verhalten Lob verdiene, wird von ihm, falls sein Bewusstsein die Vorstellung der Nächstenliebe durchtränkt mit Lob in sich aufgenommen hat, unwillkürlich hinzugedacht.

Dieser, hauptsächlich durch die Konnotation erregte Schein, als gehöre die Löblichkeit unabtrennbar zum Wohlwollen; als wäre der Tadel ebenso ein Attribut der Grausamkeit, des Mordes, wird durch alle Eindrücke genährt, welche das Kind in seinem späteren Leben empfängt. Alle Menschen, die es kennt, alle Bücher, die es liest, der Staat mit seinen Einrichtungen, Kanzel und Bühne erwähnen Betrug, Mord stets

in tadelndem Sinne, Nächstenliebe im Sinne des Lobes. Jedesmal also, wenn in des Kindes Bewusstsein die Vorstellung eines Mordes tritt, begleitet sie der Tadel; und gleich ausnahmslos sieht es die Nächstenliebe mit dem Lob vereint.

So gestaltet sich, ohne dass das Kind es merkt, in ihm die Idee von einer unbedingten, selbstverständlichen Zusammengehörigkeit der Wohlthätigkeit und des Lobes, der Betrügerei, der Grausamkeit und des Tadels. Es würde ihm schwer fallen, das Wohlwollen ohne lobende Nebenbedeutung zu denken, oder den Mord ohne tadelnde Nebenbedeutung.

Schaut nun ein so präparirtes Bewusstsein Handlungen der Grausamkeit oder der Barmherzigkeit Anderer zu, dann kommt aus ihm heraus, was hineingekommen war: unwillkürlich spendet es der Barmherzigkeit Lob, der Grausamkeit Tadel. Dies vollzieht sich nach dem bekannten Gesetz der Ideenassociation. Eine latente Gesammtvorstellung tritt wieder ganz in das Bewusstsein, wenn ein Theil derselben erregt, ,,frei" wird. Der Theil eines Vorganges erinnert mich an den ganzen. So zieht die Vorstellung der Grausamkeit diejenige des Tadels nach sich, wenn das Bewusstsein Grausamkeit und Tadel als eine Gesammtvorstellung recipirt hatte.

Aber verhält es sich auch so? Der experimentelle Beweis fehlt. Man sollte vielleicht drei Experimentir-Kinder je auf eine andere Weise erziehen; sollte dafür Sorge tragen, dass diesem jeder Eindruck predige, Hass, Rache, Räuberei seien löblich, jenem, sie seien tadelnswerth, dem dritten, sie seien weder gut noch böse, und dann abwarten, ob dieselben in entsprechender Weise urtheilen würden.

Das Experiment ist überflüssig, weil die Thatsachen es

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